Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

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Nachtfalke7
Beiträge: 10
Registriert: 30. Mai 2023, 23:09

Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Nachtfalke7 »

Hallo zusammen,
Ich hatte in September 2022 einen schweren unverschuldeten Unfall auf dem Weg zur Arbeit. Dummerweise bin ich auf Druck meines Arbeitgeber nach zwei Wochen wieder zurück in die Arbeit, da wir eine große EDV Umstellung hatten und ich auch den Anschluss nicht verlieren wollte.

Seit dem Unfall leide ich unter Kopfschmerz Attacken, Konzentrationsprobleme und mein Kurzzeitgedächtnis funktioniert auch nicht mehr. Im Dezember 2022 hat mich mein Hausarzt für vier Wochen krankgeschrieben, da ich nicht mehr konnte. Ich bin dann im Januar 2023 wieder zurück zum Arbeitsplatz. Auf Grund der ganzen Symptome habe ich dann in den folgenden Wochen eine seelische Abwärtsspirale erlebt. Mein Höhepunkt war dann, dass ich Anfang März in der Arbeit überfallen wurde und ich um mein Leben fürchten musste. Meine Diagnose ist eine PTBS mit Depressionen. In ambulanter Behandlung bin ich jetzt seit Ende April und meine Psychiater will das ich jetzt im Juni wieder in die Arbeit zurück soll für 4 Stunden am Tag die ersten zwei Wochen und dann für 6 Stunden weitere zwei Wochen.

Dieser Tag ist morgen und ich habe schreckliche Angst wieder an dem Ort zurückzukehren wo mir das alles passiert ist.
Mein ganzer Körper verkrampft sich bei den Gedanken, auch habe ich immer noch das Thema mit den Kopfschmerzen und meinem Gedächtnis. Ich bin mittlerweile an den Punkt angekommen, indem ich mich frage, ob es nicht besser gewesen wäre bei den Unfall im September 2022 zu Sterben. Dann hätte ich heute keine Ängste und Kopfschmerzen mehr. Das Ganze belastet mich so sehr und ich habe Ängste wie ich sie mein ganzes Leben noch nicht gekannt habe.

Sorry für den langen Text. Wer kann mir einen Rat geben wie ich die nächsten Wochen das überstehen soll?

Liebe Grüsse Nachtfalke7
Sul
Beiträge: 440
Registriert: 25. Dez 2019, 12:33

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Sul »

Hallo Nachtfalke7,

willkommen im Forum!
Gleich zwei heftige Erlebnisse in so kurzer Zeit, das ist schon viel.
Du schreibst von einem schweren Unfall auf dem Weg zur Arbeit. Hast du evtl. bei diesem Unfall ein SHT erlitten? Das würde die Kopfschmerzen, die Konzentrations- und Kurzzeitgedächtnisprobleme erklären. Und dann bräuchtest du noch weitere Therapien.
Du kannst eine Belastungserprobung jederzeit abbrechen, wenn es dir nicht gut geht.
Bist du auch in psychotherapeutischer bzw. traumatherapeutischer Behandlung?
Aus eigener Erfahrung kann ich dir nur raten: Überfordere dich nicht! Heilung braucht Zeit.

Viele Grüße, Sul
Nachtfalke7
Beiträge: 10
Registriert: 30. Mai 2023, 23:09

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Nachtfalke7 »

Hallo Sul,

Vielen Dank für deine schnelle Antwort.
Ein SHT konnte nicht nachgewiesen werden, ich habe etliche MRT‘s und CT‘s hinter mir, ohne Erfolg. Auch das frustriert mich und macht mich fertig, dass nichts gefunden werden kann. Nach Monaten hat man jetzt ein HWS MRT gemacht, aber hier habe ich noch keine Ergebnisse vorliegen.

Seit Ende April bin ich 1 mal wöchentlich für eine Stunde in Psychotherapeutische Behandlung. Dort wurde mir eine Depression und PTBS diagnostiziert.

Was passiert wenn ich eine Belastungserprobung abbrechen, ich meine auch rein rechtlich. ( Im Vorgespräch mit meinem Arbeitgeber, hat dieser mich schon wieder voll verplant was ich ab kommende Woche machen muss. Also stehe ich schon wieder voll unter Druck, auch wenn es nur 4 Stunden am Tag sind.) Verliere ich darauf hin meinen Arbeitsplatz? Das kann ich mir nicht leisten, ich brauche den Job. Auch das macht mich seelisch fertig. Ich sitze zwischen zwei Stühlen, einerseits muss ich arbeiten und anderseits kann ich seelisch nicht.
Aurelia Belinda
Beiträge: 7863
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Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo Nachtfalke,

zuerst mal kann ich dich beruhigen...du verlierst nicht gleich den Job, wenn du es aus gesundheitlichen Gründen jetzt noch nicht schaffst....dafür ist der Versuch ja nun geplant, es ist nämlich auch wichtig für deinen Psychiater, natürlich auch für dich am Ende, zu wissen, wie belastbar du momentan schon bist, setze dich bitte keinesfalls unter Druck, es geschieht erst mal nichts schlimmes, wenn du z. B. nicht durchhalten kannst....es ist erst mal ein Versuch.
Vielleicht auch gar noch nicht der rechte Zeitpunkt....das zeigt sich dann durch den Test....
Versuche ruhig zu bleiben, sehe es als Chance und Versuch. Mehr ist es erstmal nicht.....
Alles andere, egal wie es läuft, kannst du dann in Ruhe wieder mit dem Psychiater besprechen.

Alles Gute,
Gruß Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Mario81
Beiträge: 272
Registriert: 5. Mär 2023, 12:03

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Mario81 »

Guten Morgen Nachtfalke.

Aurelia und Sul haben Recht. Du bist während der Wiedereingliederung krank geschrieben. Wenn es nicht funktionieren sollte, ist das kein Problem. Du bist einfach weiterhin krank und bekommst weiter Krankengeld. Man kann dann zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Versuch starten.

Liebe Grüße
Mario
"Du darfst nicht alles Glauben,was Du denkst." Alexander Bojcan
Nachtfalke7
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Registriert: 30. Mai 2023, 23:09

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Nachtfalke7 »

Guten morgen zusammen,
Vielen Dank für eure lieben Unterstützungen.
Es beruhigt mich jetzt erstmal.

Liebe Grüsse Nachtfalke7
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Nachtfalke,

von fern gesehen, nach dieser heftigen Geschichte, frage ich mich zuallererst, wieso die Wiedereingliederung so schnell gehen soll. Normalerweise wird die WE zunächst zwischen behandeldem Arzt und Patienten abgesprochen und bei mir war es so, dass mein Arzt gefragt hat, was ich mir zutraue - es lief wirklich in Abstimmung und begonnen habe ich mit 2 Stunden für 2 Wochen, danach 2 Wochen mit 3 Stunden und 2 Wochen mit 4 Stunden. Es mag natürlich sein, dass Du aus dem einen oder anderen Grund diese schnelle WE möchtest - dann ist es ja okay. Der Arbeitgeber stimmt dem zwischen Arzt und AN abgestimmten Konzept dann normalerweise auch zu, da er selber ja nichts zu zahlen hat. Er bekommt quasi Deine Arbeitsleistung für umsonst, denn Du bleibst weiter im Krankengeld.

Die Wiedereingliederung lässt Dr auf jeden Fall alle Möglichkeiten. Du kannst schneller aufstocken, du kannst abbrechen, wenn es nicht geht (und bleibst ganz normal im Krankengeld, darfst aber jederzeit eine neue Wiedereingliederung vereinbaren/versuchen) du kannst auch sagen, es ist zu viel, eine Stunde weniger könnte aber gehen ... dann wird entsprechend geändert. Du bist erst wieder im normalen Arbeitsverhältnis, wenn die WE abgelaufen ist

Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg, Kraft und Mut.
LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Nachtfalke7
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Registriert: 30. Mai 2023, 23:09

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Nachtfalke7 »

Hallo Lavendel,

Vielen Dank für deine lieben Worte und Ratschläge.

Da meine beiden Fälle als Arbeitsunfall gelten, läuft alles über die Berufsgenossenschaft. Die natürlich auch eine gewissen Druck aufbaut. Ich hatte, wie ja beschrieben, seit Ende April meine ersten fünf Therapiesitzungen und bin nach der fünften Stunde dann vom Psychiater mehr oder weniger überrumpelt worden, das dies jetzt die nächsten Schritte wäre. Ich habe es mal zu Kenntnis genommen und dachte ich bespreche es in der nächsten Sitzung mit ihm. Da ich eine Verlängerung der Krankmeldung brauchte bin ich einige Tage später beim D-Arzt gewesen, und dieser hat mir dann offenbart das mein Psychiater ihm ein Fax geschickt hat wo er das mit dem Belastungstest befürworten und mein D-Arzt ist natürlich sofort darauf eingegangen. Also bin ich nochmals überrumpelt worden. Und ich hab aktuell nicht mehr die Kraft um mich zu wehren oder dagegen anzugehen. Ich bringe die Energie auch nicht mehr auf und lasse alles über mich ergehen.

Heute war auch mein erster Tag der WE, und wie erwartet lief dieser nicht gut, bin seelisch am Boden und mein Vorgesetzter wollte von mir heute auch gleich wissen was mein Plan B sei? Auf meine Frage wie er das meinte, sagte er zu mir, was ich mache, wenn der Belastungstest nicht funktioniert und ich die WE nicht schaffe. Echt toll, dass motiviert ungemein und mein Tag war gelaufen. Vor meinem Unfall hätte ich da eine Diskussion geführt und auch meine Meinung gesagt, aber da ich nicht mehr ich selbst bin, konnte ich es nicht.

Ich denke das dein Arzt und auch Arbeitgeber mehr Feingefühl bei dir hatte auch das mit 2 Stunden für die WE finde ich gut. Meine vier Stunden heute haben mich schon sehr belastet und gestresst. Aber ich kann ja nicht gleich am ersten Tag alles wieder hinschmeißen, dass bin ich nämlich auch nicht. Unsere Gesellschaft akzeptiert keine Schwächen und du hast zu funktionieren. Und da passt du mit deinen Depressionen und PTBS nicht mehr hin. Das sehe ich jetzt auch bei meiner Firma wie mit mir nach 15 Jahren gemeinsamer Erfolg umgegangen wird.

Liebe Grüsse Nachtfalke
Sul
Beiträge: 440
Registriert: 25. Dez 2019, 12:33

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Sul »

Hallo Nachtfalke,

ich habe dir zwar schon in deinem neuen Thread geantwortet, möchte dir aber auch hier noch einmal Mut zusprechen.
Ob du leistungsfähig bist oder wirst, kann doch im Moment noch gar nicht beurteilt werden. Dafür ist es einfach noch viel zu früh! Mach dir selbst möglichst keinen Druck.
Sicher ist aber, dass eine Überforderung, wie du sie beschreibst, die Symptome einer Depression und einer PTBS verstärken kann und schlimmstenfalls auch chronifiziert. Also überlege dir gut, ob du diese Wiedereingliederung koste es was es wolle durchziehst oder ob du dir Zeit zum Stabilisieren, Erholen und Heilen gibst.

Gibt es in deiner Firma einen Betriebsarzt? An den könntest du dich auch wenden.

Es ist nicht unüblich, dass Wiedereingliederungen abgebrochen werden. Es ist ja "nur" eine Arbeits- und Belastungserprobung, um zu testen, ob du schon arbeitsfähig bist.

Ich wünsche dir eine gute Entscheidung, viele Grüße, Sul
Nachtfalke7
Beiträge: 10
Registriert: 30. Mai 2023, 23:09

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Nachtfalke7 »

Gibt es in deiner Firma einen Betriebsarzt? An den könntest du dich auch wenden

Hallo Sul,
ja den gibt es aber, der hat mich nach den Überfall überhaupt nicht für voll genommen und war auch gegen eine Krank Schreibung. Das Thema ist für mich durch, da gehe ich nicht mehr hin.

Liebe Grüsse Nachtfalke
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Angst vor der Wiedereingliederung bzw. Belastungserprobung

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Nachtfalke,

ich erinnere mich an meine Wiedereingliederung - trotz Unterstützung - als extrem anstrengend. Einige Kollegen waren wenig empathisch alles voran die, die Vorbild sein sollten. Man selber ist dünnhäutig, das kommt erschwerend hinzu. Dennoch ist es ein Konzept, das helfen soll, langsam in den Arbeitsalltag hinein zu finden. Wenn es nicht geht, geht es nicht.

Hängst Du extrem an Deinem Job? Manchmal hilft der Gedanke, dass eine Kündiung im schlimmsten Fall kein Weltuntergang wäre. Aber das hängt natürlich von der individuellen Situation ab.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
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