Wie streitet ihr?

[Charlotte13]

Hallo zusammen,
Bedingt durch zwei Geschehnisse in den letzten Wochen, stelle ich mir die Frage wie andere, respektive ihr, mit Streit umgeht.

In funktionierenden Familien lernt man als Kind streiten bzw. Den Umgang mit Konflikten und deren Lösungen.
Den Berichten hier nach zu urteilen, haben die meisten von uns nicht die Familie erlebt und gehabt, wie man sie im Lehrbuch findet.

Mit einer Depression geht man nochmals anders mit Konflikten um. Insbesondere mit Menschen die einen nahestehen.
In so einer Situation kommen bei uns vermutlich ganz andere Gedanken auf, als bei anderen.

Könnt ihr "richtig" streiten?
Bekommt ihr die Lösung der Konflikte hin?
Merkt ihr, dass ihr euch in einem befindet?
Könnt ihr die Kommunikation zur Lösung beginnen und sinnvoll gestalten?
Könnt ihr euch nach einer solchen erfolgten Klärung von dem eigentlichen Konflikt-Thema lösen?

[Jo88]

Meinst du richtig im Sinne von richtig und falsch, oder eher wie das Wort stark?
Es kommt immer aufs Gegenüber an. Wenn mir die Person viel bedeutet und auch Respekt entgegen bringt, kann ich sehr reflektierend sein beim Streit und Ziel ist es damit auf ein harmonisches gutes Ergebnis für Beide zu kommen. Wenn ich merk die andere Person verletzt mich oder will nur Recht haben, auch wenn ich die Argumente wiederlegen konnte (da ist man schnell beim anderen Thema: Was ist Wahrheit? welche Meinung ist die richtige? ), kann ich so ein Verhalten aber auch gut spiegeln und arschig sein. Aber auf argumentativer Basis und sachlich streiten ist mein sehnlichster Wunsch jedes Mal, aber es kann nicht jeder. Bzw soo sicher man sich auch ist das Argument des anderen widerlegen zu können, macht es für ihn vielleicht trotzdem Sinn. das kann schon sehr komplex werden und es gibt halt nicht nur die eine Meinung , schwarz und weiss, sonder ganz viel grau dazwischen. Sonst hätte man ja auch nicht soviele Parteien in der Politik und Meinungen etc. und die streiten auch viel für verschiedene Positionen.
Aber zuhause war es nicht cool, Eltern hatten Recht und die eigene Sicht wurde nicht angehört. Aber das war in der Arbeiterklasse in älteren Generationen ja oft normal.

[Ephemera]

Gutes Thema….

Also: ich kann überhaupt nicht streiten.

Ich merke zwar, wenn jemand Unrecht hat oder mir Unrecht tut, kann das aber nicht kommunizieren.
Ich füge mich in jede Kritik und nehme sie an, zumal mein innerer Kritiker der „Gegenseite“ immer Recht gibt und die Schuld auch bei mir sieht.
Der Teil von mir, der da anderer Meinung ist, bleibt stumm und ist in der Vermeidung und Erduldung gefangen.

Das fühlt sich regelmäßig richtig sch@€)? an.
Denn so fühle ich mich minderwertig und ungerecht behandelt - und da ich das nicht rückmelde handelt mein Gegenüber beim nächsten mal genauso…. Teufelskreis.

Ich kann auch nicht „nein“ sagen - aus Angst vor Ablehnung.

Großes Problemfeld das Ganze.
Bin gespannt, was die anderen hier so schreiben.

Ach „früher“ zuhause gab es auch keinen Streit oder Diskussionen, da niemand gesagt hat was er fühlt oder denkt sondern maximal durch Ignorieren Missbilligung ausgedrückt wurde. Laut wurde es bei uns nie. Das hätte ja Emotionen vorausgesetzt.

[Charlotte13]

Vielen Lieben Dank schon für eure Antworten.
Das ist ein super vielfältiges und vielschichtiges Thema.

Das anerkennen der Ungerechtigkeit ist ein Thema. Das ansprechen ein anderes. Das ist etwas was ich in Teilen gut kann, in Teilen aber nicht bemerke.
Bei anderen kann ich durchaus gut "kämpfen"oder Situationen analysieren. Für mich wird das oft schwierig.

Die Lösung die ich ebenfalls kenne ist die Bestrafung durch ignorieren. Egal wir ungerecht, es wird ignoriert bis der andere nachgibt. Leider ein Verhalten was auch ich zum Teil übernommen habe. Daher fällt es mir persönlich auch schwer den Schritt auf den anderen zu zugehen und die von mir empfundenen Verletzungen zu verbalisieren.

[Maxegon]

Das Anerkennen der Ungerechtigkeit ist ein Thema. Das Ansprechen ein anderes.

Erkenne ich überhaupt, dass ich ungerecht/falsch handelte? Ist es mir bewusst?
Werde ich daraufhin angesprochen, weiß ich dann überhaupt was der Andere von mir will, ich, der sich keinen Fehler bewusst ist?

Streiten ... vorausgesetzt, ich will mich überhaupt einigen, setzt doch eine gemeinsame Sprache voraus, die Grundlage des Verständnisses.

Ich muss also herausfinden, wie und was der Andere von mir will - ihn verstehen - und auch, warum er das will.

Und mich auch so ausdrücken, dass der Andere überhaupt in der Lage ist, mich zu verstehen, sollte ich eine andere Meinung haben.

Es nützt doch nichts, wenn ich es verstehe, mein Gegenüber aber nicht.
Sicher, ich kann ihn zwingen, versuchen ihn zu reglementieren oder zu boykottieren- doch hilft das?
Auf Dauer?

Bestrafung oder Vergeltung führte bisher selten zum Erfolg, im Gegenteil. Erduldung ebenso wenig.

Ich kann es ihm doch nur "in seiner Sprache mitteilen" ...mit Kompromissen, ggf. mit Zugeständnissen oder gar Abstrichen.

Wenn mich mein Gegenüber nicht versteht, ist der/es dann zu intolerant oder bin ich nicht in der Lage, mich so auszudrücken, dass er mich versteht?

[Senif]

Hallo,

interessantes Thema. Mir ist streiten emotional zu anstrengend auf Dauer. Und ich bin konfliktscheu. Aber ich weiß, dass es wichtig ist zu lernen, so dass ich das übe in Abhängigkeit wie ich mich fühle natürlich.
Dazu gehört aber erstmal, dass ich meine Bedürfnisse wahrnehme und in Worte fassen kann und dass ich eine eigene Meinung habe. Ich habe dann angefangen, Dinge, die mich gestört haben in ruhigem Ton anzusprechen. Da war immer ein Gefühl von Angst da - das war auch sehr intensiv und das hab ich immer versucht zu vermeiden. Ich fühlte mich auch immer wie ein geprügelter Hund, wenn jemand wütend auf mich war. Auch das hab ich versucht zu vermeiden, so dass ich extrem angepasst wurde. Jetzt versuche ich mich mehr zu vertreten und sage schon auch mal was ich denke. Immer noch mit einem unguten Gefühl in der Magengegend. Aber ich bin es wert, dass meine Bedürfnisse auch gesehen werden und es ist meine Verantwortung. Ich darf auch Grenzen haben und sie verteidigen.
Ich kannte mal jemanden, da gab es jede Woche einen oder mehrere Konflikte zu klären. Das hat richtig Energie gezogen, zumal ich mich manchmal gefragt habe, was denn jetzt schon wieder das Problem ist. Für mich waren das oft konstruierte Probleme. Diesen Kontakt habe ich abgebrochen, als für mich klar war, dass es nicht passt, und dass sich das nicht ändern würde.
Konflikte gehören ein Stück weit zum Leben dazu. Aber wie so oft ist das Maß entscheidend. Ich suche mir jetzt Menschen, wo es passt und höre mehr auf mein Bauchgefühl.

LG Senif

[747er]

Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob ich richtig streiten kann, oder was damit eigentlich gemeint ist. ich bin jemand, der meist versucht, Konflikte durch Gespräche zu lösen, weil ich denke, dass sie oft durch Missverständnisse entstehen. Grade wenn mir die Personen was bedeuten.

Was mir aber schon passiert ist, dass ich es mit einer manipulativen Person zu tun hatte, und ganz lange nicht erkannt habe, dass sie nicht an einer Lösung interessiert war, sondern nur daran, auf meinen Gefühlen rumzutrampeln. Blöderweise war sie meine Freundin, und ich liebte sie und hegte die unsinnige Hoffnung, es würde irgendwie irgendwann alles gut zwischen uns werden. Ich klammerte so sehr an dieser Hoffnung, dass ich nicht sah, dass es noch nie wirklich gut zwischen uns gewesen war. Ich habe viel zu spät erkannt, dass meine ganzen Versuche, Gespräche zu führen, ihr nur Kraft gaben, sie mir aber nahm. Erst an diesem Punkt konnte ich anfangen, ihr Kontra zu geben. Das fiel mir anfangs noch schwer, weil ich sie ja trotzdem liebte und ich nicht sein wollte, wie sie. Aber ich merkte, wenn ich ihr Kontra gebe, sei es, indem ich ihre Argumente widerlegte, oder, wenn sie mich anschrie, betont ruhig blieb, aber kalt, dass sie damit nicht umgehen konnte. Sie verlor deutlich an Macht, und mir gab diese Erkenntnis Kraft. Wir sind dann auch im Unfrieden auseinander gegangen, was mich eine Weile belastete, aber inzwischen ist es mir egal.