Arbeit raubt mir den Lebenswillen

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cobop
Beiträge: 1
Registriert: 21. Nov 2022, 09:01

Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von cobop »

Hi Leute,

bitte entschuldigt, wenn der Text ein bisschen durcheinander und rambly wird. Mir fällt es schwer meine Gedanken zu ordnen.

Kurz zu mir, ich bin Anfang 30 und leide seit mindestens meinem halben Leben schon an Depressionen. Schon mehrere Therapien hinter mir und ich bin gerade ca bei Medikament 13, leider hat alles nicht wirklich geholfen.

Nun zum eigentlichen Problem, ich komme mit dem Arbeitsleben nicht mehr klar. Jeder Tag raubt mir so viel Energie, dass ich daheim eigentlich nur noch umfalle und keine Kraft mehr habe irgendwas sinnvolles anzustellen. Das geht von Montag bis Freitag so. Samstag kann ich mich dann etwas erholen und Sonntag beginnt schon wieder die Anspannung vor Montag, da ich weiß, dass wieder eine neue Woche auf mich wartet.

Das Ganze ist auch begleitet von wahnsinnigen Ein-, und Durchschlafstörungen, ich weiß nicht, wann ich das letze mal eine erholsame Nacht hatte. Wirklich schlafen kann ich nur, wenn ich krank geschrieben, oder im Urlaub bin. Das bezieht sich auch auf Energielevel, Motvation, und einfach alles. Im Krankenstand oder im Urlaub bin ich ein total ausgewechselter Mensch.

Ich weiß einfach nicht, wie ich das noch 30 Jahre aushalten soll, jeder Tag kostet mich so viel wertvolle Lebenszeit, die ich nie wieder zurückbekommen werde. Nur dafür, dass ich dann irgendwann mit Ende 60 ohne ausreichende Rente dann bis zum Tod vor mich hin vegetieren darf. Jetzt hätte ich die Zeit und Energie (wenn sie mir die Arbeit nicht immer rauben würde), die Welt zu sehen, Dinge zu erleben, bzw einfach zu leben, aber mit den paar Tagen Urlaub im Jahr ist das nicht möglich, da ist vielleicht mal eine (oder lass es zwei sein, wenn es hoch kommt) Woche wegfahren drin.

Ich weiß einfach nicht mehr weiter, ich muss aus diesem Hamsterrad raus, es ist schon soweit, dass ich angefangen hab Lotto zu spielen, weil das für mich die einzige Möglichkeit ist aus dem System rauszukommen, weil ich dann einfach finanziell unabhängig wäre und mein Leben für mich hätte, und nicht 40h/Woche wegwerfen würde.

Momentan bekommt man auch einfach keinen Therapieplatz, wenn man nicht gerade akut suizidgefährdet ist. Wobei ich auch nicht weiß, was mir das noch bringen würde. Therapie, Medikamente und Klinik wären ja auch nur dafür da, mich soweit wieder auf die Höhe zu bringen, damit ich wieder fleißig weiter in die Arbeit laufen kann. So wirklich auf Heilung ist man da ja auch nicht aus.

Ich habe schon mehrmals die Arbeitsstelle gewechselt, aber das Gefühl, dass ich dabei mein ganzes Leben wegwerfe für nichts und wieder nichts, bleibt immer.

Dazu kommen ja jetzt auch noch die hohen Kosten für alles und es wird alles noch teuerer, ich weiß nicht mehr weiter.

Das Einzige, was mich vor dem kompletten zusammenklappen im Moment noch rettet, sind meine Hobbies, aber auch dafür fehlt mir langsam die Zeit und Energie.

Tut mir leid, dass das alles so durcheinander war, ich musste mir alles einfach mal von der Seele schreiben.

Ich wünsche euch noch einen schönen Tag!
Mongolin
Beiträge: 345
Registriert: 1. Okt 2020, 10:44

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von Mongolin »

Liebe oder lieber Cobob,
Das war gar nicht durcheinander was du geschrieben hast. Und willkommen hier hoffe du bekommst einige Anregungen.
Du bist mit Anfang 30 noch jung, um dir klar zu werden, was du in und mit deinem Leben machen möchtest.
Du hast nicht geschrieben, was du arbeitest. Vielleicht ist die Ausrichtung deiner Arbeit nicht das richtige für dich?
Kannst du dich länger krank schreiben lassen, so mehrere Monate und die Zeit nutzen, um zu Kräften zu kommen und herauszufinden wie du leben möchtest?
Arbeiten müssen/ wollen die meisten. Kann ja auch sinnvoll sein.
Wenn du noch so jung bist, ist es vielleicht auch eine Überlegung Wert, ein freiwilliges soziales Jahr zu machen. Das was dich vielleicht interessiert?
Ich bin doppelt so alt wie du und überlege ein soziales Jahr oder eher ein paar Monate im Ausland zu machen
Für mich auch nicht so einfach
Aber, ich kenne all die Jahre mit Depressionen. Jetzt ist es zwar etwas besser oder auch nur mein Umgang damit, aber leicht ist anders.
Ich wünsche dir, dass du einen Weg aus deinem Hamsterrad findest und glaube und wünsche, dass das Leben noch einige positive Überraschungen für dich bereitet.
Liebe Grüße Mongolin
Hermann87
Beiträge: 3
Registriert: 13. Mär 2023, 15:55

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von Hermann87 »

Mir geht's GANZ genauso!! Hab seit Ende meines Studiums 2015 jetzt 4 Arbeitgeber durch und überall war es eine Vollkatastrophe die immer in einen völligen Zusammenbruch und mehreren Monaten / Jahren Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Aktuell bin ich schon wieder fast ein Jahr zuhause und mein ALG I läuft Mitte August aus ... wie es dann weitergehen soll, keine Ahnung .. habe riesige Existenzängste! Hinzu kommt, dass meine Frau in Elternzeit ist und kaum Einkommen hat.
Reziprok
Beiträge: 126
Registriert: 9. Mär 2023, 07:51

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von Reziprok »

Hi cobop,

@Mongolin fragte Dich ja nach der Art der Arbeit (Branche/Stellenbezeichnung), die Du ausübst. In dieser Frage sehe ich eine mögliche Lösung, was Deine arbeitsbedingte Überlastung und Deine daraus resultierende psychischen Verfassung betrifft. Vielleicht würde Dich ein ganz anderer Beruf weniger belasten.

Deswegen hier das Stichwort "Umschulung". Damit meine ich vollwertige berufliche Ausbildungen mit einer Dauer von mindestens 2 Jahren in einen ganz anderen Beruf, entweder rein schulisch oder auch in einem Ausbildungsbetrieb.

Umschulungen werden von der Rentenversicherung oder der Agentur für Arbeit (im Falle einer aktuell vorliegenden Arbeitslosigkeit) finanziert. Voraussetzung hierfür ist neben den erforderlichen Beitragszeiten in die Renten- bzw. Arbeitslosenversicherung nach einem Aufenthalt in einer Reha-Klinik die Feststellung der Reha-Klinik, dass Du Deinen aktuellen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nur noch weniger als 3 Stunden täglich ausüben kannst.

Liegt diese Voraussetzung vor, muss der zuständige Leistungsträger (Rentenversicherung oder Agentur für Arbeit) darüber entscheiden, ob er Dir die Umschulung bewilligt.

Während der Umschulung würdest Du Übergangsgeld beziehen, das ist höher als Arbeitslosengeld I, es bemisst sich, soweit ich weiß, an der behördlich festgelegten standardisierten Vergütung Deiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit.

Du könntest Dich natürlich auch direkt für eine Ausbildung in einem Betrieb bewerben, ohne Unterstützung durch die Rentenversicherung oder die Agentur für Arbeit.

Oder bist Du generell durch eine Vollzeittätigkeit überlastet, wobei es egal ist, welchen Beruf Du ausüben würdest? Falls ja: Vielleicht mit der wöchentlichen Stundenzahl runtergehen?

Viele Grüße

Reziprok

Nachtrag: Sehe gerade, dass der Beitrag von cobop vom 27. Nov 2022 ist, dann hat sich seine/ihre Anfrage wohl in der Zwischenzeit erledigt. Aber vielleicht ist mein Beitrag hier in diesem Thread ja eine Anregung für @Hermann87.
SaltedCaramel
Beiträge: 2
Registriert: 26. Apr 2023, 14:13

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von SaltedCaramel »

Hallo liebe Leser,
ich würde mich mal hier einreihen, da es mir exakt genau so geht und ich mir unsicher bin, ob ich deswegen einen neuen Threat eröffnen sollte.

Ja, wie bereits erwähnt geht es mir eben sehr ähnlich. Ich habe dutzende Therapieversuche hinter mir. Wirklich dutzende. Von Analyse über Verhaltenstherapie, über Tiefenpsychologie, stationär Klinik, Tagesklinik, Rehamaßnahme, die letzten Jahre nur noch als Selbstzahler bei Heilpraktikern, Coaches, Heilern, ich war wirklich überall. Ich hab so viel Geld ausgegeben in der Hoffnung meine schweren Depressionen irgendwie in den Griff zu kriegen, welche seit Kindheit mein Leben bestimmen. Ebenso hab ich sowohl Pharma als auch Naturprodukte versucht, nichts hilft so wirklich. Denn das Problem bleibt: Ich muss arbeiten und funktionieren in einer Welt, die nicht zu mir passt. Meinen ersten Beruf hab ich wegen Burnout und schweren Depressionen an den Nagel gehangen (Medizin) und jahre um eine Umschulung gekämpft. Die Umschulung lief dann auch richtig bescheiden und hat mich so viel Kraft gekostet, dass ich direkt danach wieder auf Reha hätte gehen müssen. Aber ich wollte stark sein, es durchziehen, einfach nur "normal funktionieren wie jeder andere auch." Also hab ich mich privat weitergebildet mit eigenem Geld, denn Umschüler haben einen schlechten Ruf. Leider zurecht, aber anderes Thema. Und nach einem Jahr "Arbeitslosigkeit" hab ich endlich einen Job gefunden. Leider läuft das auch richtig richtig beschissen. Zum einen, da an Berufseinsteiger unmögliche Erwartungen gestellt werden (30 Jahre berufserfahrung, alles wissen, keine Bedürfnisse haben und aber bezahlt werden wollen wie ein Praktikant) und zum anderen, da ich merke schon wieder tot unglücklich mit der Tätigkeit zu sein. Und ein toxisches Verhältnis zum Arbeitgeber kommt oben drauf.

Ich fühle mich richtig gefangen. Mache mir manchmal Vorwürfe nicht so funktionieren zu können wie ein "normaler Mensch", sondern nach maximal 6 h Arbeit schon richtig fertig zu sein. Aber ich arbeite 9 - 10h am Tag und hab dann noch 2 h Fahrzeit. Bin also 11-12 h außer Haus. Ich krieg danach gar nichts mehr auf die Reihe. Kein Einkaufen, kein Essen, kein Ausgleich (Sport, Yoga, frische Luft, etc). Ich komme nach Hause und falle tot ins Bett.
Ich hab in den vergangenen Monaten weder genug geschlafen, noch genug gegessen. Ich bin psychisch total am Ende und schon wieder in Therapie. Aber man kann mir dort nicht helfen. 4 Therapeuten infolge haben zu mir gesagt, sie können mir nicht helfen / nichts für mich tun. Das ist... das hört man nicht gerne. Es macht mich hoffnungslos.

Ich bräuchte eigentlich einen Job, der mehr meiner Natur entspricht. Ich merke, dass ich total gegen meine Bedürfnisse lebe aber ich kann gleichzeitig gar nicht sagen, was meine eigentliche Bedürfnisse wären. Ich bin total entfremdet, erkenne mich selbst nicht wieder. Ich denke manchmal an früher und kann mich überhaupt nicht mehr mit der Person identifizieren, die ich einst war. Insgeheim weiß ich, wenn ich in einem Umfeld, einer Welt, leben könnte, die meinen Bedürfnissen entspricht, dann ginge es mir wirklich gut. Ich hab manchmal das Gefühl wie ein Autist zu sein, der total in seiner Welt lebt und das Umfeld null verständnis dafür aufbringen kann. Also versuche ich mich anzupassen, "normal" zu sein. Aber es kostet mich so viel Kraft. Ich bin so müde. So schrecklich müde.

Wenn ich ein paar Tage frei habe oder auch in dem Jahr, als ich zu Hause war, ging es mir recht gut. Wäre da die Existenzangst nicht gewesen und dieser Druck vom Amt jetzt verdammt noch mal nen Job zu finden... Ich bedauere, dass ich nie die Möglichkeit fand mich beruflich zu finden. Ich weiß nicht wohin mit mir. Was mir liegt, wo meine Talente sind. Ich fühle mich so nutzlos und oft nicht stark genug für dieses Haifischbecken da draußen in der Wirtschaft. Die ganzen schlimmen Erlebnisse aus der Kindheit und Jugend tun natürlich ihr übriges.

Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann würde ich gerne ganz viele Praktika machen und alle möglichen Berufe testen. Sie machen und "spüren", ob das was für mich wäre. Aber mit 31 muss man leider langsam mal in den sauren Apfel beißen und sich für irgendwas entscheiden, dass man halbwegs ertragen kann und damit sein Leben finanzieren kann. Zudem kommt der Druck der Familienplanung. Ich hab das Gefühl einfach nicht den richtigen Moment dafür zu erwischen. Erst war ich zu jung, dann musste ich mich beruflich neu orientieren und jetzt läuft es wieder beschissen. Meine bioligische Uhr tickt immer lauter. Der Druck ist so groß, dass ich mich damit abfinde gar keine Kinder mehr zu kriegen. Ich hab so Sorge nie wieder einen Job zu finden, sobald ich Mutter bin. Ich hab angst dann in dieser klischeerolle zu versumpfen und nur noch dröge Hausfrau und Mutter zu sein, die nicht einmal Anerkennung erfährt sondern im Gegenteil: Im Alter Pfandflaschen sammeln zu können. Ich habe das Gefühl ich MUSS als junge Frau arbeiten. Und ich MUSS Kinder kriegen. Schließlich haben viele für Emanzipation gekämpft und ich MUSS nun der Rolle der modernen Frau gerecht werden.

Das ganze System hier in Deutschland macht mich fertig. Ich denke oft darüber nach auszuwandern aber ich hab weder den Mut, noch eine Idee wo es besser sein könnte. Ich spüre nur, dass es mich einfach nur krank macht. Und ich den Kampf der Anpassung täglich verliere oder teuer bezahle.

Ich hoffe, ich kann mit meinem Beitrag zeigen, dass es mehr von "uns" gibt. Von jenen, die der Kapitalismus auffrisst. Weil in unserer Gesellschaft irgendwie die Menschlichkeit und die Verbindung zur Natur (Ursprung) immer mehr verloren geht. Vielleicht wäre ich in einem Kloster gut aufgehoben.

Danke für's Lesen.
Reziprok
Beiträge: 126
Registriert: 9. Mär 2023, 07:51

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von Reziprok »

Hi SaltedCaramel,

Du schreibst:
Ich hoffe, ich kann mit meinem Beitrag zeigen, dass es mehr von "uns" gibt. Von jenen, die der Kapitalismus auffrisst.
Ich bin auch der Meinung, dass die Nachteile des kapitalistischen Wirtschaftssystems viele Menschen kaputtmacht. Wie z. B. der Leistungsdruck oder das so genannte Hamsterrad.

Zum Thema "Wer nicht arbeiten geht, ist faul und liegt der Gemeinschaft auf der Tasche":

Diese gesellschaftliche Norm gibt es übrigens nicht nur im Kapitalismus. Denn auch in der DDR wurden Menschen in moralischer Hinsicht verurteilt, die nicht arbeiten gehen wollten.So weit ich weiß, wurden Arbeitsverweigerer in der DDR wegen ihrer Arbeitsverweigerung ins Gefängnis gesteckt.

Der Kapitalismus hat aber auch Vorteile, wie z. B. die normalerweise immerwährende sofortige Verfügbarkeit aller Arten von Produkten und Dienstleistungen (im Unterschied zum einst real existierenden Sozialismus in den ehemaligen Ostblockstaaten), sprich:

Er ist in der Lage, den Wunsch nach Konsum zu befriedigen. Der mit dem Kapitalismus einhergehende Konsum macht aber unsere Lebensgrundlagen kaputt, siehe der Klimawandel und das fortschreitende Artensterben. Das kapitalistische Wachstumsprinzip vernichtet aber auch zunehmend unsere Lebensgrundlagen.

Der einst real existierende Sozialismus in den ehemaligen Ostblockstaaten hat aber auch zum Treibhauseffekt in der Atmosphäre beigetragen.

Der einst real existierende Sozialismus hat meiner Meinung nach auch deswegen nicht funktioniert, weil er nicht gewisse primitive Eigenschaften des Menschen adressierte: den bisweilen übertriebenen menschlichen Egoismus und das Streben nach Reichtum, die menschliche Gier. Der Kapitalismus befriedigt diese Bedürfnisse. So dass im Extremfall einige wenige Menschen in einem Land sehr reicht sind und die Mehrheit der Bevölkerung arm.

Die so genannte Soziale Marktwirtschaft, die es z. B. hier in Deutschland gibt oder geben soll, versucht die extremsten negativen Auswüchse des Kapitalismus durch eine gewisse Umverteilung zwischen Oben und Unten auszugleichen. Aber so richtig klappt das nicht (mehr), vor allem nicht in Krisenzeiten, wie z. B. in unserer aktuellen Poly-Krisenzeit.

Ich habe mich aus dem Hamsterrad-System ungewollt-gewollt mittlerweile quasi ausgeklinkt, weil ich seit ein paar Jahren eine Erwerbsminderungsrente beziehe. Sie ist netto ein paar Hundert Euro geringer als wenn ich z. B. Bürgergeld beziehen würde. Deswegen verbrauche ich jeden Monat einen kleineren Betrag aus meinem Vermögen, das ich vor ein paar Jahren geerbt habe. Ich verbrauche pro Monat quasi einen Betrag in Höhe von Bürgergeld + 200 Euro, und das reicht mir aus.

Ich lebe also recht bescheiden oder auch minimalistisch. Und das macht mich nicht unzufrieden. Ich bin eigentlich recht zufrieden mit meinem Leben, in dem nicht mehr viel passieren wird, aber das ist mir egal. Dinge wie z. B. Reisen sind für mich unwichtig. Ich brauche nicht zu verreisen. Ich habe schon genug von der Welt gesehen. Und den Planeten mit z. B. Flugreisen weiter verpesten (Stichwort Klimawandel) will ich auch nicht. Ich bin seit 16 Jahren nicht mehr geflogen.

Mir ist es auch egal, wenn ich im Alter (ich bin 57 Jahre alt) arm sein werde. Mein Vermögen sollte in Kombination mit Wohngeld, das ich wahrscheinlich gegen Ende dieses Jahres beziehen werde, theoretisch bis zu meinem 74. Lebensjahr reichen, bis ich gezwungen bin, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu beantragen. Ich habe das mal ausgerechnet. Hinweis: die von mir errechneten 74 Jahre lassen die Inflation außer Betracht, das heißt, ich werde wahrscheinlich bereits ein paar Jahre vor meinem 74. Lebensjahr besagte Grundsicherung beantragen müssen.

Meine Zeit vertreibe ich vor allem damit, dem Weltgeschehen zu folgen. Ich bin vielseitig interessiert und versuche, mir ein möglichst differenziertes Bild von unserer komplexen Welt zu machen. Weil ich neugierig bin.

Vielleicht können meine Worte Dir ja in irgendeiner Weise dienlich sein.

Viele Grüße

Reziprok
MissMikse
Beiträge: 466
Registriert: 14. Mär 2023, 20:07

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von MissMikse »

Hallo SaltedCaramel,

mein Wahlspruch lautet derzeit "Ich MUSS gar nichts, da sein und atmen reicht völlig."

Auch ich kenne den Druck, "normal" zu sein und als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft angesehen zu werden. Meine Familie lebt anders, sie wollten was "Besseres" für mich. Aber ob deren Vorstellung von "besser" auch meine Vorstellung von besser ist, das war denen relativ egal. Und ich hab irgendwann gemerkt, dass wir unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was das "Beste" für mich ist. Und nun lebe ich nach meinen eigenen Vorstellungen und nicht so, wie die Familie es erwartet hätte.
Ich bin 40, Single, keine Kinder, ich lebe in einer Wohnung statt in einem Haus im Grünen, ich hab nen schlecht bezahlten Job und kann mir nicht viel leisten. Na und? Für mich sind andere Dinge wichtiger als 2-3 mal im Jahr in den Urlaub fliegen, nen dicken SUV zu fahren oder mit nem Haus und nem dicken Bankkonto anzugeben. Ich lebe den "Luxus", mir Zeit für mich zu nehmen, mich auszuruhen wenn mir danach ist, aus dem Hamsterrad auszusteigen und den anderen beim weiter hetzen zuzuschauen und den Kopf darüber zu schütteln. Ich freu mich über die kleinen Dinge im Leben und strebe nicht dauernd nach was Höherem.

Wer sagt denn, dass du Vollzeit arbeiten musst? Es reicht doch auch Teilzeit? Wer sagt, dass du heiraten und Kinder kriegen musst? Wer sagt, dass du dir ein Haus leisten musst statt einer kleinen, gemütlichen Wohnung?
Meistens sind das unsere eigenen Vorstellungen, die sich nur so tarnen, als wären es die Erwartungen von anderen. Es ist oft auch das Umfeld, in dem wir aufgewachsen sind. Als Kind war ich z.B. fest davon überzeugt bzw. es war für mich normal, dass meine Großeltern in einem Haus leben. Die Oma, die nur eine Wohnung hatte, war irgendwie "komisch". Als ich weg gezogen bin und plötzlich Nachbarn hatte, die in der Wohnung nebenan ihre Enkel empfangen haben, wurde mir plötzlich klar, dass für andere Menschen was anderes "normal" ist.

Wir sind Menschen, Individuen, keine Lebewesen von der Stange die der Norm xy entsprechen müssen. Finde heraus, was für dich selbst "normal" ist. Finde deine eigene Norm, in die du rein passt und in der du dich wohl fühlst. Aktuell hört es sich so an, als würdest du versuchen, ein Kleid in XS zu tragen, obwohl du L bräuchtest (oder umgedreht). Das würden wir bei Klamotten nicht machen. Aber bei allem anderen lassen wir uns in Formen und Größen pressen, die nicht zu uns passen.

By the way: 9-10 Stunden arbeiten und noch 2 Stunden Fahrzeit ist eigentlich gar nicht legal laut Arbeitszeitgesetz. Du darfst nicht über 10 Stunden kommen. Ausser, du fährst mit den Öffis. Und du musst 11 Stunde Ruhe zwischen den Schichten haben. 9-10 Stunden ist auch schon nicht mehr Vollzeit, sondern mehr als Vollzeit. Warum arbeitest du so viel? Gibt es einen speziellen Grund?

Also: was willst DU mit deinem Leben anstellen?
Wenn es dir z.B. als Einsiedler im Wald besser geht, dann mach das doch! ;) Niemand zwingt dich so zu leben wie du es grade tust, ausser dir selbst.

Liebe Grüße
axl2001
Beiträge: 14
Registriert: 9. Mai 2023, 09:07

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von axl2001 »

Ich habe da einen anderen Umgang mittlerweile. Ich war in dem selber Alter und war fix fertig, konnte nicht mehr schlafen. Denke das ich kurz vor einem Burnout war.
Zusätzlich hatte ich dann noch die Scheidung und es kamen einige Dinge dazu. Ich habe dann von heute auf morgen gekündigt und mir zusätzlich den Sommer für mich freigehalten.
In der Zeit kam ich dann auch wieder runter und konnte Kraft sammeln. Konnte wieder schlafen und hab in der Zeit auch sehr viel Sport gemacht.

Es ist einfach nur eine Arbeit und das ist vielen nicht bewusst. Man verbringt mehr Zeit mit Arbeit als mit der Familie und da muss auch die Arbeit die ich mache Spaß machen.
Ich will keinem dem Rat geben zu kündigen, aber sich hinterfragen ob es das Wert ist das man eigentlich Kraft, Lebensenergie und Zeit verliert.

Umschulungen sind in dem Alter kein Problem und neuen Job wirst du in der jetzigen Lage auch wieder schnell finden.

In diesem Sinne alles gute :).
LG
Suchende2
Beiträge: 1182
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Arbeit raubt mir den Lebenswillen

Beitrag von Suchende2 »

Hallo SaltedCaramel,

mich hat meine Therapeutin gefragt: Und welchen Anteil haben Sie daran?
Es geht bei dieser Frage NICHT um Schuld.
Warum hat sich mein Chef bei mir getraut Sachen zu verlangen und zu sagen, was er von anderen Kollegen nicht verlangt und nicht zu denen gesagt hat?
Sich damit zu beschäftigen, ist für mich ein längeres Projekt und ich denke es ist hilfreich, damit ich in Zukunft im Arbeitsleben nicht mehr so behandelt werde, wie ich wurde.

Das ist nur als Gedankenanstoß gedacht, der mich auf meinem Weg weitergebracht hat.

Alles Gute,
Suchende
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