Desolater Zustand meiner geistigen Verfassung

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crownupguy
Beiträge: 6
Registriert: 22. Sep 2016, 11:55

Desolater Zustand meiner geistigen Verfassung

Beitrag von crownupguy »

Hallo zusammen,

ich möchte zur besseren Einschätzung meiner Sachlage einfach mal ein paar Randinformationen zu meiner Person preisgeben:

Ich bin 28 Jahre alt, habe vor kurzem mein Studium im Fach Wirtschaftsrecht beendet (nach sage und schreibe 18 Hochschulsemestern) und habe mich von Okt22-März23 erstmals in stationärer Behandlung wegen Depressionen begeben (müssen).
Schon vorher habe ich immer wieder mit depressiven Episoden zu kämpfen gehabt, dies hat sich insbesonder im Zuge der Corona Pandemie
aber nochmal deutlich verschlechtert.

Ich nehme seit 2016 Venlafaxin und Mirtazapin. Morgens 75mg Venlafaxin, abends 7,5mg Mirtazapin.
Und ehrlich gesagt hasse ich das Venlafaxin, aber ohne geht es anscheinend nicht (anderes Thema, aber bin der Überzeugung, dass das Venlafaxin mich einem großen Teil meiner Empathie beraubt).

Jedenfalls stehe ich gerade vor einer Entscheidung:

Mir geht es ehrlich gesagt jetzt seit 2 Tagen wieder genauso übel, wie letztes Jahr, als ich mich stationär in Behandlung gegeben habe.
Ich sehe keinen Sinn mehr darin, eine wie auch immer geartete Tagestruktur aufrecht zu erhalten, da ich nicht wüsste, warum.
Ich habe keine sozialen Kontake, bzw. fühle mich unheimlich isoliert. Ich habe keine sinnvolle Tagestruktur mehr (bis vor kurzem war es wenigstens noch das Lernen für die Bachelorarbeit, das tägliche Essen gehen in der Mensa und das gelegentliche Treffen mit Freunden auf einen Kaffee, wobei das zugegebenermaßen auch schon ziemlich dürftig war, aber gerade noch so zum mentalen Überleben ausgereicht hat).

Kognitiv weiß ich, was der nächste Schritt wäre: Bewerben auf eine Praktikumsstelle im Personalwesen, weil ich da noch nicht reingeschaut habe bis jetzt und das immer schonmal tun wollte und ich mich mit dem Kern meines eigentlichen Studienfachs überhaupt nicht identifizieren kann (Juristerei).

Das Problem ist aber, dass es mir mittlerweile so schlecht geht, dass ich seit 2 Tagen nur noch ausschließlich das bewältigt bekomme, was unbedingt sein muss (spazieren an der Luft, Essen gehen, rauchen, Kaffee trinken).

Und ehrlicherweise geht es mir auch nicht erst seit 3 Tagen nicht so gut, sondern waren die ganzen letzten Monate immer wieder auch von starken Tiefpunkten gekennzeichnet, die ich dann durch Mobilisierung meiner Kräfte dann doch noch irgendwie abzuwenden wusste (Kinobesuch, mit Freunden rausgehen etc.)

Dieses Mal ist es anders: Ich tue die "richtigen" Dinge im Sinne von zB den positiven Aktivitäten, aber es ändert nicht mehr viel.
Gestern Abend bin ich, obwohl ich Angst davor hatte, alleine in die Sauna gefahren, weil ich Saunieren eigentlich gerne tue, aber habe vor Ort eigentlich nur Löcher in die Luft gestarrt.
Vor mir und in mir ist einfach ein riesiges Nichts. Klar könnte ich jetzt versuchen, da ein weiteres Mal wieder herauszukommen, aber wofür? Es ergibt mich für mich aktuell einfach keinen Sinn, wenn mein Leben nur daraus besteht, darauf aufzupassen, dass ich nicht wieder zu tief absinke und es sich ansonsten überhaupt nicht schön anfühlt.

Wenn ich jetzt wieder in die Klinik ginge, stellt sich natürlich aber auch die Frage, mit welchem Ziel.
Spätestens 3 Monate später werde ich dort entlassen und dann geht der Spaß hier draußen wieder von vorne los.
Das einzige, das für mich Sinn ergeben würde neben dem üblichen Prozedere im Klinikalltag wäre A. das vollständige Absetzen von Venlafaxin oder B. das vollständige Absetzen von Venlafaxin und Umstellung auf ein neues Medikament.

Ich habe einfach nur das riesige Gefühl in mir, in der realen Welt mit den Anforderungen, die sie an einen stellt, nicht zurechtzukommen.
Auf dem Papier wäre ich durch meinen Abschluss in der Tasche dazu befähigt, irgendwo eine Stelle in Vollzeit anzutreten.

Die Wahrhheit ist, dass ich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ausschließen kann, dass ich in einem Vollzeit Job momentan überlebe, wenn ich es schon nicht schaffe, meine Wohnung ordentlich zu halten, zu kochen, meine Wäsche zu waschen etc...

Ich bin einfach so verzweifelt und weiß nicht, wie ich meine Krankheit einschätzen soll. Oft lässt sich die Krankheit ja auch aus ungünstigen Umweltfaktoren heraus erklären, sodass es in meinem Fall auch Teil der Lösung sein könnte, einer wie auch immer ausgestalteten täglichen Tätigkeit nachzugehen (Tagesstruktur, Soziale Kontakte, Zugehörigkeitsgefühl, Finanzen).

Andererseits weiß ich nicht, ob ich gerade überhaupt noch die Autonomie habe, großartig nächste Schritte in die Wege zu leiten.
Ich weiß nur, dass ich es mittlerweile einfach so sehr Leid bin, gegen diese Krankheit zu kämpfen.

In der letzten Zeit, habe ich vermehrt versucht, meine Kognitionen soweit anzupassen, dass ich mich vermehrt auf die positiven Aspekte im Leben fokussiere, aber irgendwie klappt das gerade gar nicht mehr.

Vielleicht hat ja eine:r von euch Ideen, Ratschläge, Denkanstöße zu meiner persönlichen Situation.

Danke für's Lesen.
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Desolater Zustand meiner geistigen Verfassung

Beitrag von Lavendel64 »

Wie hast Du Deinen Klinikaufenthalt vor drei Jahren empfunden? Hast Du Hilfreiches mitnehmen können? Bist Du weiterhin in Therapie geblieben?

Es ist ja ein Irrglaube, dass man "gesund" entlassen wird. Man ist stabiler, leistungsfähiger, man hat gelernt, mit Krisen umzugehen und sie eventuell abzumidlern. Woran Du arbeiten kannst? An Lebensqualität?! Eine Erklärung für die Tiefphasen gibt es nicht immer - manchmal erkenntman die Überforderung, manchmal erwischt es einen ohne jeglichen Grund. In jedem Fall muss man es akzeptieren (lernen).

Wenn Du von mir eine Idee möchtest: ein Gespräch in einer Klinikambulanz, ambulanten Therapeuten suchen (das dauert...) oder den psychiatrischen Dienst aufsuchen. Also jemanden, der Deine Situation und Lage von außen beurteilen kann.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Anne Blume
Moderator
Beiträge: 1667
Registriert: 7. Dez 2006, 13:25

Re: Desolater Zustand meiner geistigen Verfassung

Beitrag von Anne Blume »

Hallo crownupguy,

ich lasse Ihnen hier mal noch den link zu regionalen Krisendiensten und Beratungsstellen auf der Seite der Stiftung Deutsche Depressionshilfe da: https://www.deutsche-depressionshilfe.d ... ngsstellen

und die Übersicht der Kliniken (für die Klinikambulanzen): https://www.deutsche-depressionshilfe.d ... ikadressen

Lavendels Idee finde ich super :idea:

Herzliche Grüße
Anne Blume
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