Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Aurelia Belinda
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Angelika,
geht's dir nicht gut?
Doofe Frage ich weiß...

ich muss dazu sagen, ich hab diese Lebenskämpfe auch immer wieder mal bis oben hin satt....und dieses wollen und nicht können... und dieses wieder anpassen, und wieder kleinere Ziele...usf. und ich kann heute jeden verstehen der sich freiwillig....?? da raus nimmt, eben weil ich die abartigsten Zustände der Psyche erlebt habe, ich beschreibe es oft als Hölle, ich hab sogar mit einer Pastorin darüber gesprochen, dass ich jeden verstehen kann der geht.
Dennoch, ich mag es mir nicht gern ausmalen...
Habe jemanden ganz, ganz wichtigen dadurch vor 3 Jahren verloren....
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Katerle
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

@ Philomena

Verstehe dich auch.

@ alle

Aufgrund der unterschiedlichen Lebenswege eines jeden Einzelnen, kommt es auch zu unterschiedlichen Belastbarkeiten. Deshalb kann das nicht einfach auf alle gleich pauschalisiert werden. Jedenfalls mache ich weiterhin das Beste draus, mit jeden neuen Tag. Meine Therapien haben mich darin auch bestärkt. Und dass ich seit einiger Zeit ein Stück Verantwortung für die G. übernehme, stärkt mich ebenfalls, ebenso ab und zu die Verantwortung für meine Enkel zu haben und das ist auch nur möglich, wie es meine Kräfte noch zulassen.
Damals hatte ich auch noch während meiner Krankheit die Hauptverantwortung für meine Kinder und auch das kostete mich weiterhin Kraft, aber ich habe auch gelernt, für mich was zu tun und auf meine Grenzen zu achten. Ich gönne es auch jedem von Herzen, wer es wieder zurück schafft ins Berufsleben, nur das ist nicht für jeden gleich umsetzbar, auch wenn ich es mir gerne wünschen würde, zumal ich auch sehr gerne meine Arbeit gemacht hatte und auch beliebt war. Nur muss ich auch den Tatsachen ins Auge schauen und auch ich spüre ja selbst, was für mich heute noch zumutbar ist, ohne das mir das ein Arzt oder Therapeut erst aufzeigen muss. Deshalb bedeutet es ja nicht, aufgegeben zu haben, solange das Beste draus gemacht wird. Aber wie bereits schon erwähnt, ist auch bei einem Kämpferherz eines Tages die Kraft raus, bis der Körper völlig den Dienst verwehrt.

Liebe Grüße
Katerle
DieNeue
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von DieNeue »

Hey Aurelia,
Aurelia Belinda hat geschrieben: 26. Jul 2023, 20:22 und ich kann heute jeden verstehen der sich freiwillig....?? da raus nimmt,
Ich weiß grad nicht, ob wir alle vom gleichen reden. Es ging ja eher darum, dass man nichts mehr gegen die Depression macht. Aus meiner Sicht nicht wirklich um Suizid, aber nicht dass jemand was falsch versteht...

Man kann ja vieles aufgeben...
1) das komplette Leben (Suizid)
2) den Willen, was zu verändern (sich nur noch "ins Bett legen" und nichts tun, weil alles aussichtslos ist)
3) bestimmte Lebenspläne
4) sinnlos gegen Grenzen anzurennen, wo klar ist, dass es nichts bringt
Ich denke, Phasen von 2) kennt wahrscheinlich jeder mal. 3) finde ich völlig legitim und auch normal, wenn sich Perspektiven/Lebensvorstellungen/Werte ändern. 4) finde ich auch völlig in Ordnung. Man muss sich nicht selbst zerstören.

Liebe Grüße,
DieNeue
Maxegon
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Maxegon »

"Man kann ja vieles ..."

... aufgeben oder etwas tun, ggf. neu beginnen.

Wenn ich nichts verändere, wird es so bleiben und/oder es wird immer schlimmer.
Wenn ich mein Hungergefühl loswerden will, muss ich essen, wenn ich im Regen nicht nass werden will, muss ich mich schützen.

Sind wir schon so degeneriert, dass wir die einfachsten Dinge vergessen haben?

Wenn ich meinen Popo nicht bewege und was tue, wird sich auch nichts ändern!

Das wurde mir schon als Kind gesagt und das sagten auch wir unseren Kindern.

Wer soll denn bitte etwas ändern, wenn nicht wir ... der liebe Gott?

Wenn ich nicht mit meiner Bauchtanzgruppe ins Thermalbad gehen will, dann ist das meine Entscheidung.
Wenn ich mir in meinem Jammer gefalle und nichts tu' , ist das auch meine Entscheidung.

Viel Spaß beim entscheiden.
:hello:
Angelika 1964
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Angelika 1964 »

Liebe Aurelia,
Im Moment komme ich ganz gut zurecht. Das Aufgeben bedeutet für mich unter anderem auch nicht mehr so furchtbar verkrampft gegen die Depression zu kämpfe sondern auch mal zwölfe gerade stehen zu lassen und zu entspannen. Wenn ich permanent kämpfe ist mein Akku zu schnell leer. Allerdings triggert es mich immer sehr wenn ich Sprüche höre oder lese wie : Ruh' Dich bloß nicht auf Deiner Krankheit aus, jammer doch nicht so rum oder ähnlich. Ich bin eher der Typ Mensch der bestimmt niemandem auf die Nerven fallen will und viel ( oftmals zu viel) mit mir selber ausmachen.
Das Schwerste was ich in meinem Leben bisher tun musste: lernen Hilfe anzunehmen! Und ganz kann ich es nach wie vor nicht aber ich werde besser.

Ganz liebe Grüße Angelika
So viele Jahre in der Schule und niemand hat uns beigebracht uns selbst zu lieben und warum das so wichtig ist
Peter1
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Peter1 »

HalloMaxegon
Was ich von deinem letzten Beitrag halte, schreibe ich lieber nicht. Ich möchte die Moderation nicht unnötig belasten

Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Katerle
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Hallo liebe Angelika,

wie ich das nachvollziehen kann. Mir wurde immer wieder gesagt, dass ich ja nicht arbeiten wolle und das, obwohl ich völlig am Ende meiner Kräfte war und vorher immer alles gegeben hatte...
Lass dich bloß nicht von solchen blöden Sprüchen runterziehen. Ich weiß, das ist ganz schwer, gerade wenn der Akku völlig leer ist...

Ja, Hilfe annehmen ist sehr schwer, besonders wenn du vielleicht noch in einem Helferberuf tätig warst und auch sonst...

Alles Liebe
Katerle
Maxegon
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Maxegon »

Angelika 1964 hat geschrieben: 27. Jul 2023, 18:13 Das Aufgeben bedeutet für mich unter anderem auch nicht mehr so furchtbar verkrampft gegen die Depression zu kämpfe sondern auch mal zwölfe gerade stehen zu lassen und zu entspannen. Wenn ich permanent kämpfe ist mein Akku zu schnell leer.
Das ist doch eine sehr gesunde Einstellung.
Viele verfallen dem Glauben, "Kampf" müsse immer kraftvoll, energisch, sichbar sein.
Ich halte es eher mit dem Satz "In der Ruhe liegt die Kraft.".
Wenn ich ruhig, besonnen und vorallem entspannt, mich einem Thema widme, erübrigt sich meist ein Kampf/Krampf.
Angstfrei werden, ist schon die "halbe Miete".

Was lässt uns denn meist verzweifeln?
Angst!

Wenn ich ausgeruht, entspannt an eine Sache (auch an die Depression) herangehe, bemerke ich doch viel mehr, bin aufmerksamer, achtsamer, auch mir gegenüber.
Mein Körper sagt mir doch was mir gut tut.

Oftmals machen wir uns doch selbst den Stress und glauben irgendwelchen Erwartungen, sein es die eigenen oder die der anderen, entsprechen zu müssen.

Alle Fünfe können auch Mal gerade sein. :mrgreen:

Als wir Kinder waren, hat das ja auch geklappt und uns nicht geschadet.
Warum soll das heute nicht auch funktionieren?

Man muss sich Freiräume schaffen, wo man auch mal frei von Disziplin, faul sein darf, träumen kann oder auch herumblödeln, eben nicht erwachsen sein muss.
Angelika 1964
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Angelika 1964 »

@Katerle und Maxegon,
Vielen Dank für Eure Unterstützung 😊 tut gut auch mal positives Feedback zu bekommen.
Und ja, Katerle, ich habe immer und arbeite auch noch in einem Helferberuf.
Übrigens halte ich mich manchmal auch an den Spruch: ich bin nicht faul, ich bin im Energiesparmodus und Energie sparen sollten wir ja alle 😉
Ich wünsche allen einen schönen und entspannten Freitag
Herzliche Grüße Angelika
So viele Jahre in der Schule und niemand hat uns beigebracht uns selbst zu lieben und warum das so wichtig ist
Klaus52

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Klaus52 »

Hallo Angelika
Feedback: wie ich das mache.
Zuerst wurde mir bewusst, dass mein blödes Hirn mit jeder Wahrnehmung auch gleich eine Beurteilung mitschickt.
Dann merkte ich, dass dieser Beurteilungsmasstab in der Depression stark ins negative verschoben ist. (Ich muss...Ich soll...gefährlich...etc. Spirale nach unten).
Also beobachte ich mich selbst beim Fühlen und Denken. Dadurch kann ich die Bewertungen dann korrigieren.
Logisches Denken hilft dann auch dabei.
So kann ich auch einiges einfach wieder ignorieren und so hinnehmen wie es gerade ist.
Mir hilft das sehr.
Der Mensch hat ein Überbewusstsein und kann über sich selbst nachdenken. Das nutze ich im positiven Sinne.
Katerle
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Angelika 1964 hat geschrieben: 28. Jul 2023, 07:15 @Katerle und Maxegon,
Vielen Dank für Eure Unterstützung 😊 tut gut auch mal positives Feedback zu bekommen.
Und ja, Katerle, ich habe immer und arbeite auch noch in einem Helferberuf.
Übrigens halte ich mich manchmal auch an den Spruch: ich bin nicht faul, ich bin im Energiesparmodus und Energie sparen sollten wir ja alle 😉
Ich wünsche allen einen schönen und entspannten Freitag
Herzliche Grüße Angelika
Danke Angelika und ja ich wollte auch immer keinem auf die Nerven fallen, jammerte nie rum und habe alles mit mir selbst ausgemacht. kann ich alles gut nachvollziehen...

Den Satz finde ich übrigens sehr treffend, möchte ich mir merken. :)

@ Maxegon

Ebenfalls Danke.

" In der Ruhe liehgt die Kraft" dieser Satz begleitet mich schon lange. Und auch sonst bin ich deiner Meinung.

Herzliche Grüße
Katerle
Klaus52

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Klaus52 »

Nachsatz:
Negative Gedanken und Wahrnehmungen zulassen aber anders bewerten. Dadurch komme ich zu besseren Entscheidungen für mich.
Beispiel. "Jetzt geht es mir dreckig". OK. Dann überlege ich was alles noch gut funktioniert: Verdauung Sehen Hören Gehen Denken Atmung usw...... ok. Neue Bewrtung des Zustandes wird etwas positiver.
Man kommt natürlich nicht " von 0 auf 100" aber vielleicht von 0 auf 40. Ist doch auch ein Erfolg.
Aurelia Belinda
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Angelika,

danke für deine Antwort...dann ist gut, dachte schon du befindest dich in Endzeitstimmung...ja gelassener werden, nicht mehr jedem Anspruch gerecht werden müssen...sich und seine Grenzen wahrnehmen, unabhängig davon, was andere leisten können...

Liebe Katerle,

du schreibst so vieles richtiges, und ja, es ist schlimm genug, dass man nicht ernst genommen wurde, war ja bei mir auch so....aber das kraftlose sieht man leider nicht unbedingt jedem an....
Deine letzten Zeilen hier haben mir gefallen....
und klar, das Beste daraus machen....sich auch immer wieder zurück nehmen, wenn's zuviel wird, das ist ein guter Schutz, um eben nicht mehr zugrunde zu gehen....

An Maxegon,
in Deinen Zeilen steckt vieles das ich auch so sehe.... v. a. Die Worte.... in der Ruhe liegt die Kraft, haha.... diesen Spruch hab ich oft zu jenen gesagt, die meinten, mir den Takt vorgeben zu müssen.... bei mir trifft das mit der Ruhe zumindest zu... nur aus dieser kann ich Kraft schöpfen....und der Liebe :)
produktiv sein kann ich am besten, an den Tagen, an denen ich meinem Takt folge.....genau, der Körper & Geist sagt uns, was wir brauchen.... und jeder braucht etwas anderes....
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Aurelia Belinda
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Aurelia Belinda »

Ja @ Klaus,
das mache ich auch, mich selber wahrnehmen, spüren, auch akzeptieren, analysieren...wir selbst kennen uns am besten....aber dazu hat man sich selbst erst mal wichtig genug zu nehmen...
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Katerle
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Danke dir auch, liebe Aurelia. :)
Philomena
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philomena »

Liebe Aurelia,
habe erst jetzt deinen Beitrag vom 26.07. gelesen. Du hast meine Hochachtung, wenn du schreibst, dass du diese Spirale des Hasses usw. unterbrochen hast und das Ungute in Liebe umgewandelt hast. Da bist du für mich in dieser Angelegenheit zur Heilsbringerin geworden. Ich umarme dich und danke dir dafür. Das meint auch Jesus, wenn er spricht, "auch die andere Backe hinzuhalten." Dein Verhalten ist die beste Erklärung dafür, was er damit gemeint hat. Ich selbst habe in meiner Ursprungsfamilie immer viel Streitereien erlebt bis es mir mal gereicht hat. Ich gehe auf vieles nicht mehr ein und es gibt keinen Streit mehr. Ich akzeptiere meine Geschwister so wie sie sind und du kannst dir nicht vorstellen, wie die geschaut haben, als ich auf Sticheleien gar nicht mehr einging. Ich sagte wortwörtlich: "ich will nicht mehr streiten, wir sehen dies oder jenes eben anders und dies ist o.k. Von mir werdet ihr keine wütende Raktion mehr erleben, das Leben ist zu kurz dafür und ich mag euch, ganz egal wie es ist."
Dir alles Gute und ein schönes Wochenende Philomena
Aurelia Belinda
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Philomena,

Danke für deine Worte, auch meine Therapeutin ist erstaunt dass ich in meiner Lebenssituation mir meine eigenen Werte aufbauen konnte, die Umstände waren nämlich mehr als ungünstig...
Vor allem ist man zu Anfang stark innerlich hin & hergerissen, weil man emotional natürlich abhängig ist von der Herkunftsfamilie...

Aber ich wollte es nicht zulassen, dass mir mein Wert ständig abgesprochen wird....und habe mir den sehr, sehr mühsam, selbst aufgebaut.... dies stärkt mich ungemein in jeder Lebenslage....
Scheinbar habe ich ja alles verloren, stehe alleine da, habe nur mich.... doch innerlich hat mich das so bereichert und ruhig gemacht.
Meine Schwester wird dem Teufelskreis nicht entkommen, verfällt immer wieder in Magersucht, und mein Vater hat sich verabschiedet aus dem Leben. Ich hatte manchmal den Gedanken, diese Familie gehört "ausgelöscht".... damit sich der Hass nicht weiter fortsetzt....
Ich bin dankbar dass ich dieser Gewaltspirale und dem starken Hass, den Rücken gekehrt habe....

Lieben Gruß an dich, Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Luna1959
Beiträge: 679
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Luna1959 »

Ich befinde mich jetzt schon seit Wochen in einer Krise, und seit einer Woche habe ich teils panikartike Zustände und spüre die Angst, meine psychische Erkrankung könnte mein Leben zu zerstören.
Zugespitzt hat es sich letzten Freitag bei den Vorbereitungen für Salate fürs kalte Buffet (angesagt waren 40 Personen) für die große Geburtstagsparty, die meine Tochter zu ihrem 40. Geburtstag machte. Ich war überzeugt, meine Salate werden nicht gut. Ich fand kein richtiges Geschenk, alles war zu minder, ich bin komplett unfähig und eine schlechte Mutter, usw. Völlig übertriebene Gefühle, das WUSSTE ich, setzte auch alles ein, was ich bisher an Entspannungstechniken schon alles gelernt habe. Was vermutlich half, dass ich keine echte Panikattacke bekam.
Dann am Samstag die Party, alles rein ins Auto und zu dem kleinen Häuschen gebracht (kein fließendes Wasser, Plumpsklo), das meine Tochter mit ein paar Freunden gepachtet hat. Ich bemühte mich sehr, mich ihrer gelassenen Stimmung und die der anderen Leute anzupassen. Was mir auch nach außen hin gelang. Sie wollte mich dabei haben und so verlebte ich den Nachmittag und den Abend bis 3 Uhr morgens in einen immensen inneren Druck. Später half auch der Alkohol, dass ich mich unterhalten und auch tanzen konnte. Mir war nur eines wichtig, dass sie ihre Party genießt und sich freut. Und das hat sie auch.
Ich schlief im Auto. Am nächsten Morgen standen wir vorm Chaos. Die Leute inkl. meiner Tochter waren aber so entspannt, fuhren erst mal zum See baden. Ich räumte ein wenig auf, kam mir dabei aber störend vor. Um zwei spürte ich, ich kann nicht mehr, fragte meine Tochter, ob es passt, dass ich heimfahre. Sie sagte sofort ja. Auf der Heimfahrt plagte mich das Gefühl, sie im Stich zu lassen so sehr, dass ich auf halben Weg umgedreht habe, aber ich rief sie auch an. Und ganz überzeugend sagte sie, es sei alles o.k. und ich hätte ohnehin schon so viel gemacht und ihr so viel geholfen. Also drehte ich wieder um und fuhr heim. Und da kam kurz ein wunderschönes Gefühl hoch: jetzt bin ich dran, jetzt kümmere ich mich nur mehr um mich und mein Leben, jetzt übernehme ich Verantwortung für mein Leben.
Zuhause dann traf ich auf den Freund – er hat die schwere Lungenkrankheit COPD – mit dem ich schon seit 15 Jahren in seinem Haus (getrennte Wohnungen) lebe. Auf meine Frage, wie es ihm ginge, sagte er schlecht, er hätte wohl wieder einen Infekt gehabt. Ich meinte, er sollte zum Arzt gehen, aber er wollte nicht. Wir waren vor der Trennung 10 Jahre zusammen. Ich brauchte wieder viel Kraft, um mich gegen dieses Gefühl zu stemmen, verantwortlich zu sein. Mir zu sagen, es ist sein Leben, es sind seine Entscheidungen, meine Versuche, ihn zu unterstützen haben ihn nur genervt.
Am Dienstag war das die 1. EMDR-Sitzung in der Therapie, die ich unbedingt endlich machen wollte, was mich andrerseits auch ängstigte. Was ist, wenn zu viel hochkommt? War dann eh nicht so.
Ich werde dem Druck weiter standhalten und wende all meine gelernten Hilfsmitteln (Atmen, Meditation, Bewegung, positive Bilder vorstellen, Smalltalk beim Spazierengehen, Ablenkung) an. Und ich versuche alles wegzuschieben, was ich zu tun hätte, was mir ja in diesem Zustand noch mehr auffällt, wo es überall Unordnung gibt.
So bringe ich mich irgendwie durch den Tag in der Hoffnung, dass es bald wieder etwas erträglicher wird.
Ja, das ist zwar ein langer Text, aber trotzdem nur eine Kurzform. Ich versuche damit, aus meiner Sprachlosigkeit heraus zu kommen und ich merke jetzt beim Schreiben, es tut mir gut und hilft mir. Danke fürs Lesen.

Jetzt schreibe ich aber auch in den Gute-Dinge-Thread
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
Aurelia Belinda
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Wohnort: Mittelfranken

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Brigitte,

genau das ist das sinnvollste was man tun kann und du hast dies gut beschrieben, nämlich... den Hass aus dem HERZEN nehmen.... Danke für diesen Satz!!

Herzlich, Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Kada
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Registriert: 13. Mär 2016, 23:10

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Kada »

Liebe Luna,

du hast, obwohl du dich seit einiger Zeit in einer Krise befindest, so viel geleistet. Das hätte ich nicht geschafft. Du hast gekocht, die Geburtstagsfeier überstanden, beim Aufräumen geholfen und dann noch eine Begegnung mit deinem kranken Freund gehabt. Wahnsinn!

Mach dir bitte keine Vorwürfe, eine schlechte Mutter zu sein, das bist du nicht und du hast es ja auch deiner Tochter mit deiner Anwesenheit auf ihrer Party bewiesen. Dass du kein Geschenk hattest, hat wahrscheinlich deine Tochter gar nicht gestört.

Ich hoffe, deine Werkzeuge, die Krise zu überstehen, helfen dir bald. Hast du nicht auch eine Hündin? Knuddel sie mal von mir!

Alles Liebe
Kada
Max_
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Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Max_ »

Liebe Eva,

du hast viel geschafft! An so einem Geburtstag teilzunehmen, wenn es dir gerade nicht gut geht, ist alleine schon sehr, sehr fordernd. Und kann auch viel Druck im Vorfeld verursachen. Und dann noch Salate vorbereiten und, und, und.

Dir alles Liebe, und dass es bald wieder nach oben geht.

Max
Katerle
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Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Katerle »

Hallo liebe Luna,

mache dir nicht soviel Gedanken wegen des Geschenkes und das du keine gute Mutter wärest. Das größte Geschenk, dass du deiner Tochter machen konntest, dass du ihr beim Vorbereiten der Salate mit geholfen hattest für die Geburtstagsparty, dass wusste deine Tochter sehr zu schätzen. Von daher hast du alles richtig gemacht. Sei stolz auf dich!

Herzliche Grüße
Katerle
Manuel999

Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Manuel999 »

Hi Luna,

Das Problem bei der Sache ist: Du setzt Dich enorm unter Druck, und willst alles unter Kontrolle haben.
Du fürchtest Dich vor Tadel, willst im Grunde genommen "perfekt" dastehen.
Durch den Perfektionismus sind manche davon sogar genervt.

Das ist jetzt alles einfacher von mir geschrieben, als anderst umgesetzt.

Und entschuldige, wenn ich Dich da mir vorgestellt habe, und das vielleicht gar nicht so entspricht.

Etwas mehr Gelassenheit würde hier helfen.

Das sind teilweise falsche Erziehungsmethoden, die ich lange Zeit auch in meinem Leben übernommen habe.
Man kann diese aber tatsächlich zum großen Teil wieder ablegen.

Das ist aber viel Arbeit, denn das "verkehrt" Angelernte aus der Kindheit kommt immer wieder zurück.

Die Arbeit lohnt sich aber.

Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen setzen sich meistens gewaltig unter Druck, und das dann die Psyche das auf Dauer nicht verkraftet, ist für den Körper voll verständlich.

Du kannst es schaffen!

Viele liebe Grüße
Philomena
Beiträge: 122
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Philomena »

Liebe Brigitte,
du hast Recht, ja, diese starke innere Kraft, die man dazu braucht, sucht sich manchmal ein Ventil. Trotzdem ist mir der Friede bei den eh seltenen Zusammenkünften (Geschwister wohnen weit weg) wichtig. Streit wäre ja auch wiederum Stress für mich.

Viele liebe Grüße Philomena
Luna1959
Beiträge: 679
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Re: Wie psychische Erkrankungen das Leben zerstören können

Beitrag von Luna1959 »

Liebe Brigitte,
ach, wie hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich auf deine mitfühlende Antwort in einem anderen Thread nicht reagiert habe, wenigstens ein kurzes Danke. Ich stecke ja schon mehrere Wochen in der Krise und schon Tage zuvor steuerte ich auf den Fast-Absturz hin. Ich versinke dann in Sprachlosigkeit und kann mich kaum konzentrieren.
Ich hab mich schon so über deine Reaktion im den Guten Dingen gefreut und wollte dir heute unbedingt schreiben. Du bist mir mit deinen tröstenden, hilfreichen und aufbauenden Worten zuvorgekommen.
Beim Lesen über dein Dejavu mit deiner ältesten Tochter kommt mir hoch, dass du ich lieber wie du reagiert hätte, nämlich zu mir zu stehen und mit mir selbst fürsorglich und mitfühlend zu sein. Auch wenn ich gut nachvollziehen kann, dass der Tag trotzdem die Hölle für dich war. Wie lange brauchtest du, bis du über aus dem ärgsten Tiefpunkt raus gekommen bist?
Was du alles durchgemacht hast, wie du dich immer wieder aufgerappelt hast, was du alles geschafft hast, das bewundere ich sehr, das ist mir Vorbild. Auch wenn du deinen lieben Mann an deiner Seite hattest, ist es unglaublich, wie viel dir gelingt. Das ist unglaublich schön zu lesen.
Und dabei bist du auch so fürsorglich für andere da. Ich fühle mich oft so überhaupt nicht fähig mitzufühlen, manchmal komme ich mir fast asozial vor.
Ja, es war viel zu viel für mich, was ich gemacht habe (wobei ich mich trotzdem völlig ungenügend/versagend fühlte). Aber selbst jetzt in der Vorstellung, es nicht zu machen, nicht zu funktionieren, habe ich das Gefühl, ich würde das nicht schaffen. Da liegt jetzt viel Arbeit vor mir.
Was dazu kam, war auch, dass bin auf mich die restliche Familie nicht kam, bis auf einen kurzen Anwesenheit meiner Schwägerin. Das tat mir für meine Tochter unendlich leid, obwohl sie es völlig gelassen hinnahm, wobei ich nicht weiß, ob das echt so war.
Auch so ein Punkt, den ich lernen muss: den anderen ihre Gefühl glauben, auch dass ich in Ordnung bin, dass sie mich mögen und ich ihnen nicht zur Last falle. Letzteres ist auch mit ein Grund, dass ich dann in die Sprachlosigkeit verfalle. Selbst beim Schreiben hier über meine schwierigen Gefühle plagt mich mein schlechtes Gewissen, dass ich jemand runter ziehen könnte. Aber gestern habe ich gespürt, dass es mir so gut tat und half, mich hier im Forum mitzuteilen.
Und ich will mich bemühen, mir viel mehr die schönen Stunden in Erinnerung zu rufen.
Ganz liebe Grüße Eva
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
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