Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

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Niri
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Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Hallo ihr Lieben,

seit Tagen habe ich überlegt, wie ich diesen Beitrag nennen könnte.
Dieser Titel ist mir jetzt spontan eingefall
en.

Es ist sehr schwierig zu beschreiben, worum es genau geht, weil die Vorgeschichte so wahnsinnig lang ist und ich euch ja nicht unendlich zutexten möchte.

Vielleicht mögt ihr mir in den nächsten Tagen ein bißchen beistehen.
Wer Tipps, Fragen, was auch immer, für mich hat.....sehr, sehr gerne.
Vielleicht ist auch schon das Schreiben hilfreich für mich, um nicht in diesem riesigen Problemberg unterzugehen, Kraft und hoffentlich die nötige Ruhe zu finden.

Es geht um meinen jüngeren Sohn.
Er ist jetzt 28 und wir haben viel Schwieriges gemeinsam durchgestanden.
Begonnen hat es schon in der Schwangerschaft, ich hatte in der 16. Woche starke Blutungen und die Ärzte meinten das Kind sei nicht zu halten.
Er kam dann 4 Wochen zu früh, aber mit Normalgewicht und gesund zur Welt.

Sein Leben ist geprägt von vielen Schwierigkeiten, ich versuche es kurz zu halten.
Es gab schwere Gewalt seitens seines Vaters gegen mich,die er häufig miterlebt hat.
Der Trennungskampf und das Scheidungsverfahren dauerten Jahre. Auch danach gab es immer wieder Bedrohung und Verfolgung.

In der Grundschule stellte sich eine schwerste Legasthenie heraus, noch heute kann mein Sohn seinen Namen manchmal nicht korrekt schreiben.
In einer der vielen Begutachtungen kam bei einem IQ Test 120 heraus, trotz des ganz schlechtem Ergebnis im schriftlichen Teil.

Seine Schulzeit war richtig schwierig, es gab viele Kämpfe, unter anderem auch mit Lehrerinnen, die Legasthenie für eine Ausrede von
faulen Schülernhielten.
ImletztenJahr hatte er dann einen wundebaren Lehrer und er hat den Quali geschafft.

Im gleichen Jahr, er war 15, bekam er am 14. Oktober die Diagnose Typ 1 Diabetes.

Es folgten Jahre.......die Sorgen um ihn zu beschreiben fehlen mir die Worte.

Ich war mittlerweile mit meinem zweiten Mann verheiratet, der für ihn zum Vater wurde und mich und meine Kinder in allem unterstützt hat, vor allem zu S hatte er eine innige, intensive Beziehung.

S machte dann eine Ausbildung zum Verkäufer, die er erfolgreich abgeschlossen hat, er hat sich aber in dem Beruf nie wohlgefühlt.
Zuletzt geändert von Niri am 20. Jul 2023, 19:19, insgesamt 1-mal geändert.
Niri
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Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Sorry, ich schreib nachher weiter
Niri
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Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Trotzdem hat er ein paar Jahre in dem Beruf gearbeitet.

Der Umgang mit seinem Diabetes hatte sich irgendwann verbessert.
Die ersten Jahre hat er sich irgendwie geweigert zu akzeptieren, dass er mit dieser Erkrankung leben muss, er hat oftmals gar nicht, oder viel zu wenig Insulin gespritzt.
Überzuckerungen waren die Folge, es gab Klinikaufenthalte aus lebensbedrohlichen Situationen heraus.
Mein Mann und ich haben ihn aus unzähligen Situationen herausgeholt und versorgt.
Es war eine ständige Überzuckerungssituation, die vor allem auch wegen der Spätfolgen langfristig so wahnsinnig gesundheitsgefährdend ist.

Irgendwann hat erangefangen sein Verhalten zu verbessern und es folgten zwei, drei Jahre in denen der Diabetes keine so beherrschende Rolle mehr spielte.
Bis es voe ungefähr sechs, sieben Jahren anfing, dass sich die UNTERzuckerungen häuften und sich die Situation bzgl. Diabetes umkehrte.
Wieder gab es lebensbedrohliche Situationen (Unterzuckerungen sind die akut gefährlichere Situation), Notarzteinsätze.
Einmal hat ihn ein Nachbar gerettet. Er hatte die Schreie aus seiner Wohnung gehört, hat die mit seiner EC Karte "aufgebrochen" und S gerettet.
Mein Mann und ich waren in der Arbeit......
Ich könnte unzählige derartige Situationen schildern.
Im Sommer 2021 hat sich die Diabetes Situation deutlich verbessert, seit Sommer 2022 gab es keinen Notarzteinsatz mehr und S geht verantwortlich mit seiner Erkrankung um.

2014 hatte ich Brustkrebs, was zu massiven Verlustängsten bei S führte.
Ich bin noch da ;-) :-)

2016 ist mein Mann an reine ganz seltenen Krebsart erkrankt und ist 2019 an deren Folgen gestorben.
Er fehlt uns immer noch unendlich, für S war und ist der Verlust eigentlich nicht in Worte zu fassen.

2018 hat S sich entschlossen in`s Handwerk zu gehen und 2019 hat er eine Ausbildung zum Fliesenleger angefangen.
2022 wäre der Abschluss gewesen.
Die theoretische Abschlussprüfung hat er auf Anhieb geschafft (hier lag aufgrund der Legasthenie die eigentliche Sorge)
Niri
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Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

In der praktischen Prüfung sind von 28 Prüflingen 22 durchgefallen, S auch.
Ok, das waren die Corona Jahre, da sind viele Schulungen ausgefallen (und gerade die praktischen konnten online nicht ersetzt werden).
Das war ein herber Rückschlag für ihn, aber ok, soll er es im Winter nochmal probieren.

Parallel dazu hat er den Führerschein gemacht , nachdem er viele Jahre keine Erlaubnis dazu bekommen hat, wegen der häufigen Unterzuckerungen (was ich völlig richtig fand), was zur Folge hatte, dass ich ihn bis letztes jahr im Sommer viel gefahren hab (wir wohnen sehr ländlich und bei Arbeitsbeginn früh morgens gibt es öffentlich keine Chance)

In der Prüfung im Dezember ist er wieder durchgefallen.
Das lag an ihm.
Die Prüfung dauert acht Sunden, er ist Mittags in den Unterzucker gefallen (nicht dramatisch) hatte sich verschätzt, welche Energie ihn diese Stresssituation kostet, musste eine zusätzliche Pause machen, dann ist der Zucker in die Höhe geschnellt, er musste wieder mit Insulin korrigieren.....letztendlich hat er sich bei seinem Diabetesmanagement total vertan, wurde nicht fertig und es haben ihm 5 Punkte (Gesamtzahl 100 Punkte) zum Bestehen der Prüfung gefehlt.
Niri
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Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Nächsten Donnerstag ist der dritte Versuch.

Es gäbe noch viel mehr an Einzelheiten, die ich gerne auch erläutern kann

Worum es mir hier geht ist meine enge Verbundenheit mit ihm.
Wenn er diese Prüfung nicht besteht, weiß ich nicht, ob er nicht daran zerbricht.
Und ich fühl seinen Schmerz so sehr.
Ich hab über die Jahre sicher viele Fehler, auch im Umgang mit ihm, gemacht, aber wir haben es immer geschafft, eine gute Verbindung zu haben.
S ist ein gutaussehender junger Mann, er hat eine wunderbare Freundin.
Sie hat gestern ihre Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen und studiert ab Herbst Medizin.
Ein Freund von mir hat heute mit S Senior und Juniorchef gesprochen.
Beide schätzen ihn total, S kann auf alle Fälle in der Firma weiterarbeiten und es gibt auch eine Idee ihn am Prüfungstag zu unterstützen.

Ich weiß nicht,ob ihr das verstehen könnt, aber meine Angst, dass er die Prüfung nicht besteht ist für mich kaum zu beherrschen.
In all den Jahren hab ich gelernt, hab lernen müssen, mich abzugrenzen und ich weiß, dass das auch nötig war, damit er selbständig sein kann.

Aber jetzt in dieser Situation, wo er so kämpft, so viele Schwierigkeiten überwunden hat, kann ich den Gedanken, dass er nächsten Donnerstag in`s Nichts fällt nicht aushalten.
Das zwingt mich regelrecht in die Knie.
Ich hab das Gefühl keine Kraft mehr zu haben, fühl jetzt schon diesen brennenden Schmerz, diese Hilflosigkeit und hab das Gefühl, ich hab dem nichts entgegenzusetzen.
Wolkenvorhang
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Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Wolkenvorhang »

Guten Abend Niri,

erstmal herzlich Willkommen hier.
Es tut mir leid zu lesen was bei dir alles geboten war und ist...

Ich habe zwar keine Kinder aber ich kann vielleicht ein klein wenig Hilfestellung leisten.

Ich habe 15 Jahre lang in der Kinder- und Jugenpsychiatrie gearbeitet und demnach auch viele Eltern-Kind Beziehungen mitbekommen.

Aufgrund der Erkrankung deines Sohnes habt ihr verständlicher Weise eine symbiotische Beziehung. Das würde mir wahrscheinlich in deinem Fall genauso gehen. Ihr habt so viel überstanden und nun kommt eine Zeit in der er Stück für Stück auf sich gestellt ist. Aufgrund der immer währenden Diabetes-Alarmglocken bist du natürlich darauf programmiert auf ihn zu achten und dir Sorgen zu machen. Was absolut nachvollziehbar ist.
Das führt meines Erachtens dazu, dass dir die Abgrenzung nunmehr in der Prüfungssituation wieder schwerer fällt. Vielleicht auch deswegen weil dein Sohn nun doch selbstständiger wird?
Ob und wie er die Prüfung besteht liegt leider nicht in deinen Händen. Bisher waren bedrohliche Situationen aufgrund seines Diabetes erklärbar und du hattest somit auch die Kontrolle darüber. Unterzucker-> Essen Überzucker-> Insulin spritzen... mal ganz platt ausgedrückt war das doch ein System in dem du dich auskennst.
Das Absolvieren seiner Prüfung obliegt demnach nicht deiner Kontrolle und du musst es sprichwörtlich geschehen lassen.

Im Lauf der Jahre hast du wahrscheinlich auch sprichwörtlich "verlernt" auf dich zu achten. Zwar beschreibst du gewisse Abgrenzungen die du vollzogen hast, doch so richtig hats wahrscheinlich nie geklappt.

Ich würde dir raten dich Stück für Stück innerlich abzugrenzen. Wie sieht er selbst denn die Situation? Hast du von ihm selbst gehört dass er daran zerbrechen würde wenn er die Prüfung erneut nicht bestehen sollte? Was sind seine Gedanken?
Hat er die gleichen Ängste wie du?

Er scheint ja schon für sich gewisse stabilisierende Eckpfeiler in seinem Leben gefunden zu haben.
Beispielsweise seine Freundin.
Dein Eckpfeiler ist wahrscheinlich mit dem Tod deines Mannes weg gebrochen. Auch dies ist für mich absolut nachvollziehbar.

Ich hoffe ich drücke mich richtig aus und du verstehst wie ich das meine.
Ich wollte dir hiermit aufzeigen wo das Problem meines Erachtens liegen könnte. Vielleicht gelingt es dir die Situation nun mit etwas Abstand zu betrachten. Denn im Moment steckst du so tief in dem Gefühlsdilemma, dass es dir schwer fällt alles etwas objektiver zu betrachten.

Ich drück dich mal aus der Ferne.

Du bist nicht alleine!!!

Liebe Grüße
:hello: :idea: :ugeek: :?:
Niri
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Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Liebe Wolkenvorhang,

vielen lieben Dank für deine schnelle und so einfühlsame Antwort.

Und ja, du hast die Situation wirklich gut erfasst und analysiert.

Tatsächlich sind es seine Ängste (die damit zu meinen werden...) die ich beschrieben habe.

Ein viertes Mal dürfte er die Prüfung nicht wiederholen.

"Dann bleib ich mein Leben lang Hilfsarbeiter". Das waren seine verzweifelten Worte gestern.

Mir ist nicht wichtig was jemand im Leben beruflich genau erreicht.
Aber ich weiß sehr wohl wie wichtig eine Aufgabe im Leben ist und wie gut es ist, wenn man auf einer soliden beruflichen Basis steht.

Mir tun deine Worte aber so unendlich gut, danke, dass du da bist.

Denn ja, hier fehlt mein Mann so unendlich.......wenn jemand Vertrautes stirbt, stirbt ja auch der,der die gemeinsame Geschichte kennt wie niemand anderer.
Und er hat S gekannt und geliebt und über so viele Jahre die Sorge um ihn mit mir geteilt.
Chibi
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Registriert: 18. Jul 2023, 22:40

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Chibi »

IchWirErSieEs hat geschrieben: 20. Jul 2023, 20:16 Ich habe mir das jetzt 4X durchgelesen und mir ist immer noch nicht ganz klar, bei wem die eigentlichen Probleme liegen.
Bei Deinem Sohn oder bei Dir?

Als Kernsatz greife ich heraus:

Sein Leben ist geprägt von vielen Schwierigkeiten, ich versuche es kurz zu halten.
Es gab schwere Gewalt seitens seines Vaters gegen mich,die er häufig miterlebt hat.
Der Trennungskampf und das Scheidungsverfahren dauerten Jahre. Auch danach gab es immer wieder Bedrohung und Verfolgung.


Diese Geschichten sind so häufig und anscheinend immer sind es gewalttätige Männer, die an allem Schuld sind.
Ich frage mich: Wo bist Du dabei?

Ich frage das, weil ich diese Geschichten kenne. Ein abwesender "Vater," der nur soff und ein Stiefvater, der meine Mutter fast zu Tode geprügelt hat, und mich auch.

Warum nur sind so viele Frauen "Alleinerziehend"?
Und warum wurde ich ein Alleinerziehender?

Es sind so üble Geschichten von Lebensläufen und verkackter Liebe, die in Hass umschlägt und uns alle schädigt.
Und ehrlich, ich bin ziemlich ratlos.
Das klingt jetzt schon ein bisschen nach Victim Blaming was du da schreibst.

Natürlich ist es für das Kind nicht leicht mit einem alleinerziehendem Elternteil groß zu werden, dass macht die Gewalt aber nicht weniger schlimm.
Warum so viele Frauen alleinerziehend sind? Zum einen besteht oft Seiten des Vaters kein Interesse daran die eigene Karriere aufzugeben um sich allein um die Kinder zu kümmern und zum anderen wird Frauen einfacher vor Gericht das Sorgerecht zugesprochen.
Chibi
Beiträge: 44
Registriert: 18. Jul 2023, 22:40

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Chibi »

Niri hat geschrieben: 20. Jul 2023, 20:46 Nächsten Donnerstag ist der dritte Versuch.

Es gäbe noch viel mehr an Einzelheiten, die ich gerne auch erläutern kann

Worum es mir hier geht ist meine enge Verbundenheit mit ihm.
Wenn er diese Prüfung nicht besteht, weiß ich nicht, ob er nicht daran zerbricht.
Und ich fühl seinen Schmerz so sehr.
Ich hab über die Jahre sicher viele Fehler, auch im Umgang mit ihm, gemacht, aber wir haben es immer geschafft, eine gute Verbindung zu haben.
S ist ein gutaussehender junger Mann, er hat eine wunderbare Freundin.
Sie hat gestern ihre Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen und studiert ab Herbst Medizin.
Ein Freund von mir hat heute mit S Senior und Juniorchef gesprochen.
Beide schätzen ihn total, S kann auf alle Fälle in der Firma weiterarbeiten und es gibt auch eine Idee ihn am Prüfungstag zu unterstützen.

Ich weiß nicht,ob ihr das verstehen könnt, aber meine Angst, dass er die Prüfung nicht besteht ist für mich kaum zu beherrschen.
In all den Jahren hab ich gelernt, hab lernen müssen, mich abzugrenzen und ich weiß, dass das auch nötig war, damit er selbständig sein kann.

Aber jetzt in dieser Situation, wo er so kämpft, so viele Schwierigkeiten überwunden hat, kann ich den Gedanken, dass er nächsten Donnerstag in`s Nichts fällt nicht aushalten.
Das zwingt mich regelrecht in die Knie.
Ich hab das Gefühl keine Kraft mehr zu haben, fühl jetzt schon diesen brennenden Schmerz, diese Hilflosigkeit und hab das Gefühl, ich hab dem nichts entgegenzusetzen.
Ich kann deine Sorgen verstehen.
Zum einen könnte ihr vielleicht ein Attest vom Arzt holen wegen der Diabetes und anfragen ob er mehr Prüfungszeit bekommen kann.
Zum anderen habe ich das Gefühl, dass du es ihm nicht zutraust. Lass es ihn versuchen und geb ihm das Gefühl, dass du an ihn glaubst und dass ihr, falls er es nicht schafft zusammen eine Lösung findet.
Ich musste mein Studium wegen meiner Erkrankung abbrechen und trotzdem habe ich jetzt einen Ausbildungsplatz und werde in zwei Jahren einen schönen Job haben. Es ist nicht leicht und vielleicht braucht es sehr viel Hilfe von außen, aber es geht trotzdem immer weiter. Es braucht Zeit, sehr viel Geduld und Hoffnung.

- Chibi
MissMikse
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Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von MissMikse »

Hallo Niri,

ich hatte eben auch den Gedanken, dass du dich nicht von der Angst deines Sohnes anstecken lassen solltest und schlussendlich steigert ihr euch beide so rein, dass es am Ende vielleicht tatsächlich schief geht.

Versuch deinem Sohn zu vermitteln, dass du an ihn glaubst, dass er es schaffen kann, dass er nur bitte unbedingt auf seinen Diabetes achten soll und vor allem an diesem Tag entsprechend Essen, Trinken, Spritzen etc. im Auge behalten muss, damit er so fit ist, wie nur irgendwie möglich.
Und versuch auch ihm die Ansicht zu vermitteln, dass es kein Weltuntergang wäre, die Prüfung nicht zu schaffen. Du hast ihn dann trotzdem noch lieb. Er ist trotzdem wertvoll und zwar für die Firma so wertvoll, dass sie ihn trotzdem behalten wollen und er damit quasi einen sicheren Job hat - Hilfsarbeiter hin oder her. Aber es ist etwas, worauf man trotzdem für die Zukunft aufbauen kann. Er fällt nicht ins Nichts und steht dann plötzlich ohne Arbeit da. Genau genommen, würde sich für ihn beim Nicht-Bestehen der Prüfung kaum was ändern. Und auch beim Bestehen der Prüfung würde sich für ihn in seinem Arbeitsalltag kaum was ändern. Es ist "nur" ein Stück Papier. Und dieses Papier hat zur Folge, dass er wahrscheinlich mehr Geld bekommen würde und bessere Aufstiegschancen hätte. Aber das allein ist nicht alles im Leben. Mach ihm klar, dass er nicht von heute auf morgen alles verliert, falls es doch schief geht. Wenn ihm das bewusst wird, entspannt er sich vielleicht auch ein wenig und steht nicht ganz so sehr unter Druck - was bei der Prüfung vermutlich eher hilfreich ist.

Liebe Grüße
hundethomas
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Registriert: 28. Aug 2022, 21:04

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von hundethomas »

liebe Niri,

Du hast alles gegeben. Deine Liebe, deine Kraft, Deine Zeit. Einen großen Teil deines Lebens. Und das wird nie verloren gehen,

das bleibt. Du bist jetzt nicht mehr verantwortlich. Dein Sohn ist jetzt in einem Alter, wo er selbst die Verantwortung

übernehmen kann und muss. Natürlich sieht man es als Mutter noch etwas tiefer. Aber er hat eine Freundin die Krankenschwester

ist, das ist so was von wertvoll.

Selbst hatte ich auch ein chaotisches Leben. Viele Ausbildungen angefangen, nicht geschafft, usw.......

Das meine Kinder heute innerlich fest uns stark sind, ist ein großes Wunder. Auch das ich seit 37 Jahren mit der

gleichen Frau verheiratet sein darf...........

Was du tun kannst, ist deinen Sohn immer wieder zu ermutigen. Nie aufzugeben...............................

Bei jeder Krankheit, jedem Schmerz leidet der ganze Mensch.

Was sind die Gründe dafür, das Menschen krank werden....das Menschen ihr innerliches Gleichgewicht verlieren,

seelisch krank, und dann auch körperlich krank werden.

Zu einem gebrochenen Herzen kann dann ein gebrochenes Herz, ein gebrochenes Bein..........kommen.

Wenn wir seelisch aus dem Gleichgewicht kommen, kommen wir auch körperlich aus dem Gleichgewicht kommen.

So wünsche ich dir liebe Niri innerlich den Mut, deinen Sohn immer wieder zu ermutigen, nicht aufzugeben.


in guten Gedanken für Dich,

viele liebe Grüße an Dich nach Bayern......

https://www.youtube.com/watch?v=9aYUZS4 ... BkaXIgTXV0

ich wünsche dir Mut für dich selbst, einen Mut zu L e b e n.................

den du an deinen Sohn weiter geben darfst :hello: :hello: :hello: :hello: :hello:
Niri
Beiträge: 288
Registriert: 21. Mai 2022, 12:26

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Vielen, vielen Dank für eure Antworten.
Sie bewegen mich sehr, besonders eure Geschichten, die ihr mit ir geteilt habt.

Ja, ich tue alles meinem Sohn zu vermitteln, dass das Leben auch bei nichtbestandener Prüfung weitergeht. Bin sogar schon so weit gegangen, dass wir nur dann feiern.......weil er den Mut aufgebracht hat sich der Prüfungssituation nochmal zu stellen, was er direkt nach dem zweiten Durchfallen vehement ausgeschlossen hatte.

Für mich selbst wäre ein weiteres Durchfallen keine Katastrophe. Aber ihn dann aufzufangen, es auszuhalten, wie schlecht es ihm dann geht, das ist es, was ich fürchte. Es könnte schlichtweg über meine Kräfte gehen.

Aber ich werd alles versuchen die Tage bis zur Prüfung so gelassen wie möglich zu bleiben und vor allem S Zuversicht, zuversicht, zuversicht zu vermitteln.

Danke euch nochmals
Niri
DieNeue
Beiträge: 5400
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von DieNeue »

Hallo Niri,

mein Schwager ist Flüchtling, ein bisschen älter als dein Sohn und hat seine theoretische Prüfung in der Ausbildung wegen der Sprache auch nicht bestanden. Er durfte wie dein Sohn trotzdem weiter im Betrieb arbeiten. Er ist klug, fleissig und hilfsbereit. Dein Sohn hat auch Stärken und dass er in seiner Firma weiterarbeiten kann, zeigt, dass er fachlich und persönlich geschätzt wird.
Mein Schwager fängt jetzt eine zweite Ausbildung an. Für deinen Sohn gibt es mit Sicherheit auch noch andere Chancen. Auch wenn er die Prüfung nicht schafft, hat er in der Ausbildung bestimmt was gelernt und seine Berufsschulzeugnisse hat er ja auch. Er muss nicht für immer Hilfsarbeiter bleiben.
Ich wünsche ihm sehr, dass er die Prüfung schafft und euch beiden ganz viel Zuversicht und gute Nerven.

Liebe Grüße,
DieNeue
Niri
Beiträge: 288
Registriert: 21. Mai 2022, 12:26

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Hallo an euch,

ich hatte gestern Therapiestunde und hab mit meiner wunderbaren Therapeutin über die Situation gesprochen ( sie kennt mich seit mehr als einem Jahr, weiß also grundsätzlich Bescheid), das hat mir gut geholfen.

Der Donnerstag rückt jetzt immer näher.....

Aber ich weiß jetzt wieder: ich werd das aushalten und übe mich jetzt schon darin, den Ausgang in beide Richtungen anzunehmen.

(Um gedrückte Daumen, positive Energie..... bin ich trotzdem dankbar ;-) )

Liebe Grüße und ganz herzlich Dank an euch alle
Niri
SonneundDunkenheit
Beiträge: 708
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Liebe Niri,

wie hast du den gestrigen Tag überstanden?

Hat sich der Mut für deinen Sohn gelohnt?

Liebe Grüße von SonneundDunkelheit
Niri
Beiträge: 288
Registriert: 21. Mai 2022, 12:26

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von Niri »

Vielen lieben Dank für eure Nachfrage, liebe Sonneund Dunkelheit, liebe Brigitte.

Mit der dritten möglichen Variante hatte niemand gerechnet und darauf waren wir auch nicht vorbereitet.
Mein Sohn konnte die Prüfung nicht antreten.
Eigentlich ist alles gut gelaufen.
Seine Freundin, er und ich waren am Abend essen, es war richtig schön und auch ein bißchen lustig mit den Beiden, S hatte sich gut auf alles eingelassen und war auch, zwar gemäßigt, aber durchaus zuversichtlich.

Auch am Morgen (der im Grunde schon eine echte Herausforderung ist) ist alles gut gelaufen.
Wir sind um 6.15 hier losgefahren, das ganze Auto komplett voller Werkzeuge (u.a. eine schwere Arbeitsplatte 1x1m, ein großer, schwerer fliesenschneider und und und....).

Dann quer durch (das noch recht leere) München, um 7.08 waren wir da, Prüfungsbeginn um 8.00 Uhr.
Also genug Zeit für ihn, um in Ruhe auszuladen, sich genügend Brotzeit und getränke zu kaufen (zusätzlich zu den mitgebrachten Sachen) um für den ganzen langen Tag (letztes Mal war er gegen 20.00 uhr fertig) gewappnet zu sein und seinen Arbeitsplatz vorzubereiten.

Blutzucker zu dem Zeitpunkt 170.

Ich bin um ca 7.15 wieder gefahren, S kam noch mal zu mir an das Autofenster und sagte "ich hab ein ganz gutes Gefühl, das könnt heute echt was werden".

Mit einem recht guten Gefühl bin ich losgefahren, zwar durchaus ein bißchen angespannt und in gedanken bei S, aber auch irgendwie "befreit", bis hierher war alles gut gelungen, jetzt konnte ich nichts mehr tun.

Ich freute mich auf die nächsten Stunden, es war ausgemacht, ich hol meine Enkelin von der Schule (1. Klasse, vorletzter Schultag) und dann mit ihr gemeinsam ihren Bruder vom kindergarten ab.

Im jetzt schon deutlich volleren München stand ich immer wieder im Stau und war um 8.04 aus der Stadtb raus, noch ca 15 km von daheim entfernt, als das telefon läutete und ein völlig verzweifelter S fragte, ob ich umkehren und ihn wieder abholen könne.

Um 7.37 hatte sein Blutzuckersensor Alarm gegeben. D.h.der Blutzucker näherte sich einem kritischen Wert, mit Aufbauen usw.war er soweit fertig.
Er versuchte sofort dagegen zu wirken, trotzdem fiel der BZ erst mal weiter, bis auf 42.

Um Punkt acht müssen die Prüflinge alle antreten und werden gefragt, ob sie gesundheitlich heute in der Lage sind die Prüfung zu absolvieren (das ist immer so, hat nix mit S zu ztun)

Zu dem Zeitpunkt war sein BZ bei 42 (Normwert ist zwischen 80 und 120).
Das war es dann.

Das Gute: Er ist NICHT durchgefallen!!!!!!
Und ein meister der Bau innung hat sich um ihn gekümmert und ihn regelrecht "aufgefangen" (S ist anscheinend weinend zusammengebrochen), dieser will auch weiter mit ihm in Kontakt bleiben und ihm nochmal mehr Hilfestellung für die nächste Prüfung (im Winter) geben.
Zusätzliche, seinem Bedarf wegen Diabetes entsprechende, Pausen hatten wir gegen die Widerstände der Handwerkskammer und der Bauinnung ("dann kann er den Beruf halt nicht machen") gemeinsam mit dem Integrationsamt (er hat einen GdB 60) für dieses Mal durchgesetzt.

Ich bin um gedreht, war um kuirz nach 9 wieder in München. Wir mussten sofort zu seiner Diabetologin, um einärztliches Attest zu bekommen. Dort waren wir um viertel nach zehn,und haben bis dreiviertel eins warten müssen (seine Ärztin ist sehr gut, die zweite dort eher nicht und das Praxismanagement verheerend), ich bin im Auto geblieben und war komplett neben der Spur.

Es war so eine große Traurigkeit und ich konnte dieser nur mit wirklichletzter Kraft ein bißchen was entgegensetzen.

Am Abend hab ich dann Halsschmerzen bekommen und war am Freitag und gestern gan schlecht beinander, Halsschmerzen, Husten, Schnupfen,fiebrig.

S war am Freitag in der Arbeit. er stellt einen weiteren Prüfungsversuch im Winter nicht in frage und will sich n och mehr Unterstützung dafür holen.
Er ist zwar mäßiger Stimmung, aber wie könnte das auch anders sein.

Ich hatte ab Donnerstag Vormittag das Gefühl das ich fern von jeder Realität, irgendwie "nicht mehr da bin".

Gestern war mein älterer Sohn mit den Enkeln da, sie wollten eigentlich gestern bei mir übernachten, aber das hätte ich n körperlich nicht geschafft.

Heut hab ich das Gefühl ich tauche langsam wieder auf, auch körperlich geht`s mir langsam besser.

Danke für`s lesen und seid lieb gegrüßt
Niri
SonneundDunkenheit
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Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Irgendwie muss ich mit diesem Schmerz zurechtkommen

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Liebe Niri,

manchmal kommt viel zusammen und anders als man denkt.

Dein Sohn hat "dazu gelernt", sich entsprechend seiner Erkrankung verhalten und die Prüfung nicht angetreten. Das empfinde ich als wirkliche Stärke.

Ob der Beruf passend zur Erkrankung ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Vielleicht war es ja schon die Anspannung an sich, die zur Entgleisung des Blutzuckers führte. Da er bereits am Folgetag wieder arbeiten war, ging es ihm offensichtlich sehr schnell wieder besser (Prüfungsangst = Entgleisung????). Ich gehe davon aus, dass sich dein Sohn im Vorfeld der Berufswahl ärztlicherseits hat beraten lassen.

Jetzt ist es wieder auf Anfang..... aushalten und abwarten.... Gedanken kreiseln lassen oder gegensteuern.
Dein Sohn kann über die praktische Arbeit zusätzliche Sicherheit gewinnen, letztendlich wird es in einem halben Jahr wieder so weit sein.

Ich wünsche dir, daß du die nächste Prüfungssituation zunächst ein wenig "zur Seite" legen kannst und im hier und jetzt am Leben schöne Momente findest. Mir fehlt momentan auch oft die Kraft, um mich mehr als um mich selbst zu kümmern.
Dein Sohn wird es verstehen und dein Enkel war bestimmt traurig, aber seine Eltern sind hier in der Verantwortung. Der Umgang mit solchen Situationen gehört zum Leben dazu. Klingt vielleicht emotionslos, ist es aber nicht gemeint. Es wird auch wieder Zeiten geben, wo ihr zusammen längere Zeiträume genießen könnt.
Pass gut auf DICH auf. Deine Söhne sind erwachsen und können/ müssen für sich und ihre Familien sorgen.

Liebe Grüße von SonneundDunkelheit
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