Depressionen und erstes Kind

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MomentbyMoment
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Depressionen und erstes Kind

Beitrag von MomentbyMoment »

Hallo zusammen,

ich weiß noch nicht genau, warum ich hier bin, ich glaube, ich habe gemerkt, dass es mir besonders morgens mies geht, die Stimmung ist schlecht und über dem Kopf schwebt eine lähmende Wolke. Ich denke, dass es vor allem ein Erschöpfungszustand ist - allerdings hatte ich immer bei schwierigen Situationen im Leben depressive Verstimmungen vor allem, wenn es um die Berufswahl ging oder Partnerschaft.

Meine Eltern waren mir leider nie eine Stütze, auch jetzt bin ich da ganz auf mich alleine gestellt, aber das ist ja ok mit 33 Jahren.

Vor 8 Monaten bin ich Mutter geworden, die Kleine ist auch super lieb und einfach superniedlich - genauso und noch besser als ich es mir je vorstellen konnte nach einer schwierigen Kinderwunschzeit.

Die Geburt war nicht so wie ich sie mir vorgestellt habe, ich hatte eine Schwangerschaftsvergiftung und eine Gesichtslähmung rechts. Sie ist nach 8 Monaten auch noch nicht ganz verschwunden. Zudem war die Geburt psychisch sehr anstrengend wegen misslungender Einleitung - ich wollte das vor allem alles nicht, aber natürlich musste das sein, weil es sonst für uns beide gefährlich geworden wäre.

Meine Therapeutin meint, dass ich mehr Zeit für mich brauche. Natürlich fällt mir das schwer - gerade jetzt mit Baby. Und dann noch Physiotherapie und Logopädie, was auch ein Stressfaktor ist mit Kind. Zum Glück habe ich meine Schwiegermutter, die mir die Kleine abnimmt.

Dazu kommt noch, dass mein Mann wohl auch etwas depressiv ist - wegen seiner Arbeit, auf die er keine Lust hat, aber dennoch Leistung bringen muss etc.

Ich habe auch direkt wieder mit arbeiten begonnen, einfach, weil es sich für mich besser anfühlt und weil ich echt wenig Elterngeld bekomme.

Freue mich auf Austausch.

Liebe Grüße
MomentByMoment (ich heiße so, weil ich mich sehr für Achtsamkeit, Yoga und Meditation interessiere)
Zuletzt geändert von MomentbyMoment am 1. Jul 2023, 07:08, insgesamt 1-mal geändert.
Lavendel64
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Re: Hello :)

Beitrag von Lavendel64 »

Dann schreibe ich Dir mal ein herzliches Willkommen. Mit der Geburt hast Du sicher eine üble Erfahrung gemacht, das dauert, bis man so etwas verdaut hat. Gib dir die Zeit. Ein Baby, das fordert, ein Mann, der mit dem Job nicht zufrieden ist - das alles ist nicht einfach.

Dein Mann - kann selber etwas an seiner Situation ändern oder sie verändern. Man nimmt sich zu leicht der Probleme anderer an und fühlt sich dann mit all dem Klumpatsch überfordert. Ja, ein wenig Zeit für Dich ... wenn das Baby schläft oder bei Deinem Mann ist, zieh dich zurück und lass Dich nicht stören. Kraft sammeln ... wenn Du meditierst und yoga machst, weißt Du sicher, wie das funktioniert.

Es ist schade, dass die Eltis keine Stütze sind, aber wer diese Stimmungen nicht kennt, kann selten adäquat darauf reagieren. Meine Mama kann es sich überhaupt nicht vorstellen und kommt mit Sätzen wie 'was hättest Du gemacht, wenn Du wie ich die Kriegszeiten erlebt hättest' - hilfreich. Ich bin froh in Friedenszeiten aufgewachsen zu sein - was ich gemacht hätte, woher soll ich das wissen? Solche Reaktionen enttäuschen leider, es hiflt der Gedanke, dass diese Leute die Gefühle nicht nachvollziehen können.

Willkommen hier im Forum ... ich hoffe, es wird für dich hilfreich.
LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Minima
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Re: Hello :)

Beitrag von Minima »

Hallo Momentbymoment,

da Du auch etwas nach Orientierung zu suchen scheinst hier ein paar Gedanken von meiner Seite dazu. Ich bin Hebamme mit über 20 Jahren Erfahrung und möchte Dir von Fachlicher Seite ein paar Dinge mitgeben.
Es ist sehr gut das Du aufmerksam wirst darauf, dass es dir nicht übermäßig gut geht und auch von fachlicher Seite würde ich die Symptome als depressiv einschätzen. Gut ist dass Du scheinbar bereits therapeutische Unterstützung hast, das ist ganz wichtig.
Depression in dieser Lebensphase hat oft auch was mit Überforderung zu tun, das ist ganz normal. Nach der Geburt kommt die sog. Familienbildungsphase und darüber haben wir meist nichts gelernt und sind völlig verloren. Aus Psychosozialer Sicht muss nach der Geburt jeder Lebensbereich neu sortiert und ausgehandelt werden; da es nicht einen Lebensbereich gibt der nicht von dem neuen Familienmitglied beeinflusst wird, vom Schlafen, übers Essen, den Finanzen usw. Das heißt auch das man das alles neu mit dem Partner zusammen als Familie sortieren und besprechen muss. Man ist jetzt nicht mehr zwei Personen die es nett haben, und jeder macht sein Ding und was man mag macht man zusammen. Familie heisst gemeinsame Verantwortung, ein gemeinsames Leben in dem jeder auch seinen Raum braucht, in dem es neue Abhängigkeiten und Bedürfnisse gibt. Das ist einem vorher oft nicht so klar. Es geht darum sich jetzt bewusst zu überlegen wie man dieses Leben eigentlich gerne gestalten möchte. Die wenigsten Eltern machen das bewusst und dann kommt es halt irgendwie wie es halt gerade kommt, und nach 3-5 Jahren steckt man in einem Leben das man nie so wollte. Es ist also eine riesige Chance, sich jetzt die Zeit und Energie zu nehmen das bewusst anzugehen und zu gestalten und es ist sehr sinnvoll sich dabei professionelle Unterstützung zu holen. Die Symptome die Du schilderst sind erste Anzeichen dafür das nicht von selber alles in die richtige Richtung läuft sondern Ihr nach justieren müsst. Es lohnt sich extrem da früh zu reagieren und Du wirst sehen sobald Du und Dein Partner ausreichend Strategien haben, kriegt das ganze einen richtigen Energieschub und fängt an Spaß zu machen, anstatt dem Gefühl von 'alles zu viel' das ich aus Deinem Post heraus höre. Das ist auch ein großes Geschenk für Deine Tochter wenn Ihr als Eltern dafür sorgt das Leben zu führen das ihr wollt und in dem ihr Spaß miteinander habt.
Insgesamt sagt man, dass diese psychosoziale Umstellung auf Familie ca. 3 Jahre dauert, einfach dass Du so einen realistischen Zeitrahmen hast.
Ich hoffe das kann Dir ein bisschen Orientierung geben.
LG Minima
Minima
Beiträge: 52
Registriert: 13. Mai 2020, 20:20

Re: Hello :)

Beitrag von Minima »

PS: Es gibt ein Hilfetelefon nach Schwieriger Geburt, die sind super und es könnte eine gute Anfang sein um eine schwierige Geburt zu verarbeiten:

Die Fachberaterinnen des Hilfetelefons sind zweimal in der Woche mittwochs von 12 bis 14 Uhr und donnerstags von 19 bis 21 Uhr unter der Rufnummer 0228 9295 9970 erreichbar. Sie hören zu ohne zu werten, tauschen sich mit der Anrufenden über das Erlebte aus, bestärken sie und helfen ihr dabei, aus dem Kreislauf der schlechten Gedanken und Gefühle wieder heraus zu kommen. Außerdem können die Beraterinnen darüber informieren, welche weiteren Unterstützungsangebote oder Therapieformen es für die Frauen und Familien gibt.
MomentbyMoment
Beiträge: 31
Registriert: 9. Mai 2023, 11:44

Re: Hello :)

Beitrag von MomentbyMoment »

Herzlichen Dank für die Nachrichten Minima und Lavendel😊 Sehr hilfreich. Ich werde sie mir zu Herzen nehmen und beantworten sobald es mir möglich ist.

Liebe Grüße und bis bald

MomentbyMoment
MomentbyMoment
Beiträge: 31
Registriert: 9. Mai 2023, 11:44

Re: Hello :)

Beitrag von MomentbyMoment »

Hallo Lavendel und Minima, und hallo Forum,

vielen Dank. Das sind wirklich sehr hilfreiche Antworten.

Ich denke, dass ich die Geburt verarbeitet habe und dass ich diesbezüglich auch keine Schuldgefühle (mehr) habe. Deswegen habe ich mich bei diesem Hilfetelefon auch nicht hingewendet, weil es thematisch nicht passt.

Mit meiner Therapeutin habe ich nun geschafft mir wieder mehr freie Zeit zu organisieren, weil ich häufig Probleme habe meine
Bedürfnisse zu äußern.
Ich habe das Gefühl, dass ich gerade sehr in die Rolle "Hausfrau und Mutter" trotz Minijob rutsche und gehe da sehr in den Widerstand.

Ich kümmer mich um das Aussortieren der Kleidung meiner Tochter, um die Beikost, um das Spielen mit ihr. Mein Mann bestellt ab und an mal ein Bett oÄ, schraubt vielleicht mal einen Schrank an und wenn ich ihn erinnere, kümmern wir uns gemeinsam um die Pflege unserer Tochter.

Mein Mann ist da weniger motiviert, weil ihn die Arbeit so schlaucht, er sehr frustriert ist und eigentlich nur noch schlafen will. An den Wochenenden ist er sehr gestresst und denkt viel über die Arbeit nach, was er machen soll etc.

Meine Tochter wird jetzt bald 10 Monate und viele Frauen geben ihr Baby nun schon in die Fremdbetreuung und mein Job ist "zu unwirtschaftlich" laut meinem Mann. Ich merke da, dass ich doch viel lieber mehr arbeiten möchte.

EIgentlich ist die Situation ja klar, mein Mann möchte weniger arbeiten (weil er keine Lust aufs Arbeiten hat im Prinzip) und ich arbeite auch wieder mehr.

Vielleicht sollte ich doch mal über Fremdbetreuung, die über meine Schwiegermutter hinausgeht nachdenken.

Gemeinsam als Familie eine Lösung zu finden wäre eventuell ganz gut, dann muss ich da mal schauen, an welche Beratungsstelle ich mich da wende.

Mein Mann sucht auch gerade nach einem Therapeuten bzw ich suche ihm die Therapeuten raus und er ruft dann da an. Bis jetzt ohne Erfolg.

Viele Grüße
MomentbyMoment
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Depressionen und erstes Kind

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo MomentbyMoment,

bei der Therapeutensuche kann ggfs auch die Krankenkasse helfen. Eventuell institusambulanzen, wobei auch die Wartezeiten haben. Für erste Gespräche gibt es den sozialpsychiatrischen Dienst.

Mit dem Baby kommt auch Verantwortung in das Leben Deines Mannes. Viele Jungen werden so erzogen, dass sie die Familie versorgen müssen, was Druck macht und nicht mehr zeitgemäß ist. Vielleicht, wenn Du gerne arbeitest, ist ja ein Tausch (Dein Mann nimmt Elternzeit und Du arbeites) eine Idee, die Situation kurzfristig zu entschärfen. Ihr müsst beide mit einer neuen Rolle zurecht kommen.

Mein mann hat vor 25 Jahren die Kinderbetreuung komplett übernommen - Männer sind "anders" in der Betreuung, unkomplizierter und entspannter. Er konnte von zu Hause aus ein wenig dazu verdienen, das hat für uns recht gut gepaßt.

LG Lavendel
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MomentbyMoment
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Registriert: 9. Mai 2023, 11:44

Depression/ Chronische Erschöpfung und erstes Kind

Beitrag von MomentbyMoment »

Hi Lavendel,

danke dir für deinen Post!

Ein Tausch wäre toll, allerdings hatte ich vor der Elternzeit eine gerade sich entwickelnde Selbstständigkeit am Laufen, die ich dann aber aufgrund von Schwangerschaft gekappt habe. Nach Geburt meiner Tochter habe ich nach 4 Wochen bei einem Kunden eine Teilzeitstelle begonnen (8h/Woche), die ich gerade wieder reduziert habe, da ich wegen der Gesichtslähmung noch Physio und Logopädie machen muss. Das ist alles sehr zeitintensiv. Die Logopädie würde ich jetzt auch noch weiter machen wollen. Die Elternzeit endet auch schon bald und wir haben uns entschieden, die Kleine gemeinsam mit meinen Schwiegereltern zu betreuen.

Grundsätzlich wäre ich für 50:50 keine Frage. Im Oktober werde ich auch eine Weiterbildung abschließen und ab Januar 2024 wollte ich Sportkurse geben. Also wird schon ein wenig Einkommen meinerseits reingehen.

Ansonsten schaue ich eben weiter nach Therapieplätzen für meinen Mann - und auch da, danke für deine Tipps.

Er gerät leider wieder in einen Kreislauf von neuer Jobsuche. Seitdem wir zusammen sind hat er jetzt 3x den Job gewechselt, er war leider immer unzufrieden. Ich vermute mal, der Grund liegt in seiner Kindheit, da er Legastheniker ist und da schambehaftete Themen in der Schule erleben musste. Er leidet sehr unter Versagensängsten. Ich vermute, dass er sich jetzt durch die vielen Jobbeginne in einen Burnout gebracht hat. Er ist chronisch erschöpft.

Ich traue ihm bis jetzt nicht zu sagen, dass er sich krankschreiben soll. Ich weiß auch nicht, wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Er steht jeden morgen mit sehr schlechter Stimmung auf und am Wochenende schläft er jetzt samstagnachmittags oft. Ansonsten leidet er sehr unter Albträume zB. dass ich ihn verlasse. Er äußert sich auch oft depressiv und kritisch gegen sich selbst. Und auch auf eine erneute Jobsuche hat er nicht viel Lust.

Liebe Grüße
MomentByMoment
Lavendel64
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Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Depressionen und erstes Kind

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo MomentbyMoment,

Du sorgst Dich um Deinen Mann - das klingt ganz klar aus deinen Worten. Ich kann das verstehen, aber was möchte er denn? Du schreibst, er sei chronisch erschöpft - empfindet er das ebenso? Du suchst den Therapieplatz - Er muss selber davon überzeugt sein, dass er eine Therapie braucht - und sich eigentlich auch selber kümmern. Dazu gehört auch die Krankschreibung.

Ich kenne die Problematiken mit LRS aus dem eigenen Umfeld, Mobbing, Verlust des Selbstbewusstseins, Versagensängste, das ist eine psychisch schwer belastende Situation. Aber leider muss Dein Mann einsehen, dass er Hilfe braucht und sie annehmen können. Dann wird es auch Hilfe geben - ein Therapeutenbesuch wäre ein Anfang, vielleicht auch ein Besuch beim Hausarzt, sofern der psychologisch fit ist. Eventuell gemeinsam, damit Du auch Deine Sicht schildern kannst.Sofern Dein Mann das möchte, die Grenze zur Übergriffigkeit ist da sehr dünn. Er lebt sein eigenes Leben - und so sehr man auch als Partner eingreifen möchte, seine Entscheidungen muss man respektieren, auch wenn sie falsch erscheinen.

LG Lavendel
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MomentbyMoment
Beiträge: 31
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Re: Depressionen und erstes Kind

Beitrag von MomentbyMoment »

Liebe Lavendel,

danke für deine Antwort. Ja, du hast Recht er muss sich drum kümmern. Vielleicht beruhigt es auch nur mein schlechtes Gewissen, wenn ich mich darum kümmere. Ich sehe das eben alles von außen und da ich selbst schon 2 Therapien hinter mir habe, weiß ich einfach, dass es ihm helfen wird etc. Und er weiß es auch, es fällt ihm glaube ich einfach schwer sich da um sich zu kümmern. Naja vielleicht sollte ich Geduld haben.

Beim Hausarzt war er schon, er hat sich eine App bei Depressionen verschreiben lassen. Bin gespannt.

Ja, heute kann er Lesen und schreiben, aber er hat da schlimme Kindheitserfahrungen gemacht. Er hat die Schule gehasst und ich denke dieses Leistungsdenken/Angst überträgt sich nun auf die Arbeit.

Liebe Grüße MomentByMoment
MomentbyMoment
Beiträge: 31
Registriert: 9. Mai 2023, 11:44

Abgrenzen / Depris / Erstes Kind

Beitrag von MomentbyMoment »

Hallo zusammen,

ich hatte heute ein gutes Gespräch mit meiner Therapeutin - und mein Mann hat nächste Woche ein Erstgespräch.

Was wichtig für mich wäre ist, dass ich mich abgrenze zu seinen Meckereien/Jammereien bzgl. Arbeit. Ich dachte, ich halte das hier mal schriftlich fest, um mich quasi zu committen.

Bin gespannt, wie ich mich dran halte, denn meine Therapeutin meint, ich halte das System damit am Laufen, dass ich mir den Frust von meinem Mann anhöre. Mit ihm darüber gesprochen habe ich schon.

Liebe Grüße
MomentbyMoment
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