Wahl der passenden Therapeutin

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Phoenix2019
Beiträge: 256
Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Phoenix2019 »

Hallo zusammen,

nach ca. 20 Therapieanfragen - ich wollte schon aufgeben - habe ich nun bei 2 Therapeutinnen zeitnah einen Termin zum Erstgespräch:) Bei einer anderen stehe ich auf der Warteliste. Eigentlich ein Grund zur Freude, aber: Beide Therapeutinnen haben keine explizite Aus- oder Weiterbildung in Traumatherapie, eine von beiden hat aber eine Fortbildung in Ego-State-Therapie, beide in Schematherapie. Eine von beiden schließt die Behandlung von Borderline-PS explizit auf ihrer Seite aus, bei mir wurde aber von einer anderen Therapeutin nach 20 Minuten Erstgespräch eine Vermutung in diese Richtung gestellt ("Also, wenn Sie glauben, dass Sie eine PS haben könnten, am ehesten Borderline, aufgrund ihres Auftretens und Ihrer Biographie:")
Eine der Therapeutinnen hat sich mehrfach per Mail und SMS gemeldet, um mir einen Termin für ein Erstgespräch anbieten zu können, wenn jemand bei ihr abgesagt hat, was ich sehr schätze.
Ich frage mich nun, ob ich erstmal eine oder beide Therapeutinnen kennenlernen sollte, da ich zurzeit beruflich extrem belastet und erschöpft bin und vielleicht sowieso erst einmal stabiler werden sollte, bevor ich mich meinem Entwicklungs-/ Bindungstrauma stelle (das ich selbst bei mir vermute und das auch schon von mehreren Therpeutinnen als Verdachtsdiagnose formuliert wurde).
Oder ob ich weiterhin aktiv die wenigen Privattherapeutinnen kontaktieren sollte, die explizit über eine traumatherapeutische Aus- und/ oder Weiterbildung verfügen und z.B. auch PS als Folge von Traumata behandeln. Als ich allerdings die Seite einer solchen Therapeutin gefunden und gelesen habe, habe ich direkt einen Kloß im Hals verspürt und mein Bauchgefühl hat mir eher gesagt, dass mich Traumarbeit in der gegenwärtigen Situation restlos überfordern könnte. Andererseits erwäge ich, zumindest einen Teil der Therapie selbst zu zahlen (Probleme mit der PKV, die eh nur 20 Stunden pro Jahr zahlt), sodass ich mir irgendwie auch zeitnah DIE passende Therapie und Therapeutin wünsche.
Was meint ihr? Ich weiß, dass die Passung zwischen Therapeut/in und Patient/in oft entscheidender für den Therapieerfolg ist als die Ausbildung des Therapeuten, aber wenn es um Traumaarbeit geht, sollte ja schon eine entsprechende Aus- oder Weiterbildung vorliegen.
Ich hoffe, dass war jetzt nicht zu unstrukturiert. Ich danke euch auf jeden Fall für eure Einschätzungen/ Erfahrungen!
Viele Grüße
Phoenix
Sonnenschein34
Beiträge: 733
Registriert: 31. Dez 2018, 18:42

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Phoenix,

das hört sich doch schon mal positiv an.

Schau Dir erstmal die Theras in den Erstgesprächen an. Du schreibst ja selber, das Trauma Dir beim lesen der Seite schon Stress verursacht. Vielleicht geht es erstmal nur um Stabilisierung und das Trauma kommt erst später dran.

Ich war auch über 1 Jahr bei insg 2 Theras, wo die Stabilisierung im Vordergrund stand. Mit der Traumabearbeitung ging es erst später bei meiner letzten Thera los. Die da sogar noch in der Ausbildung/Weiterbildung EMDR war.

Was ich damit sagen möchte: gib Dir Zeit, vielleicht fügt sich alles, wenn Du erstmal den Fokus auf Stabilisierung legst.

LG Sonnenschein
Allegretto
Beiträge: 181
Registriert: 5. Nov 2019, 18:15

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Allegretto »

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Zuletzt geändert von Allegretto am 28. Sep 2023, 13:57, insgesamt 1-mal geändert.
Phoenix2019
Beiträge: 256
Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Phoenix2019 »

Hallo Sonnenschein34,
vielen Dank für deine Erfahrung und deine Ermutigung! :) Und ja, ich bin so froh, dass meine Anfragen überhaupt zu positiven Rückmeldungen geführt haben. Und wenn es erstmal darum geht, sich aussprechen zu können und eine Perspektive von außen auf meine Situation zu erhalten.
Was haltet ihr eigentlich von ärztlichen Psychotherapeut*innen? Ich habe eine Privattherapeutin recherchiert, die eigentlich Fachärztin für innere Medizin ist und sich dann in Schematherapie, vor allem aber Traumatherapie weitergebildet hat (EMDR, somatic experiencing, NARM, Entwicklungstraumaarbeit, ISP, Körpertraumatherapie). Die Dame und Seite sehen etwas esotherisch aus, aber die Methoden sind eigentlich genau die, die auf mich passen würden (falls meine Diagnose bestätigt werden sollte). Überhaupt brauche ich wohl erst einmal überhaupt eine Diagnose, bisher wurde "nur" eine mittelgradige depressive Episode gesichert diagnostiziert (würde mir eigentlich schon reichen;).
Würdet ihr eigentlich im Erstgespräch bereits Verdachtsdiagnosen anderer Therapeut*innen nennen oder der Therapeutin sozusagen unvoreingenommen ermöglichen, sich selbst ein Bild von mir zu machen?
Danke euch!
Viele Grüße
Phönix
Phoenix2019
Beiträge: 256
Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Phoenix2019 »

Liebe Allegretto,
danke auch dir für deine Nachricht und Offenheit!
Bisher wurde bei mir noch keine umfangreiche Diagnostik vorgenommen, "Borderline" war auch nur eine Spekulation einer Therapeutin nach 20 Minuten Erstgespräch, in dem ich sehr nervös und gleichzeitig erschöpft nach der Arbeit war.
Auf "Bindungs-/ Entwicklungstrauma" bin ich ehrlich gesagt selbst durch das Lesen hier im Forum und meine Biographie gekommen - da passen viele Symptome "wie die Faust aufs Auge". Aber ich bin ja keine Expertin.
Bezüglich der Diagnose habe ich überlegt, ob ich diese mal in einer Tagesklinik vornehmen lassen sollte - es gibt zwei bei mir in der Nähe, die glaube ich ziemlich kompetent sind. Es müsste sich ja nicht zwangsläufig ein Aufenthalt anschließen, obwohl das ja schon auch eine meiner Überlegungen ist. Und dann denke ich wieder, dass eine kompetente Therapeutin in mehreren Sitzungen wahrscheindlich ein ausführlicheres Bild von mir erhält als ein Facharzt in einem einstündigen Gespräch in der Tagesklinik. Und an je mehr Therapeuten man sich wendet, desto mehr (Verdachts-)Diagnosen erhält man wahrscheinlich. Es ist echt nicht einfach.
Ja, ich werde die Therapeutinnen kennenlernen und nach angewandten Methoden und Vorgehensweisen fragen. Falls du selbst auch aktuell auf der Suche bist, wünsche ich dir auch viel Erfolg auf der Suche nach der Therapeutin oder dem Therapeuten, bei der/ dem du dich wohlfühlst und kompetente Hilfe erhältst.
Alles Gute auch dir und viele Grüße
Phönix
Sonnenschein34
Beiträge: 733
Registriert: 31. Dez 2018, 18:42

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Phoenix,

das glaube ich Dir. Die Suche ist immer total anstrengend, wenn es einem eh nicht gut geht.

Also bei mir war es bezüglich der Diagnosen so, dass die 1. Thera 2 Diagnosen gestellt hat. Diese habe ich dann der 2. Thera gesagt, da ich bei ihr damals vor der 1. Thera auch schon mal zum Erstgespräch war, dort aber nur 1 Diagnose (Depris) gestellt wurde. Bei meiner letzten Thera kam dann noch eine dritte Diagnose dazu, die sich aber schon bei der 2. rausgestellt hat. Ups sorry, ich hoffe, das klingt nicht zu verwirrend, aber ich hab gerade Konzentrationsschwierigkeiten :oops: .

Generell war es so, dass ich bei einer Psychiatern war und dort alle 3 Diagnosen nannte. Die hat aber weder Unterlagen von meiner Therapeutin angefordert, noch selber mal geprüft oder großartig abgefragt, ob sie zu dem gleichen Ergebnis kommt. Wenn ich sehe, was die alles für ein 5-Minutengespräch bei der Krankenkasse abgerechnet hat, müsste das mindestens ein 30-Minuten-Termin gewesen sein... :roll: :lol:

Ich sag mal so: Ein guter Therapeut wird selber eine Befunderhebung machen und das auch detailliert mit Dir besprechen, auch wenn Du ihm vorab Deine Verdachtsdiagnosen mitteilst.

Meine Therapeutin, bei ihr war ich 2,5 Jahre und bin jetzt nach über einem Jahr Pause wieder bei ihr, hat mir jetzt auch wieder Fragebögen ausgehändigt und bei den ersten beiden Gesprächen genau abgefragt, wo die Probleme liegen usw.

Lieben Gruß
Sonnenschein
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo,

also ein Gespräch in einer Tagesklinik oder einer Klinikambulanz (auch oft lange Wartezeiten) kann schon viel Aufschluss geben. Ich denke, die sehen viel mehr Patienten als ein einzelner Therapeut und können sich in der Kürze der Zeit einen besseren Eindruck verschaffen.

Die Verdachtsdiagnose Borderline würde ich erst einmal außen vor lassen. Borderline ist schwer zu diagnostizieren, das muss sich nicht bewahrheiten. Darüberhinaus sind viele Therapeuten dahingehend abweisend, es ist schwer, da jemanden zu finden. Daher würde ich es solange es nicht gesichert ist, nicht erwähnen.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Gartenkobold
Beiträge: 2053
Registriert: 9. Jul 2020, 09:26

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Gartenkobold »

Hallo Phönix,

eine PS diagnostiziert man nicht im Erstgespräch. Eine so schnelle Diagnose würde mich stutzig machen...
Hier im Forum gab es schon ein paar Theads wie das Tierchen nun heißt. BPS, kPTBS, Entwicklungs- und Bindungstrauma, "normale" PTBS. Mir ist das mittlerweile echt egal. Mit dbt oder auch Schematherapie, eher den VT-Methoden bin ich nicht weiter gekommen. Mein T arbeitet mir Mentalisierungsbasierter PT und tPT, Somatic Experiencing und Körperpsychotherapie (nicht dass er mich anfasst oder so, ginge gar nicht). Mir hilft diese "Mischung" am ehesten. Mentalisierungsbasierte PT wurde ursprünglich für die Therapie der BPS entwickelt und viele Patienten mit emotional instabieler PS haben (Bindungs)-Traumata erlebt, weshalb zu den Therapien bei BPS auch (immer mehr) Traumatherapien gehören. Es könnte sein, dass jemand, der sich auf PS spezialisiert hat, auch Traumatherapie "kann" bzw. Erfahrung damit hat, auch wenn dies nicht explizit auf der Homepage, KV-Liste oder dem Praxisschild aufgeführt wird. Bei meiner Suche lag meist eine Doppelqualifikation vor, wer dbt und/oder Schematherapie anbot, war meist auch Traumatherapeut:inn und in verschiedenen Berufsverbänden, Supervisior und was weiß ich was -> hohes Tier, nachweislich gut in Traumatherapie ausgebildet. Leider hat es bei diesen Ts nicht gepasst oder auch die Methode (dbt) war nicht passend für mich. Ich habe mich nicht gut aufgehoben gefühlt (https://www.dis-sos.com/personliche-ein ... atherapie/) -> Diese Erfahrung kann ich so bestätigen!

Und bin bei jemand gelandet, der sich auf PS spezialisiert hat und auch Traumatherapie "kann" (das steht nirgendwo, weder in der KV-Liste noch auf der Homepage) eine wenig "theoretische" Arbeitsweise verfolgt, dafür sehr viel Erfahrung hat und das merke ich. Mentalisierungsbasierte Therapie arbeitet überwiegend über Bindung bzw. aktiviert das Bindungssystem stark, womit evtl. ein Bindungstrauma verbessert werden könnte (https://mentalisierung.net/therapie/men ... therapien/). Vielleicht klappt es deswegen.

Ich würde einfach alle Ts und Ansätze, Schema, dbt, tPT und auch "ungewöhnlichere" Methoden ausprobieren.

Körperarbeit/-Achtsamkeit - hatte ich noch nie was von gehört (bis auf Beiträge hier im Forum). Es ist auch immer "schwierig" für mich, unangenehm... Ich entscheide was, was nicht, wie lange....ob überhaupt -aber es bringt mich weiter.

Viel Erfolg!
LG Gartenkobold
Phoenix2019
Beiträge: 256
Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von Phoenix2019 »

Hallo zusammen,
vielen Dank für eure Erfahrungen und danke auch für die Erwähnung der "mentalisierungsbasierten Therapie". Da schaue ich auch mal weiter.
Hoffentlich dauert die Suche nicht allzu lange - wird in meinem Fall leider ziemlich teuer, da die PKV in meinem Tarif nur 20 Stunden pro Jahr zahlt. Aber ich denke, es ist das Geld in jedem Fall wert. Und wenn die Therapie erst einmal der Stabilisierung dient.
Ich verabschiede mich für heute mal aus dem Forum. Euch allen einen schönen Abend!
Viele Grüße und danke
Phönix
belladonna_
Beiträge: 352
Registriert: 29. Okt 2020, 13:49

Re: Wahl der passenden Therapeutin

Beitrag von belladonna_ »

Danke liebe Gartenkobold zu dem Link! Das ist (oft) auch meine Einschätzung auf der Arbeit.

Bzgl. Trauma, meine Therapeutin will mit mir schon lange Traumatherapie machen (sie ist VT und hat eine Schematherapie Ausbildung), ich schrecke aber immer und immer wieder zurück, nun sind bald meine Stunden aufgebraucht und ich weiß noch nicht, ob sie einen Sonderantrag stellen wird.

Ich bin seit einigen Jahren stabil (allerdings habe ich als Grunderkrankung eine Psychose/bipolare Störung), vielleicht auch deshalb schrecke ich davor zurück, das aufzumachen und dann eventuell auszufallen.

Mein Psychiater hat neulich mal das Wort Traumaklinik in den Mund genommen, leider bezieht sich mein Ursprungstrauma aber ungefähr darauf bzw. wurde ich immer wieder retraumatisiert bei Akutaufenthalten in der Psychiatrie. Deshalb bin ich davon sehr abgeschreckt.

Von Körpertherapie halte ich sehr viel, ich überlege mich selbst darin weiterzubilden (und hoffe auf den Selbsterfahrunganteil? Naja mal schauen) bzw. - aber dann müsste ich wieder weit fahren - mich einer Gruppe in Körperarbeit anzuschließen, die wird von einer mir bekannten Therapeutin geleitet (die ist allerdings Heilpraktikerin, aber das ist oft so auf diesem Gebiet).

Ich mache ab und zu (fat friendly) Yoga, trotz diesem Rahmen merke ich oft, wie mich das fordert.
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