Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

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moritzzz
Beiträge: 29
Registriert: 19. Jul 2023, 16:46

Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von moritzzz »

Hallo liebes Forum,
ich habe mich schon öfter hier in letzter Zeit gemeldet. Heiße Moritz, 23, und stecke nun seit 2 Jahren in meiner ersten ziemlich schweren Depression, die ich nun mit Medis und Psychotherapie seit 6 Wochen behandle (hab die Erkrankung leider erst für lange Zeit nicht erkannt/richtig eingeordnet). Mir machen die Symptome sehr große Angst und ich stehe noch ganz am Anfang, das ganze zu akzeptieren, was mir sehr schwer fällt. Meine Gedanken sind überhaupt nicht frei, sondern kreisen die ganze Zeit um die Erkrankung und deren negative Konsequenzen (Wie wird mein Leben dadurch eingeschränkt sein? Wann wird es endlich besser ? etc ...) Ihr seht: Ich hab echt Schwierigkeiten das alles zu akzeptieren... Vor allem das Gefühl, wie unter einer Glasglocke zu stecken, die dafür sorgt, dass man die wirkliche Realität irgendwie nicht mehr klar wahrnimmt. Gedanken und Konzentration sind total gestört und blockiert. Leider muss ich mich ständig darauf konzentrieren, wie viel Watte in meinem Kopf ist, wodurch die Symptome noch schlimmer werden wenn ich auf sie achte. Ich merke, dass die Symptome immer ein bisschen besser werden, wenn ich mir Dinge vornehme und so Versuche, mehr im "Hier und Jetzt" zu sein anstatt im Grübeln über meine scheinbar hoffnungslose Situation. Ich weiß natürlich, dass das alles die Krankheit ist aber ich wünsche mir so sehr mein altes Leben zurück... Vielleicht hab ich einfach noch einen langen Genesungsweg vor mir und muss erstmal einen Umgang mit den Symptomen finden. Was meint ihr? Ich freue mich über Tipps, wie man es schafft die Symptome zu akzeptieren. Danke schonmal und ganz liebe Grüße :)
Nopsi
Beiträge: 27
Registriert: 4. Aug 2023, 19:37

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von Nopsi »

Lieber Moritzzz,

ich hatte meine erste Depri vor 33 Jahren, seitdem drei Schübe unterschiedlicher Dauer. Der letzte Schub seit acht Wochen ist der heftigste bis jetzt. Damals hatte ich zwei Gesprächsherapien und einen 7-Wochen Aufenthalt in der Psychiatrie. Hat Entlastung gebracht; keine wirkliche Heilung, da ich zu der Zeit parallel Alkoholiker war. Da konnte einiges nicht langanhaltend wirken.
Tja, mit der Akzeptanz tue ich mich auch heute noch schwer. Es leuchtet mir ein, daß es ganz hilfreich ist, sich nicht gegen die Depri zu wehren; aber komplett liegen bleiben und nicht mehr zucken geht in meinen Augen gar nicht.
Meistens hadere ich auch heute noch mit der Depression. Speziell an solch einem Bomben-Sonnen-Sonntag, wo ich normalerweise erst Fahrrad, dann Motorrad fahre und dann in zwei klassische Konzerte gegangen wäre. Statt dessen im Bett gelegen. Toll. Sehr Laune hebend. Wenn das es sein soll, die Depression zu akzeptieren vielen Dank.
Ich versuche es, die Krankheit zu akzeptieren. Muss wohl sein. Fällt schwer. Aber wie gesagt: es darf nicht heißen, sich dieser dann hingeben. Ich arbeite jeden Tag daran. Und wünsche mir mal Phasen, nicht jeden Tag 24 Stunden über mich und meine Depri zu grübeln. Hören willes auch kaum noch wer.
Kante
Beiträge: 25
Registriert: 23. Apr 2021, 19:41

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von Kante »

Hi Moritz
Offensichtlich hast du es aber schon geschafft etwas gegenzusteuern , ein Fuß im Türspalt. Es ist anfangs wie im Dschungel, verwachsen nahezu undurchdringlich. Du kämpfst dich durch immer wieder und wieder und wieder, irgendwann entsteht ein Pfad, dann ein Weg eine Straße.Die negativen Gedanken und all das bleiben nach und nach auf der Straße zurück. Ich hätte auch nicht geglaubt so tief und lang wie ich im Sumpf der Depression gefangen wa
Alles gute kante
NCC-1701
Beiträge: 9
Registriert: 1. Mär 2021, 20:54

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von NCC-1701 »

Sehr schön formuliert.

Mein Weg war nicht immer sichtbar, wirkte düster oder schien zu enden aber er ging trotzdem stetig weiter. Es ging um Kurven, durch Senken aber stetig bergauf. Die Umgebung änderte sich und wurde heller. Blickte ich zurück dann erschienen dunkle Stellen des Weges im Nachhinein gar nicht mehr so düster. Der Weg kann lang, mühselig und manchmal steinig sein. Jedoch wird es immer heller und freundlicher auf dem Weg zur Kuppe. Negative Gedanken habe auch ich im Laufe der Zeit zurückgelassen.
SimoneZitrone
Beiträge: 8
Registriert: 30. Aug 2023, 10:37

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von SimoneZitrone »

Hallo Moritz,

Danke fürs Teilen deiner Situation. Ich befinde mich nun in der fünften Woche in der Psychiatrie. Besser geworden ist noch nichts. Es ist meine erste
moritzzz
Beiträge: 29
Registriert: 19. Jul 2023, 16:46

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von moritzzz »

SimoneZitrone hat geschrieben: 11. Sep 2023, 09:06 Hallo Moritz,

Danke fürs Teilen deiner Situation. Ich befinde mich nun in der fünften Woche in der Psychiatrie. Besser geworden ist noch nichts. Es ist meine erste
Hallo SimoneZitrone,
oh, das tut mir leid, ich wünsche dir weiterhin ganz viel Geduld und Kraft im Umgang mit der Krankheit :) magst du ein bisschen von deinen Symptomen erzählen und wie die Depression bei dir entstanden ist? Natürlich nur wenn du magst :) Ich freue mich von dir zu hören.

Viele Grüße
Moritz
Kada
Beiträge: 272
Registriert: 13. Mär 2016, 23:10

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von Kada »

Hallo Moritz,

ja, das Akzeptieren der Symptome ist sehr schwer. Es hilft immer etwas, hier im Forum zu lesen, dass es anderen Teilnehmern ähnlich geht. Aber dagegen anzukämpfen, hat mir persönlich nichts gebracht.

Du schreibst, wenn du versuchst, im Hier und Jetzt zu sein, geht es dir etwas besser. Ich glaube, das ist genau das, worauf es ankommt: Ablenkung durch einfache Tätigkeiten, z.B. irgendetwas sortieren, aufräumen, putzen. In einer vorigen Depri habe ich täglich Pudding gekocht, was ich sonst nie tue. Keiner außer mir wollte ihn dann essen 😂.

In der Psychiatrie wird man ja auch beschäftigt. Es gibt Ergotherapie, Sport, gemeinsame Ausflüge etc. Ich wollte aber dieses Mal nicht stationär behandelt werden und mache mir selbst ein Programm.

Ich möchte dir nur sagen, es heißt „depressive EPISODE“. Eine Episode hat immer ein Ende! Hab Geduld, es geht vorbei!

LG
Kada
moritzzz
Beiträge: 29
Registriert: 19. Jul 2023, 16:46

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von moritzzz »

Kada hat geschrieben: 11. Sep 2023, 12:13 Hallo Moritz,

ja, das Akzeptieren der Symptome ist sehr schwer. Es hilft immer etwas, hier im Forum zu lesen, dass es anderen Teilnehmern ähnlich geht. Aber dagegen anzukämpfen, hat mir persönlich nichts gebracht.

Du schreibst, wenn du versuchst, im Hier und Jetzt zu sein, geht es dir etwas besser. Ich glaube, das ist genau das, worauf es ankommt: Ablenkung durch einfache Tätigkeiten, z.B. irgendetwas sortieren, aufräumen, putzen. In einer vorigen Depri habe ich täglich Pudding gekocht, was ich sonst nie tue. Keiner außer mir wollte ihn dann essen 😂.

In der Psychiatrie wird man ja auch beschäftigt. Es gibt Ergotherapie, Sport, gemeinsame Ausflüge etc. Ich wollte aber dieses Mal nicht stationär behandelt werden und mache mir selbst ein Programm.

Ich möchte dir nur sagen, es heißt „depressive EPISODE“. Eine Episode hat immer ein Ende! Hab Geduld, es geht vorbei!

LG
Kada
Hallo zusammen, eure Beiträge haben mir schon einmal sehr weitergeholfen. Vielen Dank. Glaubt ihr auch, dass eine schwere Episode vorbeigehen kann? Bei mir ist es vormittags (bis 13 Uhr) einfach noch so unerträglich, dass ich im Moment
den Glauben ein bisschen verliere und nicht mehr weiß, wie das alles noch heilen soll? Dafür geht es schon so lange... Oder sind 2 Jahre nicht unüblich? Wie lange eine Episode gehen kann, ist wahrscheinlich sehr unterschiedlich und kann auch mal mehrere Jahre sein, oder? Ich überlege, auf jeden Fall noch in einer Tagesklinik teilzunehmen... stehe da noch auf der Warteliste
Kante
Beiträge: 25
Registriert: 23. Apr 2021, 19:41

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von Kante »

Ja Moritz, auch eine schwere Depression kann vorbeigehen. Ich habe lange gebraucht um mich davon weitestgehend zu befreien, sehr lange. Jetzt könnte ich rückblickend sagen, Menschen warum hat das so lange gedauert, all das leid. Hm, vielleicht, nein bestimmt, es war nötig um in mir selbst eine Veränderung herbeizuführen, nicht nur oberflächlich. Wäre die Genesung zu früh eingetreten wäre ich bestimmt wieder ins alte Fahrwasser gekommen.
Gruß kante
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: Akzeptanz der Krankheit - wie schafft ihr das?

Beitrag von anna_lyle »

@kante: so habe ich das auch erlebt, seit leider knapp 40 Jahren. Mein Fazit ist: Depression ist zurück gehaltenes Wissen.

Leider ändert sich das Gehirn durch lange Phasen der Depression. Es ist wie eine schlechte Gewohnheit, die man nicht los wird. Die Depression war immer wieder der Versuch meines Körpers, eine Lösung zu finden für ein ganzheitliches Problem in meinem Leben.
Therapie, tiefgreifende Veränderungen, gesündere Denkgewohnheiten, Psychoedukation, Akzeptanz, phasenweise ADs, Klinik - alles hat auf seine Weise geholfen.

@Moritz: ich wünsch dir viel Kraft Geduld und Zuversicht! Sei nett zu dir :-) Schön, dass du hier bist!
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