Das Angehörige-Ufo

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Überdosis
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Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Überdosis »

Hallo,

geht es mir nur so oder empfindet ihr es auch als schlimm, wie mancher Angehörige über seinen Erkrankten Partner oder Partnerin schreibt?

Dass man sich während eines Tiefs distanziert, auch emotional, ist ein Symptom der Depression oder?
Dort in dem Ufo wird das aber irgendwie so dargestellt, als sei das absichtlich.... kommt mir zumindest so etwas vor.

Gerade, wenn ich dann lese, dass man besser dann die Beziehung hin schmeißen sollte, um nicht mit unter zu gehen. Ich finde das hart...

Wir können für diese Symptome doch gar nichts und machen es doch eben nicht mit Absicht.

Ich verstehe solche Aussagen einfach auch nicht, denn diese Erkrankten teilen sich scheinbar mitunter sehr genau ihren Angehörigen mit, dass sie nicht reden können/wollen, Müde sind, emotional gerade nichts fühlen können und statt einfach das mal anzunehmen und nur da zu sein, wird erwartet, dass sie aktiv werden, darüber reden, was los ist und an der Beziehung gezweifelt und dahingehend auch nich nach gefragt... obwohl zuvor doch mitgeteilt wurde, daß reden und aktiv sein depressionsbedingt nicht geht...
Dass man derzeit nichts fühlt, bedeutet doch auch nicht, dass die Beziehung nun zuende ist, nur, dass gerade eben dieses Symptom da ist.

Warum werden die depressiven Partner scheinbar gar nicht gehört, obwohl sie ihre Symptome so deutlich kommunizieren?


Liebe Grüße
Susan
SonneundDunkenheit
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Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo Susan,

ich als Betroffene denke, dass die Angehörigen oft überfordert sind. Dazu gibt es eine Menge Schubladendenken und erschwerend kommt hinzu, dass es DIE Depression eben nicht gibt und damit schwer erklärbar und begreiflich wird

Ich bin auch der Ansicht, dass eine Depression "besser" vom Partner "weggesteckt" wird, wenn die Partnerschaft zuvor stabil und auf Augenhöhe bestanden hat.

Bei vielen Beiträgen im Angehörigenchat glaube ich - als Außenstehende - nicht, dass es tatsächlich die Symptome der Depression sind, die die Partnerschaft ins Wanken bringen, sondern bestehende Konflikte und Ungleichgewichte sich verstärken.
Die Depressiven werden schon gehört, aber häufig wird angefangen an etwas zu klammern, was vorher nicht da war und mein ganz persönlicher Eindruck ist, dass so manche Depression als Grundlage für eine "gescheiterte" Partnerschaft herhalten muss, weil es vielleicht als ein "plausibler" Grund für Dinge erscheint, die zuvor schon nicht so rosarot waren was man sich so aber nicht wirklich eingestehen mag.

Ich denke, es gehören beide Seiten gehört und gesehen und es muss für alle Seiten (inklusive eventueller Kinder) Möglichkeiten geben mit depressiven Phasen eines Familienmitgliedes umzugehen. Das ist für kein Mitglied des Systems einfach.
Selbst wenn ich es innerhalb einer instabilen Zeit schaffe, tatsächlich zu kommunizieren wie es mir geht, was ich gerade bräuchte, so kann ich nicht erwarten, dass alle anderen Familienmitglieder sich entsprechend verhalten (denn sie haben ja auch berechtigte Bedürfnisse). Ich bin zudem oft leider nicht in der Lage zu kommunizieren was gerade passend wäre, weiß es ja selbst nicht. Und selbst, wenn ich kommuniziere, dass ich momentan ganz viel Ruhe bräuchte und ich viele Geräusche als sehr anstrengend empfinde, können sich die anderen ja nicht in Luft auflösen....
Auch wenn vieles (wie das distanzieren) Symptome der Depression sein können, kann ich nicht erwarten, dass mein Partner alles versteht, nachempfinden und permanent Rücksicht nehmen kann und möchte.
Aus meinen persönlichen Erfahrungen kann ich nur raten, in guten Zeiten miteinander zu kommunizieren was für wen hilfreich ist, wenn eine depressive Phase im Anmarsch oder Wirken ist. Mein Mann und ich haben u.a. zwei Therapiestunden genutzt, um die jeweiligen Bedürfnisse zu erkennen und zu benennen und mit dem Blick von Außen (der Therapeutin) nach annehmbaren Lösungen zu suchen. Einmal waren auch die beiden fast erwachsenen Kinder dabei. Uns hat das sehr geholfen. Es bedeutet aber, dass der Blick nicht (nur) beim erkrankten Partner liegt.

Liebe Grüße
Sunny2023
Beiträge: 58
Registriert: 14. Jul 2023, 20:50

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Sunny2023 »

Hallo,

ich versuche auch Mal zu antworten, ich bin Angehörige gewesen, jetzt selbst betroffen.

Ich glaube auch jede Depression ist anders, ist vielleicht bei den einen das Symptom auf Distanz ausgeprägter, ist es bei dem anderen eine tiefe Traurigkeit

oder Gefühllosigkeit. Oder Aggressionen gegen sich und andere. Oder Schlafstörungen.... Ich habe meinen Expartner lange begleitet und keine Episode war

vergleichbar. Allen war aber gemeinsam das es für alle anstrengend war.

Ich gebe Susan Recht, wenn die Beziehung stabil und auf beiden Füßen fest steht, kann es der gesunde Partner besser begleiten und wegstecken.

Wenn die Beziehung am kränkeln ist, wird es schwieriger.

LG
Überdosis
Beiträge: 251
Registriert: 25. Nov 2021, 23:01

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Überdosis »

Sunny, du gibst SonneundMond recht. *drück*

So habe ich das noch gar nicht gesehen, dass die Depression selbst nicht das alleinige übel ist, sondern wahrscheinlich dann auch andere Dinge eigentlich am bereits bröckeln sind.
Kam mir dann nur komisch vor, wenn es dort hieß, dass nie gestritten wurde und dann "plötzlich" Schluss war.
Aber auch das ergäbe dann auch Sinn.

Ich malte mir bisher die Depression als alleine Ursache aus und empfand es schrecklich, dass die Partner ständig meinen, entweder immer zurück zu stecken und zu leiden oder halt, sich ja letztlich hier zu beklagen, dass der Partner nicht mehr wie gewohnt "funktioniert".

Die Idee den Partner mit zu ein paar Therapiestunfen zu nehmen, finde ich genial.

Danke für eure Ansichten.😘


Liebe Grüße
Susan
DieNeue
Beiträge: 5368
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von DieNeue »

Hallo Überdosis,

ich habe auch manchmal den Eindruck, dass die Betroffenen sich deutlich mitteilen, das aber bei Angehörigen irgendwie nicht ankommt. Es wird z.B. x-mal gesagt, dass man seine Ruhe braucht, aber es wird trotzdem tausendmal nachgebohrt.
Ich denke, dass die Angehörigen durch das veränderte Verhalten des Betroffenen manchmal aus ihrem Alltag gerissen werden und dann verunsichert sind.
Ich habe manchmal auch den Eindruck, dass manche Menschen auch irgendwie "vergessen" haben, dass sie auch in einer Partnerschaft eigenständige Menschen sind, die sich auch mal um sich selbst kümmern müssen. Wenn man sich immer am Partner orientiert hat (und sei es aus Gewohnheit), dann kommt man plötzlich ins Straucheln, wenn der Partner nicht mehr so funktioniert wie vorher.
Überdosis hat geschrieben: 3. Aug 2023, 20:17 Kam mir dann nur komisch vor, wenn es dort hieß, dass nie gestritten wurde und dann "plötzlich" Schluss war.
Ich finde es immer auffällig, wenn in Beziehungen "nie" gestritten wird. Ich finde, zu einer gesunden Beziehung gehört auch dazu, dass man auch mal streiten und sich wieder vertragen kann. Dass man immer einer Meinung ist, kann nicht sein. Wenn einer immer nur macht, was der Andere sagt oder beide so harmoniesüchtig sind, dass niemand Probleme anspricht, sowas kann auf Dauer nicht gut gehen.

Ich finde es auch manchmal krass zu lesen, wenn Leute schreiben, dass sie erst jetzt nach Jahren feststellen, dass sie gar nicht wirklich mit ihrem Partner reden können. Über was haben die denn vorher geredet? Wieso ist man mit jemandem zusammen, mit dem man nicht gut reden kann?
Manche Angehörige verhalten sich (vor Sorgen wahrscheinlich) meiner Meinung nach auch recht übergriffig. Manches kann ich nachvollziehen, weil ich vielleicht vor Sorgen auch so handeln würde. Aber wenn der Betroffene ihnen z.B. gar nichts erzählt, aber sie denken, sie wissen ganz genau, was dessen Problem ist, und wollen das dann unbedingt dem Therapeuten schildern, damit der Betroffene mal wieder in die richtige Spur kommt, finde ich das bedenklich. Ich kann mir da ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Beziehung vorher ausgeglichen war, sondern eher, dass da einer das Ruder in der Hand hatte und der andere jetzt mal macht, was er will. Und dann kommt es zu Problemen. Das sind jetzt aber natürlich nur Mutmaßungen.

Man muss aber auch sagen, dass sich manche Betroffene, über die in dem Unterforum berichtet wird, schon aber auch extrem verhalten, finde ich. Einfach Kontakte zu allen abbrechen, abhauen usw. Da steht man als Angehöriger dann auch da und ist überfordert und macht sich Sorgen.
Überdosis hat geschrieben: 3. Aug 2023, 20:17 Dass man derzeit nichts fühlt, bedeutet doch auch nicht, dass die Beziehung nun zuende ist, nur, dass gerade eben dieses Symptom da ist.
Ich glaube, manche können mit dem Gefühl der Gefühllosigkeit einfach nichts anfangen. Betroffene sind oft anfangs auch unsicher, warum sie nichts mehr fühlen. Grade der Partner oder die Familie werden ja normalerweise mit etwas Positivem verbunden. Sie kennen das Nichts fühlen halt eher daher, wenn man nicht mehr verliebt ist oder halten es dafür. Oder die Angehörigen gehen davon aus, dass das damit gemeint ist. Oft kommt ja erst später raus, dass eine Depression besteht.
Das einfach als Symptom zu sehen, kann man vielleicht erst mit einiger Erfahrung.

Ich finds immer etwas schwierig im Angehörigenforum zu lesen. Ich helfe da gerne mal weiter und lerne Neues dazu, aber anders als hier, wo es um die Krankheit geht, geht es dort um die Betroffenen, zu denen wir halt auch gehören. Da kann man sich schnell persönlich betroffen oder angegriffen fühlen. Was ich persönlich ganz schlimm finde, ist, wenn gesagt wird "Da spricht die Depression aus ihm/ihr"... das klingt, als wären wir von etwas besessen :? Aber naja ;)
Aber man kann echt den Eindruck bekommen, dass Beziehungen mit depressiven Menschen grundsätzlich zum Scheitern verurteilt sind, wenn man im Angehörigenforum liest. Deshalb bin ich froh, auch ab und zu hier mal positive Berichte zu lesen.

Liebe Grüße,
DieNeue
BadewanneVollGeld
Beiträge: 86
Registriert: 7. Okt 2015, 11:34

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von BadewanneVollGeld »

Hallo,

"Ich finds immer etwas schwierig im Angehörigenforum zu lesen. (...) Da kann man sich schnell persönlich betroffen oder angegriffen fühlen."
Genau das ist mir passiert. Als ich mich damals im Forum angemeldet habe, habe ich auch im Angehörigen-Bereich gelesen, weil ich helfen wollte Situationen aufzuklären. Aber ich konnte gar nicht helfen, weil ich alles gleich auf mich projiziert habe (oder mich das Unverständnis so hart getroffen hat, dass ich sauer wurde).
Nach einigen Tränen und Gesprächen mit meinem Freund (also einem Angehörigen) kamen wir zu dem Schluss, dass es ok ist, wenn ich mich von dem Unterforum einfach fern halte. Ich muss nicht jedem um jeden Preis helfen. Ich überlasse das lieber den Angehörigen und den Leuten, die das aushalten können.

Apropos positive Berichte: mein Freund und ich sind trotz Höhen und Tiefen bereits seit über 7 Jahren zusammen und immer noch glücklich.
Übrigens war auch er in der ein oder anderen Therapiestunde mal mit dabei.

VG
BvG
Maxegon
Beiträge: 2493
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Maxegon »

DieNeue hat geschrieben: 3. Aug 2023, 23:40
Ich finds immer etwas schwierig im Angehörigenforum zu lesen.
... Was ich persönlich ganz schlimm finde, ist, wenn gesagt wird "Da spricht die Depression aus ihm/ihr"... das klingt, als wären wir von etwas besessen ...
Ich komme mit meinem Partner nicht (mehr) klar.

Das macht mich traurig, ich zweifle an mir, an ihm.

Meine Träume (Zukunftspläne) scheinen zu zerplatzen, wenn sie denn je eine realistische Chance hatten (???).

Nachdem die Rosarote Brille der ersten Verliebtheit, wieder klar wurde und die Realität zum schnöden Alltag, das Neue verflogen, mit ihr auch die Aufmerksamkeit, das Überraschtwerden (-wollen), ...

Bin ich dann krank? Kann ich behandelt werden?

Gibt es eine "Pille" , damit mein Partner wieder (?) so wird, wie er vorher war oder/ bzw. ich es mir wünschte?

Hat mein Partner einfach die Nase voll, nur ich will es nicht sehen?

Bin ich besessen? ... von einem Gedanken, einem Wunsch, einen Traum?

Was tue ich, wenn ein Mensch nicht mit mir reden will?
Wenn er meine Nähe nicht gerade sucht?

Wenn all meine Vorschläge als nichtig abgetan werden.

Bin ich dann krank, unglücklich, depressiv?

... diese Gedanken habe ich, wenn ich in diesem Ufo lese.

Oder ist dann diese Beziehung einfach nur noch ...

ja was überhaupt?
Maxegon
Beiträge: 2493
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Maxegon »

Winfried 123 hat geschrieben: 4. Aug 2023, 11:17
Neulich hat eine Ärztin mich spaßig gefragt, wie ich das geschafft habe ,so lange verheiratet zu sein ?

Meine Antwort war, durchgehalten,

mein Mann war dabei, wir haben alle drei sehr gelacht.
Ich fürchte, das ist die einzige mögliche Option.

Wenn ich meinen Liebsten nicht ändern kann, muss ich mich ändern oder mir einen neuen Liebsten suchen.

@Brigitte, ich glaub' , das nennt man Galgenhumor ...?
Zuletzt geändert von Maxegon am 4. Aug 2023, 13:37, insgesamt 1-mal geändert.
Helgaline
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Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Helgaline »

Hallo an Alle,

ich bin Angehörige und habe den sehr häufig gelesenen Thread "Entschuldigung....und was ist mit uns!?!?"

Sicher auch ein provokanter Titel, aber nicht so gemeint.

Fakt ist, dass wir Angehörigen kaum Unterstützung erhalten bzw. nur schwer, und dass, obwohl uns die Erkrankung unseres Betroffenen auch oft mit voller Wucht trifft.

Da ist erstmal Hilflosigkeit bis zum Erkennen, dass es eine Krankheit ist, bis zur Wut, dass sie oft nicht können (wir denken, sie wollen nicht).

Ich will damit sagen, dass das Ufo (hab's erst gar nicht geblickt, dachte an ein richtiges UFO, gröhl) für uns Angehörigen einfach auch mal eine kleine Möglichkeit ist, sich Hilfe zu holen und auch Dampf abzulassen.

Verstehen kann ich, dass Betroffene das in den falschen Hals bekommen können. Aber ihr habt ja tatsächlich die Wahl, es ggf nicht zu besuchen.
Auch ich lese im Betroffenenteil, jedoch sind ja die, die dort schreiben, auch Krankheitseinsicht. Mein Partner eben noch nicht so richtig....

Ich finde jedenfalls, dass dies ein super Forum für alle Beteiligten ist. Und hoffe, dass es euch Betroffenen irgendwann alles wieder gut geht.

Liebe Grüße Ellen
DAS LEBEN IST SCHÖN, VON EINFACH WAR NIE DIE REDE! :?
Senif
Beiträge: 1237
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Senif »

Hallo zusammen,

ich bin Betroffene und verstehe die Angehörigen total. Nicht nur Depressive brauchen Verständnis, was ja auch laut geäußert wird, sondern auch Angehörige. Ich bin mir mittlerweile bewußt, wie ich drauf war und ich verstehe jeden, der das Weite gesucht hat. Denn auch Angehörige haben Grenzen. Und sind Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen. Der eine mag einen längeren Atem haben als der Andere. Aber es ist auch ok so, wenn bei dem ein oder anderen eine Grenze erreicht ist.

LG Senif
DieNeue
Beiträge: 5368
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von DieNeue »

Hallo Maxegon,

ich verstehe nicht ganz, was dein Beitrag mit dem Zitat aus meinem Beitrag zu tun hat.
Ich finde den Spruch "Da spricht die Depression aus ihm/ihr" furchtbar. Bei keiner anderen Krankheit sagt man sowas ("Da sprechen die Schmerzen/der Krebs/MS/Magersucht... aus ihm/ihr").
Ich finde diese Beschreibung entmenschlichend und entwürdigend. Ich weiß nicht, was Angehörige sich dabei denken. Wahrscheinlich nichts.
Aber er wird ständig gesagt, wenn der Betroffene irgendwas sagt, was der Angehörige nicht versteht oder nicht hören will.
Sagt der Betroffene "Ich will keinen Kontakt.", denkt der Angehörige "Da spricht die Depression aus ihm. Muss ich also nicht ernstnehmen" und bedrängt den anderen weiter. Seitenweise wird hier diskutiert, was man mit dem Betroffenen machen oder nicht machen soll, dabei wird es oft klipp und klar gesagt, was die Betroffenen wollen.
Das habe ich schon so oft gelesen, dass ich manchmal die Angehörigen schütteln könnte und ihnen sagen, dass sie doch endlich, endlich den anderen ernst nehmen sollen.
Natürlich sehen Menschen mit Depressionen vieles negativ und verhalten sich anders als vorher, aber sie sind nicht völlig bekloppt oder gar besessen von ihrer Krankheit.

Liebe Grüße,
DieNeue
Überdosis
Beiträge: 251
Registriert: 25. Nov 2021, 23:01

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Überdosis »

Die Neue, dieses Phänomen, dass gesagtes irgendwie gar nicht von Angehörige gehört wird, diese Erfahrung mache ich ebenfalls im Privaten bei mir auch.
Was ich echt schräg dabei finde ist, dass das, zumindest bei mir, dann aber nur so ist, wenn es mir richtig schlecht geht wegen der Depression.
Ich verstehe dann immer nicht, was denn so schwer daran zu verstehen ist, wenn man klar und deutlich sagt, dass man gerade nicht reden kann oder man gerade mal ruhe braucht.
Dann wird sich beklagt, warum man abweisend ist, will über Problem x jetzt sofort diskutieren und selbst ein klares Nein wird nicht respektiert.

Ich muss da schon sagen, dass ich schon bereits solches Verhalten bereits als richtig unverschämt und übergriffig empfinde....
Dein Beispiel, dass ohne mit dem jenigen gesprochen wird und dennoch geglaubt wird, zu wissen was mit der anderen Person nicht stimmt, ist da natürlich auch nochmal die Spitze.

Verstehe aber auch dann nicht, wenn Betroffene depressive Symptome erkennen, warum dann das scheinbar dennoch nicht als solches wahr genommen wird, sondern man das nicht als solches wahrnehmen kann, sondern der Partner noch dafür kritisiert/konfrontiert wird.

BadewanneVollGeld, genau wie bei dir, so war es auch mein Anliegen einfach aufzuklären, aber ich empfinde das auch hin und wieder für nicht so einfach zu lesen, wie dort sich eben geäußert wird.
Ich muss aber aber schreiben, dass ich es dennoch auch schon interessant finde zu lesen, wie andere diese Erkrankung empfinden die eben nicht betroffen sind.
Für mich habe ich halt auch erst durch das erfahren von deren Sichtweisen und von erfahren, was Angehörige eben während eines Tiefs belastet, offener mit anderen zu kommunizieren.
So wie ich schon halt schrieb, dass ich dann sage, dass reden gerade nicht geht u.s.w., aber da endet man ja irgendwie trotzdem in "nicht gehört werden", was sich in dem Ufo ja ebenfalls bestätigt, wo ich persönlich eher in Verzweiflung versinke.
Mehr als uns mitzuteilen können wir doch gar nicht, aber was gegen dann dieses "nicht gehört und respektiert werden" tun?
Richtig toll, dass auch bei dir die Ehe trotz deiner Erkrankung glücklich und erfüllen ist.
Das macht echt Mut und Hoffnung.

Brigitte, stimmt, es könnte wirklich gut möglich sein, dass da auch noch andere Erkrankung zusätzlich zur Depression ihr Übel mit beitragen, wo halt leider sich nicht getraut wird sich völlig dem jeweiligen Partner zu öffnen.
Und so wie du halte ich es auch für sehr sehr wichtig, dass auch sie einen Ort haben, wo sie sich austauschen können.
Nur, was ich halt dort immer mehr beobachte ist, dass da allmählich immer mehr so gleich die Frage nach Trennung in der Luft hängt und das selbst bei denjenigen, deren Partner gerade erst mit Therapie begonnen haben.
Da ist der Betroffene bereit sich helfen zu lassen und geht brav zur Therapie, nimmt seine Antidepressiva und obwohl das ganze erst seit 2-3 Monaten läuft, wird dennoch überlegt, ob es nicht besser sei sich zu trennen.
Einer rät dort neuerdings bei Depressionen besser gleich als Partner weg zu rennen, die Beziehung hin zu schmeißen....
Gegen Austausch hab ich nichts, aber, dass dem Betroffenen mitunter gar keine richtige Chance gegeben wird zu lernen damit umzugehen, das finde ich total schlimm.
Ich persönlich frage mich dann halt zusätlich, ob die Betroffenen überhaupt von diesen Trennungs-Gedanken ihrer Partner wissen, obwohl sie sich doch bereits abmühen...
Bezweifle ich, was ich für den Betroffenen schrecklich empfinde.

Ich stimme dir auch zu, dass man Tiefs oftmals gar nicht immer vermeiden kann.
Ist bei mir ebenfalls so.
Aber auch das darum wissen, dass sich Tiefs eben nicht vermeiden lassen, ist auch so ein knackpunkt, weil es sich auch dahingehend oftmals so liest, als erwarteten Angehörige, dass mit Therapie dann gänzlich Tiefs fern zu bleiben haben.
Was oftmals doch aber nicht klappt, was dann dort wieder irgendwie oft Trennungs-Gedanken aufflattern lässt, wo ich mich frage, welche Chance einem Depressiven denn überhaupt noch für eine Beziehung bleibt?
Gefühlt, doch kaum eine....
Auch toll zu lesen, dass es bei deinem Mann und dir ebenfalls prima funktioniert.
Langsam frage ich mich auch, wie das sein kann, dass ihr älteren so zusammenhält und bei uns jüngeren Generation geht ja leider selbst ohne Erkrankungen eher es in die Richtung, dass zu leichtfertig aufgegeben und sich getrennt wird.
Total schade.

Mexagon, bist du eigentlich ein Mann oder eine Frau?
Frag mich das schon länger.
Aber zu deinem
" Wenn ich meinen Liebsten nicht ändern kann, muss ich mich ändern oder mir einen neuen Liebsten suchen"

Muss man den Liebsten denn ändern oder sich dann ändern?
Warum nimmt man den jeweils anderen nicht einfach so wie er/sie ist, schließlich hat man ihn/sie doch auch als jeweils so kennen und lieben gelernt?

Dieses "ändern wollen" kenn ich aus vergangener Beziehung. Hat er mit mir auch versucht, ich kam damit aber absolut nicht zurecht, weil ich das halt nicht war/bin.
Von daher, muss das so sein?

Ellen, finde das bei dir und deinem Mann aber auch ein ganz anderes Blatt und du bist da gar nicht mit gemeint.
Ich halte es auch für sehr wichtig, dass ihr wo hinkönnt um einfach eure Sorgen, die Verzweiflung wo hin lassen zu können und auch euch austauschen mit anderen Betroffenen..

Mir ist auch Bewusst, dass die Erkrankung auch für Angehörige nicht einfach und Kräfte zehrend ist.

Persönlich verstehe ich halt nur nicht, dass sich Betroffene doch eigentlich so gut wie immer klar und deutlich sich mitteilen und es dennoch nicht verstanden oder eher einfach nur angenommen wird.
Wie du schon schriebst, sie sagen, sie können nicht und die meisten Angehörigen glauben trotzdem, dass sie nur nicht wollen....
Aber warum denn?

Sollte in einer Beziehung denn nicht so viel Vertrauen herrschen, dass, wenn gesagt wird "ich kann nicht drüber reden, ich kann das gerade nicht mit Haushalt, ich fühle mich überfordert, bin nur müde"
Dass dem geglaubt wird?

Natürlich können wir uns fern halten, aber wie BadewannevollGeld schon schrieb, möchten manche euch auch gerne helfen euren Erkrankten besser zu verstehen, weil wir Betroffene oftmals genau wissen, aus eigener Erfahrung, was gemeint bei dem sein könnte.

Es liest sich, zumindest für mich, auch sehr danach, als erwarteten viele Angehörige, dass nun schnell Besserung einzutreffen hat und Tiefs dann weg zu bleiben haben, da sich sonst (liest man ja auch), über Trennung nachgedacht wird.
Mir geht es halt um die, die in Therapie sind, sich bemühen und von ihren Partnern aber scheinbar gar nicht richtig die Zeit gelassen wird, die Therapie Früchte tragen zu lassen.


Liebe Grüße
Susan
Helgaline
Beiträge: 89
Registriert: 25. Mär 2021, 12:47

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Helgaline »

Hi Susan,

das Schwierigste an dem Anerkennen der Depression durch den Angehörigen ist aber dich, dessen oft komplett andere Wahrnehmung zu akzeptieren.

Gut, mein Partner sagt mir nicht, was er gerne jetzt hätte, weil er ja noch nicht einsieht, dass er wieder in einer Depression ist. Er leugnet auch, ja AD genommen zu haben. Er nennt sie Aufheller.
Hat er viele Jahre genommen.

Ich wäre froh, wenn ich mal klar gesagt bekäme, was gerade nötig ist. Ruhe etc. Aber vllt kommt das noch.

Letztlich denke ich, dass viele Angehörige einfach nicht mehr weiter wissen... hoffnungslos sind. Es ist einfach ein Prozess. Und oft opfert man sich halt auch auf und verliert sich aus den Augen. Wird vllt selbst krank.
Die Einsicht, sich wieder mehr um sich zu kümmern ist auch ein Prozess.

Ich konnte am Anfang nicht verstehen, wieso sich meine Partner so sehr verändert hatte. Z.B. das hätte ich mir alles von einem "gesunden" Partner nicht bieten lassen.

Auch den Satz " aus ihm spricht die Depression..." finde ich doof. Sowas sage ich nicht. Ich spreche inzwischen offen mit ihm über seine Depression, er widerspricht auch nicht, obwohl er es verleugnet. Auch das ich jetzt in eine SHG gehen will, hat er nicht hinterfragt.

Ein sehr interessanter Austausch hier😌👍

LG Ellen

LG Ellen
DAS LEBEN IST SCHÖN, VON EINFACH WAR NIE DIE REDE! :?
Helgaline
Beiträge: 89
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Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Helgaline »

Hi Susan,

das Schwierigste an dem Anerkennen der Depression durch den Angehörigen ist aber dich, dessen oft komplett andere Wahrnehmung zu akzeptieren.

Gut, mein Partner sagt mir nicht, was er gerne jetzt hätte, weil er ja noch nicht einsieht, dass er wieder in einer Depression ist. Er leugnet auch, ja AD genommen zu haben. Er nennt sie Aufheller.
Hat er viele Jahre genommen.

Ich wäre froh, wenn ich mal klar gesagt bekäme, was gerade nötig ist. Ruhe etc. Aber vllt kommt das noch.

Letztlich denke ich, dass viele Angehörige einfach nicht mehr weiter wissen... hoffnungslos sind. Es ist einfach ein Prozess. Und oft opfert man sich halt auch auf und verliert sich aus den Augen. Wird vllt selbst krank.
Die Einsicht, sich wieder mehr um sich zu kümmern ist auch ein Prozess.

Ich konnte am Anfang nicht verstehen, wieso sich meine Partner so sehr verändert hatte. Z.B. das hätte ich mir alles von einem "gesunden" Partner nicht bieten lassen.

Auch den Satz " aus ihm spricht die Depression..." finde ich doof. Sowas sage ich nicht. Ich spreche inzwischen offen mit ihm über seine Depression, er widerspricht auch nicht, obwohl er es verleugnet. Auch das ich jetzt in eine SHG gehen will, hat er nicht hinterfragt.

Ein sehr interessanter Austausch hier😌👍

LG Ellen
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Helgaline
Beiträge: 89
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Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Helgaline »

Sorry, doppelt 🥴
DAS LEBEN IST SCHÖN, VON EINFACH WAR NIE DIE REDE! :?
SonneundDunkenheit
Beiträge: 706
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Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Liebe Susan,

ich knüpfe bei dir an, den Betroffenen, die in Therapie sind.

Was wären denn Früchte, die du in der Therapie deines Partners gerne "ernten" würdest? Die Frage ist überspitzt, aber ernst gemeint. Ein Mensch mit Depressionen kommt ja nicht geheilt oder repariert aus der Klinik. Und auch eine ambulante Therapie wird wahrscheinlich nicht dazu führen, dass der Partner wieder so wird wie vor der Depression.....machte ja auch gar keinen Sinn, denn dann hätte sich ja nichts verändert.

Meiner Meinung nach geht es nur zusammen, wenn eine Beziehung Bestand haben soll und mit Bestand meine ich auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt und natürlich Vertrauen..... viel Vertrauen. Beide Seiten müssen sich hinterfragen, jeder für sich und dann ehrlich zusammen. Wenn mein Partner der Meinung wäre, zu wissen was gut für mich ist ohne mit mir drüber zu reden, dann ist Augenhöhe nicht gegeben. Das Reden geht nicht zu jedem Zeitpunkt, aber man ist ja nicht ständig depressiv. Mir geht es zuweilen ähnlich wie "die Neue" und schüttle mich, wenn ich im Angehörigen Chat stöbere. In vielen Köpfen ist doch noch ziemlich viel Schubladendenken und noch mehr Unwissenheit und vor allem Angst, weil sie es (den Partner/ die Partnerschaft) nicht kontrollieren können, nicht wissen wohin die Reise geht....es hat schon seinen Grund, warum man selbst beim Therapeuten anrufen muss, um einen Platz zu bekommen. Besonders "toll" finde ich, wenn vom Angehörigen Diagnosen erstellt werden auf die scheinbar noch nicht einmal der Therapeut oder Psychiater gekommen ist....

Ich denke, der Partner einer an Depression erkrankten Person hat Verantwortung dahingehend sich zunächst um sich selbst zu kümmern, sich abzugrenzen und Selbstfürsorge zu betreiben. Ist die Partnerschaft stabil, dann hält sie eine Menge aus.

Aushalten.... durchhalten.....das trifft es glaube ich ganz gut. Die Bilderbuchbeziehungen gibt es nur im Märchen. Die Bilanz sollte stimmen und wenn dem so ist, kann eine Partnerschaft auch mit einem Menschen, der an Depression leidet, gut funktionieren. Sicherlich gibt es Phasen, die für alle Beteiligten schwierig sind, aber die gehen vorrüber.

Meine Psychiaterin meinte mit meiner chronischen Depression, sei es wie Ebbe und Flut; sie kommt und geht. Leider konnte sie mir bisher für meinen Partner keinen zuverlässigen Gezeitenkalender mitgeben....würde es vielleicht oft einfacher machen, wir gehen aber auch ohne Kalender nicht unter. Es gibt Strudel, Untiefen, Nebelbänke, aber auch Sandbänke, sichtbare Ufer .... und jeder hat in sicheren Zeiten schwimmen gelernt.

Trennung ist ein legitimes Mittel und oft frage ich mich - gerade im Angehörigen Chat - warum Beziehungen über Jahre (und hier meine ich wirklich die langen Zeiträume) unglücklich aufrecht erhalten werden. Ist es das Mitleid mit dem Partner, ist es Angst vor der eigenen Verantwortung, ist es die unterschwellige Hoffnung, das alles wieder gut wird oder ist es.....?

Die jüngere Generation ist jung, wild, hat das Leben noch vor sich, hat Wünsche und vielleicht auch eine Menge Illusionen und eine gewisse Portion Ungeduld und Naivität..... alles ohne Wertung und Wichtung. Ich denke in jungen Jahren ist eine Trennung scheinbar eher die Lösung eines Problems als in der älteren Generation. Alles hat seine Für und Wider.

Ich wünsche allen ein schönes Wochenende mit hoffentlich viel Sonnenschein und wenig Regen.

Liebe Grüße von jemanden, der schon ziemlich lange in einer Partnerschaft lebt und Jahrzehnte ganz bewusst einen großen Bogen um Psychiater und Therapeuten gemacht hat, aber dennoch bemüht war, die Depression in Schach zu halten. Es gibt so viele verschiedene Wege, damit umzugehen und der Betroffene selbst entscheidet wann er welche Hilfe benötigt, wann der Leidensdruck groß genug ist, sich Hilfe zu holen. Der Leidensdruck ist übrigens auch vom "Verhalten" des geliebten Gegenüber abhängig.
Menschen, die in einer Depression akut selbstgefährdet sind, klammere ich hier bewusst aus.
Manuel999

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Manuel999 »

..
Zuletzt geändert von Manuel999 am 4. Aug 2023, 19:43, insgesamt 1-mal geändert.
Freshdaex
Beiträge: 5
Registriert: 25. Jun 2021, 18:04

Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Freshdaex »

Hallo liebe Leute!

Ich melde mich praktisch aus dem Land der Stille, da sich für mich das Thema Depression eigentlich in der Direktheit erledigt hat. Aus eigenem Interesse, auch aus beruflicher Sicht und auch in Teilen wegen dem, was ich erlebt habe, lese ich hier immer noch mal mit und gehöre auch zu den (Ex-)Angehörigen, um ein wenig zu reflektieren.

Ich möchte mich an dieser Stelle erst einmal insgesamt für eure Beiträge bedanken! Es gibt hier in diesem Thread schon einige Leute, die auch im Angehörigen Chat aktiv sind und die mich persönlich mit ihren Gedanken und Ansichten sehr viel weiter gebracht haben und mich, wie man so schön sagt, gefordert und gefördert haben. ;)
Ich melde mich, weil mich genau das, was hier gerade aufgeworfen wurde, doch insgeheim sehr beschäftigt. Ich kann für mich sagen, dass ich das Glück hatte, bis jetzt nur in absoluten Ansätzen erfahren zu haben und erahnen zu können, wie massiv sich Depressionen anfühlen können. Aufgrund einiger Situationen, gesundheitlich als auch sozial, habe ich schon massive Tiefpunkte erlebt. Ob es sich dabei um Depressionen gehandelt hat, bezweifle ich. Nun ja, ich will das eigentlich auch gar nicht rechtfertigen oder mich aufdrängen. Ich hoffe, dass meine Gedanken vielleicht die eine oder andere Lanze für die Angehörigen brechen, damit auch vielleicht einen Trigger für Betroffene nehmen und vielleicht sogar ein paar weiterführende Gedanken zu hören. Ich möchte gar nicht zu sehr in die Tiefe bei mir gehen - mein Partner und ich sind nun schon seit einiger Zeit getrennt, die Trennung ging sehr übel zu Ende - Gespräche mit mir waren nicht mehr möglich, sich eine neue, bessere Partnerschaft mit einer anderen Frau in Österreich aufzubauen, jedoch schon. Egal wie, es ist wie es ist und ich hoffe, dass er den richtigen Weg für sich gewählt hat.

Ich möchte erst einmal sagen, dass ich hier keine Meinung oder Erfahrung eurerseits kleinreden möchte. Genauso wie "ihr" als Betroffene vom Ang-UFO getriggert werden könnt, habe ich die Erfahrung ebenfalls gemacht.

1. Gedanke: "Aus dir spricht die Depression". Ich kann verstehen, dass das zu hören super toll ist. Gleichzeitig hört man aber auch als Angehöriger, dass das Wegstoßen in der Depression, böse Worte die fallen, kurze Zündschnüre und Wesensveränderungen ganz simpel teil der Depression sind und ein Symptom. Erstens: wo grenzt man ab? Wo sind die Gedanken und das Verhalten, und ja, auch die Worte die gesagt werden, Folge einer Erkrankung und wo nicht mehr? Andererseits sind die Verletzungen durch das Verhalten und (ggf auch) das Gesagte beim Angehörigen sehr real und teils ziemlich massiv. Das soll gar nicht verunsichernd sein - wie geht man damit um? Ich verstehe, dass der Betroffene irgendwo an erster Stelle da "durch geht" und ggf. erst einmal lernen und verstehen muss, wie ihm überhaupt geschieht. Als Ex-Angehörige kann ich sagen, dass einen das als indirekt-direkt betroffene Person ganz schön verunsichert und, ja, auch sehr frustriert und einem ebenfalls viel kostet. Man steht mit viel Schmerz da, der ja doch irgendwo auch durch die Krankheit ausgelöst wird, ohne dass ich direkt erkrankt bin.

2. Gedanke: "da sein". Manchmal schwerer als gedacht. Wenn man nicht zusammenlebt, wie ist man da? Oft wird man nicht da sein gelassen. Oft wird man nicht mal rein gelassen, um stumm nebeneinander zu sitzen. Ich wurde z.B. gar nicht mehr in seine Wohnung gelassen. Nähe war nicht möglich und Kommunikation fand nicht statt. Die Diagnose kam später und gefühlt waren wir dann schon Welten auseinander. Ein wieder da sein, wurde nicht mehr zugelassen. Er war lange weg und mir wurde auch keine Chance gegeben als Angehörige damit umzugehen, mit IHM in dieser Dunkelheit umzugehen. Ich hätte es gerne gelernt, aber lernen tut man nicht, wenn man nicht die Chance oder Input bekommt.

3. Gedanke - und der verfolgt mich: Ich habe oftmals gehört, dass insbesondere die erste Episode sich anschleicht. Meinem Empfinden nach, war da in der Beziehung bereits lange vor dem Krankheitsausbruch einiges in Schieflage. Ich habe mich lange gefragt, ob ich Schuld bin, ob ich Auslöser war, ob ich sogar toxisch bin, warum ich das nicht früher gesehen habe. Ich erinnere, dass er sich sehr viel selbst runtergemacht hat, da konnte ich so viel sagen, so viel stützen, so viel unterstützen wie ich wollte - ich konnte es und sein Selbstbild nicht "gut" machen. In der Verliebtheit ging das, als der Alltag und Corona kam, wurde es schwieriger neben den aufkommenden, unweigerlichen Konflikten ihm bewusst zu machen, dass ich ihn liebe und dass er toll ist. Nicht jede Kritik, aber viel, das ich geäußert habe oder Grenzen, die ich gezogen haben, haben ihn aber klein fühlen lassen. Und auch wenn ich weiß, dass ich sehr deutlich werden kann, konnte selbst vorsichtige, auf Eiern laufenden Einwände irgendwann nichts anderes mehr als Schaden anrichten. Gleichzeitig war ich diejenige, die viel versucht hat, zu kommunizieren und Kompromisse zu finden, manchmal hat sich im Nachhinein gezeigt, dass seine Position nicht klar war, da er ihnen selbst widersprochen hat. Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass er teilweise gar nicht seine Position kommunizieren konnte, auch wenn ich ihm die Chance gegeben habe, also vor der akuten Phase, weil er sie selbst nicht wusste. Ob nun anschleichende Depression, leichte Depression oder einfach nur Unklarheit über das eigene Selbst... ich werde nicht mehr herausfinden.

Die Quintessenz: Ich weiß, dass ich viel falsch gemacht habe, auch einfach, weil dieses Anpirschen der Krankheit und der Ausbruch mich vollkommen uninformiert getroffen haben und ich zum Teil sehr aus dem Affekt gehandelt habe anstatt in Ruhe und mit Bedacht. Insbesondere aber die erste Episode in einer Beziehung ist, glaube ich, sehr schwierig, weil man ja gar nicht einschätzen kann, wie der- oder diejenige reagiert und die Gefühle wieder zurückkommen - das weiß man ja nie, das wurde mir auch so von Psychologen gesagt. Damit meine ich, wenn ich das schon erlebt habe, dass der Partner wieder zurückkommt, kann ich mit der Gefühlskälte ja viel besser umgehen, weil ich weiß, dass es vorübergehend ist. Bei mir oder besser gesagt "für mich" kamen sie nicht zurück. Abgesehen davon, dass die erste Depression für den Betroffenen selbst ja ebenfalls nochmal besonders hart sein könnte (so stelle ich mir das vor), weil man ja im Notfall ganz neu in den Abgrund schaut oder besser von da aus raus(?).

Ich möchte hier noch einmal betonen, dass ich damit echt Niemanden hier zu Nahe treten möchte oder irgendetwas falsches sagen will. Sollte sich etwas wirklich kränkend lesen, hoffe ich, dass ihr mir glaubt, dass es so wirklich nicht gemeint ist, sondern eher Schuld meiner mangelnden Fähigkeit derart komplexe Umstände sinnvoll in einen Post zu bringen. Ich möchte auch bei niemandem in Abrede stellen, dass er oder sie mit einem Angehörigen "gesegnet" war, der oder die einfach die Beine in die Hand genommen hat und sich weggetrollt hat. Ich hoffe nur, dass man als Angehörige auch zugestanden bekommt, man ehrlich Frust, Sorgen, Wut, Schmerz und simple, völliges Unverständnis mitteilen und erleben darf und ja, auch mal einen Fehler, weil man zwar nicht erkrankt, aber doch irgendwo ein Mensch ist. Man ist in einer Episode des Partners doch sehr allein, was kein Vorwurf ist, sondern einfach eine Tatsache, die die Erkrankung für bei mit sich bringt. Ich hatte oftmals das Gefühl, dass zwischen meinem Partner und mir die Brücke weg war und nur ich die Hand ausgestreckt habe, die dann auch noch weggeschlagen wurde. Habe ich Abstand gehalten, war ich die Blöde, die nicht für ihn da war. Es ist ganz schwieriges Terrain!!!

Ansonsten möchte ich mich für diesen Post entschuldigen. Sollte er zu weit gehen, nehme ich es nicht übel, wenn er gelöscht wird. Ich finde es jedenfalls toll von euch zu lesen und sehen, wie ihr diesen Raum hier nutzt, um offen darüber zu reden - es hat mir in manch verzweifeltem Moment doch geholfen und hebt gewisse Unklarheiten, Unkenntnisse und Vorurteile auf. :)

Liebe und ein wenig unsichere Grüße,
Freshdaex
Maxegon
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Re: Das Angehörige-Ufo

Beitrag von Maxegon »

Überdosis hat geschrieben: 3. Aug 2023, 15:57

Ich verstehe solche Aussagen einfach auch nicht, denn diese Erkrankten teilen sich scheinbar mitunter sehr genau ihren Angehörigen mit, dass sie nicht reden können/wollen, Müde sind, emotional gerade nichts fühlen können ...

Warum werden die depressiven Partner scheinbar gar nicht gehört, obwohl sie ihre Symptome so deutlich kommunizieren?

Ich weiß nicht, ob ich diese Aussagen verstünde, wenn ich die Menschen kennen würde.
Tatsache ist doch, das die Kommunikation nicht gerade optimal verläuft bzw. die Akzeptanz, vielleicht sogar auf beiden Seiten.

Wie soll denn ein Mensch etwas verstehen, was er nicht kennt?
Wenn er immer nur von sich auf andere schließt.

Erst wenn ich mich auf den Anderen einlasse, versuche mich in ihn hineinzuversetzen, zuhöre, kann ich doch erst Verständnis aufbringen.
Vielleicht kann ich es auch gar nicht, weil ich gar nicht in der Lage dazu bin?
Oder ich will es auch nicht, habe keine Geduld und alles nervt nur.

Ein Partner (Lebensabschittsbegleiter) sollte doch ein Freund, ein Gefährte, Vertrauter sein, sein Wohl sollte mir am Herzen liegen.
Man bemerkt doch, ob das so ist oder ertägt es mit dem "berühmten' Galgenhumor.
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