Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Love-is-all-around
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Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo Ihr Lieben,

heute wende ich mich mal mit einem eigenen Thema an an euch. Bisher habe ich lieber gute Ratschläge erteilt als selbst welche anzunehmen.

Kurz zu mir: Ich bin 39 Jahre alt, alleinerziehend, habe eine Tochter 8 Jahre. Ich befinde mich im Scheidungsverfahren und der Vater meiner Tochter macht es mir nicht leicht. Er hat sie zwar nur aller zwei Wochen am Wochenende, aber seine Anspruchshaltung an meine Betreuungsleistung ist enorm. Er lässt keine Gelegenheit aus, mir meine Fehler aufzuzeigen. Das hat er übrigens bereits während unserer Ehe getan...

Beispiel: Letztes Wochenende habe ich vergessen ein Kuscheltier in die Übernachtungstasche meiner Tochter zu packen. Er hat mich diese Woche per SMS darauf hingewiesen, dass sie darüber sehr traurig gewesen sei. Ich möge doch bitte zukünftig daran denken. Er wohnt keine 3 km entfernt und ich hätte das Kuscheltier spätestens am nächsten Tag auch persönlich vorbei gebracht.

Diese ewigen Diskussionen um solche Kleinigkeiten kosten mich so unendlich viel Kraft und Nerven. Ich leide seit 1 ½ Jahren an Depressionen, wahrscheinlich auch schon Jahre vorher an einer unbemerkten leichten Depri. Seit 9 Monaten befinde ich mich in Psychotherapie – Verhaltenstherapie. Das hat mich trotzdem nicht vor dem totalen Zusammenbruch bewahrt. Es kamen halt noch ein paar Dinge dazu (wochenlange Krankheitsvertretung auf Arbeit, ein Haufen Papierkram im Scheidungsverfahren, Verhaltensauffälligkeiten bei meiner Tochter nachdem sie eine Woche in den Osterferien bei ihrem Papa verbracht hatte). Seit 6 Wochen bin ich wegen totaler Erschöpfung krank geschrieben und nehme AD Citalopram. Zusätzlich mache ich seit kurzer Zeit Ergotherapie. Ich habe schon einige gute Werkzeuge, um mich selbst zu stabilisieren: Yoga, Mediation, positive Affirmationen. Außerdem übe mich in Akzeptanz und Loslassen, was die Dinge betrifft, die ich nicht ändern kann. Es gelingt mir mal mehr mal weniger gut.

Von außen betrachtet habe ich in meinem Leben schon sehr viel geleistet. Eine Liste mit allen Meilensteinen habe ich bereits erstellt. Trotzdem ist da immer wieder diese Stimme in meinem Kopf, die mir sagt, dass ich nicht gut genug bin bzw. dass ich so viele Dinge in meinem Leben besser machen könnte... Schon Kleinigkeiten können dieses Gefühl, nicht gut genug zu sein auslösen – mein Ex, der mich auf ein Versäumnis hinweist; meine Mutter, die gute Ratschläge mit den Worten „Du musst...“ einleitet; eine Freundin, die aus welchen Gründen auch immer keine Zeit für mich hat. Sofort suche ich den Fehler als erstes bei mir und die negativen Denkmuster beginnen ihre Arbeit.
Was kann man dagegen tun?

Herzliche Grüße von Love
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Katerle
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Katerle »

Hallo Love,

wie bekannt mir das vorkommt, ständig Fehler aufgezeigt zu bekommen... Auch wurde sich an Kleiniglkeiten hochgezogen. Erst vor kurzem wurde ich mal wieder auf einen Fehler hingewiesen. Weißt du was ich gemacht hatte? Ich sagte ihm, dass es auffällig ist, dass er mich ständig auf meine Fehler hinweist. Was ich gut mache, wird einfach übersehen... Es ist aber nicht mehr so krass, wie es mal war... Inzwischen ist Ruhe.
Und ja, sowas kostet wirklich enorme Kraft und Nerven.
Du tust schon einiges, um stabiler zu werden. Weiter so. Und was auch helfen kann, dir deiner Stärken bewusst zu werden. Schwächen hat jeder.
Und sage dir jeden Tag, dass du gut genug bist, so wie du bist!
Lass dich von den anderen nicht runterziehen. Was mir noch hilft, Sport, Entspannungsübungen, überhaupt Kraft auftanken.

Alles Gute und viel Kraft weiterhin,
Katerle
Nordi
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Nordi »

Hallo Love, das kenne ich auch sehr gut. Ich bin auch immer schnell verunsichert und denke ich bin schuld.
Ich glaube es braucht Zeit sich selber mehr zu lieben.

Aber du wirst das schaffen! Jeder vergisst mal etwas...das ist menschlich.

Kannst du mit deiner Mutter offen sprechen? Und ihr sagen dass das muss dich verletzt?

Ganz liebe Grüße
AnnaP5cjurr
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von AnnaP5cjurr »

Hallo Love,*

Mir geht es genauso. Ich lass mich auch sehr leicht durch irgentwelche Äußerungen verletzen.

Ich wäre gerne weniger sensibel und wünschte mir, ich könnte solche Sachen mit einem Achselzucken abtun. Stattdessen denke ich noch Tage darüber nach.

Ich wüsste auch gerne eine Strategie dagegen. Ich glaube, da hilft nur Ablenkung, damit die Gedanken nicht zu groß werden.

Ein dickes Fell kann man sich wohl leider nicht wachsen lassen.

LG

Anna
Love-is-all-around
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo,

vielen lieben Dank für euer Feedback.

@ Katerle: Ich hoffe, du musst nicht (mehr) mit einem Menschen Tisch und Bett teilen, der dich nur auf deine Fehler reduziert. Das kann auf Dauer ein echtes Hindernis für die Heilung von Depressionen werden.

@Anna: Ein dickes Fell wachsen lassen wird leider nicht funktionieren. Ich bin sensibel und ein Stück weit dafür auch dankbar. Ablenkung hilft zwar für den Moment, dauerhaft löst es die Schwierigkeiten aber nicht.

Mein Mutter ist so ein Kapitel für sich. Ihr fällt es sehr schwer mit Kritik umzugehen. Wenn ich sie darauf hinweise, dass mich ihre Äußerungen verletzen, dann sagt sie solche Sätze wie: "Ach, das war doch nur Spaß" oder "Meine Güte, bist du empfindlich". Sie ist der Ansicht, dass es überhaupt nichts bringt, wenn ich im Rahmen der Psychotherapie meine Kindheit aufarbeite. Ich hätte ja wohl eine glückliche Kindheit gehabt, sie hätte sich als Mutter die allergrößte Mühe gegeben (das bestreite ich ja gar nicht) und da gäbe es nichts, was sie anderes oder besser hätte machen können. Nun gut, ein normales Kind hätte die übliche Kindererziehung, wie sie früher praktiziert wurde, wahrscheinlich gut überstanden. Ein hochsensibles Kind hat damit durchaus seine Schwierigkeiten ... wie es mir mein eigenes Kind regelmäßig sehr eindrucksvoll zeigt.

Ich versuche inzwischen die Diskussion zu vermeiden und schalte so gut es geht auf Durchzug. Leider gelingt mir das nicht immer, insbesondere dann nicht, wenn sie mir für mein eigenes Kind gut gemeinte Erziehungsratschläge erteilt, die ich nicht befolge und mich auch noch rechtfertigen soll, weshalb ich das nicht mache.

Wenn ich so richtig darüber nachdenke, dann gab es in meiner Kindheit und auch später wenig Wertschätzung und Lob. Meine Therapeutin meinte, ich würde schon allein durch die Trennung von meinem Mann und die Nichtbefolgung der Ratschläge meiner Mutter eine enorme Willensstärke zeigen. Es ist halt schwierig, wenn das Selbstbild von Anfang an tendenziell negativ ist. Dann kostet es enorm viel Kraft und Zeit dieses Selbstbild ins positive zu verändern und schon vermeintlich nichtige Anlässe können die ganze Anstrengung zunichte machen.

Herzliche Grüße von Love
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Katerle
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Katerle »

Hallo Love,

wir sind ja schon länger zusammen und manches hat sich ja auch schon gebessert. Mir ging es gestern Abend sehr schlecht. Ich komme eigentlich ganz gut allein zurecht, mache mir aber auch Sorgen um ihn, wenn er länger unterwegs ist, da es ihm auch nicht gut geht. Mich belastet das zusätzlich zu meiner Erkrankung.

Sorry, musste ich mal loswerden...

LG Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 21. Jun 2023, 13:02, insgesamt 2-mal geändert.
Empathie58
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Empathie58 »

Hallo Love,

das von Dir geschilderte Problem kenne ich gut. Dazu passt das Bild von der "unbeschriebenen Festplatte", mit der jedes Kind auf die Welt kommt. Im Lauf der Jahre wird die Festplatte beschrieben, insbesondere von den Eltern und anderen Bezugspersonen. Da brennt sich manches ein, das uns als Erwachsene hindert, ein selbstbestimmtes, authentisches Leben zu führen. Die Kunst besteht darin, als Erwachsener solche Einträge von der "Festplatte" zu entfernen und diese neu zu beschreiben.

Eine Scheidung, wie Du sie gerade durchlebst, tut immer weh. Bei Euch ist zusätzlich noch Deine Tochter betroffen. Kein Wunder, dass Deine Kräfte sich erschöpft haben. Nach meinem Eindruck bemühst Du Dich redlich, die zahlreichen Probleme zu meistern und konntest auch schon etliche Erfolge auf diesem Weg verzeichnen. Ich wünsche Dir von Herzen, dass Dein beharrliches Bestreben auch weiterhin belohnt wird.

Noch eine Anmerkung zu Deiner Signatur, über die ich schmunzeln musste: Ich finde, dass sie eine gelungene Abwandlung des berühmten Satzes von John Lennon darstellt ("Leben ist das, was passiert, wenn wir gerade andere Pläne machen").

Liebe, mitfühlende Grüße
Empathie58
Love-is-all-around
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo Empathie,

vielen lieben Dank für deine mitfühlenden Worte. Das hast du sehr gut formuliert. Die negativen Sachen von der Festplatte löschen und neu beschreiben - theoretisch habe ich das verstanden, aber an der praktischen Umsetzung scheitert es noch. Das Bewusstsein, also der Verstand, hat das alles inzwischen gut verinnerlicht, aber das Unbewusste will das immer noch nicht so richtig glauben. Die Krankheit zu heilen ist ein unglaublich langer, kräftezehrender Kampf und nichts für Angsthasen.

Leider fehlt mir oft die Geduld, mich mit minikleinen Schritten vorwärts abzufinden, Rückschritte kann ich noch weniger akzeptieren. Dazu passt übrigens der Spruch "Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht".

Mein innerer Kritiker - diese miesepetrige, kleine, alte Frau in meinem Kopf, die immer sagt: "Du schaffst das nicht..." - ist schwer ruhig zu stellen. Die Grübelgedanken sind ebenfalls nur mit Mühe und leider erst nach sehr langer Zeit zu stoppen. Hat jemand dafür eine wirklich gut funktionierende Technik parat?

Ich schicke mal allen, die heute auch das Gefühl haben, nicht gut genug zu sein, ein paar Sonnenstrahlen. Jeder von euch ist wertvoll und gut genug - genauso wie sie/er ist.

Liebe Grüße von Love
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Empathie58
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Empathie58 »

Hallo Love,

herzlichen Dank für Deine freundliche Rückmeldung.
Love-is-all-around hat geschrieben: 22. Jun 2023, 09:50Die negativen Sachen von der Festplatte löschen und neu beschreiben - theoretisch habe ich das verstanden, aber an der praktischen Umsetzung scheitert es noch. Das Bewusstsein, also der Verstand, hat das alles inzwischen gut verinnerlicht, aber das Unbewusste will das immer noch nicht so richtig glauben.
Ich verstehe Dich gut. Genauso geht es auch mir oft. Theorie und Praxis eben..... ;)
Love-is-all-around hat geschrieben: 22. Jun 2023, 09:50Die Krankheit zu heilen ist ein unglaublich langer, kräftezehrender Kampf und nichts für Angsthasen.
Das hast Du sehr treffend ausgedrückt. Der Angsthase in uns will uns, gut versteckt hinter unserem Unterbewusstsein, daran hindern, den Ursachen für die Erkrankung auf den Grund zu gehen. Es kann vordergründig leichter erscheinen, sich mit dem bestehenden, bekannten Elend abzufinden, als das Risiko in Kauf zu nehmen, verschütteten, vielleicht noch schlimmeren Dinge ins Auge sehen zu müssen. Unser Unterbewusstsein ist so unglaublich schlau.
Love-is-all-around hat geschrieben: 22. Jun 2023, 09:50Mein innerer Kritiker - diese miesepetrige, kleine, alte Frau in meinem Kopf, die immer sagt: "Du schaffst das nicht..." - ist schwer ruhig zu stellen. Die Grübelgedanken sind ebenfalls nur mit Mühe und leider erst nach sehr langer Zeit zu stoppen. Hat jemand dafür eine wirklich gut funktionierende Technik parat?
Mir fällt da als Erstes Meditation ein, doch damit beschäftigst Du Dich ja bereits, sodass dies für Dich keine neue Erkenntnis ist. Mitunter hilft es mir, wenn ich mir bewusst mache, wer hinter meinem inneren Kritiker steckt. Oft stoße ich dann auf Glaubenssätze meines Vaters, denen ich mich als Kind beugen musste, um zu überleben. Doch das ist vorbei, ich bin ein erwachsener Mann und mein Vater hat mir schon lange nichts mehr zu sagen. Auch hier klafft jedoch häufig eine Lücke zwischen Theorie und Praxis, also der Erkenntnis und der Fähigkeit, danach zu handeln. Es bleibt eine Lebensaufgabe, die manchmal anstrengend ist, der ich mich inzwischen jedoch mit großem Interesse und sogar Freude stelle. Jeder auch noch so kleine Erfolg bringt mich einen Schritt weiter. :D
Love-is-all-around hat geschrieben: 22. Jun 2023, 09:50Ich schicke mal allen, die heute auch das Gefühl haben, nicht gut genug zu sein, ein paar Sonnenstrahlen. Jeder von euch ist wertvoll und gut genug - genauso wie sie/er ist.
Herzlichen Dank auch dafür - das kann ich nur zurückgeben. :hello:

Liebe Grüße
Empathie58
Love-is-all-around
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo Empathie,

vielen lieben Dank für deinen Beitrag. Ich hoffe, er hilft auch den anderen Nutzern im Forum.

Das hast du alles sehr zutreffend erkannt und mit den richtigen Worten formuliert. Dem kann man wirklich nichts mehr hinzufügen.

Herzliche Grüße von Love
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Pummelfee
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Pummelfee »

Wow, ich kenne das Gefühl. Bei mir heißt es „Es-reicht-nicht.“ z.B. wenn ich hier etwas schreibe und dann eine ziemlich nutzlose unfreundliche Antwort bekomme. Aber keine Sorge…ist schon gemeldet und der Thread geschlossen (#Selbstfürsorge).
Maxegon
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Maxegon »

Pummelfee hat geschrieben: 23. Jun 2023, 13:29 Wow, ich kenne das Gefühl. Bei mir heißt es „Es-reicht-nicht.“ z.B. wenn ich hier etwas schreibe und dann eine ziemlich nutzlose unfreundliche Antwort bekomme.
Wenn andere Menschen es nicht besser können?
Oder einfach "nur" auch etwas dazu sagen/scheiben wollen. ... in der Hoffnung, mit ihrer Meinung einen wertvollen Beitrag zu leisten oder wenigsten Bestätigung zu bekommen bzw. sich selbst zu geben?

Viel zu schnell wird be- oder verurteilt, meist bevor begriffen wurde, was eigentlich (!) gemeint war.
Von beiden Seiten!

Ich frage mich auch oft, wer der (psychisch) Kranke ist. :roll:
Zuletzt geändert von Maxegon am 23. Jun 2023, 14:37, insgesamt 1-mal geändert.
Katerle
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Katerle »

Ja Maxegon, dass frage ich mich auch manchmal...

@ Love

Die Sonnenstrahlen sind angekommen usw. Wenn mir manchmal zuviele Grübelgedanken kommen, dann sage ich laut "Stopp" oder leise und versuche mich auf was anderes zu konzentrieren, was mir gerade guttut, also mich abzulenken.
Oder rauszugehen.

LG Katerle
Katerle
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Katerle »

Katerle hat geschrieben: 18. Jun 2023, 11:01 Hallo Love,

wie bekannt mir das vorkommt, ständig Fehler aufgezeigt zu bekommen... Auch wurde sich an Kleiniglkeiten hochgezogen. Erst vor kurzem wurde ich mal wieder auf einen Fehler hingewiesen. Weißt du was ich gemacht hatte? Ich sagte ihm, dass es auffällig ist, dass er mich ständig auf meine Fehler hinweist. Was ich gut mache, wird einfach übersehen... Es ist aber nicht mehr so krass, wie es mal war... Inzwischen ist Ruhe.
Und ja, sowas kostet wirklich enorme Kraft und Nerven.
Du tust schon einiges, um stabiler zu werden. Weiter so. Und was auch helfen kann, dir deiner Stärken bewusst zu werden. Schwächen hat jeder.
Und sage dir jeden Tag, dass du gut genug bist, so wie du bist!
Lass dich von den anderen nicht runterziehen. Was mir noch hilft, Sport, Entspannungsübungen, überhaupt Kraft auftanken.

Alles Gute und viel Kraft weiterhin,
Katerle
Hallo ihr Lieben,
wir haben uns ausgesprochen inzwischen und mir gehts erstmal wieder besser. Ausserdem habe ich auch noch einen Fehler meinerseits eingeräumt und das war auch okay. Ich habe geweint und er reagierte mit Verständnis. Ausserdem sagte ich, dass es schön wäre, wenn er nicht so spät von der Arbeit kommen würde. Verstehe auch, dass es manchmal nicht anders geht. Nur ich mache mir halt auch Sorgen um seinen Gesundheitszustand. Die letzten zwei Tage kam er eher. Na geht doch und ich freue mich, dass es mir erstmal wieder besser geht. Es ist nämlich auch nicht immer leicht für mich, allein alles zu meistern.
Am Wochenende kommen die Kinder und unser jüngstes Enkelchen, freue mich riesig. :)

Herzlichst Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 24. Jun 2023, 05:44, insgesamt 1-mal geändert.
Love-is-all-around
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo ihr Lieben,

@ Pummelfee:
Ich habe keine Ahnung was unnütze und unfreundliche Antworten beim Thema Selbstfürsorge verloren haben. Du darfst guten Gewissens davon ausgehen, dass das nichts mit dir zu tun hat.

@ Maxegon:
Einstein soll einmal gesagt haben: "Bevor Sie bei sich selbst eine Depression oder Antriebsschwäche diagnostizieren, stellen Sie sicher, dass Sie nicht komplett von A***ern umgeben sind."

Mein Ansatz ist ein bisschen anders. Um den nachvollziehen zu können, sollte man das Buch von Kischimi/Koga mit dem Titel "Du bist genug" gelesen haben. Dort wird eine dreieckige Pyramide beschrieben. Auf der einen Seite steht "ich Armer", auf der anderen Seite "der böse Andere". Auf der vom Betrachter abgewandten Seite steht eine einfache Frage: "Was soll ich von jetzt an tun?"

Ich kann die Gedanken und Handlungen anderer Menschen nur in sehr begrenztem Maß beeinflussen. Was ich allerdings aktiv beeinflussen kann sind meine eigenen Gedanken und Handlungen. Wenn man das Prinzip verstanden hat, kann man grundsätzlich jeden inneren Konflikt lösen. Der andere Mensch wird sich nicht einfach ändern, weil ich mir das von ihm wünsche. Dafür ist eine echte Verhaltensänderung eine viel zu langwierige, schwierige Sache, die zudem eine hohe Motivation erfordert. Sich das immer wieder bewusst zu machen hilft schon ein wenig. Danach kann man überlegen, welche Handlungsmöglichkeiten man selbst noch hat oder ob es vielleicht schon genügt die Situation gedanklich anders einzuordnen und zu bewerten.

Herzliche Grüße von Love
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
MissMikse
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von MissMikse »

Hallo zusammen,

ohja, diese Gedanken und Gefühle kenne ich auch zur genüge. Ich war auch nie gut genug und es hat auch nie für dies oder das oder jenes gereicht. Und es hat mich jetzt bestimmt 20-25 Jahre gekostet, um endlich einen Weg zu finden, damit umzugehen.

1. Der innere Kritiker: oft die Stimme eines Elternteils. Dreh einfach die Lautstärke runter und lass ihn oder sie geräuschlos weiter zetern... ;) (Diese Übung findest du auch im Werkzeugkasten-Thread: stell dir wirklich einen Lautstärkeregler vor, den du runter drehst, bis das Gezeter stumm ist. Das stumme Gehampel kann dann sogar recht lustig wirken und du nimmst dem Kritiker den Wind aus den Segeln. Es verliert seine Macht über dich.)

2. Sei dein eigener Coach und Mentor, dein eigener bester Freund - und lobe dich für die Dinge, die du gut gemacht hast. Sag dir selbst, dass du stolz bist auf ... Sag dir selbst "Ich schaff das." usw. Sag dir auch selbst "Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin und dass ich vieles besser machen könnte, aber ich gebe jeden Tag mein Bestes - und das ist gut genug."

3. Um die Stimmen aus der Vergangenheit wie bei einer Kassette mit was neuem zu überspielen (oder ihr hattet die Rede von der Festplatte, wo was gelöscht werden soll), hab ich einige Menschen in meinem Leben gebeten, mir mal all die guten Dinge zu sagen, die ihnen zu mir einfallen. Die negativen Stimmen hab ich dann (siehe Punkt 1) leise gedreht und mir danach die Nachrichten dieser Menschen angehört (ich hab extra um Sprachnachrichten gebeten, damit ich die Stimme dazu im Ohr hab). Das war ne spannende Sache und eine wirklich gute Übung. War auch interessant mal zu hören, was andere an mir als Stärke sehen, von dem ich selbst dachte, es wäre eine Schwäche.
(Diesen Vorschlag pack ich auch gleich noch in den Werkzeugkasten.)

Zum Thema "Wert des Menschen" hab ich mal ein Lied geschrieben - hier der Text dazu - er gilt für uns alle! Wir sind alle toll und wertvoll!

Jeder Mensch hat einen Körper, ein Gehirn und auch ein Herz,
jeder Mensch kennt Freudentränen, so wie Kummer und auch Schmerz.
Jeder Mensch hat auch Gedanken, jeder Mensch hat einen Traum,
jeder Mensch hat seine Wurzeln, ganz genau so wie ein Baum.

Trotzdem schauen manche Menschen auf die anderen herab,
schauen nur auf äuss’re Werte – wer ich bin und was ich hab.
Sie sind blind auf ihren Augen, sie sind taub auf jedem Ohr,
wissen nichts vom Leben and’rer, kommen sich nur wichtig vor.

Solche Menschen müssen lernen: es sind alle Menschen gleich!
Ganz egal was sie besitzen – ob sie arm sind oder reich.
Ganz egal wie viel sie wissen, ganz egal wie schön sie sind,
ganz egal ob sie beliebt sind – sie sind alle Gottes Kind!

Wir sind alle Kinder Gottes und wir sind von Gott geliebt!
Wir sind alle toll und wertvoll, auch wenn’s Unterschiede gibt!
Katerle
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Katerle »

Wow, was für ein tolles Gedicht, DANKE. :)
MissMikse
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von MissMikse »

Danke, Katerle!
Love-is-all-around
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Danke danke danke, MissMikse.

Ich bin gerade total überwältigt ... mir kommen gleich die Tränen vor Freude. Jeder einzelne Tipp von dir ist es wert ausprobiert zu werden. Ich glaube, ich muss den Beitrag noch ein paar Mal lesen.

Dein Lied ist wundervoll.
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
MissMikse
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von MissMikse »

Sehr gerne, freut mich, wenn dich das anspricht und inspiriert. :)
Love-is-all-around
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Registriert: 19. Mär 2023, 11:03

Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Hallo ihr Lieben,

ich befinde mich gerade im Urlaub mit meiner Tochter und fühle mich überfordert und auch ein wenig verzweifelt. Meine Grundstimmung war bisher ganz gut. Ich war fest dazu entschlossen, aus dem Urlaub - trotz des schlechten Wetters - das beste zu machen und jeden einzelnen Tag zu genießen.

Leider habe ich die Rechnung ohne meine Tochter gemacht, denn sie hatte bereits nach drei Tagen große Sehnsucht nach zu Hause. Sie vermisst ihr Bett, ihre Kuscheltiere, ihr Spielzeug, die Couch - einfach alles was die vier Wände an unserem Wohnort ausmacht. Sie hat keinen Hunger, ist mit ihren Gedanken irgendwo in den Wolken, schläft abends schlecht ein und kommt morgens kaum aus dem Bett. Es kostet mich enorme Kraft sie zu einer Unternehmung zu überreden und bevor wir endlich losgehen können, vergehen vormittags 2-3 Stunden. Sie macht mir Vorwürfe, beschimpft mich, gibt mir die Schuld an ihrer schlechten Laune. Inzwischen kann sie selbst einfachste Dinge nicht mehr allein erledigen und stellt unberechtigt hohe Forderungen an mich. Wenn ich sie darauf anspreche, bricht sie in Tränen aus. Es deutet alles darauf hin, dass sie im Urlaub eine depressive Verstimmung entwickelt hat.

Bei mir haben die Umstände sofort einen Kreislauf von Grübelgedanken in Gang gesetzt: Sollte ich den Urlaub vorzeitig abbrechen? Wäre die Stimmung zu Hause überhaupt besser? Wieviel muss ich mir gefallen lassen? Bin ich daran Schuld, weil ich ihr die Depression praktisch vorgelebt habe? Wie kann ich sie liebevoll schnell wieder aus dem Loch rausholen? Wie kann ich konsequent meine eigenen Grenzen wahren? Was kann ich denken/tun, damit die negative Stimmung mich nicht so sehr belastet?
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
Katerle
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Katerle »

Guten Morgen Love,

nein, du hast keine Schuld. Könnte sein, dass deine Tochter unter der Scheidungssituation leidet. Ich meine, sie ist 8 Jahre und kriegt auch so einiges mit, was jetzt kein Vorwurf ist. Leider können Kinder, deren Eltern an Depressionen erkrankt waren, ebenfalls eine depressive Verstimmung entwickeln. Da geht es nicht um Schuld. Und da heißt es, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen. Denn je eher, desto besser sind die Heilungschancen.
Allerdings, wenn der Urlaub alles andere als Erholung ist für euch, ist es wohl eher hilfreicher, ihn abzubrechen und nach Hause zu fahren. Weiterhin Ruhe bewahren und einfühlsam reagieren. Frage sie, wie es ihr geht und was los ist. Falls sich dein Verdacht bestätigt, ärztlichen Rat einholen, zunächst beim Hausarzt.

Alles erdenkliche Gute euch,
Katerle
MissMikse
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von MissMikse »

Hallo Love,

ist es denn der erste Urlaub, den du allein mit deiner Tochter verbringst (sorry, ich hab deine Geschichte nicht ganz so genau mitverfolgt)?
Wenn ja, ist es vielleicht gar nicht die Umgebung, die "Schuld" daran ist oder "du" (wobei ich das auch so nicht unterstellen möchte), sondern es ist vielleicht einfach, dass der 2. Elternteil fehlt. Und zu Hause, in der gewohnten Umgebung, fällt das natürlich nicht ganz so extrem auf als wenn man irgendwo anders ist. Für Kinder fühlt sich sowas ganz schnell irgendwie "bedrohlich" an, es kann Ängste schüren. Veränderungen verunsichern uns Erwachsene und Kinder erst recht.

Wenn es tatsächlich gar nicht geht, würde ich vielleicht auch eher nach Hause fahren, bevor die Reaktionen noch schlimmer werden. Aber vielleicht mag deine Tochter in einer ruhigen Minute auch einfach erzählen, was genau sie bedrückt und warum sie sich zu Hause jetzt wohler fühlen würde als dort, wo ihr seid. Vielleicht kannst du sie einfach fragen, was genau ihr fehlt und was sie braucht, damit es ihr besser geht.

Alles Liebe für dich!
Love-is-all-around
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von Love-is-all-around »

Ich habe noch einmal mit meinem Kind geredet. Sie vermisst ihren Papa, den sie mittlerweile aufgrund des Urlaubs mehr als zwei Wochen nicht gesehen hat. Letztes Wochenende wäre es sein Wochenende gewesen und das hat sie völlig aus der Bahn geworfen.

Es ist nicht unser erster Urlaub zu zweit. Der letzte Urlaub dauerte allerdings nur 10 Tage und mein Kind konnte an den Wochenenden direkt vor und nach dem Urlaub ihren Papa sehen.

Diese eine Woche scheint gerade den Unterschied zu machen. Ich habe das leider völlig unterschätzt. Mein Kind ist einfach in den passiven Widerstand gegangen statt zu reden. Wir sind jetzt beide überein gekommen, dass wir den Urlaub fortführen. An der Situation würde sich nichts ändern, wenn wir eher zu Hause wären. Das Wochenende ist vorbei und ihr Papa beruflich bedingt wieder unterwegs. Ich werde das bei der nächsten Urlaubsplanung berücksichtigen. Mein Kind braucht einfach sehr viel Struktur und Gewohnheit.

Mich hat das mittlerweile auch aus der Ruhe gebracht, denn ab nächste Woche ist mein Kind für drei Wochen bei meinem Ex. Ich hatte ihn im Vorfeld darum gebeten, dass ich unser Kind zwischendurch sehen dürfe. Er hat mich daraufhin gefragt, ob ich diese Bitte meinetwegen oder unseres Kindes wegen geäußert hätte. Außerdem hat er seinen Urlaub so geplant, dass das kaum möglich sein wird.

Nun habe ich Angst, dass bei mir eine Verschlimmerung meines Krankheitszustandes eintritt. Ich hoffe, dass mein Sicherheitsnetz, das ich mir in der Therapie aufgebaut habe, in den nächsten Wochen einigermaßen hält.
Immer wenn du Pläne schmiedest, fällt das Schicksal lachend vom Stuhl.
StephieL
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Re: Das Gefühl nicht gut genug zu sein

Beitrag von StephieL »

Liebe Love, ich finde es toll, dass Du einen Weg gefunden hast mit Deiner Tochter so zu sprechen, dass ihr dem Ganzen auf den Grund kommt! Sie vertraut Dir, das ist super! Und ihr habt gemeinsam das weitere Vorgehen besprochen, das wird ihr viel bedeuten, denn Kinder brauchen das Gefühl mitentscheiden zu dürfen. Du machst das toll! Ich kann total verstehen, dass die Angst vor einem Rückfall Dich einholt. Vielleicht kannst Du Dir fixe Pläne für die komplette Zeit ohne Kind machen? Und auch Notfall-Therapiestunden vereinbaren falls Du nicht zurecht kommst? Und auch mit deinem Ex und der Tochter Zeiten vereinbaren in denen ihr telefonieren dürft? Ich wünsche Dir ganz ganz viel Kraft!
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