So viele Fragen

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MSH
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So viele Fragen

Beitrag von MSH »

Ich habe so viele Fragen, viele Antworten kann ich mir selber geben, aber ob die immer so richtig sind?
Nur Depression?
- Kann ein eigentlich wild Fremder, plötzlich der einzige Halt werden, den ein Depressiver noch hat? Alle Anderen sind ja gegangen.
- Warum hat er solche angst, das ich einfach abhaue und sorgt sich so um meine Gesundheit?

- Wird er irgendwann verstehen, das es keine besondere Leistung von mir ist, sondern selbstverständlich, wenn ich was aus der Apotheke hole, wenn er krank ist oder ich ihm Kaffee anbiete?

- Warum kann er mir alles anvertrauen, gerade auch seine Ängste und sorgen. Z.B: Das er Angst hat, nie wieder glücklich zu sein?
Es gibt noch eine Person, die mehrmals versucht hat ihn "aufzubauen", aber dabei so sehr gescheitert ist, das keine Gespräche mehr über die Depression, Ängste, Sorgen statt finden. Eine Art Vermeidungstaktik für meine Begriffe.

- Kann er irgendwann zu 100% glauben, das nicht alle Menschen weglaufen. Auch wenn es bisher immer so war!

- Ist das von seiner Seite aus, auch echte Freundschaft? Oder steckt unterbewusst noch mehr dahinter?

Ich sollte du zu sagen, das ich etwas mehr als doppelt so alt bin wie er und wir uns vor 9 Monaten kennengelernt haben. Seine Depression hält seit 5 Jahren an und davon hat er zu 90% im Bett verbracht. Das ist seine eigene Aussage.
Ich bitte vorab um Nachsehen, das ich unter Angehörige schreibe, aber eine andere passende Kategorie habe ich nicht gefunden
Von allen Seelen, die ich jemals traf, ist die seine die menschlichste
MySun
Beiträge: 535
Registriert: 4. Jul 2022, 09:45

Re: So viele Fragen

Beitrag von MySun »

MSH hat geschrieben: Kann ein eigentlich wild Fremder, plötzlich der einzige Halt werden, den ein Depressiver noch hat? Alle Anderen sind ja gegangen.
Hallo MSH,
Ich wäre dabei sehr vorsichtig.
Hast du dich schon gefragt ob du dieser hohen Anforderung überhaupt gerecht werden kannst?
Hast du genügend Kraft, um deinem Freund den Halt und die Unterstützung geben zu können, die er braucht?
Ist es überhaupt deine Aufgabe, sein Leben zu organisieren?
Ja, es ist natürlich eine Selbstverständlichkeit, ihn zum Kaffee einzuladen, oder die eine oder andere Besorgung zu erledigen,
aber er braucht sicher noch viel mehr.... .Und das ist die Aufgabe eines Therapeuten.
Bei der Suche nach einem passenden Therapeuten ist die Psychotherapeutenkammer des zuständigen Bundeslandes behilflich.
Vielleicht kannst du ihm dabei deine Unterstützung anbieten.
Der Weg zum Sozialpsychiatrischen Dienst, wäre auch eine Möglichkeit.

Herzliche Grüße
MySun
"Viele Menschen sind zwar am Leben, berühren aber nicht das Wunder, am Leben zu sein.“-ThichNhatHanh-

Von Herzen
MySun
Überdosis
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Registriert: 25. Nov 2021, 23:01

Re: So viele Fragen

Beitrag von Überdosis »

Hallo MSH,

ich versuche Dir mal mit Zitieren deines Anliegends zu antworten, so gut es eben geht.

MSH hat geschrieben: - Kann ein eigentlich wild Fremder, plötzlich der einzige Halt werden, den ein Depressiver noch hat? Alle Anderen sind ja gegangen.
Menschen sind manchmal komisch und so wie ich es selbst auch erfahren musste und ich das leider oft auch bei anderen las, die leider ähnliches erfahren mussten, scheint es leider sehr oft so zu sein, dass sobald wer "anders" oder "komisch" wirkt, dass viele (nicht alle!) sich von jemanden komplett abwenden und auch echt dann gar nichts mehr mit einem zutun haben möchten.

Sollte Dich Dein Freund wirklich als einzigen Halt ansehen, zeigt das meiner Ansicht nach nur, dass er Dir echt sehr zu vertrauen scheint und er leider bisher durchweg nur schlechte Erfahrungen gesammelt zu haben scheint.

Gesund ist das nicht, aber er ist ja auch gar nicht gesund.

MSH hat geschrieben: - Warum hat er solche angst, das ich einfach abhaue und sorgt sich so um meine Gesundheit?
Die Frage hast Du Dir oben drüber doch schon selbst beantwortet.
Wenn alle anderen bisher abgehauen sind, ist die Angst, dass Du es auch tust, doch durchaus berechtigt, findest Du nicht?

Dass er sich um Deine Gesundheit sorgt, wird daran liegen, dass selbst der optimistischste und fröhlichste Mensch irgendwann trübsinnig, hoffnungslos und sich ausgelaugt fühlen wird, wenn sein Umfeld immerzu trübsinnig und negativ ist.
Es steckt leider an und es beginnt schleichend, anfangs kaum merkend, verteilt auf Tage/Wochen/Monate, dass das depressive Besitz von einem nimmt, wenn man nicht acht gibt.

Dass Dein Freund sich um Dich sorgt, dass auch Du hinein gleiten könntest, ist berechtigt und zeigt aber auch, dass Du ihm wichtig bist, denn ihm liegt offensichtlich enorm viel daran, dass Du nicht trübsinnig, offnungslos, Dich ausgelaugt oder depressiv fühlst.

MSH hat geschrieben: - Wird er irgendwann verstehen, das es keine besondere Leistung von mir ist, sondern selbstverständlich, wenn ich was aus der Apotheke hole, wenn er krank ist oder ich ihm Kaffee anbiete?
Das wird, denke ich, nur die Zeit zeigen.
Für ihn scheint das offensichtlich keine Selbstverständlichkeit zu sein.
Wie denn auch, sollte er wohmöglich durchweg nur das Gegenteil von dem erfahren haben, von seinen bisherigen Mitmenschen?

MSH hat geschrieben: - Warum kann er mir alles anvertrauen, gerade auch seine Ängste und sorgen. Z.B: Das er Angst hat, nie wieder glücklich zu sein?
Es gibt noch eine Person, die mehrmals versucht hat ihn "aufzubauen", aber dabei so sehr gescheitert ist, das keine Gespräche mehr über die Depression, Ängste, Sorgen statt finden. Eine Art Vermeidungstaktik für meine Begriffe.
Sind halt zwei verschiedene Schuhe das jemand:
- hört zu und zeigt Verständniss
- hört zu und versucht aufzubauen und macht unbemerkt aber Druck und Stress.

Gut gemeint, ist lange noch nicht gut gemacht.
Vielleicht war die andere Person zu ungeduldig, erwartete innerhalb bestimmter Zeit Besserung zu sehen oder setzte ihn mit "ihrer Hilfe" so massivst oder Druck und Stress, dass es keine Hilfe ist.
Vielleicht fühlte er sich bei derjenigen nicht angenommen, nicht ernst genommen, weil viele gesunde Menschen nicht verstehen können, warum depressive auf einmal was nicht mehr können, wo es doch sonst gehen sollte (manche Depressive können Bücher lesen z.B., verstehen sie aber nicht.
Unverständlich für einen Gesunden: "Du liest es doch, wie kann man das dann nicht verstehen?).

So wie Du Dich nicht jedem anvertrauen würdest, nicht jeden super nett und sympathisch findest, so ist es auch bei uns anderen.
Irgendwas hast Du oder machst Du, dass er Dir da wohl sehr vertraut.
Die andere scheint da, sicherlich ungewollt und nicht beabsichtigt, alles falsch gemacht zu haben....

MSH hat geschrieben: - Kann er irgendwann zu 100% glauben, das nicht alle Menschen weglaufen. Auch wenn es bisher immer so war!
Denke auch da, dass das nur die Zeit beantworten kann.
Meine Erfahrung ist da auch, dass wenn jemand sagt:" ich bleibe, ich gehe nicht weg", dass das kein Hand und Fuß hat.
Die Leute sind auch bei mir dennoch jedesmal weg gegangen. Tut halt auch weg...
Persönlich fällt es mir da auch schwer, sowas noch für voll zu nehmen und demjenigen da zu vertrauen... klappt nicht, da andere dennoch ja weg gegangen sind. Ist zwar mies für diejenigen, die es wirklich aufrichtig und ehrlich meinen, aber vertrauen fassen braucht auch Zeit.
Umso mehr dieses "missbraucht wurde", durch nicht einhalten von versprechen, umso länger dauert es wohl bei den meisten auch leider wieder, bis das "sich voll drauf verlassen KÖNNEN wieder da ist.

MSH hat geschrieben: - Ist das von seiner Seite aus, auch echte Freundschaft? Oder steckt unterbewusst noch mehr dahinter?
Ich glaube, wer offensichtlich echt niemanden mehr hat, sich so um das Wohlergehen Deinerseits sich sorgt, Dir so vertraut, der wird doch nicht auch noch mit falschen Karten spielen, um zu riskieren, so jemanden wie Dich auf solche Weise zu vergraulen oder?

Sei ein Freund oder sei es nicht.
Entscheide Dich! Aber tue ihm das bitte nicht schon wieder an, dass Du dann doch lieber weg gehst, weil Du Dir vorstellen könntest, dass was falsches hinter stecke.
Und selbst wenn, sprech das offen an und teile ihm Dich mit, damit das aus dem Weg geräumt werden kann!
Auch das offen ansprechen, zeigt von vertrauen und aufrichtiger Freundschaft, worauf diese so auch wächst und sehr stabil werden kann.

MSH hat geschrieben: Ich sollte du zu sagen, das ich etwas mehr als doppelt so alt bin wie er und wir uns vor 9 Monaten kennengelernt haben. Seine Depression hält seit 5 Jahren an und davon hat er zu 90% im Bett verbracht. Das ist seine eigene Aussage.
Das Alter spielt doch keine Rolle, wenn die Sympathie doch da ist.

Fakt ist, dass er Hilfe braucht und die kannst NICHT DU ihm geben, sondern nur ein guter Psychiater und Psychotherapeut dem er, wie Dir, vertraut.
Du kannst nur da sein, ein guter Freund sein, ihm stütze geben, aber er braucht unbedingt professionelle Hilfe.

Wurde das Thema denn mal schon angesprochen?
Dass er Depressiv ist, scheint er selbst offensichtlich schon sehr genau zu wissen und auch, Wasser diese Erkrankung mit einem selbst und bei anderem auch macht/machen kann.
Hatte er vielleicht schon mal eine Therapie?


Liebe Grüße
Susan
MSH
Beiträge: 26
Registriert: 29. Dez 2022, 09:13

Re: So viele Fragen

Beitrag von MSH »

Hallo Susan, er hat einen guten Facharzt. Therapie war zuletzt in der Schweiz, dort hat er angefangen zu studieren. Leider musste er aufgeben, aufgrund der Depressionen. Das ist jetzt etwa 1,5 Jahre her. Doch bin ich überzeugt, das er es jetzt endlich glaubt, das ich mein Versprechen halte. Vor ein paar Wochen, hat eine junge Frau auch versprochen, "immer für ihn da zu sein"! Es hat genau 1 Woche gehalten!!!
Vor 9 Monaten hat er noch gesagt: " Ich verstehe es nicht, warum läufst du nicht weg, wie alle anderen?".
Ich kann inzwischen ein bisschen verstehen, das viele Menschen überfordert sind und abstandhalten. Ich kann nicht aufgeben und möchte es auch nicht. Ich werde ihn nicht im stich lassen. Was andere erkannt haben, was er erkannt hat: Wenn ich ihn auch noch im stich lasse, was wird dann wohl sein? Vielleicht nur Jahre/Jahrzehnte voller Schmerz und Trauer. Der Mensch, der in ihm steckt, ist einfach großartig. Ich glaube auch nicht, das etwas falsches dahinter steckt. Es gibt schon so viele kleine Erfolge. Sich nicht alles gefallen lassen, für sich einstehen, nicht für jeden der Buttler sein. Und immer wieder ein paar glückliche Stunden oder einfach nur mal spaß zusammen haben. Sich Dinge trauen, die gar nicht mehr möglich waren.
Worte wie: Ich möchte nicht mehr in meinem dunklem Zimmer hocken, ich muss wieder raus in die große weite Welt. Er schwärmte vor ein paar Tagen, von einem PC Spiel, das er entdeckt hat. Ich konnte nur sagen: Könne es dir doch einfach mal. Er hat es gemacht und er ist total begeistert davon. Er erzählt viel darüber und kann kaum davon loslassen.
Ich danke dir, für deine Worte
Ich bin für jede Hilfe, für jeden Rat echt dankbar!
Gerade versucht er, so gut es geht, etwas zu ändern.
Nicht mehr um 20 Uhr schlafen gehen und dann um 3 Uhr morgens wach werden und mit allen Sorgen alleine die Zeit zu verbringen. Hier bei mir sitzen, bis vor Müdigkeit nichts mehr geht. Um nicht mehr Mitten in der Nacht wach zu werden und nicht zu wissen wo gerade hin.
Das kann doch nur ein Fortschritt sein, den Kampf wieder auf zu nehmen. Oder?
Ich sehe immer wieder kleine Fortschritte und das ist so großartig. Es gibt immer wieder kleine und große "Krisen", die zum Glück schnell vorbei sind. Einfachmal die richtigen Worte finden, das Menschen da sind, die zu ihm stehen.
Ich bin weiterhin der festen Meinung, wir können das zusammen schaffen. Aufgeben kommt nicht in Frage. 5 Jahre voll Leid und Elend sind doch mehr als ein Mensch ertragen kann.
Manchmal hat er wieder Spaß und Freude am Leben, ist ein bisschen glücklich. Er kann sein Herz wieder spüren! Es muss einfach weiter gehen. Klar muss eine passende Therapie gefunden werden, aber das wird schon.
Von allen Seelen, die ich jemals traf, ist die seine die menschlichste
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