Ich schäme mich für meine Schwäche

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IvonneSun
Beiträge: 62
Registriert: 18. Mär 2022, 16:21

Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von IvonneSun »

Hallo an Alle. Ich war jetzt länger nicht online.
Ich leide seit mehrfachen und langanhaltenden traumatischen Erfahrungen in Kindheit und Jugend immer wieder an Depressionen, war hunderte Stunden in Psychotherapie, in Reha, in Klinik. Seit 2013 habe ich wegen seelischer Störung einen GdB von 30 und bin einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Ich habe meinen Beruf (Pflege) gewechselt und arbeite jetzt als Sachbearbeiterin.Auf der Arbeit hat sich im Laufe der Jahre schon ein gewisses Verständnis für meine Erkrankung entwickelt. Dennoch fällt es mir immer noch unglaublich schwer, anzuerkennen, wenn es mir schlecht geht. Ich bin jetzt den zweiten Tag auf Karenz zu Hause, weil ich es einfach nicht schaffe (ich verstehe es nicht!) früh aufzustehen, mich zu waschen und anzuziehen, geschweige denn, mich auf den Weg zu machen. Dabei gibt es so viel zu tun. Ich träume schon von der Arbeit. Unglaublich. Ich fühle mich wie jemand, der betrügt. „wenn ich mich nur ein bisschen zusammen reißen würde, hätte ich das doch geschafft“. Nachmittags geht es mir etwas besser, da will ich dann sofort die liegen gebliebene Arbeit erledigen. Aber Energie ist dafür dennoch nicht da.

Geht es Euch auch so? Ich glaube, es tat mir schon gut, das jetzt mal aufzuschreiben.Ich weiß nicht, ob ich morgen zum Arzt gehe. Zu Hause fühle ich mich einfach sinn- und nutzlos.
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von MissMikse »

Hallo IvonneSun,

ich kann dich gut verstehen. Ich hab auch immer das Gefühl, als würde ich nur "blau machen" und wäre gar nicht wirklich krank und ich müsste mich doch nur zusammen reißen, dann würd ich das schon schaffen. Und wenn ich trotzdem zu Hause bleibe, fühle ich mich noch schlechter, weil ich scheinbar zu schwach bin um mich zusammen zu reißen. Aber ich lerne gerade, dass es nix bringt, weiter zu machen, wenn die Energie fehlt und dass es nicht gut ist sich permanent selbst durchs Leben zu prügeln. Gerade heute habe ich beschlossen, auch für die kommende Woche alles abzusagen und mir die dringend benötigte Auszeit zu gönnen, um meine Akkus wieder aufzuladen. Das war hart und ich weiß nicht, ob es in irgendeiner Art und Weise Konsequenzen nach sich ziehen wird - aber auch das ist mir mittlerweile egal. Wenn ich mich selbst kaputt mache, dann hat niemand was davon. Weder ich, noch die Arbeit, noch sonst wer.
Dass ich von der Arbeit träume - auch das kenn ich. Und es zeigt mir im Endeffekt nur, dass ich permanent powere und gar nicht mehr wirklich abschalten kann. Kein Wunder, wenn die letzten Reserven irgendwann auch verbraucht sind und man "liegen bleibt", weil keine Energie mehr da ist. Dass zu Hause bleiben irgendwie sinn- und nutzlos ist - auch hier bin ich gedanklich bei dir. Ich will was sinnvolles machen. Arbeiten ist sinnvoll. Zu Hause rum gammeln ist es nicht. Zumindest wurde ich so erzogen. Aber das stimmt nicht. Auch rumgammeln und sich erholen hat seinen Sinn. Auch wenn man das nicht wahrhaben will. Ich lerne... ;-)

Wenn dein Arbeitgeber schon ein gewisses Verständnis für deine Situation hat, dann werden die Kollegen es sicher auch verstehen, wenn du morgen zum Arzt gehst und dir eine AU holst. Wozu willst du dich unbedingt aus dem Bett quälen? Wegen irgendwelchem Papierkram? Der rennt nicht weg. Der wartet auf dich. ;-) Und wenn nicht: umso besser. Wenn morgen die Welt untergehen würde - würdest du dann unbedingt einen aufgeräumten Schreibtisch hinterlassen wollen? Oder würdest du lieber etwas schönes für dich machen?

Ich wünsch dir einen schönen Abend!
Luna1959
Beiträge: 679
Registriert: 20. Mai 2015, 17:35

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von Luna1959 »

Hallo IvonneSun,
deine Geschichte erinnert mich an meine. Depressiv aufgrund komplexer Traumatisierung. Mit Unterstützung von viel Psychotherapie schaffte ich mein Leben, aber es gab immer wieder große Einbrüche.
Ich hatte das riesige Glück, dass ich 34jährig bei einer mittelständischen Firma anfing, wo das Arbeitsklima gut war und dessen Chef einerseits mein Potential als kompetente, zuverlässige Bilanzbuchhalterin erkannte und andrerseits sozial eingestellt war. Er sagte zu mir, er könne zwar meine Schwierigkeiten nicht nachfühlen, aber er vertraue mir voll und ganz.
Meine Tätigkeit war sehr verantwortungsvoll, hatte ich doch sämtliche Finanzen, die Bilanz und Personalabrechnungen eigenverantwortlich über. Es wurde allseits akzeptiert, dass ich z.B. bei Einbrüchen meinerseits von zuhause arbeiten konnte. Das ging, weil meine Tätigkeit ja kein Tagesgeschäft war. Trotzdem "schimpfte" ich mich oft im Sinne "reiß dich zusammen" und schämte mich. Das kenne ich also zur Genüge. Platz neben meiner Arbeit für freudige Freizeit oder Sozialkontakte schaffte ich allerdings während meiner Berufstätigkeit kaum. Weil ich es mir vermutlich nicht zugestand. Außer es ging um Belange meiner Tochter betreffend.
Nachdem ich glücklicherweise eine gute Nachfolgerin gefunden und eingeschult habe, beantragte ich die vorzeitige Pensionierung, was auch wegen meiner 50%igen Beeinträchtigung sofort durchging.
Ja, mit komplexer Traumatisierung ist das Leben oft nicht einfach. Leider schämen sich ja die Menschen, die früher Opfer waren. Aber auch ohne die PTBS schlagen sich alle Depressiven mit dieser Scham herum, nicht so zu funktionieren, wie wir meinen zu müssen.
Liebe Ivonne, du betrügst NICHT!!! Ich wünsche dir den Mut, dass du morgen zum Arzt gehst und dich krank schreiben lässt.
Vielleicht hilft es dir, trotzdem jeden Tag was Gutes zu finden und in dem Thread "3 gute Dinge des Tages" festzuhalten. Mir half das jedenfalls sehr.
Alles Gute und viel Kraft Eva
Die Vernunft empfiehlt immer das, was andere gerne möchten.
IvonneSun
Beiträge: 62
Registriert: 18. Mär 2022, 16:21

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von IvonneSun »

Liebe Luna, liebe Eva. Ich danke Euch sehr für Eure Antworten. Sie haben mir sehr gut getan. Bei Dir, Luna, musste ich sogar ein bisschen schmunzeln und: Du hast Recht. Und Du, Eva, musst unglaublich stark sein, dass Du trotz Deiner Behinderung diese wertvolle Tätigkeit geschafft hast. Es kommt mir bekannt vor, dass dabei vieles an Selbstfürsorge auf der Strecke bleibt.
Vielen, lieben Dank!
Ich liege schlaflos im Bett und stelle fest, dass es gerade wirklich nicht geht. Bevor es schlimmer wird, versuche ich mal die Kurve zu kriegen. Es ist ja nicht so, dass das überraschend kommt. Ich muss mir immer wieder sagen, dass es sich hier um eine Erkrankung handelt. Aber ich weiß mittlerweile auch, was ich für mich tun kann.

Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende.
Kallimero
Beiträge: 17
Registriert: 9. Mär 2022, 18:13

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von Kallimero »

Ich kann gerade auch nicht schlafen….

Mir ging es lange Zeit auch so, ich habe mich immer zusammengerissen und gedacht, es muss gehen obwohl ich zunehmend gestresster und dünnhäutiger wurde…

Nachts lag ich jeden Tag monatelang wach und habe gegrübelt übe Ride Arbeit, was ich noch alles zu erledigen habe…bis eines Tages gar nichts mehr ging und ich Länge ausgefallen bin wegen Stress, chronischer Erschöpfung und Burnout.

Kümmere dich um dich, und nimm dir die Auszeit die du brauchst…
IvonneSun
Beiträge: 62
Registriert: 18. Mär 2022, 16:21

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von IvonneSun »

Vielen Dank, liebe Kallimero, liebe/r Samsara. Meine Reaktion ist sicher legitim, es gibt für alles einen Grund. Ich betrachte die Depression schon länger als einen, teils ungeliebten, Freund, der mich schützen will, wenn’s hakt. Ich treffe ihn aber nicht so gern …
Du hast leider sehr Schlimmes erlebt, Samsara. Dein Beitrag ist keineswegs bla-bla, sondern Du teilst wertvolles Wissen. Hab vielen Dank dafür.
Liebe Eva. Dein Spruch mit der Vernunft ist klasse 👍🏻!
Liebe Grüße an Alle
IvonneSun
Beiträge: 62
Registriert: 18. Mär 2022, 16:21

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von IvonneSun »

Liebe MissMikse jetzt habe ich gerade festgestellt, dass ich Eure Beiträge nicht richtig zugeordnet hatte: es war nämlich Dein Beitrag, der mich schmunzeln ließ und ich sage Dir: Du hast recht.
Liebe Grüße
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von MissMikse »

Hallo IvonneSun,
Schmunzeln ist der Beginn eines Lächelns. ;-) Gut so!
Der "ungeliebte Freund" ist ein Teil von uns, und tatsächlich gar nicht so unwichtig. Manchmal sollten wir auf ihn hören, weil er uns zeigt, was schief läuft und wo wir was ändern sollten. Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, passt uns das natürlich nicht so wirklich.
Es gibt so nen Spruch, wo es heißt:
Die Seele flüstert dem Körper zu "Quäle du ihn, auf mich hört er nicht." Das ist es, was ich seit ca. 10 Jahren lernen sollte. Und ignoriert habe. Und jetzt kam der finale Nackenschlag, der mich endgültig niedergestreckt hat und zur Ruhe gezwungen. Wer weiß, wozu es gut war/ist.
Erhol dich! Und ein schönes Wochenende wünsch ich dir!
sunshine94
Beiträge: 46
Registriert: 16. Feb 2023, 11:15

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von sunshine94 »

Hallo IvonneSun,

danke für deine Offenheit und deinen Beitrag.
Ich finde, du hast richtig viele gute Schritte für dich gemacht in der Vergangenheit (Beruf gewechselt, gdb, etc.) das zeigt, dass du auf dich achtest. Auch super, dass du mit der Arbeit offen sein kannst und die Verständnis haben.

Mir geht es momentan ähnlich. Ich bin auch aktuell krank geschrieben wg. schwerer Depression. Ich schäme mich aber vor allem auch, weil ich erst seit Januar im neuem Job bin (somit Probezeit) und weil die von mir abhängig sind wegen Personalmangel. Leider kam jetzt super ungünstig die Depression zurück!
Ich habe ähnliche Symptome aber glaube, dass das einfach die Depression ist. Was ich sagen will, mir hat’s ein wenig geholfen, dass ich mir dann gesagt habe:“das ist okay, das ist die Depression, das geht wieder vorüber und die Gesundheit geht vor“. Und ich denke es ist auch einfach ein wichtiges Signal.
Du darfst dir das erlauben. Wir müssen uns nicht schämen! Und kleiner Tipp: versuche die Situation so gut es geht anzunehmen und in viel kleineren Schritten zu denken. Dich für jede Kleinigkeit loben :) vom Bett aus lesen, Musik hören :) dir auch das gönnen. Das hast du dir verdient, lass dich nicht verunsichern.
Ich drücke dir die Daumen, dass du dich erholen kannst und da deinen Weg bzw Umgang mit finden wirst.
Ganz Liebe Grüße
Sunshine
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Ihr,

@MissMikse, Deine Worte haben mich sehr berührt - meine Seele hat auch geschrien und ich habe sie so lange ignoriert, bis mein Körper dem ein Ende gesetzt hat. Totalausfall - 9 Monate AU, wennschon, dennschon. Ich bin ihm heute (9 Jahre später) dankbar dafür. Es war eine harte Lehre, aber ich bin wirklich über meine Kräfte gegangen.
Doch die Erkenntnis und das Arbeiten daran ist ein Prozess, der seine Zeit dauert. Schließlich muss man alles über Bord werfen, was von kleinauf wichtig war. Ich bin mit Sätzen aufgewachsen wie "hast du was, bist du was", "was sollen die Nachbarn denken" und "lern was Anständiges". Niemand sagte "achte auf Dich" oder "Du bist wertvoll, wie Du bist". Das jetzt zu ignorieren und sich selbst schätzen zu lernen, finde ich wahnsinnig schwierig.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
IvonneSun
Beiträge: 62
Registriert: 18. Mär 2022, 16:21

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von IvonneSun »

Hallo Lavendel, das kenne ich: Mir hat niemand gesagt, „achte auf Dich“. Im Gegenteil, wer nichts leistet, ist nichts wert. Es ist wohl eine Lebensaufgabe, das abzulegen. Das zieht sich bei mir durch alle Lebensbereiche und fällt mir sehr schwer. Wenn ich Menschen um mich habe, kommt automatisch das Angepasstsein und das Gefühl, mich um sie kümmern zu müssen oder sie bei Laune halten zu müssen. Wenn ich alleine bin, fühle ich mich nutzlos, wenn ich nicht wenigestens was im Haushalt mache. Und das geht seit 40 Jahren so. Wenn ich das hier so lese, brauche ich mich doch echt nicht wundern, dass ich so erschöpft bin. Entspannen fällt mir sehr sehr schwer, bei mir geht alles, was ich mache, schnell in Leistungsdruck über. Am ehesten hilft noch Yoga unter Anleitung, wenn ich mich da auf die Atmung konzentriere. Aber das habe ich in der Vergangenheit zu wenig gemacht und will es jetzt wieder aktivieren. Bin auch gerade in einer Malgruppe des Leipziger Bündnisses gegen Depressionen. Da habe ich letztens wieder gemerkt, dass ich Malen zwar sehr mag, aber es mir selbst verleide, weil ich so perfekt sein will. Und dann macht´s nämlich keine Freude mehr. Die Kursleiterin achtet sehr darauf, dass man frei und ohne Anpannung malt. Es ist nicht wichtig, was dabei rauskommt. Finde ich gut. Da kann ich auch entspannen.
So muss wohl jeder seinen Weg finden.
Ich danke Allen für die lieben und wertvollen Beiträge.
Habt ein schönes Wochenende.
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von MissMikse »

@Lavendel: oh, ich kann dich so gut verstehen... meine Eltern haben immer nur von mir gefordert, immer noch mehr, immer noch besser sein usw. So gut wie nie ein Lob, immer nur Druck, Kritik, Drohungen, Schläge usw.
Sie sind so erzogen worden, vermute ich, und haben selbst auch nie gelernt auf sich zu achten. Und tun es auch heute noch nicht, obwohl ihre Körper auch alt und müde sind. Aber das müssen sie selbst entscheiden. Ich muss mich da klar abgrenzen.
Und Sätze wie "was sollen die Nachbarn denken" oder das berühmte "alles unter einen Teppich kehren" und nur ja nix sagen, immer den schönen Schein waren - ich kenne es zur Genüge. Und sich dann aber wundern oder gar beschweren, wenn das Kind kein Vertrauen hat...

Ich muss auch lernen, mir selbst nicht so viel Druck zu machen, weil ich immer die Stimmen im Ohr hab, die mir auch sagen, dass man arbeiten muss, nicht faulenzen darf, "was Anständiges lernen" kenn ich auch nur zu gut... (ich wollte Musiker werden - die brotlose Kunst).

Heute habe ich mitbekommen, dass sehr viele Kollegen auf der Arbeit krank sind/waren diese Woche. Aber auch da muss ich lernen, kein schlechtes Gewissen zu haben. Es hätte nichts gebracht zu versuchen, arbeiten zu gehen. Ich wäre nach 2 Stunden vermutlich zusammen gebrochen. Und ich bin auch nicht diejenige, die die Firma dauernd "retten" muss, die schaffen das auch ohne mich (obwohl man sich dann ggf. irgendwie "nutzlos" oder "nicht gebraucht" fühlt, aber das ist wieder was anderes).
Mir hat mal jemand gesagt: "Klar geht es auch ohne dich, aber mit dir ist schöner!" - komisch, daran habe ich schon ewig nicht mehr gedacht und weiß auch grade gar nicht mehr, wer mir das gesagt hat. Vielleicht sollte ich doch mal anfangen, mir solche Dinge aufzuschreiben, damit ich sie lesen kann, wenn es mal wieder komplett düster ist um mich herum. ;-)

LG
Lavendel64
Beiträge: 543
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von Lavendel64 »

Wow, der Satz kommt morgen in unsere "Komplimente-to-go"-Box. Habe ich nach der Klinikzeit in der Abteilung eingeführt. Wer sich gestresst oder genervt fühlt, darf sich eins nehmen (oder bekommt es angeboten) und den Tag über an den PC kleben. Abends muss es wieder zuürck in die Box, damit sie sich nie leert.

@Miss Mikse: Schläge gab es bei mir nicht. Aber Druck ohne Ende, aus dem Kind soll mal was Besseres werden. Inzwischen stelle ich fest, dass viele Eltern ihre Kinder damals so erzogen haben, mit Blick auf das Materielle. Meine Mutter ist jetzt 84 und wir können beide entspannt damit umgehen, ich kann akzeptieren, dass sie nur das Beste wollte, aber gut gemeint ist halt nicht gut gemacht. Sie leidet jetzt unter massiven Selbstzweifeln, kommt mit den eigenen Schwächen (die sich automatisch mit dem Alter einstellen) überhaupt nicht klar. Ich habe jetzt noch die chance zu lernen, netter zu mir zu sein.
Nein, die Firma muss man nicht retten. Man fällt nur leider zu leicht in alte Muster zurück und arbeitet über die Kräfte. Ich erlebe es auch gerade wieder und mir hilft nur, mir tatsächlich einen Zeitpunkt vorzunehmen, an dem ich gehe. Und das trotz schlechtem Gewissen zu tun.

@IvonneSun: Wie sich Gefühle doch ähneln, dieses Nutzlos-Gefühl, wenn man einfach einen Nachmittag auf dem Sofa verbringt. Es gibt Zeiten, da kann ich das total genießen und das ist ein tolles Gefühl. Sobald es mir etwas schlechter geht, kommt wieder diese Unruhe, dieses schlechte Gewissen. Wird sich das jemals geben?
Und ... wenn es mir besser geht, vergesse ich schnell die Dinge, mit denen ich mich "festigen" sollte, drei schöne Dinge aufzuschreiben abends, morgens nach dem Aufwachen kurz innezuhalten und mal ds innere zu fragen 'wie geht es heute? Wenn der Tag geschafft ist, womit wollen wir uns belohnen?' Ich verfalle schnell wieder in den Trott und die Hektik des Alltags ... bis zum nächsten Tief. Dann fällt mir wieder ein: Mist, Du wolltest doch...
Zur Malgruppe: Ich male seit der Zeit in der Tagesklinik mehr oder weniger regelmäßig. War lange dort in der ambulanten Maltherapie, bis mir das Therapeutische auf den Wecker ging (redet mir nicht jeden Strich schön...). Zwei Jahre später meldete ich mich tatsächlich im VHS Kurs an ... und stellte fest, dass auch die Nicht-Depressiven zu kritisch mit ihren Werken sind. Der Perfektionismus ist leider immer noch da.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
IvonneSun
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Re: Ich schäme mich für meine Schwäche

Beitrag von IvonneSun »

Hallo an Alle. Ich möchte Euch recht herzlich für Eure Unterstützung bedanken. Dank Euch bin ich zum Arzt gegangen. Ich bin jetzt die zweite Woche krankgeschrieben und fühle mich etwas besser. Jeden Tag versuche ich, etwas Schönes für mich einzubauen, obwohl das „sich auf den Weg machen“ immer sehr schwer fällt. Ich plane in Baby-Steps und freue mich, wenn ich’s schaffe. Und wenn’s mal gar nicht geht, akzeptiere ich das auch. Vielleicht noch eine gute Erfahrung: ich kann eigentlich nicht entspannen. Letzte Woche hatte ich deshalb erstmalig eine ayurvedische Kopfmassage gebucht und erhalten, danach war ich zwar fix und fertig, aber auf angenehme Weise. Ich würde sagen, da war ich mal entspannt. So muss wohl jeder seinen Weg finden.
Liebe Grüße.
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