Nach 1,5 Jahren Depression schlagartig 10 gute Tage und dann wieder im Tief?

[HarryH]

Hallo, ich habe derzeit nach 20 Jahren meine 2. Depression und diese nun seit 1,5 Jahren. Nach einem Suizidversuch letzten Juni war ich 4 Monate in der Klinik. Dann ging es mir einigermaßen gut, die Entlassungsmedikation war Quilonium (2x 450 mg) und Venlafaxin (2x 150 mg). Nach 5 Tagen daheim begann es mir wieder schlechter zu gehen, nach 2 Wochen war es fast wie vor der Klinik. Mein Psychiater und meine Psychologin meinten das sei so weil die Klinik ein geschützer Raum ist und meine Probleme daheim liegen. So habe ich mich weiter über die Monate gekämpft, die Therapie gemacht und versucht erlernte Dinge umzusetzen. Besonders schwer ist für mich das Erwachen morgens wo ich mich fühle als sei ich in einem Horrorfilm und auch länger brauche um das zu verarbeiten und auf die Beine zu kommen. Dann ist die Antriebslosigkeit bis gegen mittags zu überwinden und dann geht der Tag jetzt meist.
Anfang April verschrieb mir der Psychiater zusätzlich Bupropion (150 mg). Nach einer Woche verstärkte sich erstmal der Tinnitus vom Venlafaxin aber nach 2 Wochen hatte ich das Gefühl dass diese krasse Aufwachphase nicht mehr so schlimm war und ich fand auch die Antriebslosigkeit ließ nach. Der Psychiater meinte er wolle das Bupropion eigentlich auf die üblichen 300 mg erhöhen aber vorher sollten wir langsam das Venlafaxin runter fahren auf 150 mg aber erst nach seinem derzeitigen Urlaub.
Dann passierte dies: Am Montag vor 2 Wochen erwachte ich und alles war weg, keine wirren oder bösen Gedanken, keine Antriebslosigkeit, nichts mehr. Ich fühlte mich gut und das ging 10 Tage so. Am 11. erwachte ich wieder wie all die Monate vorher. Ich war völlig irritiert, kontrollierte erstmal meine Medis aber da war alles ok. Was ist das, was passierte da ohne jegliche Zwischenstufen? Einmal nachts mit dem Fahrstuhl ganz hoch und 10 Nächte später wieder in den Keller. Kennt das jemand, weiß jemand was das ist? Bin ich etwa aus der langen Depression raus und nach 10 Tagen gleich in die nächste gerutscht?

[Calca]

Das kommt mir sehr bekannt bevor. Ich kann es nur mit einer Werteskala erklären und hoffe das ist ok für dich.
Skala - 10 bis +10, - 10 ist Suizid. Ich hing sehr lange bei - 8, ausschließlich Abrutscher nach unten. Das hat sich mit der Zeit dahingehend geändert, dass es auch mal "Schübe" nach oben gab. Aus diesen Schüben nach oben hat sich mit der Zeit ein Dauerzustand eingestellt, sodass ich mich bei - 2 eingependelt habe. Die Schübe nach unten wurden immer weniger und halten dann meist nur für wenige Stunden, höchstens einen Tag an. Die Schübe nach oben kommen immer häufiger und gehen so bis in den +4 Bereich.

Daraus schließe ich, dass sich bei einer dauerhaften Beachtung der Verhaltensvorgaben Stück für Stück über einen längeren Zeitraum in zunehmenden Schüben nach oben der Allgemeinzustand verbessert. Ich weiß wirklich nicht wie ich es besser beschreiben soll, hoffe aber das du verstehst was ich meine.

[HarryH]

Danke Calca, ich hab verstanden wie du das meinst und könnte es mir so vorstellen. Leider bin ich im Moment dermaßen im Keller dass ich nur hoffen kann dass es nicht allzu lang dauert bis es wieder etwas besser wird. Es tat so gut mit den guten Tagen aber nun der Absturz um so mehr weh da er mir auch so unerklärlich ist. Ich werde sehen wie es weiter geht und was mein Psychiater meint wenn er wieder da ist.

[HarryH]

Wobei ich erwähnen muss dass ich fast die ganze Zeit unten war und erst die letzten Wochen etwas besser wurden und dann eben diese 10 Tage die richtig gut waren und dann wieder der Abrutscher nach ganz unten. Meine Therapeutin heute meinte dass könne an dem plötzlichen Wetterumschwung bei uns letzte Woche liegen. Von kühl und nass auf fast wie Sommer und das wäre jetzt eine Anpassungsstörung. Die lange Depression sollte aus ihrer SIcht eigentlich mit den 10 guten Tagen beendet gewesen sein nur hatte die Psyche noch keine Zeit sich richtig zu erholen um jetzt die Wetterumstellung zu schaffen. Ich hab ja eigentlichb auchb gedacht dass ich das Lithium deshalb nehme damit solche starken Schwankungen nicht auftreten. Vielleicht hilft es mir nicht und ich rede dann darüber mal mit dem Psychiter um es eventuell abzusetzen, da wäre ich wenigstens die Nebenwirkungen los.

[Minima]

@ Calca und HarryH,
Ja das kenne ich auch, auch wenn ich nie Medis genommen habe. Ich finde Calca hat das sehr gut beschrieben. Bei mir waren es zwar erstmal nie 10 Tage am Stück aber das Prinzip genau

[Calca]

Je besser es einem geht, umso mehr muss man an sich arbeiten. Zum Beispiel reflektieren was mich runterzieht, was mir hilft die guten Phasen zu verlängern und die schlechten Phasen zu verkürzen. Mein Eindruck ist, dass sich der Körper an die schlechten Phasen gewöhnt und es ein Stück weit zur neuen Normalität wird. Deswegen denke ich, dass es auch eine Form der Umgewöhnung ist. Also diese alten Gedanken- und Verhaltensmuster durchbrechen.

[HarryH]

Also ich denke irgendwie immer noch dass das bei mir anders ist weil es ja total gut war und das 10 Tage lang. Im Grunde so wie es damals bei meiner ersten Depression war nur dass es da so blieb und nicht wieder schlecht wurde. Deswegen geht meine Frage auch eher an die denen es auch so ging dass die Depression eigentlich 10 Tage weg war und dann aber plötzlich wieder voll da bzw. eben eine neue Depression oder was auch immer. Mir ist das nicht klar wie es sonst zu diesen beiden so plötzlichen totalen Änderungen desd Befindens kommen kann. Ich gehe auch davon aus dass mir das Bupropion ziemlich schnell nach all den Monaten da raus geholfen hat aberr warum dann wieder rein und gleich voll. Ich erkenne keinen Auslöser, nichts was mich irgendwie negativ beeinflusst hat und diese Wetterthese der Therapeutin ist mir nicht plausibel, ich hab da nichts empfunden von wegen oje so plötzlich von nass und kalt auf Hochsommer. Leider istv mein Psychiater noch 2 Wochen im Urlaub, mal sehen was er dazu sagt.

[Überdosis]

Bei mir ist es wie bei dir HarryH.

Zu ganz anfangs war es so, dass die Depression bei mir 3 Wochen blieb und 1 oder 2 Wochen weg war.
Wenn sie weg war, wusste ich auch nie, was ich zu beigetragen hatte, ebenso fand ich nie einen Auslöser, wenn ich dann wieder ins Tief gefallen bin.

Dann wurde bei mir die Depression anders.
Plötzlich blieb sie, statt 3 Wochen, 3 volle Monate. Dann war sie ca. 4 Tage weg und kam mit voller Wucht zurück und blieb 3 Jahre. Inzwischen hab ich mal 1-3 Tage, wo sie mal weg ist, aber die meiste Zeit bleibt sie und ich habe auch keinen festen intervall, wo ich wüsste, dann und dann wird es wieder besser sein....

Ich versuche echt alles. Eine Zeitlang bin ich echt jedes Wochenende raus, immer woanders hin in Parks, hab mich gezwungen Hobbys zu verfolgen, meine Pflanzen zu pflegen, Freundschaften zu knüpfen und meine Wohnung in Ordnung zu halten..... trotzdem bringt es nichts.
Im Nachhinein sind die Ausflüge immer voll toll und auch wärend des ganzen mache bin ich froh drum es zu machen, auch wenn das für mich jedes mal ein immenser Kraftakt ist und die Depression immerzu sagt, dass ich es lassen soll, aber letztendlich bleibt die Depri, geht nicht weg und mir kommen die Gedanken, dass sie mich mittlerweile auslacht, weil alles Mühen nichts bringt und sie ja trotzdem da bleibt.

Helfen kann ich dir kein Stück. Leider. Du bist halt nur nicht alleine damit.
Warum kommt sie immer wieder, warum ist sie mal weg, was mach ich falsch, was richtig.... Das frage ich mich schon auch seit sehr vielen Jahren.

[HarryH]

Danke für deine Zeilen Überdosis auch wenn die nun nicht grad Mut machen aber so ist es mal jemand bei dem es so ist wobei ich natürlich erstmal abwarten muss wie es bei mir weiter geht. Bist du eigentlich in Therapie oder nimmst Medikamente?

[Überdosis]

Ich hab lange Medikamente genommen, aber bei denen ging es mir nur immer entweder gar nicht besser oder die Tiefs waren trotzdem überwiegend da.
Derzeit hab ich sie abgesetzt um abzunehmen, was nun auch endlich klappt und auch um mal schlafen zu können ohne Horror Albträume zu haben.
Gerade mit dem ständigen Hungerattaken und dem immer Dicker werden, tat mir am Ende auch psychisch nicht mehr gut. Hab mich total unwohl gefühlt und war auch langsam an dem Punkt, wo ich mir wieder sämtliche Klamotten ein, zwei Nummern größer hätte kaufen müssen, weil die vorhandenen zu eng und unbequem wurden.
Da abnehmen mit den Medikamenten nicht klappte, hab ich nen katt gezogen.
Mit den Medikamenten fang ich vielleicht wieder an, wenn ich mein Wohlfühlgewicht wieder zurück habe, mir geht es aber jetzt schon mit den bereits 5kg weniger besser, weil meine Klamotten auch wieder wesentlich lockerer sitzen, ich, gefühlt, nicht mehr so schnell aus der puste bin und mir vor allem nicht mehr so schnell warm ist.
Bin ja selbst auch nicht groß, dass mehr Gewicht vielleicht nicht so schnell auffallen würden....

2 Therapie versuche hatte ich, aber es kam mir jedes mal vor als hätten die 2 Therapeuten so einen inneren Zeitfenster für sich fest gelegt (2 in der Klinik und 6 Monate bei dem anderen Therapeuten außerhalb der Klinik) und innerhalb dieser Zeit sollte ich dann auch wieder komplett fit sein, was mich aber immens unter Druck versetzte und ich das auch gar nicht schaffte.
Als ich dann auch diese Attacken bekam, wurde mir das Gefühl vermittelt als wolle ich gar keine Therapie machen, obwohl ich zuvor diese Attaken thematisiert hatte und von ihnen erzählte, dass diese auftreten manchmal....
Eigentlich wünsche ich mir Hilfe, ehrlich, ich scheine aber Therapie nicht zu verstehen und traue mich daher derzeit das nicht nochmal zu.

[HarryH]

Danke Überdosis für deine ausführliche Schilderung. Das mit der Gewichtszunahme ist verständlich dass du da wieder runter möchtest. Ich kann dazu nichts sagen, egal was ich bisher bekam wo in der Beilage stand man kann zunehmen ... ich nehme immer weiter ab. Ich habe jetzt die letzten 2,5 Jahrte über 30 kg abgenommen obwohl ich so esse wie immer. Da brauch ich auch dauernd neue Sachen. Hatte da auch lange Probleme mit weil ich dachte ich habe irgendeine blöde Krankheit aber es wurde nichts gefunden. Angeblich wärfe es die Psyche die die Energie verbraucht. Naja, vertragen kann ichs, wiege immer noch 80 kg. So, nun bin ich aber völlig vom Thema abgekommen.