Therapieabbruch durch Therapeuten

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Bärchi
Beiträge: 1
Registriert: 26. Jul 2023, 18:54

Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Bärchi »

Hallo,
ich weiß gerade nicht mehr weiter. Gestern hat mir meine Therapeutin gesagt, dass sie die Therapie jetzt abbrechen will. Für mich kam das sehr unerwartet und hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich bin über 100 std. bei ihr in Behandlung (glaube seit 3 Jahren, wegen Depression).
Letztes Jahr waren wir an einem "ähnlichen" Punkt, wo sie gerne wollte, dass ich in eine Klinik gehe, weil sie denkt, dass sie mir nicht weiterhelfen könnte. Ich wollte das jedoch nicht und bin weiter bei ihr in Behandlung geblieben - was da anscheinend kein Problem war.
Anfang diesen Jahres ging es mir eine Zeit lang deutlich besser, jetzt habe ich jedoch wieder einen Rückfall und war seitdem es mir wieder schlechter geht 3 Mal bei ihr (davon war bis gestern (3. Sitzung) kein Mal die Rede von einer Klinik etc.). Gestern dann wie gesagt plötzlich die Aussage, dass sie die Therapie an dieser Stelle beenden möchte. Ich würde nicht richtig mitarbeiten bzw. mich nicht an die besprochenen Dinge halten. Dazu zählen z.B. mehr Aktivität etc., was ich im Moment einfach nicht schaffe umzusetzen. Theoretisch wäre ich im Moment offener für einen Klinikaufenthalt als letztes Jahr, jedoch möchte ich nächstes Jahr unbedingt mein Examen machen und kann mir deshalb keine weiteren Fehlzeiten mehr erlauben, das passt einfach gar nicht mit einer Klinik, wo man mindestens mal 6 Wochen bleiben müsste. Nachdem ich ihr das erklärt habe, sagte sie nur, dass sie dafür ja jetzt auch keine Lösung habe, aber sie mir in dem Rahmen nicht mehr helfen könne.
Einerseits kann ich sie verstehen und unterstelle ihr keine bösen Absichten oder so, jedoch fühle ich mich gerade sehr allein gelassen und weiß gar nicht wohin mit mir.
Mir fällt es auch sehr schwer, weil sich letztes Jahr eine sehr enge Freundin von mir abgewendet hat. Sie war mit meiner Therapeutin meine engste Bezugsperson, mit der ich über alles reden konnte (was die Depression angeht). Jedoch wollte sie keinen Kontakt mehr, weil sie das zu sehr belastet hat. Das war zu Anfang wie ein Schlag ins Gesicht und ich bin schwer damit klar gekommen das nachzuvollziehen, jedoch war es letztendlich okay, weil ich noch meine Therapeutin hatte, mit der ich über solche Dinge reden konnte. Wenn das jetzt noch wegfällt weiß ich einfach nicht mehr weiter. Ich habe zwar andere Freunde und Familie, jedoch niemanden mit dem ich so im Detail über meine Krankheit & Gefühle reden möchte.
Ich kann mir natürlich einen neuen Therapeuten suchen, aber wir wissen alle, dass das nicht einfach ist und vor allem nicht schnell geht. Ich fühle mich einfach so allein gelassen, jetzt wo es mir wieder schlechter geht, einfach die Therapie abzubrechen mit den Worten "wenn es Ihnen schlechter geht, wenden Sie sich an ihren Arzt" und so unerwartet für mich (was wie ein Vorwurf gegen meine Therapeutin klingt, aber nicht so gemeint ist).
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie seid ihr damit umgegangen?
LG
Sonnenschein34
Beiträge: 733
Registriert: 31. Dez 2018, 18:42

Re: Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Bärchi,

willkommen im Forum.

Ich kann mir vorstellen, dass Dich gerade sehr schockiert mit dem Therapieabbruch. Du schreibst, Du bist bereits seit 100 Stunden bei ihr in Therapie. Ist dass eine tiefenpsych. Therapie?

Was habt Ihr denn vereinbart? Also habt ihr noch ein Abschlussgespräch?

Die Möglichkeit in eine Klinik zu gehen, hat sie Dir ja bereits genannt. Würde sie Dich dabei unterstützen? Wenn es ein geplanter Klinikaufenthalt wäre, wäre das ja vermutlich sowieso nicht von heute auf morgen umzusetzen.

Wieviel Stunden hast Du denn noch zur Verfügung? Nein, einfach dürfte es nicht sein, auf die schnelle einen anderen Therapeuten zu finden.

LG
Sonnenschein
Pummelfee
Beiträge: 36
Registriert: 19. Jun 2023, 11:36

Re: Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Pummelfee »

Hi Bärchi,
einfach so rausgeschmissen von der Therapeutin…so hört es sich zumindest an. Nicht so schön. Aber vielleicht auch fair dir gegenüber, wenn sie mit ihrer fachlichen Expertise zu dem Schluss kommt, dass sie dir nicht weiterhelfen kann. Ich finde, du solltest ihren Rat annehmen und dich für einen stationären Aufenthalt „bewerben“. Deine Therapeutin soll dir dabei helfen- das kannst du ruhig von ihr fordern. Ich verstehe, dass du dein Examen machen willst. Aber deine Gesundheit geht vor. Und wenn du dich jetzt nicht drum kümmerst und das Problem an der Wurzel packst, kommt es zurück wie ein Bunmerang…vielleicht oder auch gerade in der extrem stressigen Examenszeit. Also ich hätte mein Examen nicht geschafft, wenn ich nicht psychisch stabil gewesen wäre. Nimm‘ dir die Zeit. Lieber etwas länger studiert mit Abschluss als durchs Examen zu rauschen. Später interessiert es eh kaum jemanden, wenn du 2 Semester länger gebraucht hast.
Liebe Grüße
Deine Pummelfee
Überdosis
Beiträge: 251
Registriert: 25. Nov 2021, 23:01

Re: Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Überdosis »

Hallo Bärchen,

warum schaffst du es denn nicht, dich an die besprochenen Dinge zu halten, die du mit der Therapeutin ausgemacht hattest?
War das mal mit Thema in der Therapie warum das nicht zu schaffen ist? Vielleicht hätte sie dir helfen können, dass du das dann schaffst?

Bei Depressionen ist das auch halt dieses Problem, dass man buchstäblich mit dem Leben aufhört, was einen nur noch tiefer in die Depressionen hinein sinken lässt.
Mein Ex-Therapeut meinte mal, dass ein Mensch, der nichts mehr macht, automatisch Depressionen bekommt und wieder anzufangen mit "Leben" einen mit hilft da wieder von weg zu kommen.
Wenn du das nicht schaffst, dich an ihre Abmachungen zu halten, hast du keine Chance da aus deinem Tief raus zu kommen und dass deine Thera da an ihre Grenzen dann stößt, ist verständlich.
Nur, sollte sie dir dabei dann auch helfen, dass du es schaffst, denn das nicht schaffen zu leben ist ja das mit Problem jeder Depression.

Als ich noch Therapie machte, wollte meiner ebenfalls, dass ich wieder mit Hobbys anfange, Kontakt zur Familie und Arbeitskollegen inseviere, mir einen Freund und Freunde suche und er riet den Job zu wechseln.... für mich zu viel auf einmal alles...
Ich hatte es wirklich versucht und endete immer wieder neu in haltlose überforderung und schweren Tiefs.
Die Angst vorm raus gehen, tat da noch ihren Rest...
Als ich ihm das mehrmals mitteilte, kamen keine Tipps, sondern nur "ist doch nicht schlimm, sich überfordert zu fühlen" und Aussagen, dass es meine verlorene Zeit ist, wenn ich wegen der Angst später dort eintraf, weil ich wiedermal schreckliche Angst hatte, meine Wohnung zu verlassen. Letztlich, nach mehrmaligen dieser Aussagen, gab ich es schweren Herzens auf und brach ab, weil er mich zwar unentwegt forderte, aber ich mich in diesen Schwierigkeiten allein gelassen fühlte, weil er mir nicht so recht half damit umzugehen oder wie ich es lindern könnte.

Dass sich deine Freundin abwendete, ist hart.
Leider mache ich aber immer wieder die selben Erfahrungen.
Jeder sagt, man Bräuche eine Vertrauensperson, an der man auch mal seine Sorgen, Schwierigkeiten lassen kann, weil man sonst "platzt", wenn man das alles immer nur für sich behält, aber meist wollen die Leute immer nur positives hören und wenden sich rasch von einem Weg.
Finde das arg schwer, dann damit umzugehen und kann daher deine Sorge gut nachvollziehen.


LG
Senif
Beiträge: 1195
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Senif »

Ich denke nicht, dass die Leute nur Positives hören wollen. Aber sie wollen nicht über , sagen wir mal Jahre, nur Negatives hören. Das hält kein Mensch aus, es sei denn er hat eine emotionale Distanz, die aber unter Freunden normalerweise nicht da ist. Es ist immer alles eine Frage des Maßes.
Wenn ich viel Negatives zu bearbeiten hatte, habe ich es auch "verteilt", um mein Gegenüber eben nicht überzustrapazieren oder zu überfordern. Hinzu kam, dass ich mir die meisten Probleme selbst gemacht habe, oft auch welche, die nicht hätten sein müssen.
Ein Therapeut hört aus Berufswegen zu, ist aber auch ausgebildet und hat (normalerweise) eine professionelle Distanz und weiß, wie er damit umzugehen hat. Er ist aber sicher kein Freund.
Ich habe früher auch oft allen möglichen Leuten, die immer nur negatives hatten und darüber gejammert haben, zugehört. Aber aus Selbstschutz kann ich sowas nicht über die Dauer machen. Ich bin auch kein Seelenmülleimer.
Senif
Beiträge: 1195
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Senif »

Ergänzung: ein Therapeut kann sicher ein guter Zuhörer sein, so lange bis man sich neue Freundschaften, die auch ausgeglichen sind, wieder aufgebaut hat.
Überdosis
Beiträge: 251
Registriert: 25. Nov 2021, 23:01

Re: Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Überdosis »

Senif, da bin ich ganz bei dir, mit dem was du schreibst.

Persönlich mache ich das auch so, das ich ganz viel mit mir selber ausmache, aber ich beobachte halt in meinem Umfeld das schon so, dass die Leute mit ihrem "Müll" immer zu mir kommen können, aber wehe, ich hab mal was... Dann wird null drauf eingegangen, es herunter gespielt und die Leute melden sich ab da deutlich weniger.

Es zu verteilen, wie du schreibst und nicht immer, aber in geringen Dosen doch mal mit wem reden ist wichtig, so wurde mir das selbst von den Pflegern aus der Klinik berichtet, aber solche zu finden ist arg schwer.

Man mag ja die Menschen, mit denen man Kontakt pflegt schließlich sehr, geht mir zumindest so.
Aber wenn diese sich dann plötzlich über Wochen nicht melden, obwohl sie zuvor bei jedem Treffen ihren Müll bei mir abgeladen haben und dieses distanzieren dann auftrat, wo ich mich auch mal geöffnet habe, dann ist das mies und tut auch irgendwo weh....
Senif
Beiträge: 1195
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Therapieabbruch durch Therapeuten

Beitrag von Senif »

Ich habe gerade Freunde verloren, weil das Vertrauen komplett weggebrochen ist. Und wo ich auch klar kommuniziert habe, dass in dem Fall eine rote Linie überschritten ist. Mir ist auch klar geworden, dass ich ausgenutzt wurde. Und ich letztes Jahr schon hätte auf mein Gefühl hören müssen. Das ist nämlich oft gar nicht so schlecht.
Es liegt an mir, klar Grenzen für mich zu setzen und diese auch den anderen zeigen. Und dann wird man sehen, ob das akzeptiert wird oder ob weiter drüber getrampelt wird. Wenn es nicht akzeptiert wird, dann muss ich auch mir eingestehen, dass es nicht wirklich Freunde sind und sie vielleicht mit anderen Menschen besser zusammen passen. Grenzen setzen ist für die Selbstfürsorge sehr sehr wichtig. Und ich möchte ja auch im Gleichgewicht bleiben.
Wenn ich das Gefühl habe, die Balance stimmt nicht, dann sage ich das in Zukunft, und je nach dem wie die Reaktion ausfällt, sind es Freunde oder nicht. Klar sein, hat auch was von Ehrlichkeit und diese bewirkt letztendlich dann auch, dass ich nur Menschen um mich habe, die mir gut tun.
(Natürlich verteidige ich meine Grenzen nicht mit den Zähnen :lol:, sondern sachlich)
Wie dem auch sei, ich kann aktiv etwas dafür tun, dass es mir in Beziehungen allgemein besser geht. Für mich einstehen und dabei auch nicht jedes mal in die Konfliktvermeidung gehen. Und ich glaube fest daran, dass ich bald wieder Menschen treffe, die mir gut tun :D :hello:
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