Recht auf Diagnose

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Ellaella
Beiträge: 5
Registriert: 22. Sep 2023, 17:49

Recht auf Diagnose

Beitrag von Ellaella »

Hallo,
Muss mein Therapeut mir seine Diagnose sagen?
nach einer Psychotherapie verschlimmerte sich mein Zustand und aus einer Anpassungsstörung ( mein Grund zur Therapie zu gehen war Mobbing) wurde etwas was ich immernoch nicht einordnen kann. Während der Psychotherapie entwickelte ich innere Unruhe und starke Schlafstörungen. Der Therapeut sagte nichts dazu, darum dachte ich,dass es wohl normal ist, dass sowas bei einer Therapie passieren kann, dass es zum Heilungsprozess dazugehört.
Nach einigen Woche Schlaflstörungen bildete ich mir dann Sachen ein, glaubte einmal sogar, dass ich bei der Arbeit getestet werde. Mein Mann rief dann endlich denTherapeuten an, weil er sich Sorgen machte. Und dann reagierte mein Therapeut endlich, schickte mich zum Psychiater und hatte offensichtlich Angst dass ich Suizidal sein könnte, weil er mich danach fragte. Suizidgedanken hatte ich aber nicht. Der Psychiater schrieb mich dann mit dem Code für wahnhafte Störung krank. Als ich meinem Therapeut das mit Sorge erzählte, meinte der aber, dass er das nicht so genannt hätte, dass sowas bei Depressionen schon vorkommen kann. Und dass es vom Schlafmangel kommen kann.Meine Therapie lief kurz danach einfach aus, und ich heulte nur noch, aus Sorge verrückt zu werden. Der Psychiater gab mir dann ohne viel nachzufragen Venlafaxin. Das nehme ich nun seit Dez. Ich habe immernoch Angst dass ich eigentlich eine Psychose oder Persönlichkeitsstörung hab und keiner sagt es mir. Der Therapeut hatte mir nicht mal direkt gesagt, dass ich eine Depression habe. Kein Test, nix. Die Medikamente bekam ich, weil ich demPsychiater sagte, dass ich mich depressiv fühle, ohne viel Nachfragen.
Hab ich denn kein Recht darauf, dass man genauer nachprüft, was ich eigentlich habe? Ich war übrigens die ganze Zeit, bis auf wenige Tage arbeitsfähig. Hab allerdings keinen Vollzeit, sondern 50%Arbeitsplatz.
Danke fürs Lesen, ich finde es schwierig ohne Ansprechpartner mit den vielen Fragen allein klarzukommen. Aber mein Therapiebudget war mit 2 x 12h ausgereizt.
Ich wünsche euch einen schönen Tag
Gruß Ella
Love-is-all-around
Beiträge: 77
Registriert: 19. Mär 2023, 11:03

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Love-is-all-around »

Liebe Ella,

das klingt nicht gut. Natürlich hast du ein Recht darauf zu erfahren, welche Diagnose bei dir gestellt wurde.

Ich denke nicht, dass du eine Persönlichkeitsstörung hast, denn das hätte dich schon dein ganzes Leben beeinträchtigt. Außerdem ist so etwas nicht therapierbar und Medikamente helfen dagegen auch nicht.

Ich habe am Anfang meiner Therapie viele Fragebögen ausgefüllt. Deswegen habe ich meine Therapeutin direkt gefragt, wie sie mich einschätzt. Sie hat mir die Auswertungsergebnisse gezeigt und erklärt. So habe ich das in der Vergangenheit auch bei einem anderen Therapeuten erlebt. Wenn man nicht weiß, woran man arbeitet, macht meines Erachtens die Therapie gar keinen Sinn.

Liebe Grüße
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Sirius99
Beiträge: 13
Registriert: 21. Sep 2023, 21:51

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Sirius99 »

Ellaella hat geschrieben: 28. Sep 2023, 08:11 Der Psychiater schrieb mich dann mit dem Code für wahnhafte Störung krank..... Ich war übrigens die ganze Zeit, bis auf wenige Tage arbeitsfähig.
Was genau ist Dein Problem? Der Psychiater hat Dich mit einer Diagnose krank geschrieben. Auf der AU steht auch ob Verdachtsdiagnose oder gesicherte Diagnose. Üblicherweise fließen die Diagnosen zwischen den Behandlern. Du kannst Dir von jedem Arztbericht Kopien geben lassen. Dieser enthält die Dianosen.
Senif
Beiträge: 1868
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Senif »

Wenn man nicht weiß, woran man arbeitet, macht meines Erachtens die Therapie gar keinen Sinn.
Aber dazu ist die Diagnose nicht wirklich das wichtigste. Man arbeitet an Symptomen, nicht an Diagnosen.
Ephemera
Beiträge: 110
Registriert: 10. Jan 2022, 19:31

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Ephemera »

Natürlich kann man auch Persönlichkeitsstörungen therapieren!!!
Und gegen begleitende Depressionen oder Ängste etc. helfen auch Medikamente.

Als Betroffene regt mich das auf, dass diese Ansicht immer noch so sehr in den Köpfen ist. Dabei gibt es inzwischen vor allem im Bereich der Verhaltenstherapien viele Verfahren, die insbesondere für die Behandlung von Persönlichkeitsstörungen entwickelt wurden und gute Erfolge erzielen. Als Beispiel seien hier die DBT und die Schematherapie genannt.

Es gibt hilfreiche Behandlungen!
Auch eine Persönlichkeitsstörung kann so weit gebessert werden, dass die Diagnosekriterien nicht mehr erfüllt werden - also „geheilt“ werden.

Sonst müsste Betroffenen gemeinsam mit der Diagnose ja gleich ein Strick überreicht werden.
„Jetzt wissen sie, was sie haben. Da kann man nichts machen. Leiden Sie einfach weiter.“

Edit: hab gerade gemerkt, dass ich gar nichts zur eigentlichen Frage geschrieben habe. Tut mir leid!

Es könnte tatsächlich eine Depression mit psychotischen Symptomen (gewesen) sein. Das ist nicht unüblich und vielleicht das, auf das der Therapeut hingewiesen hat.
Zumindest ihn (denn er kennt Dich und Deine Symptomatik sicherlich am besten) kannst Du nochmal ganz direkt um die Mitteilung seiner Diagnose bitten.
Dazu hast Du jedes Recht.
Und meiner Meinung nach auch auf mehr als 24 Stunden Therapie, aber da kennen andere sich besser aus.
Love-is-all-around
Beiträge: 77
Registriert: 19. Mär 2023, 11:03

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Love-is-all-around »

Liebe Ephemera,

es tut mir leid, wenn ich dich getriggert habe. Natürlich helfen Medikamente gegen begleitende Depressionen und Ängste. Wie ich das bisher verstanden habe, kann man bei einer Persönlichkeitsstörung mit einer guten Verhaltensterapie die Symptome stark lindern bzw. typische Auslöser erkennen und vermeiden. Ich wusste bisher nicht, dass es sogar möglich ist, dass nach einer erfolgreichen Behandlung die Diagnosekriterien nicht mehr erfüllt werden. Vielen Dank für den Input und Glückwunsch, dass du das erreicht hast.

Ich habe sehr pauschalisiert geantwortet, um in erster Linie Ella zu beruhigen. Es ist ihr Thread und sie wirkt völlig aufgelöst. Grübelgedanken und Schlafmangel können sehr schwere psychische und physische Folgen haben.

Also liebe Ella, versuch bitte an die Unterlagen deines Psychotherapeuten zu kommen und hol dir ggfs. eine Zweitmeinung ein. Geh optimistisch davon aus, dass du keine Persönlichkeitsstörung hast, bevor diese nicht eindeutig diagnostiziert ist. Und selbst wenn, dann gibt es - wie oben beschrieben - auch dafür gute Behandlungsmethoden.
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Ephemera
Beiträge: 110
Registriert: 10. Jan 2022, 19:31

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Ephemera »

Danke für Deine Worte. Ich reagiere da auch zu empfindlich.
Aber diese Diagnose ist im ersten Moment natürlich sehr schwer zu schlucken. Wie man denkt und fühlt - und das „schon immer“ - ist auf eine Art neben der Norm, die als Krankheit gilt.

Das Wort alleine impliziert ja schon, dass mit der eigenen Person etwas falsch ist. Und was soll man da machen?!
Aber wie gesagt: man kann sehr viel machen. Es kann sich sehr viel bessern.
Und verschiedene Behandler haben mir unabhängig versichert, dass auch „Heilung“ im Sinne von: man erfüllt die Kriterien nicht mehr, möglich ist - sie hätten das schon erlebt.
So weit bin ich leider noch nicht, denn eines muss man zugeben: die Therapie dauert sehr viel länger, wenn eine PS vorliegt, weil alles extrem gefestigt und verankert ist.

So. Ende mit dem Off-Topic.
Aber vielleicht macht es irgendjemanden Mut, der auch an einer solchen Diagnose knabbert und bereit ist, den Kampf aufzunehmen.
Suchende2
Beiträge: 1387
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Ellaella,

wie es rechtlich ist, kann ich Dir nicht sagen. Aber ich denke, Du hast ein Recht darauf zu erfahren, was Dein Therapeut als Verdachtsdiagnose stellt.
Sprich mit Deinem Psychiater, ob er eine weitere Therapie unterstützt und dann überlege Dir, ob Du bei Deinem bisherigen Therapeuten oder bei eine neuen weitermachen möchtest. Wenn Du gesetzlich versichert bist, kannst Du noch einige Therapiestunden bekommen.

Wie bereits geschrieben, hat Dein Psychiater eine Diagnose gestellt. Diese muß nicht mit der Diagnose des Therapeuten übereinstimmen. Sie dürfen auch unterschiedlicher Meinung sein.

Ich habe eine Persönlichkeitsstörung. Die belastet mich aber nicht stark. Als sie diagnostiziert wurde, hatte ich bereits schon gute Wege gefunden, mit dieser zu leben. Diese Diagnose erklärt mir einiges über mich und lässt mich freundlicher mit mir selbst umgehen. Und bei meiner wurde ein langer vorgegebener Fragenkatalog abgearbeitet. Ich wußte, daß es bei diesen Fragen um die Diagnose einer PS ging. Ein Therapeut in der Tagesklinik kam durch das von denen beobachtete Verhalten an mir auf die Idee, mit mir den Fragenkatalog durchzugehen. Ich denke, daß ist auch bei anderen PS so.

Meine Therapeutin sagte mal zu mir (als ich mit einer Fehldiagnose haderte), sie behandle keine Diagnosen, sondern Menschen. Das möchte ich Dir gerne mitgeben. Zu dieser Fehldiagnose kam es, da man die Symptome entweder als Begleiterscheinung einer Depression deuten kann (was es bei mir war) oder als eigenständiges Krankenbild.
Unabhängig von der Diagnose, geht es in der Therapie darum, wo sind Deine größten "Baustellen". Was möchtest Du durch die Therapie ereichen.

Alles Gute,
Suchende
Mayana
Beiträge: 458
Registriert: 11. Jun 2023, 01:16

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Mayana »

Hallo Ellaella,

Bei mir wurde meine Diagnose meines Psychiaters in der Tagesklinik nochmal unter die Lupe genommen, was mit Fragenkatalogen und anschließenden Gesprächen geschah. Vielleicht wäre das ja auch was für dich?
Ellaella
Beiträge: 5
Registriert: 22. Sep 2023, 17:49

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Ellaella »

Vielen Dank für eure Antworten!
Heute habe ich in der Praxis des Psychiaters nachgefragt. Aber sie meinten, sie haben die Diagnose des vorbehandelnden Psychotherapeuten nicht. Ich müsste mich direkt an ihn wenden. So hoffe ich, dass ich am Telefon nicht abgewimmelt werde, die Therapie liegt ja schon länger zurück. Habt ihr denn direkt ausführliche Arztbriefe von euren Therapeuten bekommen oder bekommt man einfach nur mündlich etwas gesagt?
Als ich den Psychiater fragte, ob man denn nicht näher untersucht was ich habe, meinte der das würde sich im Verlauf zeigen, das könnte man nicht untersuchen. Allerdings redet der Psychiater gar nicht mit mir, gibt mir nur meine Rezepte. So bin ich eben immernoch in Unsicherheit.Alles Gute euch!
MaWe
Beiträge: 181
Registriert: 8. Feb 2020, 10:03

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von MaWe »

Ich denke, es ist so, dass du ein Recht darauf hast, alle offiziellen Schreiben und Dokumente zu deiner Therapie einzusehen. Dazu gehört auch der Bewilligungsantrag für eine Psychotherapie, in dem natürlich auch eine oder mehrere Diagnosen stehen müssen.

Was dein Psychiater behauptet ist Quatsch. Natürlich kann er eine aktuelle Diagnose stellen (und sollte das auch) und muss nicht den Verlauf abwarten. Aber dazu müsste er mit dir reden, Tests machen etc. und das kriegt er nicht oder nur schlecht bezahlt und/oder ist zu faul dazu.
Suchende2
Beiträge: 1387
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Recht auf Diagnose

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Ellaella,

soweit ich informiert bin, müssen medizinische Unterlagen 10 Jahre lang aufbewahrt werden. Wenn Deine Therapie nicht länger als 10 Jahre zurückliegt, muß Dein ehemaliger Therapeut noch alles vorliegen haben und Dir aushändigen.

Von meiner Therapeutin habe ich bis jetzt keine ausführlichen Arztbriefe erhalten. Sie sagt mir, was wichtig ist.
Da sie nach meiner Therapie in Rente geht, habe ich sie gebeten, mir alle notwendigen Unterlagen zum Ende hin auszuhändigen (gebe ihr einen Umschlag).
Sie gibt mir alles relevante. Wenn es soweit ist, frage ich sie auch, ob es sinnvoll ist, daß sie einen Abschlußbericht an meine Psychiaterin schickt.
Von dem möchte ich dann auch eine Kopie erhalten.

Meine Psychiaterin hatte mir auch eine Überweisung in die Tagesklinik gegeben,
Ich hatte aus der Akutklinik als Nebendiagnose eine Fehldiagnose mitgebracht. Die konnte durch die Tagesklinik aus dem Weg geräumt werden.
Das wäre im normalen Praxisbetrieb schwer gewesen.

Alles Gute,
Suchende
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