ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

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Iky
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Registriert: 2. Nov 2023, 17:29

ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Iky »

Hallo in die Runde :hello: ,
ich bin neu hier. Ich bin 43 eine Mama von 2 Kindern (24 - bereits ausgezogen und 15) und befinde mich gerade im freien Fall, wenn ich das so sagen kann.
Ich habe aufgrund einer langanhaltender Belastungssituation bezüglich meiner kleinen Tochter (generalisierte Angststörung, Depression, Depersonalisation und soziale Phobie) eine Anpassungsstörung und eine depressive Episode. Meine Therapeutin sagt, ich steuere sehenden Auges auf einen Burnout zu.
Meine kleine Tochter hat eine wirklich schwere Zeit hinter sich. Sie konnte 1 Jahr das Haus nicht verlassen, hat einige Klinikaufenthalte hinter sich und eine Therapie in einer Tagesklinik. Zur Zeit ist sie in ambulanter Therapie. Soweit hat sie sich berappelt und geht jetzt wieder zur Schule, kann sich ganz gut mit ihrem Alltag arrangieren.
In dieser Zeit, die für mich tatsächlich auch sehr anstrengend war, hauptsächlich hat mich das psychisch sehr belastet, funktionierte ich wie eine Maschine. Ich war 3 Jahre 100% leistungsfähig.

Jetzt wo es ihr etwas besser geht und auch unser Zeitplan nicht mehr so eng getaktet ist, ich eigentlich alles etwas entspannter angehen lassen könnte, wird es bei mir blöd.
Ich bin mental völlig ausgelaugt, körperlich schaffe ich meinen Alltag, aber an eine Aktivität in der Freizeit ist nicht mehr zu denken. Ich bin in ein totales Loch gefallen. Habe nur noch schlechte Gedanken und fühle mich mies, hab zu nichts mehr Lust.
Zwar bin ich in Therapie, aber ich habe das Gefühl darüber zu reden macht alles nochmal schlimmer? Es geht oft darum, dass ich mir die Zeit nehmen muss um zu regenerieren, ich das offensichtlich aber nicht kann ... hat wohl mit dem Elternhaus zu tun, da kommt jetzt auch immer mehr zum tragen was mir früher gar nicht so bewusst war.
Ich weiß einfach nicht wie ich abschalten kann. Trotz dass ich mich so ausgelaugt fühle renn ich daheim rum und putze, koche, ... mache alles alleine. Abends falle ich um 20 Uhr ins Bett. Ich arbeite auch halbtags.

Im Moment weiß ich einfach nicht wie lange ich das noch durchhalte. Leider habe ich keine Unterstützung. Mein Mann ist unter der Woche nicht da, meine Schwiegereltern viel zu alt und meine Mutter hat kein Verständnis für unsere Situation. Im Januar habe ich eine Reha genehmigt bekommen. Da meine Tochter dann aber unter der Woche alleine wäre, weiß ich noch nicht ob ich diese auch wirklich antreten werde.

Ich habe gerade das Gefühl mit einem Bein schon über dem Abgrund zu schweben und hoffe täglich, dass ich nicht heute falle.

Danke fürs zuhören. Ich würde mich über einen Austausch freuen.

VlG Iky
Niri
Beiträge: 284
Registriert: 21. Mai 2022, 12:26

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Niri »

Liebe Iky,

mach die Reha!
Unbedingt!
Organisier Unterstützung für deine jüngere Tochter, das geht!
Ich weiß wie leicht sich das schreibt und wie schwer das real dann sein kann.... aber ich mein das absolut ernst, mach es!

Selber bin ich jetzt 60, meine Söhne fast 34 und fast 29.
Die beiden habe ich die längste Zeit allein unter recht schwierigen Bedingungen großgezogen, erst spät kam mein zweiter, mittlerweile gestorbener zweiter Mann unterstützend dazu.
Mein jüngerer Sohn war ab Schulbeginn ein Sorgenkind mit schwerster Legasthenie. Als er 15 war bekam er dann die Diagnose Typ1 Diabetes.
Über Jahre war er dem Abgrund im wahrsten Sinne des Wortes recht nah und ich mit.
Ich glaub also, dass ich mich recht gut in dich reinfühlen kann.

Was ich dir unbedingt sagen möchte: es wird anders, es wird besser, deine Tochter wird es schaffen!
Du brauchst wieder Kraft für dich (und natürlich auch für deine Tochter), das ist jetzt ganz, ganz wichtig!

Sei lieb gegrüßt
Niri
Bittermandel
Beiträge: 2302
Registriert: 10. Apr 2021, 09:32

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Iky

Ich kenne deine Situation sehr gut. Meine Tochter hat in der Jugend eine Autoimmunerkrankung und Panikattacken entwickelt. Sie war nicht mehr in der Lage in die Schule zu gehen. Wie bei euch war das ein Jahr. Ich bin von Arzt zu Arzt gerannt bis wir in der Uniklinik gelandet sind und sie dort Hilfe bekam. Ein Jahr später und ihr ging es besser bin ich zusammen gebrochen. Nichts ging mehr und ich habe mich in die Klinik einweisen lassen. Dort war ich 10 Wochen und meine Tochter kam prima alleine klar. Ich würde dir raten in die Reha zu gehen du brauchst Hilfe. Mal raus aus der ganzen Stressspirale.

Liebe Grüße Bittermandel
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Iky,

auch von mir der Rat: mach die Reha - oder geh in eine Tagesklinik. Wenn Deiner Tochter eine Tagesklinik möglich war, ist vllt ja sogar eine in Eurer Nähe und Du wärst am späten Nachmittag wieder zuhause. Die Tagesklinik ist intensiver, die Reha eher darauf aufgebaut, Dich wieder arbeitsfähig zu machen. Dort wirst Du auch die hilfe bekommen, um alte Zöpfe (elternhaus) abzuschneiden und mal nichts zu tun, Pflichten Pflichten sein zu lassen. (Niemand verhaftet Dich, wenn sich das Geschirr in der Küche stapelt oder die Wohnung nicht jeden Tag gesaugt wird)

Die Tagesklinik war meine große Hilfe - auch ich war am Ende der Kraft und habe mit zwei Jobs, FAmilie, Hund und Haushalt lange den Bogen massiv überspannt. Dort habe ich gelernt, Ruhe auszuhalten, mich wieder zu spüren und zu merken, wann alles zuviel wird. Das ist 10 Jahre her, ich bin weiterhin in ambulanter (Erhaltungs)therapie, das tut mir gut, aber ich weiß, dass ich mir selber helfen kann und muss. In Krisenzeiten, wenns beruflich arg ist, muss die Familie sich halt mal selber helfen.

Alles Liebe und Gute, Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Suchende2
Beiträge: 1214
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Iky,

ich schließe mich an.
Tagesklinik war für mich sehr stabilisierend. In der Reha wird nicht so intensiv mit einem gearbeitet.
Beides ist gut. Kannst Du eventuell beides machen? Erst Tagesklinik zur Stabilisation und zum loslassen lernen und dann Reha zur Erholung.

Spreche mit Deiner Tochter. Schaue, was sie braucht, damit Du Dich ganz auf die Tagesklinik / Reha einlassen kannst. Und was davon umsetzbar ist.
Gibt es eventuell durch das Jugendamt Unterstützung, damit Deine Tochter unter der Woche nicht alleine ist?
Kann Dein anderes Kind unterstützen?
Kann Deine Tochter eventuell an festen Tagen beitage zu einer Freundin?

Alles Gute,
Suchende
Maxegon
Beiträge: 2465
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Maxegon »

Hallo Iky,

deine Geschichte erinnert mich sehr an die, einer Freundin, damals war sie Mitte 40 (Sohn aus dem Haus, 15 jährige Tochter), alleinerziehend, vollberufstätig, in einer ländlichen Gegend wohnend, mit kaum öffenntlichen Verkehrsmitteln.
Ich unterstützte sie ständig, fuhr "die Kleine" zum Training in die Stadt oder auch zu irgendwelchen anderen Aktivitäten & retour, half im Eigenheim, bastelte, werkelte, kaufte ein u.v.a.m. .
Die Mutter, neben ihrem Beruf, auch sehr aktiv im Tanzklub, immer für's Kind da, doch nie für sich.
Alles sollte immer perfekt sein. Die Tochter pupertierte immer mehr, ihre Ansprüche (Erwartungen), der Tochter, stiegen, sie zickte immer mehr. Mutter wurde immer ratloser, versuchte immer mehr, den Anforderungen (aller) gerechtzuwerden, anfängliche Kopfschmerzen, Unwohlsein wurden ignoriert oder mittels Medizin unterdrückt - bis sie zusammenbrach.

Offizielle Diagnose: Drehschwindel -> eine Woche Krankenhaus (Zwangspause), dann wieder nach Haus = alles ging von vorn los!
Körperlich war alles ohne Befund.

Komischer Weise kam der sonst so zickige Teenager, sehr wohl ohne die Mama zurecht, nicht perfekt, aber von Tag zu Tag besser. Sie wurde selbstständiger, notgedrungen. Als die Mama, nach der Woche, wieder da war, verfiel sie in alte Muster, Tochter, als auch Mutter.

Es kam wie es kommen musste, die Mutter gab wieder 100% und versuchte es allen Recht zu machen und landete abermals im Krankenhaus, wieder Drehschwindel, nur diesmal richig heftig - ich erkannte sie kaum wieder!
Sie war ein Schatten ihrer selbst, scheinbar um Jahrzehnte gealtert, psychisch - nichts ging mehr.
Burn out, Selbstzweifel, Zukunftsangst, Sorge um die fast erwachsende Tochter, der Job ...
Lange wehrte sie sich gegen eine Reha, lange glaubte sie, ohne sie würde alles zusammenbrechen, sie, die völlig zusammengebrochen war.

Nach vielen Tagen im Krankenhaus, ließ sie sich überreden zur Reha, weit weg von zu Haus, sie musste abschalten, hatte keine ander Wahl, ihr Körper funktionierte nur noch mäßig, "dank" des Schwindels.

Ganz langsam kam sie wieder zu Kräften und bemerkte, es geht auch ohne sie.
Die Tochter kam immer besser allein zurecht, alles andere als perfekt, doch es funktionierte, wenn auch arg holperig.

Liebe Iky,

ich habe keine Ahnung, wie bei euch zu Haus die Bedingungen sind.
Doch sicher, bemekst du, dass du dich langsam deinen Grenzen näherst. Der Körper macht das bestimmt auch eine ganze Weile mit.

Nur du allein hast es in der Hand, wenn es dir nicht gelingt, kürzer zu treten und dich zu entspannen, wird das bestimmt nicht lange so weiter gehen können, so wie es jetzt läuft.

Gönne dir eine Auszeit, deine Tochter ist kein Baby mehr und auch die Erde dreht sich weiter, wenn du mal ein paar Tage/Wochen (?) Pause machst.

Was wäre, wenn du durch Unfall oder schwere Kankheit für längere Zeit handlungsunfähig werden würdest?
Oder z.Bsp. durch plötzlichen Drehschwindel oder sonst was, ausfällst?
SunnyMerle
Beiträge: 82
Registriert: 31. Mär 2020, 17:00

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von SunnyMerle »

Dieser Beitrag passt auf mich gerade auch... ein paar der Situationen sind anders, aber die Überschneidungen sind groß.

Nächste Woche habe ich ein Gespräch bei meinem Neurologen, meine Hausärztin empfahl mir eine Kur oder Reha zu beantragen.
We are all stories in the end, lets make a good one.
Iky
Beiträge: 6
Registriert: 2. Nov 2023, 17:29

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Iky »

Danke für eure Worte.

Meine Tochter hat mir jetzt "gebeichtet", dass es ihr wieder schlecht geht. Eigentlich hätte letzte Woche ihre letzte Therapiestunde sein sollen.
Nun, was soll ich sagen... ich habe jeden Tag das Gefühl an einem neuen Tiefpunkt angekommen zu sein. Kleinigkeiten die schief laufen bringen mich zum heulen. Ich kann kaum noch mit jemanden sprechen ohne Tränen in den Augen zu haben. Alles kostet mich so viel (nicht vorhandene) Energie.

In meiner Therapie rät mir meine Therapeutin immer zu selfcare. Ich versuche es auch, wirklich, jeden Tag! Aber es frustriert mich so sehr, dass, wenn ich mir z.B. einen Tee koche und mir Zeit für mich nehme, ich auf das "gute Gefühl" warte, dabei aber einfach nichts kommt, mich dann einfach noch schlechter fühle. Dabei soll es doch so wichtig sein um sich zu kümmern.
Im Moment ist es echt schwer. Ich kann ganz schlecht mit dieser Situation umgehen.
Was tut ihr in solchen Momenten?

@sunnyMerle bist du beteits in Therapie?
SunnyMerle
Beiträge: 82
Registriert: 31. Mär 2020, 17:00

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von SunnyMerle »

Ich habe keine Therapie, keine Therapeutin. Ich muss mich aktuell sogar jeden Monat bei einem potenziellen Therapieplatz melden und schreiben das ich auf der Warteliste bleibne möchte...

Zu deiner Frage.
Bei der selfcare, beim Tee trinken geht es nicht um irgendein Gefühl das sich einstellen soll.
Du sollst einfach nur in dem Moment sein, einfach nur da sein und Tee trinken, mehr nicht.

Mit dem warten auf das "gute Gefühl" setzt du ja schon wieder eine Zielline, etwas das du errreichen musst, etwas das einen Kraftaufwand bedeuten würde um dort hin zu gelangen. Verstehst du?

Ich bin momentan stolz auf alles was ich schaffe, da ich 21 Tage nicht auf mich geachtet habe. Da ich immer, das geht schon und "reiß dich zusammen" gespielt hab.

Hast du überhaupt einen guten Zugang zu deinen Gefühlen? Das ist, nämlich was bei mir dann ausfällt.
Es gibt eine Meditation von der ich total begeistert bin. Von Robert Betz - Gefühle fühlen.

https://www.youtube.com/watch?v=nUjJlFEua5M

Ich hoffe ich hab den richtigen Link gefunden, hab jetzt nicht rein gehört, aber er ist sowieso toll. Seine Vorträge sind tiefsinnig und witzig gleichzeitig. Möglich, das du in dieser Meditation 10 Minuten nichts anders machst als heulen, vielleicht sogar schreien, aber es ist unglaublich befreiend.
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Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: ausgelaugt, depressiv aber keine Chance zum heilen

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo,
kein Wunder, dass es Deiner Tochter schlecht geht. Ein Therapie-Ende ist ein Einschnitt, der Angst macht. Es gibt jedoch die Möglichkeit, in grösseren Abständen (2 x im Quartal soweit ich weiß) dennoch eine Sitzung zu machen, läuft ohne Antrag normal über die Krankenkasse. Meine Therapeutin bietet das an, um in ernsten Krisen schnell wieder enger takten zu können und im Kontakt zu bleiben.

Außerdem sieht sie, wie es Dir geht. Das wird sie ebenfalls belasten, leider ist das ein Wechselspiel. Achtsamkeit geht leider nicht auf Knopfdruck, in Klinik oder Reha würdest Du das Nichtstun aushalten müssen, dabei habe ich gelernt, wie toll das sein kann. Es heißt ja nicht zwangsläufig, rumzusitzen, sondern auch neue Hobbys zu entdecken. Das funktioniert in einer akuten Krise nicht, aber irgendwann. Ich kriege das auch nicht perfekt hin, auch nach 10 Jahren nicht. Aber der Anfang ist gemacht.

Wie gesagt, versuche einmal, die Reha oder Tagesklinik zu realisieren. Deine Tochter ist 15 und selbst wenn sie depressiv ist, wird sie klarkommen. Vielleicht macht es ihr Angst, aber denke daran, dass es ihr kaum besser gehen wird, wenn es dir schlecht geht. Und wenn Du etwas für dich tust, dich besser fühlst, wird auch sie beruhigter sein.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
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