Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

rst65
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Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Hallo Zusammen,

ich wollte das hier mal loswerden. Vielleicht gibt es ja jemanden, der seine Erfahrungen mit austauschen möchte.
Ich bin 58 Jahre und hatte vor 20 Jahren schon mal eine Depression die ein Jahr angedauert hat und dann aber glücklicherweise für mich austherapiert wurde.

Leider hat es mich ende Mai 2023 erneut erwischt. Wenn man ehrlich ist, wahrscheinlich schon früher. Seit Anfang des Jahres hatte ich schon Probleme mit Kopfdruck und Schwindel. Das habe ich aber wohl nicht erkannt. Wegen dem Schwindel war ich auch bei dem Hausarzt, hier wurde es aber damit abgetan, dass es sehr viele Ursachen gibt und im Blutbild keine Anzeichen zu sehen sind. Ich habe das dann erstmal so hingenommen und gehofft, dass es von selber wieder weggeht. Das war dann leider nicht so.. Ende Mai dann der Zusammenbruch.. innere Unruhe, Schlafprobleme, kein Appetit, Antriebslosigkeit und kreisende Gedanken ob jetzt alles wieder losgeht wie vor 20 Jahren. Alles war für mich eine Belastung. Eine Woche habe ich noch gearbeitet, nach der Arbeit ins Bett. Mehr ging nicht. Dann zum Arzt und Krankschreiben lassen. Der Arzt hat mir gesagt, ich solle raus gehen, Spazieren usw. Viel mehr konnte er nicht dazu sagen. Außer ich solle versuchen wieder meinen Therapeuten zu kontaktieren. Das habe ich dann auch alles so gemacht.

Ich habe erst eine Therapeutin auf Naturheilkunde kontaktiert und auch eine lange Sitzung gehabt. Parallel habe ich meinen alten Therapeuten erreicht und er hat mir kurzfristig einen Termin geben können. Ich habe dann auch mit meinen besten Freunden darüber gesprochen, die haben auch schon was gemerkt. Das ist mir sehr schwergefallen, aber ich war positiv überrascht. Alle hatten Verständnis. Das alles hat wohl dazu geführt, dass es mir wirklich schnell besser ging. Ich habe dann wirklich 10 Tage nichts gemacht, nur Fahrrad gefahren und draußen auf der Liege gelegen. Nach diesen 10 Tagen sah alles wieder gut aus. Ich hatte Appetit und machte auch schon wieder Pläne. nach 4 Wochen ging ich dann wieder arbeiten. Auch hier ging es ganz gut. Das Schwindelgefühl, war allerdings nicht weg.

Ich hatte Glück, das Mein Therapeut mich wieder aufnimmt. Ab September starte ich mit einer Gruppentherapie. Zwischendurch gab es ein paar Einzelstunden.

Trotz der ganzen positiven Dinge, bin ich dann am Montag erneut in ein Loch gefallen. Gleiche Symptome, innere Unruhe, Schlafprobleme, kein Appetit, Antriebslosigkeit und kreisende Gedanken, ich habe echt gedacht ich hätte das Geschäft und das kommt so nicht wieder. Das war wohl ein Irrglaube. Habe dann meinen Therapeuten angerufen und zum Glück schnell einen Termin bekommen. Er hat mir dann gesagt, dass dieses so schon mal vorkommen kann und hat mir erklärt das die ganze Depression wie eine Spirale zu sehen ist und damit auch ein Rückfall kommen kann. Dieses soll dann durch die Gruppentherapie besser werden. Die Abstände der Rückschläge werden Größer und die Phase der Rückschläge kürzer.

Das was ich sagen kann, der Rückfall war nicht so stark wie der Ende Mai und mir geht es heute auch schon besser. Habe mich auch in der Arbeit durchgekämpft. Das macht Hoffnung, das er Recht hat.

Ich würde mich sehr freuen, wenn sich jemand meinen Beitrag durchliest und evtl. auch antwortet.

Liebe Grüße
Ralf
Mario81
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Mario81 »

Hallo Ralf.

Tut mur leid das es dich wieder erwischt hat. Leider kann man es nie 100% ausschließen.

Aber es ist gut das du es erkannt hast und dir Hilfe geholt hast.
Das ist der erste wichtige Schritt.
Rückschläge sind leider zu erwarten. Warum sie kommen, das wird man nicht erfahren... da solltest du nicht groß drüber nachdenken. Zumindedt ist das bei mir so. Nach positiven Tagen kommen wieder schlechte...warum? Egal...einfach akzeptieren, das können wir nicht verhindern. Die Zeit bringt die Besserung.Achte weiter auf dich.

Liebe Grüße
Mario
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rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Vielen Dank Mario für die Worte..
Einen wirklichen einzelnen Grund gab es auch vor 20 Jahren nicht bei mir. Auch diesmal kann ich das nicht an einen direkten Auslöser festmachen. Das ist für mich eigentlich das schlimmste.. den damit hat man keine Ursache die man abstellen könnte.
Mir wurde das mal so erklärt: man stelle sich ein Fass vor, in das alles reinkommt das einen bewusst wie auch unbewusst belastet. Das Fass wird mit den Jahren immer voller und irgendwann läuft es über. Und das ist dann das Loch in das man fällt. Hast Du oder auch andere auch schon mal so eine Erklärung gehört. Für mich hört sich das plausibel an.

Gruß
Ralf
Mario81
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Mario81 »

Ja... Bei mir war es ein Tropfen der das Fass zum überlaufen brachte. Es hat sich 20 Jahre alles gesammelt und ich hab die Anzeichen nicht gesehen. Es gibt auch bei mir nicht den einen Auslöser. Deswegen ist es schwer die Ursache zu finden. Ich muss mehrere Dinge abstellen oder ändern.
Bei mir hat sich die Depri über die letzten 2 Jahre langsam aufgebaut und im Januar kam dann der Knall...
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Senif
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Senif »

Hallo,

bei mir war es Überarbeitung und Überforderung im Beruf, und weil ich meine eigenen Grenzen ignoriert habe. Hinzu kamen noch schlechte Erfahrungen von früher, die ein ungünstiges Beziehungsmuster begünstigt haben. Also eher Rückzug, nichts ansprechen, Konfliktscheu etc ....
Viele Tropfen, und dann war das Fass einfach voll, ohne dass ich direkt hätte sagen können, das oder jenes war der Auslöser.
Mario81
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Mario81 »

Ich weiß was der Tropfen war. Aber an dem kann ich nicht viel ändern. An dem Rest muss ich arbeiten. Ich gehe auch Konflikten aus dem Weg... ärgere mich dann und fresse es in mich rein. Zumindest dauert es lange bis ich explodiere... das ist aber auch nicht gut.
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Senif
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Senif »

wenn der Tropfen nicht änderbar ist, musst du umso mehr darauf aufpassen, dass der Pegel im Fass niedrig bleibt.
Senif
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Senif »

ich brauche auch lang, bis sich bei mir was tut. Dennoch ziehe ich aus manchen roten Linien, die überschritten worden, auch Konsequenzen (was ich früher nicht gemacht habe). Das ist auch gut so.
rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Bei mir ist es leider auch so, das ich Konflikte meide und lieber nichts mehr sage. Aber Mario, wenn Du Anfang des Jahres in das Loch gefallen bist, wie geht es Dir jetzt? Hast Du eine Therapie gemacht?
Ich habe auch noch einen Antrag zur Reha gestellt, hast Du das auch gemacht.

Gruß
Ralf
Mario81
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Mario81 »

Mittlerweile geht's mir besser. Ist nicht mehr zu vergleichen mit den ersten 3 Monaten. Ab Montag geh ich in die Tagesklinik. Rehaantrag ist raus.
Bin seit Februar in Therapie und bekomme AD.

Den Pegel muss ich niedrig halten. Der Tropfen ist der Rücken...
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rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Hast Du den noch Rückfälle ? Ich frage weil ich ja gerade einen habe. Ich habe ja wirklich gedacht , das ich durch bin.. und nur noch die Begleiterscheinungen wie Schwindel beseitigen muss. Bei mir war es sogar schon so, das ich mich gefragt habe, das ich die Reha und Therapie nicht unbedingt brauche. Das hat sich ab letzten Montag geändert.. man muss alles mitnehmen, damit das Fass wieder leerer wird. Auch wenn es einem besser geht, heißt es wohl nicht das man das nicht braucht

Gruß
Ralf
Mario81
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Mario81 »

Ich hätte die Klinik eher gebraucht. Aber ich mach es jetzt um die Belastung zu testen und noch was zu lernen. Da sind Gruppentherapien schon gut. Auch wenn es mir davor graut.
Rückfälle hatte ich immer wieder ist aber besser geworden und nicht mehr so schlimm.

Ich dachte auch immer sobald ich nen guten Tag hatte das ich nichts brauche...die Meinung änderte sich immer schnell..
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MissMikse
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von MissMikse »

Hallo Ralf, willkommen im Forum!

Ich denke, ReHa macht sogar erst dann Sinn, wenn man halbwegs stabil ist und die Kraft hat, an sich zu arbeiten. In der Akut-Phase wäre eine Klinik wohl die bessere Wahl.

Rückfälle kann es immer mal geben, mal kleine, mal größere, vielleicht auch irgendwann nochmal ein Totalausfall. So ist das Leben. Es ist immer irgendwas, was uns aus der Bahn werfen kann.
KANN, nicht MUSS. Aber um das KANN möglichst klein zu halten, liegt es an uns, an uns zu arbeiten und uns zu stärken. Die berühmt berüchtigte Resilienz... *ich hasse dieses Wort und kann es nicht mehr hören, aber leider ist was dran...*

Wichtig ist vor allem auch, dass wir gut auf uns achten - und nicht wieder über Monate oder sogar Jahre so weitermachen, wie vor der Depression. Denn dann ist es quasi vorprogrammiert, dass irgendwann wieder nix mehr geht. Warum soll uns das Leben auch im 2. Anlauf plötzlich gut tun, wenn es uns im 1. Anlauf in die Depri gestürzt hat? Nein, einmal Depri, draus lernen, Dinge ändern. Nur so kann es gelingen.

Ich hatte in all den Jahren zig kleinere und größere Rückfälle. Und im Nachhinein war jeder davon eine Chance, wieder eine "Baustelle" zu beseitigen, was draus zu lernen und Dinge zu ändern - und damit mein Leben auf Dauer zu verbessern. Also hab keine Angst davor, sondern sieh es als Chance, weil das Leben dir was "beibringen" will und möchte, dass du was änderst.

Liebe Grüße
Lore
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Lore »

Hallo Ralf,
bei mir ist es leider umgekehrt, die depressiven Episoden nehmen zu und die Abstände, ohne Depression werden leider immer kürzer.
Die letzten 3 Jahre waren für mich sehr anstrengend.
2021 war ich von Mai bis Juli in der Klinik
2022 von Januar bis März und von Mai bis Septemberii
2023 war ich von Juni bis August in der Klinik.
Ich habe wohl auch aus den Dingen gelernt und etliches verändert, aber es macht mir auch Angst: wie wird es weitergehen.
Ich will dir damit keine Angst machen, du hast 20 Jahre keine Depressionen gehabt und bist daraus gekommen. Vielleicht hilft dir diese Erfahrung und du kannst an einigen Punkten von damals, die dir gut taten , anknüpfen.
Ich wünsche dir alles Gute
Lore
rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Liebe Lore, für mich ist das nach 20 Jahren fast wie das erste Mal. Ich kann mich kaum daran erinnern, was mir damals wirklich geholfen hat. Das einzig gute ist, das ich wusste was es ist und ich auch wusste das ich was machen muss. Die einzige Erinnerung die ich hatte, war das die 12 Therapie Stunden am Ende der Leidenszeit mich raus gebracht haben. Ansonsten habe ich keine guten Erinnerungen. Aber gut, was ist mit Dir. Gibt es bei Dir bestimmte Auslöser ? Ich denke das fast jeder im laufe der Jahre Sachen nicht alles so macht, wie die Seele das gerne hätte.. da die richtigen Stellschrauben zu finden, mit dem man eine Rückfall vermeiden kann ist wohl schwer.

Alles gute für Dich
Ralf
rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Hallo Mario, hallo Miss Mikse,

wahrscheinlich habt Ihr beide Recht. Ich kenne den Unterschied zwischen Reha und Klinik nicht genau. Ich gehe mal davon aus, das in der Klinik eher die akuten Fälle sind. Ich war vor 20 Jahren auch schon mal für drei Wochen in einer Klinik. Wohl gefühlt hatte ich mich da nicht, geholfen hat es sicherlich etwas. Ich wünsche Euch beiden alles gute.
Gruß
Ralf
Mario81
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Mario81 »

Moin Ralf.

Klinik sind die Akutfälle. Reha ist dann angebracht wenn man wieder mehr belastbar ist. Mein Psychiater sagte für das letzte Drittel der "Heilung".

Alles Gute Dir.

Liebe Grüße
Mario
"Du darfst nicht alles Glauben,was Du denkst." Alexander Bojcan
rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Moin Zusammen, vielen lieben Dank für die vielen Worte.
Ich bin noch nicht durch mit dem kleinen Rückschlag. Ich merke das immer wenn ich morgens mit Angstschüben und vor meiner normalen Zeit aufwache. Der Rückfall ist aber nicht so schlimm wie das Loch, in das ich Ende Mai gefallen bin. Da hatte ich ca. 10 Tage die Hölle. Jetzt sind es 5 Tage mit milderen Symptomen. Ich hoffe das ich am Wochenende da raus komme. Ich möchte damit nur sagen, das es auch irgendwann wieder vorbei geht. Das sage ich mir immer.. alles was dann kommt Therapie, Reha und so weiter dient dann wohl der Stabilität. Ich nehme auch AD, So wie ich meinem Therapeuten verstanden habe, dienen diese auch dazu, das Fass etwas zu entleeren, damit man sich besser fühlt und damit man mit den anderen Maßnahmen beginnen kann. Am Ende bewirkt eine gute Therapiestunde aber das gleiche. Auf längere Zeit aber nur wenn diese Regelmäßig, jede Woche, stattfindet. Auch wenn es einem Besser geht.. sonst droht ein Rückfall.

Das sind alles Aussagen meines Therapeuten und ein bisschen auch meine Erfahrungen.

Euch allen ein schönes Wochenende
rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Hallo Senif, wollte mich auch noch zu Deinem Beitrag bedanken. Bist Du denn zur Zeit auch Akut betroffen oder bist Du wieder Stabil ?

Gruß
Ralf
Lavendel64
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Ralf,

ich war ebenfalls eine lange Zeit symptomfrei - das erste Tief mit 20 und das große schwarze Loch kam mit 50 Jahren - dazwischen Zeiten mit Höhen und Tiefen, auch mit schlechten Phasen, die ich aber nie als Depression gewertet habe. Ich war mit50 dann in der Tagesklinik und insgesamt 9 Monate AU - also richtig heftig. Die Einbrüche danach (4 Jahre später mit klarem Auslöser) waren kürzer und weniger heftig, auch weil ich in der TK gelernt habe, auf Vorzeichen zu achten und die Belastung dann zurückzunehmen, soweit wie möglich.

Meine Therapeutin hat ähnliches gesagt: die Einbrüche sind nie wieder so heftig wie beim ersten Mal, ich habe in meinem Umfeld aber auch anderes erlebt. Der Auslöser ist manchmal klar, manchmal nicht - am besten hilft akzeptieren der Situation und dass manchmal eben eine Auszeit notwendig ist. Der Akku schwächelt halt bisweilen.

Was für ein Glück mit dem Therapeuten! Gut, dass Du dir gleich Hilfe gesucht hast, das ist ein Riesenschritt nach vorn.

LG Lavendel
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rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Vielen Dank Lavendel.. ich hoffe das es damit bei mir nicht so schlimm wird. Meine Reha ist höchstwahrscheinlich auch erst im Januar, aber das soll ja auch gut sein.. wenn man die erst macht, wenn man stabiler ist. Aber die Gruppentherapie geht ja ab September los. Leider kann meine Frau garnichts damit anfangen. Sie will aber auch nicht. Also muss ich da alleine durch, mit dem Therapeuten. Ich habe noch einen guten Freund, mit dem ich darüber sprechen kann. Wahrscheinlich ist das schon mehr als viele andere haben. Das Arbeiten fällt mir auch schwer zur Zeit, längt anderseits aber auch ab.. manchmal weiß man nicht was wirklich gut ist, oder was man machen soll um die Situation zu verbessern. Ich hatte nach dem tiefen Loch 4 Wochen (2 Wochen Krank und 2 Wochen Urlaub) das hat mir eigentlich gut getan. Am Ende vielleicht doch zu wenig. Ich muss noch 8 Tage arbeiten, dann habe ich zwei Wochen Urlaub.. hoffe das ich das durchhalte und nach dem Urlaub mit beginnender Therapie das wieder in den Griff bekomme. Gruß Ralf
Lavendel64
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Ralf,
ein verständnisvoller Partner wäre viel wert - es ist allerdings für Deine Frau (bzw meinen Mann) schwierig, die Gefühle und vor allem das Verhalten zu verstehen. Manchmal ist abweisendes Verhalten "nur" Hilflosigkeit und es hilft, zu kommunizieren, was Du gerade brauchst. Ein "Kannst Du bei mir bleiben?" oder "Nimm mich einfach mal kurz in den Arm" sind Wünsche, die leicht zu erfüllen sind und dem Partner das Gefühl geben, mitzuhelfen.

Die Arbeit ist häufig ein Drahtseilakt. Für mich bedeutet Arbeit auch Stabilität und Ablenkung. Solange ich arbeite, ist es nicht so schlimm... Aber ich bin weg von dem Punkt, durchhalten zu müssen. Wenn Arbeit zur Qual wird und ein verlängertes Wochenende nicht mehr zur Erholung ausreicht, dann muss eine Auszeit her. Das über den Urlaub zu regeln ist eine Möglichkeit, allerdings soll Urlaub ja zur Erholung sein und nicht dazu, eine Krankheit auszukurieren. Es ist auch für mich immer wieder schwierig, mich selber einzuschätzen.

LG Lavendel
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rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Hallo Lavendel, danke für die nette Antwort. Ich bin seit 25 Jahren im Service tätig. Früher viel unterwegs, heute zu 95% aus dem HomeOffice. Im Grunde hat mir das immer Spaß gemacht, die Kehrseite ist allerdings, die ständige Erreichbarkeit und den ganzen Tag Anfragen an mich und Fehlerbehebung. Das hört dann Privat nicht auf, ob zu Hause oder im Freundeskreis. Immer wieder gibt es Irgendwo Probleme und ich werde gefragt, ob ich die Beseitigung kann. Ich habe schon manchmal Angst wenn jemand ins Büro kommt oder das Telefon klingelt, das wieder ein Problem kommt. Ich weiß, das das auch eins meiner Probleme ist. Aber was soll ich machen. Ich habe angefangen, Sachen abzugeben oder auch mal nein zu sagen. Ist aber echt schwer 😢

Aber was ich sagen wollte, da ich erst seit Ende Mai wieder Akut betroffen bin und nach 10 Tagen eigentlich alles wieder gut war und jetzt seit 5 Tagen im zweiten Tief bin, ich noch nicht richtig weiß, was gut für mich ist.

Gruß Ralf
rst65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von rst65 »

Hallo Zusammen, wollte mal berichten wie es bei mir weitergegangen ist. Leider war das zweite Tief im August doch schlimmer als gedacht. Hatte so schlechte Tage, das ich in die Notaufnahme musste. Hier hatte ich dann eine gute Ärztin, Sie hat mir Promethazin Neuraxpharm 25 verschrieben und gesagt, ich solle bis zu 4 Tabletten in einem Abstand von 2 Stunden nehmen. Das hat meine Symtome relativ schnell beseitigt. Trotzdem hat mich der Hausarzt dann für 6 Wochen aus dem Verkehr gezogen. Das Medikament habe ich dann nach einer Woche wieder abgesetzt. In den 6 Wochen hatte ich dann nochmal einen kleinen Rückfall von 3 Tagen. Habe dann das Medikament auch wieder genommen. Jetzt bin ich eine Woche auf Reha, hier hatte ich dann auch nochmal drei schlechte Tage, kann jetzt aber auch die Umstellung sein. Seit gestern geht es mir aber ganz gut. Habe noch 4 Wochen und danach soll eine Eingliederung in den Job erfolgen. Zu Hause geht dann auch meine Gruppentherapie weiter. Hoffe das ich dann bald wieder richtig Fit bin.

Gruss Ralf
MWs65
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Re: Depressionen, mich hat es nach 20 Jahren erneut erwischt

Beitrag von MWs65 »

Hallo zusammen,

bin ganz neu hier und lese und lese, aber dieser Post hier passt gut zu mir. Ich bin ebenfalls 58 Jahre alt und hatte meine erste schwere Depression vor etwa 30 Jahren. Meine damalige Freundin hatte mich verlassen (ein Tropfen im Faß, gegen den ich nichts tun kann). Ich hatte sie sehr geliebt und stand in der Tat kurz vor einem Suizid. Ich hatte noch einen Versuch gestartet, gemeinsam mit ihr eine Paartherapie zu machen, aber nach einer Sitzung hat sie abgebrochen. Einige Zeit später bin ich dann allein zum gleichen Therapeuten gegangen. Er ist Psychoanalytiker und hat mit mir eine sehr umfangreiche 'tiefenpsychologisch fundierte Psychoanalye' mit zunächst 180 Stunden über mehrere Jahre gemacht. Seinerzeit hatten sich die Krankenkassen bei einer so teuren Psychotherapie noch sehr geziert, sodass es eine Menge Anlaufschwierigkeiten gab. Später wurde es einfacher und es gab dann sogar eine Verlängerung von der Kasse um weitere 180 Stunden. Ich war also viele Jahre in Therapie; das hat auch dazu geführt, dass ich reflektiert auf mich selbst und andere schauen kann. Viele Jahre hatte ich keine größeren psychischen Probleme - dachte ich...

Wie ihr seht, hat es sehr lang gedauert, aber es hat gut geholfen - bis Pfingsten vergangenen Jahres. Zack! Aus heiterem Himmel war die Depression wieder da, und zwar mit dem kompletten "Zubehörsatz". Ich schlafe schlecht, bin antriebslos, müde und habe Ohrensausen etc.. Auch hier kenne ich den Tropfen und auch hier kann ich so gut wie nichts dagegen tun. Ich habe das unbezahlbare Glück, eine mich liebende Frau zu haben, die mich enorm unterstützt. Zudem habe ich nochmals Glück gehabt, denn mein alter Therapeut praktiziert noch, erinnerte sich gut an mich und hat mir recht schnell einen Termin gegeben. Da er aber immer noch überlastet ist, kann er mir nur sporadisch neue Termine geben. Im Schnitt fahre ich einmal im Monat (40 Kilometer) hin.

Auch die einzelnen Episoden haben ihr Phasen, in denen es mal besser und mal schlechter geht. Gestern ging es mir total mies und zu meinem Pech ist mein Therapeut krank und musste meinen heutigen Termin - den ich ersehnt hatte - absagen. Mein Hausarzt ist im Urlaub, sodass ich mir auch nix verschreiben lassen kann. Das habe ich noch nie gemacht, aber ich bin ganz schön verzweifelt. Mist :( Bei meiner Suche im Netz bin ich über meine Krankenkasse (hört, hört) auf dieses Forum gestoßen. Danke für die Aufnahme! Ich erhoffe mir viel und bin auch gern bereit, viel - auch im RUPERT - beizutragen.

Gruß MWs65
It's a Blues-Thing.
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