Trennung von depressivem, krebskranken Partner?

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Trudy79
Beiträge: 9
Registriert: 25. Mai 2023, 18:20

Trennung von depressivem, krebskranken Partner?

Beitrag von Trudy79 »

Hallo liebes Forum,

da ich gerade (mal wieder) sehr am Rande meiner Kräfte bin und meine private Situation mich wirklich unglücklich macht und ich aus meinem Umfeld niemanden kenne, der in einer ähnlichen Situation ist und meine Sorgen wirklich nachvollziehen kann, schreibe ich hier. Vielleicht findet sich jemand, der etwas dazu sagen mag. Ich wäre sehr dankbar!

Ich bin seit 8 Jahren mit meinem jetzigen Mann zusammen. Aus meiner ersten Ehe habe ich zwei Teenager, wir leben seit 6 Jahren also als Patchworkfamilie zusammen. Mein jetziger Mann ist damals zu mir und den Kids gezogen. Er hat schon länger mit Depressionen zu kämpfen, vermutlich schon seit etwa 15 Jahren oder länger, was ich damals aber noch nicht wusste. Er sprach damals von einem Burnout und einem Kuraufenthalt, aber er hat es als relativ milde abgetan und nicht weiter darüber gesprochen.

Mein Mann hatte schon bei unserem Kennenlernen noch andere gesundheitliche Probleme, die ihm und dann auch mir als behandelbar erschienen. Abgesehen von diesen Problemen hat er aber immer Sport gemacht und extrem auf seine Gesundheit geachtet.

Kurz bevor er zu mir und den Kids gezogen ist (seine Wohnung war schon gekündigt), bekam er Angst- und Panikattacken. Er war damals schon in psychologischer Behandlung, aber das brachte gar keine Verbesserung. Es wurde immer schlimmer. Dann, nach dem Umzug, wurde bei ihm ein Hirntumor festgestellt. Das stürzte ihn in eine Depression. Das wurde so schlimm, dass er sich nicht behandeln lassen und einfach sterben wollte.

Für mich begann seit dem Umzug vor 6 Jahren eine extrem belastende Zeit, die bis heute andauert. Ich habe ihm damals gesagt, dass es natürlich seine persönliche Entscheidung sei, ob er sich behandeln lassen will oder nicht, aber dass ich für mich weiß, dass ich keine Kraft habe, ihn beim Sterben zu begleiten und mich also trennen müsste. Es klingt herzlos, aber ich habe ihn sonst immer unterstützt und es stimmte einfach. Ich war bis dahin alleinerziehend mit zwei noch jungen Kindern und berufstätig, weil ich meine Familie versorgen muss.

Er hat sich dann doch behandeln lassen und einer Bestrahlung zugestimmt. Der Tumor war danach 5 Jahre lang „ruhig“, ist also nicht mehr gewachsen. Das hat sich im vergangenen Herbst geändert. Da wurde bei einer Kontrolle ein Rezidiv festgestellt.
Es folgten eine wirklich heftige OP Anfang des Jahres und dann wieder Bestrahlung.

Mittlerweile hat er die Therapien überstanden, physisch geht es ihm ganz gut, aber psychisch geht es ihm nach wie vor schlecht. Er leidet unter chronischem Fatigue, Depressionen, extremer Antriebslosigkeit, hat keine Interessen, außer für seinen exzessiven Sport und seine extreme Ernährung (meiner Ansicht nach hat er eine Essstörung), er hat ein extrem verzerrtes Selbstbild, er traut sich gar nichts zu, fängt deshalb von selbst nichts an, hat keine Hobbys und keine Freunde. Aus seinem ursprünglichen Sinn für Humor ist Zynismus geworden, der sich auch gerne gegen mich oder die Kinder richtet.

Er hat keine Geschwister oder sonstige Familie (die sind alle zerstritten), nur seine Eltern, die uns aber wirklich überhaupt keine Hilfe sind, im Gegenteil. Sie fühlen sich gar nicht zuständig, telefonieren nur mal ab und zu und haben ihn nicht mal im Krankenhaus besucht. Sie waren der Ansicht, dass ich als Ehefrau mich um alles zu kümmern hätte. Das habe ich auch getan, aber das Verhalten meiner Schwiegereltern fand ich richtig krass und seither ist unser Verhältnis noch deutlich abgekühlter.

Nun zu meinem Problem: ich mag meinen Mann sehr, aber ich will nicht mehr. Ich will ihn nicht im Stich lassen und bin bereit ihn weiterhin zu unterstützen, aber ich kann nicht mehr in einer Partnerschaft mit ihm leben. Denn das war es einfach von Anfang an nicht. Ich kümmere mich um die Kinder, den Haushalt, den Garten und das Haus, den gesamten Papierkram und finanziere alles. Aber es geht nur um ihn und seine Krankheit. Die ist natürlich auch sehr schlimm, dagegen kann man gar nichts sagen. Aber ich gehe komplett unter und mein Leben macht so gar keinen Sinn, weil einfach jeder Tag mega anstrengend ist für mich. Ich muss arbeiten, wenn ich heimkomme, jammert mein Mann die ganze Zeit. Wirklich, es kommt kein positives Wort, immer nur Kritik an anderen Leuten, an den Kindern, Ironie und Zynismus. Meine Kinder brauchen mich und ich kann das alles nicht.

Mein Mann ist Frührentner, bezieht nur eine kleine Rente und sagt, dass er nichts zahlen kann, schon gar keine eigene Wohnung. Er sagt selbst, dass er komplett abhängig ist von mir und sich längst umgebracht hätte, wenn ich nicht da wäre. Aber ich fühle mich schrecklich. Wie in einer Falle.

Ich weiß, es hört sich herzlos an und jeder, der uns kennt, hat Mitleid mit meinem Mann. Ich ja auch. Aber ich kann es trotzdem nicht mehr. Was soll ich nur machen?
FrequentFlyer
Beiträge: 293
Registriert: 23. Dez 2017, 02:20

Re: Trennung von depressivem, krebskranken Partner?

Beitrag von FrequentFlyer »

Hallo Trudy79 und willkommen hier in diesem Forum!

Schreiben ist strukturiertes Denken und mir zumindest hilft es. Wenn ich über meine Situation schreibe, dann denke ich einfach zielgerichtet und nicht in Schleifen. Ich muss dann tatsächlich meine Gedanken „zu Papier“ bringen. In meinen Augen ist dies schon ein sehr guter Weg, sich selbst über einige Dinge im Klaren zu werden. Noch besser ist es, diese selbst geschriebenen Gedanken in einem Forum zur „Diskussion“ zu stellen. Da können dann Denkfehler aufgezeigt werden oder es werden seine eigenen Gedanken als richtig bestärkt. Von daher kann ich nur jeden hier aufmuntern zu schreiben – es kann ungemein helfen.
Für mich hat das Schreiben einen weiteren Vorteil: Gedanken die ich aufgeschrieben habe sind dann raus aus meinem Kopf – ehrlich. Für mich persönlich kann das sehr entlastend sein. Es beschäftigt mich dann sehr viel weniger.

Was mir bei dem Lesen deines Textes eingefallen ist: Du bist nicht herzlos. Gedankenlose Menschen mögen herzlos sein, aber bestimmt nicht diejenigen, die sich Gedanken machen und diese niederschreiben. Da wären mir die Außenwirkung auch ziemlich egal. Hey, es ist dein Leben um das es geht, das im Zentrum steht – nicht das was andere davon denken.
Und ich denke mir bei einer Sache werden mir viele zustimmen: Mitleid ist keine Basis für eine Beziehung. Die Basis einer jeglichen Beziehung ist immer Liebe und die kann sehr viele unterschiedliche Ausprägungen haben – Mitleid ist bestimmt keine davon.
Eine paar Frage hätte ich an dich (nicht für mich – für dich): Wie sind denn die Prognosen für deinen Mann, was die Lebenserwartung angeht mit seinem Hirntumor? Ich weiß das Tumorpatienten verschiedene Phasen durchlaufen um mit so einer Krankheit umzugehen. Eine aggressive Reaktion auf die Umwelt gehört dazu, bevor man im Idealfall seine Diagnose akzeptiert. Welche Regionen im Gehirn sind betroffen? Hat der Krebs im Gehirn selbst Auswirkungen auf das emotionale und soziale Verhalten?
Worauf ich hinaus will: Wenn wir von ein paar Monaten sprechen, ist es eh egal. Dann löst der Tod das Problem. Das ist nicht zynisch gemeint sondern einfach eine Tatsache.
Wenn der Tumor auf das emotionale und soziale Zentrum Auswirkungen haben, ist es auch irgendwie egal. Was willst du dann noch machen, wenn da nichts mehr ist?
Das sind nur so meine Gedanken.
Ich wünsche dir viel Kraft und einfach weiter Schreiben – es kann helfen.

LG
Überdosis
Beiträge: 237
Registriert: 25. Nov 2021, 23:01

Re: Trennung von depressivem, krebskranken Partner?

Beitrag von Überdosis »

Hallo Trudy,

persönlich glaube ich, dass die Menschen, die immer nur negativ sprechen, das gar nicht merken, dass sie so negativ sind.
Ich war leider auch so und habe damit auch meinen Exfreund ziemlich mit runter gezogen gehabt und habe das aber auch gar nicht gemerkt irgendwie (wusste zu der Zeit noch nichts von meiner depression).

Damals und heute wünschte ich mir sehr, dass er, statt dann Schluss zu machen, mir einfach das alles gegen den Kopf gestoßen hätte.
Mir einfach ganz klar gesagt hätte " Du bist immer voll negativ, das zieht mich irgendwie auch runter.... was ist los, kann ich helfen?" Oder "du sagst, du fühlst dich oft depressiv, warst du mal beim Arzt damit, vielleicht ist es das ja auch?"

In einer Partnerschaft muss man miteinander sprechen, ich glaube, anders geht das gar nicht....
Hätte mir mein Exfreund mal wirklich gesagt, wie es ihm geht, wie ich zu ihm bin, ich hätte definitiv viel, viel eher gemerkt, dass was eben mit mir nicht stimmt und hätte wahrscheinlich auch viel, viel eher Ärztliche Hilfe gesucht und versucht rücksichtsvoller mit ihm auch umzugehen.

Krebs hin oder her. Depression hin oder her....
Keiner hat es verdient so herunter gezogen zu werden oder das alles an einem an Aufgaben alleine kleben bleibt und still vor sich hinzuleiden.

Auch du hast doch nur dieses eine Leben und auch du hast es verdient es schön und erfüllen zu leben.

Rede mit ihm.
Sag ihm, wie es dir geht. Dass du nicht mehr so weiter machen kannst und sag ihm auch ruhig mal, dass du dich richtig in die Enge gedrängt fühlst und es schlimm ist, wenn er sagt, dass er ohne dich, sich umbringen würde....
Was soll diese Aussage denn? Ich finde das unmöglich, ganz ehrlich.

Er soll sich professionelle Hilfe holen.
Reicht seine Rente nicht, soll er sich informieren ob Arbeitslosengeld ggf. finanziell Besserung bringen kann oder was überhaupt möglich ist.
Nur wer fragt, sich mitteilt, um Hilfe bittet, kann doch weiter kommen.

Dein Mann hat so viel geschafft mit dem Hirntumor.
Ich stelle mir das als den absoluten Horror vor am Hirn operiert zu werden mit den ganzen Krepstherapien....
Meine, er hat schon wieder es geschafft dem Tod von der Schippe zu springen- Zeit auch für ihn, das Leben zu genießen! Zeit, auch dafür zu kämpfen!
Es sterben so viele an Krebs, die sicherlich alles tun würden, um zu leben!


Liebe Grüße
Susan
Maki
Beiträge: 5
Registriert: 5. Mär 2018, 09:32

Re: Trennung von depressivem, krebskranken Partner?

Beitrag von Maki »

Moin Trudi ,
In meiner Ehe ist mein Mann der an Depression erkrankte und ich habe Blutkrebs.
Nicht nur der die depressive Mensch auch der an einer schweren Erkrankung leidende sollte versuchen sich bewusst zu machen dass man nur dieses eine Leben hat.
Das Leben ist so wunderschön es gibt mir die Kraft mit meiner Krankheit zu leben und trotzdem positiv jeden Tag zu genießen .So kann ich
auch meinen Mann zu unterstützen. Dein kranker Mann sollte sich doch bitte einmal bewusst machen dass es auch an ihm ist zu eurem Leben beizutragen. Mein Mann und ich töpfern, malen, er spielt Gitarre und Schlagzeug immer mit dem Hintergrund: und jetzt erst recht. Lass deinen Mann ruhig einmal zwei drei Tage alleine mit den ganzen Aufgaben zu Hause sitzen fahre dorthin wo du dich wohlfühlst und genieße einfach einmal eine ruhige Zeit nur für dich. Wahrscheinlich wird dein Mann merken dass er trotz seiner ganzen Beschwerden in der Lage ist das zu meistern und du kannst endlich einmal tief Luft holen. Ganz herzliche Grüße und alles Liebe für dich
Marlies
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