Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Maxegon
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Maxegon »

belladonna_ hat geschrieben: 1. Sep 2023, 11:04 Warum sagt man überhaupt Patienten, dass das nie wieder wird?
Wäre doch interessant, erst Mal herauszubekommen, was mit "das" überhaupt gemeint ist.

Ist "das" das, was wir uns denken oder das, was der andere meint und wenn ja, was meint er denn überhaupt??
belladonna_
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von belladonna_ »

Naja, ich hab ja oben klar geschrieben, was mir prophezeit wurde, wenn ich es versuche (das ich scheitere und noch kränker werde).
Maxegon
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Maxegon »

Na ja, ich muss ja nicht jeden *** glauben, nur weil mir eine studierte Fachkraft etwas diagnostizierte, etwas feststellte, ist das ja nicht der Weissheit letzter Schluss.
belladonna_
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von belladonna_ »

Da hast du natürlich völlig recht. Aber es ist nunmal ein Machtgefälle und Abhängigkeitsverhältnis, wenn man in einer Therapie, Klinik oder Betreuung ist. Davon muss man sich erstmal wieder frei machen, was Kraft kostet.
Maxegon
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Maxegon »

belladonna_ hat geschrieben: 1. Sep 2023, 11:55 Machtgefälle und Abhängigkeitsverhältnis
Das ist wohl das Hauptproblem ... dieses unbedingte Vertrauen, dieses Ausschalten seiner eigenen Urteilsfähigkeit, damit meine ich nicht das pemanente Anzweifeln, doch Hinterfragen bzw. sich selbst mit der Materie beschäftigen darf/muss schon erlaubt sein, auch wenn man sich nicht Facharzt für *** nennen darf.
Leider kommt noch dazu, der permanente Zeitmangel der Ärzte, das "Abarbeiten" (Geldverdienen) müssen.
Empathie58
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Empathie58 »

Hallo belladonna_,

Du hast geschrieben:
belladonna_ hat geschrieben: 1. Sep 2023, 06:01... Zum Thema Hellinger, die DGSF hat sich schon lange von solchen Aufstellungen distanziert. ...
Nur am Rande, weil es nicht unmittelbar mit dem eigentlichen Thema der Threadstarterin zu tun hat, und um Verwirrung bei Interessierten zu vermeiden:

Deine pauschale Aussage wird durch die Homepage der DGSF widerlegt.

Hast Du vielleicht gemeint, dass sie sich von Hellinger als Person distanziert hat? Da könnte ich mitgehen, denn es gibt mittlerweile zahlreiche Varianten (auch bei "meiner" Therapeutin), in denen Hellingers Ansichten nicht 1:1 übernommen werden. Deshalb hatte ich auch geschrieben, dass die Aufstellungen auf Hellinger zurückgehen.

Seinen Namen habe ich überhaupt nur erwähnt, damit DieNeue, falls sie das möchte, selbst recherchieren kann. Dafür könnte der Name hilfreich sein.

Viele Grüße
Empathie58
belladonna_
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von belladonna_ »

Ja ich meinte damit von seiner Person, seiner Art der Aufstellung.
Dass es natürlich Familienaufstellungen gibt, ist richtig.
Sorry für die Verwirrung.
DieNeue
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von DieNeue »

Hallo zusammen,

danke für eure ganzen Beiträge. Ich finde das Thema sehr spannend.

@ Senif: Doch, natürlich will ich meine Ziele erreichen. Vielleicht sehe ich das zu schwarz-weiß, aber ich habe halt immer den Eindruck, dass man immer erst alles perfekt können muss, um wieder als gesund zu gelten. Fast als müsste man alles besser machen als gesunde Menschen, um wieder als gesund zu gelten.
Zum Beispiel beim Thema Abhängigkeit: Ich soll mich von niemandem abhängig machen. Sobald ich irgendwo merke, ich könnte mich auf irgendwen zu sehr einlassen, zu viel Hilfe brauchen o.ä., kommt sofort das Warnsignal "Mach das nicht, sonst bist du abhängig und das ist krank!"
Bei Gesunden ist da scheinbar viel mehr Spielraum. Die machen einfach ohne nachzudenken. Meine Schwester holt sich auch manchmal Hilfe von meinen Eltern, aber sie denkt da nicht drüber nach, ob sie sich von ihnen abhängig macht und es interessiert auch niemanden.

Das hatte ich nach der letzten Klinik noch viel schlimmer. Da habe ich mich bei allem, was ich gemacht habe, gefragt, ob das noch okay ist oder schon zu zwanghaft, zu abhängig usw. Genauso wie in der Klinik ständig bei dieser dummen Übung. Ist es z.B. schon zwanghaft, wenn ich meine Gläser immer an die gleiche Stelle in den Schrank räume und sie immer in einander stelle?
Senif hat geschrieben: 1. Sep 2023, 09:37 Du nimmst es dir so sehr an, dass du inkompetent sein könntest, oder anderes, dass es fast schon deine eigene Meinung über dich selbst sein könnte.
Vielleicht ist das schon Selbststigmatisierung?
Senif hat geschrieben: 1. Sep 2023, 09:37 Aber "jeder ist tatsächlich seines Glückes Schmied" - und sei es nur in dem Sinne, dass man zufrieden wird, mit dem was man hat und das Glück aus seinem Inneren zieht.
Und das ist eben das, was ich immer nicht verstehe: Auf der einen Seite soll ich mein ganzes Glück aus mir selbst bekommen, auf der anderen Seite soll ich glücklich sein, weil ich z.B. in einer Beziehung bin. Für mich passt das nicht zusammen. Sind denn jetzt alle Menschen in einer Beziehung nur aus sich selbst heraus glücklich und könnten auch ohne ihren Partner genau so glücklich sein und ohne ihn genauso gut leben? Warum geht man denn dann Beziehungen ein?
Sind die ganzen Leute in Beziehungen denn tatsächlich alle soviel weiter als ich?
Ich finde das auch so fies, wenn Therapeuten den Anspruch an mich stellen, ich soll mich von niemandem mehr abhängig machen und gleichzeitig sind sie selber in einer Beziehung und in gewisser Weise von ihrem Partner abhängig (denn ihnen würde es ja auch was ausmachen, wenn derjenige plötzlich nicht mehr da wäre - es ist doch keiner völlig emotionslos).
Das erlebe ich mittlerweile immer wieder, auch bei meinen Eltern und im Umfeld. Mir wurden z.B. bestimmte moralische Verhaltensweisen beigebracht, an die man sich unbedingt zu halten hat, aber mittlerweile bekomme ich mit, dass sich die Leute selber auch nicht immer dran gehalten haben oder dranhalten. Aber bei mir wurde/wird ein Theater gemacht, wenn ich auch nur den Anschein mache, ich könnte mich nicht dran halten.
Da komme ich mir mittlerweile ziemlich verar... vor.
Ich habe das Gefühl, wenn ich mich jetzt auf eine Beziehung einlassen würde, hätte ich das Gefühl versagt zu haben. Dann bin ich unselbstständig, abhängig, kann nicht mehr auf eigenen Beinen stehen, mach meinen Wert von der anderen Person abhängig usw. Ich weiß, dass das blöd ist.
Dazu kommt auch noch, dass Männer ja sowieso gefährlich sind. Sowas wurde mir auch vermittelt - z.B. von meinen Eltern, die gleichzeitig ihre Beziehung genießen und früher auch nicht immer die bravsten waren (was ich aber erst seit kurzem erfahren habe).
Diese Gedanken einfach über Bord werfen, geht aber halt leider auch nicht so einfach.

@ Belladonna: Was verstehst du denn unter Psychiatrisierung? Ich war kein Dauerpatient in der Psychiatrie, sondern zweimal in der Klinik. Den letzten Aufenthalt fand ich sehr defizitorientiert und destruktiv. Ich weiß nicht, wieso man einem Patienten eine Übung geben muss, wo er permanent an sich selbst beobachten muss, was an ihm alles gestört ist. V.a. wenn auch noch ein Anteil der kombinierten PS eine zwanghafte PS sein soll. Das macht doch alles nur schlimmer.

Die Sozialen Kompetenztrainings fand ich an sich nicht schlecht. Ich habe da schon auch was mitnehmen können.
Aber ich hatte halt den Eindruck, dass wir Patienten halt gar nix können und jetzt so werden sollen wie die "draußen". Aber man hat ja auch Stärken und Fähigkeiten. Ein Bügeleisen umzutauschen hätte ich mich auch geweigert, oder jemanden nach der Uhrzeit zu fragen. ;) Vielleicht kann man die Fähigkeiten in der akuten Phase grade nicht mehr aktivieren, aber man ist ja nicht total lebensunfähig.
Aber ich habe den Eindruck, dass sehr wenig ressourcenorientiert gearbeitet wird.
Die Oberärztin in der letzten Klinik meinte auch mal, dass man auch ein gutes Selbstwertgefühl aufbauen kann, wenn man nie (!) in seinem Leben auch nur irgendwas positives über sich gehört hat und nur negatives Feedback von anderen bekommt.
Ich finde das schon etwas unrealistisch. Natürlich ist es wichtig, die Meinung der anderen nicht zu wichtig zu nehmen und es kann schon sein, dass Leute das schaffen. Aber es ist schon ein Unterschied, ob man jeden Tag nur fertig gemacht wird oder ob man weiß, dass andere einen mögen und man auch mal von außen bestärkt wird.
Nach einigem Hin- und Herdiskutieren hat sie dann zugegeben, dass es bei positivem Feedback zumindest einfacher ist, ein gutes Selbstwertgefühl aufzubauen.
Ich finde, dass das einen riesen Druck auf Patienten aufbauen kann, wenn sie es einfach nicht hinbekommen, sich selbst zu mögen oder zu akzeptieren, wenn ihnen in ihrem privaten Umfeld und selbst in der Klinik nichts positives gesagt wird. Manchmal braucht man auch Ermutigung und Bestärkung oder auch mal eine korrigierende positivere Sichtweise von außen. Grade bei depressiven Menschen, die ja krankheitsbedingt sehr zu negativem Denken usw. neigen, sollte man sich schon die Mühe machen, mehr auf die Ressourcen aufmerksam zu machen und Positives zu betonen.

@ Maxegon:
Maxegon hat geschrieben: 1. Sep 2023, 12:14 Das ist wohl das Hauptproblem ... dieses unbedingte Vertrauen, dieses Ausschalten seiner eigenen Urteilsfähigkeit, damit meine ich nicht das pemanente Anzweifeln, doch Hinterfragen bzw. sich selbst mit der Materie beschäftigen darf/muss schon erlaubt sein
Ja, es ist ja auch gewollt, dass man dem Therapeuten vertraut und man hat immer im Hinterkopf, dass wenn man dem Therapeuten nicht vertraut, bringt die Therapie nichts. Alternativen gibt es oft auch nicht wegen Therapeuten- und Ärztemangel. Das bringt einen in eine ungünstige Position.
Zudem ist man meist auch total fertig, wenn man in der Klinik ist, oder ist zum ersten Mal mit irgendwas konfrontiert, von dem man keine Ahnung hat und ist dann unsicher.

Liebe Grüße,
DieNeue
Senif
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Senif »

Hallo DieNeue,
aber ich habe halt immer den Eindruck, dass man immer erst alles perfekt können muss, um wieder als gesund zu gelten.
Sagt wer ? Ich denke das nicht. Und wenn das andere denken, ist mir das egal. Wichtig ist doch, dass du das anders siehst und du selbst bei dir damit den Druck raus nimmst.
"Mach das nicht, sonst bist du abhängig und das ist krank!"
Nein, denke ich nicht. Es ist alles eine Frage des Maßes. Wie sehr machst du dich abhängig ? Bist du ohne deinen Partner nicht mehr lebensfähig ? Sprich depressiv, wenn du keinen Partner hast ? usw. Zwischen krank und gesund liegen so viele Grautöne.
Bei Gesunden (wo wir nicht wissen, ob sie krankhafte Teile haben) gibt es auch Kritik, aber die machen einfach ihr Ding, weil sie in sich selbst sicher sind.
Vielleicht ist das schon Selbststigmatisierung?
Ja, möglich. Im übrigen habe ich die Selbstabwertung in Perfektion beherrscht. :D Für mich war das teilweise schon so normal, dass ich das auch nicht hinterfragt hatte. Ein Fehler, wie sich später herausstellte.
Ist es z.B. schon zwanghaft, wenn ich meine Gläser immer an die gleiche Stelle in den Schrank räume und sie immer in einander stelle?
Ich halte das nur für krank, wenn du selbst darunter leidest. Wenn nicht, finde ich das nicht schlimm. Eine Frage der eigenen Bewertung.
Auf der einen Seite soll ich mein ganzes Glück aus mir selbst bekommen, auf der anderen Seite soll ich glücklich sein, weil ich z.B. in einer Beziehung bin. Für mich passt das nicht zusammen.
Das ist tatsächlich ein komplexes Thema. Denkst du denn die ganzen Singles sind nicht glücklich, weil sie keinen Partner haben ? Ich denke es so, dass wenn man auch allein glücklich ist, und dann eine Beziehung eingeht, nimmt man das eigene Glück mit in die Beziehung. Der Idealfall. Natürlich ist man emotional abhängig - es ist ja Liebe - aber hier ist die Frage des Maßes. Ich hatte mal eine Partnerin, die geklammert hat, das war mir absolut zu viel. Am Ende hatte ich das Gefühl, sie hat nichts eigenes mehr und kann ohne mich nicht mehr leben. Auch hier gibt es viele Grautöne und es ist bei jedem wieder eine individuelle Bewertung. Jemand, der anders gestrickt ist, hätte vielleicht mit der Klammerung gar kein so großes Problem gehabt. Ich habe sehr darunter gelitten und empfand das dann auch zunehmend als Faß ohne Boden.
Dass ich jetzt das Glück aus mir heraus habe, macht mich nicht beziehungsunfähig. Das wohlwollen mir gegenüber nehme ich auch mit in Beziehungen und bewirkt eine nachsichtige Haltung gegenüber anderen. Es ist auch nicht mehr alles so verkrampft.
Ich persönlich finde es hinterfragenswert, wenn man denkt, das Glück nur aus einer Beziehung zu ziehen. Oder die Erwartung an eine Partnerschaft hat, dass man doch jetzt bitte glücklich ist.

Lass doch die Therapeuten ihre Ansprüche haben, es sind ihre Ansprüche und vielleicht nicht Deine. Aber darüber kann man auch reden.
Mir wurden z.B. bestimmte moralische Verhaltensweisen beigebracht, an die man sich unbedingt zu halten hat, aber mittlerweile bekomme ich mit, dass sich die Leute selber auch nicht immer dran gehalten haben oder dranhalten.
Du hast die moralischen Sichtweisen von anderen übernommen. Aber sind das denn Deine ? Wichtig ist doch, dass du selbst nach deiner Facon lebst und dich früh noch im Spiegel anschauen kannst. Und wenn du mal einen Fehler gemacht hast, oder was nicht eingehalten hast, ist das doch nicht schlimm. Fehler macht jeder, die Frage ist, wie du hinter her mit dir umgehst. Machst du dich runter oder sagst du wohlwollend: oh, das war nicht so schön, dass mach ich das nächste Mal anders. Wir alle machen Fehler, wir sind deshalb nicht gleich schlechte unmoralische Menschen.

LG Senif
belladonna_
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von belladonna_ »

Unter Psychiatrisierung verstehe ich diese defizitorientierte Sichtweise, die auf die Patienten einwirkt.
Das dir so etwas begegnet ist, wundert mich gar nicht.

Ich erzähl dir nochwas von mir, damit du weißt es geht noch weiter und dass du nicht alleine bist:

Ich bin mit meinem Exfreund zusammengekommen und es schwang immer so von meiner Umgebung/professionelles Helfernetz mit, ich müsse doch jetzt dankbar sein. Das mich einer genommen hat. Denn ich wäre ja wirklich schwierig (bin ja auch die schwierige Patientin, die Kranke).
Das habe ich auch internalisiert. Ich hab echt viel für ihn gemacht, und er hat sich nicht gut verhalten. Da hab ich (unbewusst) gedacht, es ist wegen mir, ich bin ja schließlich krank.
Wir waren vielleicht 9 Monate zusammen, ich hatte eine neue Therapeutin und die hat mir das auch ganz klar ins Gesicht gesagt (da gabs mal Streit), ich müsse doch dankbar sein, dass ich überhaupt eine Beziehung habe, ich bin ja so schwierig. Da hats dann bei mir klick gemacht und ich bin dort nicht mehr hin. Ich bin aber in der Beziehung geblieben. Ich hab auch viel gar nicht anderen erzählt (was er gemacht hat), denn ich hatte ja zum einen die Befürchtung, dass dann die Ansage kommt, ich bin ja selbst schuld, dass er sich so verhält, ich wäre ja so schwierig. Und zum anderen habe ich auch wirklich geglaubt, ich würde nie jemanden neuen mehr finden, das kam gar nicht in meiner Realität vor.
Das hat sich ja nicht bewahrheitet. Aber auch heute kommen mir manchmal noch so Gedanken (zb wenn wir uns streiten), ist das jetzt normal oder weil du krank bist? Das ist halt echt Mind Fucking. Und lässt sich auf viele Situationen übertragen. (ich hatte wie gesagt davor schon die Gedanken, ob ich an der Uni studieren darf - denn ich bin ja so krank. Darf ich einen gut bezahlten Job finden und Ansprüche haben? Mir wurde von einem Rehaberater gesagt, für den ich ein Seminar gegeben hatte, ich solle doch auf den zweiten Arbeitsmarkt, davor, als er das noch nicht wusste, hat er mich gelobt.)
Usw. Stigmatisierung ist real, man muss aufpassen, dass das nicht zur Selbststigmatisierung wird.
Empathie58
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Empathie58 »

Hallo DieNeue,

Du hast geschrieben:
DieNeue hat geschrieben: 1. Sep 2023, 14:23Und das ist eben das, was ich immer nicht verstehe: Auf der einen Seite soll ich mein ganzes Glück aus mir selbst bekommen, auf der anderen Seite soll ich glücklich sein, weil ich z.B. in einer Beziehung bin. Für mich passt das nicht zusammen. Sind denn jetzt alle Menschen in einer Beziehung nur aus sich selbst heraus glücklich und könnten auch ohne ihren Partner genau so glücklich sein und ohne ihn genauso gut leben? Warum geht man denn dann Beziehungen ein?
Ein Freund von mir hat einmal den schönen Satz geprägt: "Zu zweit ist es besser, aber allein ist nicht minus 10."

Wir alle brauchen ehrliche, berührende Kontakte zu unseren Mitmenschen, um gesund zu bleiben. Ob das im Rahmen einer (Liebes-) Beziehung geschieht oder "nur" im Rahmen von Freundschaften, mag jeder Mensch für sich entscheiden.

Wer von seiner Partnerin oder seinem Partner erwartet, dass diese(r) ihm oder ihr Glück bringen, also dafür "verantwortlich" sein soll, hat keine Augenhöhe. Beide sollten jeweils auf eigenen Füßen stehen können. Das bedeutet nicht, dass gegenseitiges Anlehnen ausgeschlossen ist, im Gegenteil: Das bereichert jede Beziehung. Entscheidend ist, dass die "Konten" unter dem Strich ausgeglichen sind, sonst kommt es über kurz oder lang zu einer ungesunden Schieflage. Dann geht die Augenhöhe verloren und wir landen - oh Wunder - in einer Abhängigkeit.

Liebe Grüße
Empathie58
Suchende2
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Suchende2 »

DieNeue hat geschrieben: 1. Sep 2023, 09:22 Von mir wird ständig erwartet, dass ich an mir arbeite, Therapie mache, mich weiterentwickle, bis ich quasi irgendwann endlich auch mal "normal" bin, bzw. das Level von gesunden Menschen erreicht habe, um eine Partnerschaft zu führen usw.
Gleichzeitig gehen ständig Leute Beziehungen ein, bei denen auch nicht alles klappt, die auch irgendwelche Macken haben, ihre Bedürfnisse nicht ausdrücken können, nicht gut miteinander reden können, die auch nicht alle Aufgaben alleine bewerkstelligen können usw.
Da frage ich mich "Warum dürfen die das und ich nicht??" Warum gilt bei denen alles als "normal", nur bei mir nicht? Warum muss ich irgendwelche "Standards" oder Ziele erreichen, um eine Beziehung eingehen zu dürfen?
Warum muss ich mein Glück alleine erreichen und mich mit mir selber zufrieden geben und darf mich nicht auch mal in einer Beziehung fallen lassen?
Auf der einen Seite soll man seine Ressourcen nutzen, tun, was einem gut tut, schönes machen, aber wehe man ist glücklich, weil man mit jemandem zusammen ist und man sein Glück nicht nur aus sich selbst zieht.
Ich finde das irgendwie so fies.
I
Liebe Grüße,
DieNeue
Hallo DieNeue,

das mit einer Beziehung sehe ich anders.
Egal welche Krankheit oder Behinderung man hat, man kann trotzdem eine Beziehung führen. Es ist letztendlich egal, ob man eine Diagnose hat, Depressionen hat, Diabetes hat, eine Spastik hat, MS hat, oder sonstiges. Es geht nur darum, daß beide Partner sich lieben, das Leben zusammen verbringen möchten (das muß nicht unbedingt in einer gemeinsamen Wohnung sein), auf die Stärken des anderen schauen, die Schwächen akzeptieren und auf Augenhöhe eine Beziehung führen.
Du bist nicht nur Deine Depression!
Du bist so viel mehr!
Natürlich hast Du wahrscheinlich etwas schwierigere Startbedingungen, aber Du hast, wie jeder Mensch, das Recht den für Dich passenden Partner zu finden, unabhängig von Deinem Gesundheitszustand.
Es gibt so viele Menschen mit psychischen Erkrankungen, die in einer Beziehung leben. Warum sollte Dir das mit der Begründung der Depression verwehrt sein, nur weil Du Deine Diagnose bereits in jungen Jahren erhalten hast?
Auch in einer Beziehung zwischen vermeintlich Gesunden, muß geschaut werden, daß kein Ungleichgewicht entsteht.

Alles Gute,
Suchende
Maxegon
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Maxegon »

DieNeue hat geschrieben: 1. Sep 2023, 09:22 Von mir wird ständig erwartet, dass ich an mir arbeite, Therapie mache, mich weiterentwickle, bis ich quasi irgendwann endlich auch mal "normal" bin, bzw. das Level von gesunden Menschen erreicht habe, um eine Partnerschaft zu führen usw.
Gleichzeitig gehen ständig Leute Beziehungen ein, bei denen auch nicht alles klappt, die auch irgendwelche Macken haben, ihre Bedürfnisse nicht ausdrücken können, nicht gut miteinander reden können, die auch nicht alle Aufgaben alleine bewerkstelligen können usw.
Da frage ich mich "Warum dürfen die das und ich nicht??"
...
Ich finde das irgendwie so fies.
Hallo DieNeue,

niemand erwartet von dir ...
und niemand ist normal, jeder hat seine Macke.

Einige verstehen es nur, zu gut, sich in ihre "Macke" hineinzusteigern.
Andere sehen es gelassener, sind toleranter oder bemerken ihre Macke nicht einmal (wohl die Glücklichsten).

Selbstverständlich muss man Leistungen erbringen, wenn man Gefallen finden will.
Nur schön aussehen, genügt vielleicht für den Anfang oder den ersten Kontakt, aber dann ...?

Es ist doch immer ein ständiges Geben und Nehmen, in der "jungen Liebe" oder nach 30 Jahren Beziehung, egal ob bei Freundschaften oder bei Paarungswilligen.
Je mehr ich, akzeptiere, desto mehr Akzeptanz erfahre ich - wenn nicht, dann passt man einfach nicht zusammen.

Meine Beziehungen hegte und pflegte ich immer, so sie mir denn wichtig waren. Ich pflegte! Ich biederte mich nicht an. Eine gewisse Sympathie ist sicher eine gute Vorraussetzung. :mrgreen:
DieNeue
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Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von DieNeue »

Liebe Madeleine,

ich antworte Ihnen mal öffentlich und nicht auf die pn, die Sie mir privat geschickt haben.
Ich möchte nicht zu diesem Thema an Ihrer "Geschichte" mitwirken.
Dass hier immer wieder Leute nach Teilnehmern für irgendwelche Studien oder sonstiges suchen, ist man ja gewohnt, aber jemanden per pn anzuschreiben finde ich aufdringlich und unsensibel.
Ich habe in diesem Thread Probleme mit meinen Eltern geschildert. Ich kann mit ihnen nicht einmal darüber reden und überlege deshalb, eine gemeinsame Beratungsstunde anzuregen. Glauben Sie ernsthaft, ich kann und will darüber mit der Zeitung sprechen? Am besten noch zusammen mit meiner Familie?! Und das Ganze noch in der ganzen Welt verbreiten?
Mal abgesehen davon, dass ich keine Lust habe, Protagonistin in einer von tausend Zeitungsgeschichten über Depressionen zu werden, finde ich, dass Sie nicht wirklich überreissen, was Sie hier machen. Ich möchte mich hier in Ruhe mit Betroffenen austauschen und nicht von Journalisten angefragt werden.
Bevor Sie Ihre "Geschichte" schreiben, sollten Sie sich vielleicht überlegen, ob Sie überhaupt das nötige Feingefühl haben, auch noch die Menschen zu sehen und nicht nur Ihre "Geschichte".

Viele Grüße,
DieNeue


P.S. Vielleicht mal die Nutzungsbedingungen des Forums lesen...
Bauchtänzer
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Re: Gemeinsames Gespräch mit Eltern bei Beratungsstelle

Beitrag von Bauchtänzer »

starker Beitrag, DieNeue.
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