Brauche bitte Motivation

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Frautel
Beiträge: 18
Registriert: 12. Sep 2022, 16:06

Brauche bitte Motivation

Beitrag von Frautel »

Hallo ihr lieben,
bin jetzt seit 4 Wochen in stationärer Behandlung in einer psychosomatischen Klinik und habe leider das Gefühl, dass ich mich gar nicht auf die Therapien einlassen kann. Ich bin extrem schüchtern und habe große Probleme in der Gruppentherapie etwas zu sagen. Die Musikgruppentherapie ist noch schlimmer, weil ich keinen Bezug zu der Musik und den Instrumenten finde. Ich fühle da nichts, für mich ist das einfach, ich MUSS Musik machen… Geräusche erzeugen und dann soll ich da irgendwas heraus interpretieren?? Funktioniert bei mir nicht.
Ich dachte, dass ich mich wenigstens in der Einzeltherapie öffnen könnte, aber selbst da habe ich große Probleme. Die Gespräche laufen immer sehr stockend . meine Therapeutin redet mehr als ich. Ich hab auch das Gefühl, dass ich Therapie „nicht verstehe“. Ich weiß oft nicht, was sie hören will… was bestimmt auch daran liegt, dass ich nicht so einen Zugang zu meinen Gefühlen habe.

Außerdem machen mir alle Schwestern und Therapeuten so einen Druck, dass ich mich mehr in die Gruppe integrieren muss.. mehr mit den Mitpatienten interagieren… aber mir fällt es so schwer. Das Problem, was ich mein Leben lang habe, kann ich nicht innerhalb von ein paar Wochen lösen und dann ist alles anders.

Es geht mir bis jetzt nur noch schlechter als vor meinem Aufenthalt, weil ich bis jetzt die Bestätigung habe, dass ich tatsächlich nicht therapierbar bin.

Jetzt schwanke ich zwischen Koffer packen und abhauen, weil es mir in ein paar Wochen auch nicht besser gehen wird oder die Kurve kriegen und das Therapieprogramm richtig zu nutzen.

Von all diesen Probleme wissen die Therapeuten. Das haben wir schon öfter besprochen, aber ich schaffe es nicht was zu ändern. Wenn ich so hier weitermache, dann kann ich allerdings auch jetzt schon abbrechen, weil es so keinen Sinn hat. Es wäre sehr schade, wenn ich diesen Versuch als Negativerlebnis abhaken muss… weil ich dann bestimmt nicht so bald nochmal einen Therapieversuch starten werde. Bin echt verzweifelt gerade…
Maxegon
Beiträge: 2475
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Brauche bitte Motivation

Beitrag von Maxegon »

Hallo Frautel,

versuch's mal mit etwas mehr Gelassenheit, nimm' alles nicht sooo ernst.
Ich kenne ähnliche Situationen: ich musste daran teilnehmen, ich musste mich dazu äusser, ich musste mitmachen, ich musste Rechenschaft ablegen ... wie es mir ging hörte man sich zwar an, doch ich (!) hatte den Eindruck, interessieren tut es niemanden.
Warum auch? Bei allen anderen funktionierte es ja auch, scheinbar, und schliesslich machte man das ja schon immer so.
"Haben sie sich mal nicht so."
Eigentlich wollte ich in der Klinik zur Ruhe kommen, das Gegenteil war der Fall - ich steigerte mich hinein und es wurde zum Stress.
Viele Mitpatienten waren da viel entspannter, manchen machte es sogar Freude - nur mir nicht.
Auch ich war kurz davor zu flüchten.

Erst als ich alles nicht so ernst nahm, mir sogar daraus einen Spass machte, konnte ich entspannter damit umgehen.
Vielleicht kannst du aus der Not eine Tugend machen und alles nicht so ernst nehmen, mehr mit einem zwinkernden Auge alles betrachten.
Ein Irrer unter Irren fällt doch gar nicht auf, so war meine Devise.
Erst als ich mich entspannte und nichts erwartete, wurde es für mich erträglich.
Es wurde sogar teilweise lustig.
Auch als ich an die armen Pflegerinnen dachte, die täglich "diese" Patienten ertragen mussten, sah ich vieles entspannter.
Versuch's mal nicht so verbissen zu sehen.
Max_
Beiträge: 583
Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Brauche bitte Motivation

Beitrag von Max_ »

Hallo Frautel,

toll, dass du es schon vier Wochen geschafft hast. Und tut mir leid, dass es noch nicht so läuft, wie du es dir vielleicht vorgestellt hast.

Ich würde dem bzw dir aber dennoch eine Chance geben! Und Zeit. Vier Wochen ist noch nicht lange. Wenn du jetzt abbrichst, wird sich zuhause wahrscheinlich nicht viel ändern. In der Klinik besteht aber die Möglichkeit dazu. Veränderung ist harte Arbeit und muss sich nicht immer gleich angenehm anfühlen.

Vielleicht kann es dir helfen, dich auf erste kleine Erfolge zu fokussieren? Teile hier gerne mal, was in den letzten Wochen Positives gelaufen ist. Hast du nette Mitpatienten kennengelernt? Fiel das Sich-Mitteilen evt. ein bisschen leichter? Macht dir irgendwas Spaß?

Halte durch, es wird sich sicher lohnen!

Herzlich
Max
Deheteleef
Beiträge: 578
Registriert: 7. Nov 2022, 17:01

Re: Brauche bitte Motivation

Beitrag von Deheteleef »

Ich schließe mich den Ausführungen meiner Vorschreiber an.

Bei meiner ersten Reha (13 Wochen) sah ich die ersten Einzelgespräche als "Verhör" an, so schlimm empfand ich es. Das legte sich aber. Es geht halt nicht anders; man muss die Hosen runterlassen, wenn man einen Weg zur Hilfe finden will.

Im Laufe der Reha war ich sogar einverstanden, eine Einzelstunde mit der Videokamera mitfilmen zu lassen. Da habe ich mich einverstanden erklärt, dass der Film bei einer Supervision gezeigt werden durfte. Die VHS-Kasette (war im Jahr 1993) wurde mir aber später ausgehändigt.

Durchhalten ist also eine echte Option.
Vier fünfmal vervierfacht macht mehr als fünf viermal verfünffacht. :shock:
SonneundDunkenheit
Beiträge: 706
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Brauche bitte Motivation

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Liebe Frautel,
horch ehrlich tief in dich hinein und geh ehrlich mit dir um.
Ein Klinikaufenthalt kann eine Chance sein, aber nicht jede Klinik passt zu jedem Patienten.
Ich bin auch eher ein Mensch, dem Gruppen Angst und Stress machen. In meinem bislang einzigen Klinikaufenthalt (bin schon ü 50) habe ich klar kommuniziert welche Therapieform gar nicht geht (bei mir Kunsttherapie). Musste für meine Wünsche beharrlich sein, aber es hat sich gelohnt. Außerdem habe ich um einen Wechsel des Bezugstherapeuten gebeten, da der zugewiesene und ich nicht zusammenpassten. Ich musste es begründen, aber es wurde meinem Ansinnen stattgegeben.
Es geht nicht darum was der Therapeut hören möchte, sondern was und wie viel du preisgeben kannst und möchtest. Meine neue Bezugstherapeuten konnte ich, wenn Bedarf meinerseits bestand auch zwischen den geplanten Einzelterminen sprechen. Also auch dann wenn mir was auf der Seele brannte, ich reden wollte und konnte.
In der Gruppe habe ich mich nicht geöffnet in Bezug auf eigene Themen. Selbstschutz, Angst,...wie auch immer. Ich habe mich aber an den Diskussionen der Themen der anderen beteiligt und dabei nimmt man ja auch was für sich mit. Nicht selten bin ich in der Gruppensitzung dissoziert. Ein klares Zeichen, dass es zu viel war.
Klinik soll dich nicht instabiler machen. Klar ist es harte Arbeit, aber es soll nicht in Quälerei enden.
Ich habe mich auch oft in mein Einzelzimmer zurückgezogen, brauchte die Ruhe zwischen den Therapien, war sehr viel in der Natur. Ich hatte im Laufe der Zeit auch Kontakte zu Mitpatienten, aber dosiert und in kleinen Gruppen.
Jeder Mensch ist anders und spricht eben auch anders auf Therapiekonzepte an.
Ein Abbruch wäre eine legitime Reaktion, wenn du es als nicht hilfreich einschätzt. Es wäre aus meiner Sicht keine Niederlage, sondern auch eine Art von Verantwortung. Vielleicht ist es gerade nicht die richtige Klinik, nicht das richtige Konzept, nicht die richtige Zeit.... die Antwort kannst nur du geben.
Egal wie du dich entscheidest. Ich wünsche dir alles Gute.
Liebe Grüße von SonneundDunkelheit
Frautel
Beiträge: 18
Registriert: 12. Sep 2022, 16:06

Re: Brauche bitte Motivation

Beitrag von Frautel »

Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten!
Ich weiß nicht, wie man hier jemanden markiert, deshalb muss ich so antworten.

@Maxegon ja, ich muss wirklich alles mit mehr Gelassenheit sehen. Das ist eins meiner vielen Probleme. Ich mache mir über alles tausend Gedanken und gehe dann alles verkrampft an. Leider habe ich es noch nicht geschafft, mehr Gelassenheit in mein Leben zu bringen. Ich versuche es aber weiterhin.

@Max genau das gleiche hat meine Therapeutin auch gesagt. Ich sehe immer nur das Negative, aber muss unbedingt lernen auch mal die kleinen positiven Erlebnisse wahrzunehmen und zu schätzen wissen.

- ich wollte schon mal abbrechen, bin aber doch geblieben
- Ich habe in den Gruppen über mein Problem mit Gruppen (Menschen) gesprochen und über meine Ängste bezüglich des Klinikaufenthalts
- Ich bin dankbar, dass die Mitpatienten alles so rücksichtsvoll sind und jeder mit seinen Problemen akzeptiert wird
- Ich hatte gute Gespräche mit einzelnen Patienten

Mir wird bestimmt noch mehr einfallen. Ich muss mal anfangen das immer aufzuschreiben. Danke :-)

@Deheteleef
Für mich fühlt es sich auch manchmal wie ein Verhör an. Ich bekomme dabei aber leider ein schlechtes Gewissen, weil ich mich für unkooperativ halte und wegen mir kein Gesprächsfluss entsteht. Das habe ich meiner Therapeutin auch gesagt. Einerseits sagt sie, ich soll nicht so streng mit mir selbst sein, aber andererseits hatte ich auch schon mal das Gefühl, dass sie nicht mehr mit mir weiter weiß und das setzt mich dann auch unter Druck.
Ist bestimmt interessant sich selbst mal während einer Therapiestunde zu sehen. Man selbst nimmt sich ja doch anders wahr als man von außen wirkt.

@Brigitte danke für den Einblick, wie es bei dir war/ist.
Kleine Schritte mache ich, ich muss sie nur mehr lernen wahrzunehmen und akzeptieren dass es ein langer Weg wird. Ich danke dir.
Frautel
Beiträge: 18
Registriert: 12. Sep 2022, 16:06

Re: Brauche bitte Motivation

Beitrag von Frautel »

@Sonneunddunkelheit

Danke für deine Antwort. Ja, ich weiß inzwischen auch worauf ich beim nächsten Mal bei einer Klinik achten würde. Wobei ich wahrscheinlich nicht noch mal in eine Klinik gehen würde. Aber trotzdem versuche ich diesen Aufenthalt nicht abzubrechen.
Ich weiß auch nicht, ob es wirklich an der Klinik liegt oder nur an mir.. aber will es auch nicht bereuen, es nicht bis zum Ende versucht zu haben.
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