"bin auf meinem Weg, schon so lang"...

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Lore
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"bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Lore »

Liebes Forum,
In dem Lied von Hannes Wader ( ich glaube, es ist von ihm) geht es weiter: "bin müde und leer"....
Das beschreibt schon lange meine Situation. Wenn ich es richtig auf dem Schirm habe, habe ich seit 2006/2007 - Depressionen. In dieser Zeit habe ich viele Erkenntnisse gewonnen und immer wieder versucht, die Depression in den "Griff" zu bekommen.
2016 hatte ich eine sehr schwere Depression und da habe ich nochmal etwas ganz Anderes probiert und habe 2017 die Stadt und die Arbeitsstelle gewechselt.
Ich habe mich meistens wohl gefühlt, spürte Leben in mir, war kreativ und voller Elan und manchmal hatte ich sogar einen Hauch von Freude.
Dann kam es seit 2021 knüppeldick: von Mai'21- Sept' 21 war ich in der Klinik, danach in der Wiedereingliederung, dann von Jan. '22 - März '22 wieder D Klinikaufenthalt , anschl. Wiedereingliederung und dann noch von Mai '22- Sep.'22 Klinikaufenthalt und anschließende Wiedereingliederung bis Nov.'22 - Diese Zeiten in der Klinik, in dem ich auch lange Zeit in der "geschützten Station" war, waren das mit das Schlimmste, was mir in meinem Leben passiert ist. Ich war vollkommen ausgeliefert und hatte keine Chance irgendetwas an meiner Situation zu ändern. Wobei ich auch sagen muss, dass ich eigengefährdet war, und von daher zu Recht auf dieser Station war.
Aber dieses Ausgeliefert sein und nicht selbst über mich bestimmen können war ein großer Trigger für mich.
Von Mitte Nov.'22 bis 'und fühl 23 habe ich es geschafft, wieder Vollzeit zu arbeiten. Im Juni ging dann gar nichts mehr, ich hatte fest meinen Abgang geplant, aber meine Soziotherapeutin kam dahinter und hat meine Psychiaterin u. den Sozialpsychiatrischen Dienst eingeschaltet. Diese haben dann dafür gesorgt, dass ich in eine andere Klinik kam.
Hier hat es mir auch besser gefallen, es gab wesentlich mehr Therapieangebote und ich wurde nicht nur verwahrt.
Jetzt bin ich zu Hause, bin ausgesteuert, weiß nicht wie es weiter gehen kann , Das Oma erfüllt sich: " du wirst es zu nichts bringen"
und enden kann ich wieder mit dem Vers aus dem Lied: "Bin auf meinem Weg, schon so lang, bin müde und leer....
Lore
Mountainbiker
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Mountainbiker »

Ich kann nur zwei Dinge dazu sagen. Es tut mir unendlich leid, das alles zu lesen und

muss man es im Leben zu was bringen? Was bedeutet es eigentlich "es zu was bringen" wer legt das fest?

neulich habe ich folgendes gelesen: Eine Tante fragt ihre kleine Nichte, was machst du eigentlich den ganzen Tag? Die Nichte antwortete:"Auf der Welt sein."
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
Lore
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Lore »

Vielen Dank Mountainbiker
in den letzten Wochen habe ich vermehrt über mein Leben nachgedacht und da fiel mir das Wort meiner Oma wieder ein: Du wirst es zu nichts bringen.
Objektiv betrachtet stimmt das nicht wirklich, ich habe eine abgeschlossene Berufsausbildung und ein Fachschulstudium erfolgreich abgeschlossen und bin seit 35 Jahren im Dienst.
Aber ich fühle mich wie die letzte looserin.Immer wieder diese depressiven Episoden, in den letzten 3 Jahren ist es besonders schwer, ich komm einfach nicht mehr auf die Beine und spüre immer mehr, meine Oma hat Recht.
Ich bin so müde ich kann nicht mehr, wie oft habe ich mich wieder aufgerappelt, aber wozu? um in die nächste Episode zu schlittern?
Lore
Senif
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Senif »

Hallo Lore,

deine Oma hat nur Recht, wenn DU ihr Recht gibst. Was definierst du denn als "zu nichts bringen" ? Was für eine Erwartung hast du denn da ?
Es hängt doch viel von unseren eigenen Sichtweisen ab. Und im übrigen sind auch nur die wichtig. Und nicht, was andere denken und meinen. Ich habe es in der Depression als sehr heilsam erlebt, mich selbst wohlwollender zu betrachten. In dem ich die Einstellung gegen über mir selbst änderte, änderte sich auch vieles in meinem Leben zum positiven.

LG Senif :hello:
DieNeue
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von DieNeue »

Hallo Lore,

wie kommt es, dass deine Oma jetzt plötzlich Recht hat? Immerhin hast du 35 Jahre lang bewiesen, dass sie nicht Recht hat ;) Ich weiß, dass man, wenn man jahrelang nicht weiterkommt, sich dann wie ein Loser fühlt und dass alles, was man vorher geschafft hat, irgendwie nichts mehr zählt, weil man es ja jetzt nicht mehr schafft. Kenn ich von mir auch. Manchmal kommt es mir bei mir vor, als wäre das früher ein ganz anderer Mensch gewesen.
Vielleicht hast du aber mittlerweile genug geschafft? Und darfst dich jetzt mal zurücklehnen?

Vielleicht kannst du dir auch mal aufschreiben, was du in den letzten Jahren und vorher geschafft hast, dir das aufhängen und immer mal wieder erweitern (denn da fällt mit Sicherheit was an). Und auch wenn es vielleicht fies ist, überlegen, was deine Oma nicht gebacken bekommen hat. Meiner Erfahrung nach sind manchmal die Leute, die andere darauf hinweisen, nichts hinzukriegen, genau die Leute, die selber wenig hinkriegen. Manchmal sind sie bei anderen auch so beliebt, dass es gar nicht auffällt, dass sie Probleme haben, denn alle scheinen sie so toll zu finden.

Liebe Grüße,
DieNeue
Mountainbiker
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Mountainbiker »

Entschuldige wenn ich das nun so hart sage, deine Oma war eine dumme Frau, sonst hätte sie so was nie zu ihrer Enkelin gesagt und ich gehe noch weiter, sie hatte absolut unrecht!
Du hast eine Berufsausbildung, ein Studium (alle Achtung, das habe ich mir nie zugetraut, deshalb bewundere ich auch meine Kinder) und 35 Jahre in deiner Arbeit tätig. Das muss man erst mal hin bekommen. Ich jedenfalls ziehe davor mein Hut. Ich war mein ganzes Leben ein Angsthase. Sogar der Besuch der Lehrbaustelle war für mich wie eine Extremexpedition und fast nicht zu bewältigen. In vielem bin ich total unselbständig, da frage ich mich auch, wie kann ich da meinen Kindern ein Vorbild sein, frage ich mich?

Ich bin der Meinung, du machst das richtig gut und solltest nicht immer daran denken, was andere (Oma) über dich sagt, oder gesagt hat. Folgenden Spruch, ja es ist nur ein Spruch, hat mir neulich jemand geschickt, den ich hier nun weiter leite:

Warum ist die Frontscheibe in einem Auto so groß
und der Rückspiegel so klein?
Weil die Zukunft wichtiger ist,
als die Vergangenheit.

In diesen wenigen Worten steckt so viel Wahrheit, wir sollten uns das immer wieder vor Augen führen.

LG Mountainbiker
Das Leben ist wie Radfahren. Man fällt nicht, solange man in die Pedale tritt.
hundethomas
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von hundethomas »

liebe Lore,

oh dieses Schämen in der Depression, du fühlst dich als der letzte Versager.................................................

Dieses Gefühl kenne ich leider auch. Das Schämen über uns selbst ist ein Lebensgrundgefühl. Sie ist verantwortlich für unser

miserables Selbstwertgefühl, unsere voll schwache Identität. Wir fühlen uns voll verkehrt..............

Diese Depression möchte uns unseren Wert und unsere Würde nehmen. Wir fühlen uns gefühlsmäßig am Ende.

Wir fühlen uns ganz falsch in unserer Gesellschaft. Das ist viel mehr als nur einmal etwas falsches zu tun.

Von unseren Fehlern können wir uns auch mal wieder befreien. Aber was können wir tun, wenn wir uns in unserer ganzen

Existenz als Fehler fühlen, nicht gewollt, als Versager...........

Wie können wir unsere Würde, unser wertvoll sein wieder herstellen, die uns diese Depression beraubt hat, andere Menschen.

Oft sind wir Opfer und nicht Täter. Und die Depression lügt uns an. Sie möchte uns einreden, das wir wertlos sind, unser

Leben keinen Sinn mehr hat........Aber das sind Lügen. Auch als Menschen mit Depression sind wir voll wertvoll, und unser Leben

hat einen Sinn!!!

Die Depression möchte uns ständig einreden, wie erbärmlich unser Leben ist...

Aber liebe Lore, diesen Lügen musst du nicht glauben. Sage deiner Depression immer wieder, wie wertvoll und einzigartig

Du bist. Das Du ein Recht hast zu Leben, das Dein Leben einen Sinn hat.


viele liebe Grüße,
Maxegon
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Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Maxegon »


Oft sind wir Opfer und nicht Täter. Und die Depression lügt uns an. Sie möchte uns einreden, das wir wertlos sind, unser Leben keinen Sinn
Hallo Lore.

Ich borge mir diesen Satz mal aus, da ich ähnliches hier allzu oft lese.

Wir sind keine Opfer! Niemals.
Und wer ist überhaupt wir???
Jeder gestaltet sich selbst sein Leben, wenn er erwachsen ist.
Sicher, manche haben gute Voraussetzungen, keine Frage.

Doch es ist nicht "die Depression", die etwas einredet, es ist nicht "die Krankheit" die ...
Das macht jeder selbst, jeder für sich allein.

Deinen "Wert" bestimmst du allein, nicht die Anderen.
Ohne Anerkennung (von anderen) wird's natürlich doppelt schwer, doch nicht unmöglich.

Du entscheidest, ob du es zu etwas gebracht hast.

Woran misst man das überhaupt, an den Millionen von Onasis oder am Leben von Kaspar Hauser?
Senif
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Senif »

Da stimme ich dir zu Maxegon.

Wenn wir bei den Begriffen Opfer und Täter bleiben, so denke ich: sind wir immer beides.

Ich zumindest, hab auch schon Menschen verletzt, weil ich zu unbedacht war. Und das wird nicht nur mir so gehen.
Und mich hat auch schon einer verletzt. Aber ich habe mich auch verletzen lassen, weil ich innerlich unsicher war, keinen Selbstwert hatte. Der Selbstwert ist aber ziemlich zentral und er liegt, wie der Name schon sagt, in meinen Händen.
Lavendel64
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Lavendel64 »

Dein Beitrag hat mich gestern sehr betroffen gemacht. Deine Oma - ja, solche Sätze kenne ich. "Reiss dich zusammen, sonst endest Du als Klofrau und putzt anderen die Sch... weg. Ich komm dann auch mal und geb dir 'n Groschen" O-Ton meiner Mama, ich habe es nie vergessen.

Diese Sätze sind unbedacht und verletztend, geäußert zu meinem Wohl in einer leistungsorientierten Gesellschaft. Die Kinder sollen es einmal besser haben. Aber was ist "besser"? Eine 60-Stunden-Woche ohne Zeit, das erarbeitete Geld für mich un dmein Wohlergehen zu invesstieren? Es ist eine Denkweise unserer Eltern und Großeltern, einer Kriegsgeneration. Es war eine andere Welt, die solchen Ansichten vielleicht sogar Recht gab.
"Für Depressionen hatten wir keine Zeit" - auch so ein Satz.

Für mich ist die Depression (so quälend sie ist) auch positiv. Durch diese Leistungserziehung geprägt habe ich vergessen, mich selber (Nimm ddich nicht so wichtig) zu achten. Als ich in die Klinik ging, wußte ich nicht, wie es geht, meine Bedürfnisse zu spüren. Überall dieses "ich muss aber". Insofern gab mir die Depression die Chance, meinem Leben eine Wende zu geben, Überlastung zu spüren. Allerdings lernte meine Seele dabei offenbar auch, dass sie beachtet wird, wenn sie weint. Noch kämpfen wir ein wenig, dieses "sei netter zu dir" kann ich noch nicht völlig umsetzen. Aber es wird.

Insofern sehe ich mich nicht als Opfer und die Depression als Täter. Wenn ich auf dem falschen Weg bin (hin zu Überarbietung und Erschöpfung) stupst sie mich an. Ich begrüße sie und schaue, was ich ändern kann. Nach dem Motto "den Tag schaffen wir zusammen und heute Abend verspreche ich Sofa und Eis mit Schokosoße. Funktioniert - jedenfalls bei mir - recht gut.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Senif
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Senif »

Hallo Lavendel,
"Für Depressionen hatten wir keine Zeit"

Den Satz kenne ich auch. Er zeigt, dass er von einer Person kommt, die nie Depressionen hatte - zumindest nicht so schlimm, dass nichts mehr geht. Die Erkrankung hat ja nichts damit zu tun, Zeit zu haben dafür. Aber wichtig ist, wie ich mit diesem Satz umgehe. Innerlich weiß ich, dass er für mich Unsinn ist. Und der andere eben nichts darüber weiß. Damit kann ich gut einen Haken dran machen und es verletzt mich auch nicht mehr. Ich lasse das Problem beim anderen.

In der Depression konnte ich nichts positives an der Depression erkennen. Zu einschneidend und traumatisierend waren die Episoden. Jetzt aber kann ich das genau so sagen, wie du. Die psychische Erkrankung hat bewirkt, dass ich genauer hinsah - hinsehen musste - und ich so die Chance zur Veränderung bekam. Ich sehe mich auch nicht mehr als Opfer der Depression (früher hab ich mich schon als Opfer der Erkrankung gesehen).

Ich neige leider auch dazu, wenn es mir gut geht, mich schnell zu überfordern. Deshalb achte ich jetzt mehr auf ein Stop, bin achtsam mir selbst gegenüber, dass ich ev. Signale nicht übersehe und versuche auch ohne Symptome mein Leben in Balance zu verleben. Wie das dann natürlich mit Job wird, weiß ich noch nicht. Wird aber auf jeden Fall ausprobiert.

LG Senif
hundethomas
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von hundethomas »

hallo Senif,



für mich gibt es ein gesundes, aber auch ein ungesundes Schämen. Selbst habe ich in meiner Depri und auch sonst, andere Menschen

verletzt. Und da finde ich für mich das schämen gut. Weil ich mich nach dem Schämen bei den Menschen die ich verletzt habe,

mich entschuldigen darf. Ansonsten hängt mir das ein Leben lang nach. ................................................

Bei meinen eigenen Verletzungen, die mich depressiv gemacht haben, brauche ich ganz viel Liebe und Trost, damit mein Wert

und meine Würde wieder hergestellt werden kann.

Oft habe ich vor mir selbst meine Depression verborgen, weil ich mich dafür tief geschämt habe. Weil mir meine Würde genmmen

wurde, und ich mich manchmal so wertlos fühle. Eigentlich ist Würde in Deutschland das Grundrecht eines jeden Menschen.

Im Grundgesetz steht, "die Würde des Menschen ist unantastbar."

Schon von Kind auf wünschen wir uns Liebe und Annahme, Zugehörigkeit, gesehen werden, wert geschätzt werden.......

Und wenn wir von Kind auf beschämt und verletzt werden, auch durch Überforderung, weil wir uns dann unvollkommen fühlen,

auch durch Worte und Taten, Blicke, beschämt werden, das kann uns depressiv machen.

Und auch hoch sensibel, durch die vielen Enttäuschungen und Verletzungen unseres Lebens.

Dann kommen die Gefühle hoch, peinlich, gedemütigt, entehrt, entwertet, überfordert, ausgeliefert, schutzlos, wehrlos,

hilflos, ohnmächtig, bedrückt. Und das versuchen wir gerne zu verstecken............................

Gut ist es, wenn wir immer mehr Selbstbewusstsein entwickeln können, uns wehren.............

Nicht nur im Boden versinken wollen, uns in ein Mauseloch verkriechen.

Oder wir sind voll blockiert, haben eine große Leere im Kopf, eine innere oder sogar eine körperliche Erstarrung.........

Mir hilft am meisten, wenn ich mich dennoch lieb haben und wert schätzen kann. Das die, die mich verletzt haben, mich

gern haben können, oder auch nicht..........

Weil Beziehungskriege verletzt beide Menschen, die die Krieg führen, und die Menschen, die einen Krieg erleiden müssen.

Frieden finden mit mir selbst...................

(wenn ich "wir schreibe" meine ich mich selbst, und meine Erfahrungen in Beziehung mit anderen Menschen.)


liebe Grüße,
Zuletzt geändert von hundethomas am 7. Okt 2023, 17:41, insgesamt 1-mal geändert.
Lore
Beiträge: 103
Registriert: 17. Apr 2023, 20:20

Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Lore »

Vielleicht muss ich noch etwas mehr verdeutlichen, was in mir vorgeht. Ich bin im August aus der Klinik entlassen worden, gleich mit dem Gefühl, es reicht nicht aus, ich bin nicht stabil genug. In den letzten Wochen kamen mir immer wieder Fetzen aus meiner Kindheit hoch, obwohl ich das gar nicht wollte. Der Satz meiner Oma gehört u.a. dazu, aber auch der Ausspruch meiner Mutter: "Du bist teurer als deine drei Brüder zusammen gewesen, ist so ein Satz der mich geprägt hat, und der dazu geführt hat, dass ich immer das Gefühl hatte, ich darf meine Eltern nicht belasten. Als Säugling habe ich die Muttermilch nicht vertragen und man sagte mir, dass ich dadurch todkrank war und eine besondere Nahrung besorgt werden musste.
Das alles sind Momentaufnahmen, das ist mir klar. Ich weiß natürlich, dass ich heute erwachsen bin und kein Opfer mehr bin auch nicht bei dem, was mein Bruder mir angetan hat. Aber das gehört hier jetzt nicht her.
Ich frage mich aber, wie oder kann es weitergehen nach so einem langen Weg, wo ich so Vieles schon ausprobiert habe und immer noch diese dumpfe Gefühl da ist: bin auf meinem Weg, schon so lang, bin müde und leer und wiLorel nicht mehr
lt.cable
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von lt.cable »

Ahoi, Lore!

Das sind düstere Gedanken bei dir. Verständlich aber, denn auch noch über das hier Geschilderte hinaus scheint es in deinem Leben halt heftig zugegangen zu sein.

Der Wunsch nach einer Lösung, einem Ausweg, einem Fingerzeig für einen gangbaren Weg in die Zukunft kann sehr quälend sein. Besonders auch deshalb, weil es schnelle Lösungen oftmals nicht gibt und wir damit etwas von uns und anderen verlangen, das kaum zu leisten ist. Selbst mit den besten Absichten. Das bedeutet aber nicht, dass keine lebenswerte Zukunft mehr möglich ist. So scheint es einem aber. Der Kopf schwirrt, man kann sich kaum noch lösen von den Fragen: Wie geht es denn nun weiter? Was ist die Lösung? Die Antwort muss her; am besten sofort! Dann brechen sich vielleicht noch manche irgendwo sicher verstaut geglaubten Erinnerungen Bahn und ärgern und verwirren einen zusätzlich.

Bist du nach den Klinikaufenthalten in fachärztlicher und therapeutischer Betreuung? Ich bin hier sicher nicht der beste Diskussionsteilnehmer, um das zu fragen, denn selbst lasse ich beides viel zu sehr schleifen, doch wichtig ist es für dich trotzdem. Und sonst? Bis du schon wieder beim nächsten Wiedereinstiegsversuch in die Arbeit? Ist das überhaupt noch geplant? Oder waren / sind irgendwelche Behörden aufzusuchen und Anträge zu stellen?

Es grüßt

lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
Suchende2
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Suchende2 »

Lore hat geschrieben: 8. Okt 2023, 01:23 Vielleicht muss ich noch etwas mehr verdeutlichen, was in mir vorgeht. Ich bin im August aus der Klinik entlassen worden, gleich mit dem Gefühl, es reicht nicht aus, ich bin nicht stabil genug. In den letzten Wochen kamen mir immer wieder Fetzen aus meiner Kindheit hoch, obwohl ich das gar nicht wollte. Der Satz meiner Oma gehört u.a. dazu, aber auch der Ausspruch meiner Mutter: "Du bist teurer als deine drei Brüder zusammen gewesen, ist so ein Satz der mich geprägt hat, und der dazu geführt hat, dass ich immer das Gefühl hatte, ich darf meine Eltern nicht belasten. Als Säugling habe ich die Muttermilch nicht vertragen und man sagte mir, dass ich dadurch todkrank war und eine besondere Nahrung besorgt werden musste.
Das alles sind Momentaufnahmen, das ist mir klar. Ich weiß natürlich, dass ich heute erwachsen bin und kein Opfer mehr bin auch nicht bei dem, was mein Bruder mir angetan hat. Aber das gehört hier jetzt nicht her.
Ich frage mich aber, wie oder kann es weitergehen nach so einem langen Weg, wo ich so Vieles schon ausprobiert habe und immer noch diese dumpfe Gefühl da ist: bin auf meinem Weg, schon so lang, bin müde und leer und wiLorel nicht mehr
Hallo Lore,

ich habe Deinen Thread bislang nur als stille Leserin verfolgt.
Eigentlich alles, was Du beschreibst ist bei mir ähnlich oder gleich im Fühlen.
Und auch ich weiß nicht, wielange ich noch für jeden neuen Tag genügend Kraft aufbringen kann.
Nach der Akutklinik kam bei mir auch sehr viel aus der Kindheit hoch. Ich saß zu Hause und war verzweifelt über Sachen, die lange zurücklagen und von denen ich glaubte, sie schon lange hinter mir gelassen zu haben. Inzwischen habe ich mit Hilfe meiner Therapeutin und der Zeit einen Teil hoffentlich verarbeitet. Und mir hilft auch, daß ich nicht mehr in der schweren Episode bin.
Ich wünsche Dir, daß Du auch die Erfahrung machen kannst, daß die Begebenheiten der Vergangenheit, Dich irgendwann nicht mehr so umwerfen, wie zur Zeit.

Fühle Dich umarmt und getragen.

Alles Gute,
Suchende
Lore
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Registriert: 17. Apr 2023, 20:20

Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Lore »

Vielen Dank.
Mir ist sehr klar, dass ich dringend eine Therapie gebrauche, aber das ist auch wieder so ein Problem für sich. Ich habe etliche Therapeutinnen kontaktiert, hat nichts gebracht. Dann über die 116117 konnte ich nach 10x anrufen einen Termin für eine therapeutische Sprechstunde ergattern um zu erfahren, dass die mich auch nicht nehmen kann und sie mir nur den Dringlichkeitscode gegeben hat.
Wieder bei 116117 angerufen, die mir dann keinen zeitnahen Termin in erreichbarer Umgebung geben konnten.
Jetzt habe ich über die Kostenerstattung eine Therapie bei meiner ehemaligen Therapeutin (die jetzt nur noch eine kleine Privatpraxis führt, die mich aber kurzfristig nehmen würde) beantragt. Da warte ich immer noch auf die Antwort der Krankenkasse.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter .
Lore
Nico Niedermeier
Moderator
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Re: "bin auf meinem Weg, schon so lang"...

Beitrag von Nico Niedermeier »

Hallo von der Moderation,
Lore ...so leid es uns tut, aber das ist jetzt schön langsam zu düster für hier. Dann muss es vielleicht noch mal eine Tagklinik oder eine Klinik sein, aber die anderen User werden hier keinen Weg für Sie finden können und dann wird es zu belastend für andere User..
Fazit: Bitte Forumspause und erst wieder hier posten,wenn sich die Situation gebessert hat
Beste Grüße
Die Moderation
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