Erfahrungen mit Wiedereingliederung

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SundayMan
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Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von SundayMan »

Hallo zusammen,

Seit Mitte November bin ich AU, vorher gab es auch schon 8 Wochen der Arbeitsunfähigkeit. Meine Psychotherapeutin hält eine Reha, die ich angesprochen habe, für nicht notwendig, die Krankenkasse hat sich da auch quer gestellt.

Ich habe den letzten Versuch, wieder "normal" zu arbeiten, als gescheitert für mich verbucht. Möchte jedoch gerne wieder arbeiten, weil es Sinn, Tagesstruktur und soziale Kontakte mit sich bringt und ich (wenn ich nicht depressiv bin) gut in meinem Job bin.
Die ambulante Psychotherapie und meine Selbstfürsorge helfen gerade und ich sehe Fortschritte.

Während eines Telefonates mit meiner Chefin sind wir vorhin u.a. auf die Möglichkeit einer beruflichen Wiedereingliederung gekommen. Ich finde die Idee, stufenweise wieder in den Beruf zu gehen, sehr positiv. Gerade überlege ich, einen Termin bei meiner Hausärztin zu machen und darüber zu sprechen.

Welche Erfahrungen mit einer Wiedereingliederung habt ihr gemacht?
Was gibt es zu Bedenken, was sind Chancen und Hürden dabei?
Würde mich sehr über Feedback freuen.

Lieber Gruß
SundayMan
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(Blondie)
SonneundDunkenheit
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Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo SundayMan,
bei der Wiedereingliederung bleibst du AU und erhälts kein Gehalt sondern weiterhin Krankengeld bis du deine normale Arbeitszeit erreicht hast.
Es gibt einen Wiedereingliederungsplan, den du mit deiner Ärztin erstellt. Dort wird festgelegt mit wieviel Stunden (2 h sind Minimum glaube ich) du startest und in welchen Abständen erhöht wird (google mal Hamburger Modell).
Dein AG und deine KK müssen dem Plan zustimmen und dann kann es losgehen.
Der Plan ist nicht in Beton gemeißelt und kann je nach Belastbarkeit angepasst (langsamer gesteigert, schneller erhöht) werden.

Chance: langsamer Belastungsaufbau, viel Zeit zum Regenerieren, Struktur und sinnvolle Beschäftigung, soziale Beziehungen

Risiken: als vollwertige Arbeitskraft gesehen zu werden, zu viele Aufgaben in der verkürzten Zeit, zu lange bleiben (aus schlechtem Gewissen...)

Wiedereingliederung ist eine tolle Sache, wenn sich alle an die Regeln halten und die Rahmenbedingungen stimmen.

Meine persönliche Erfahrung mit Wiedereingliederung war leider nicht so gut. Meine Stelle war in meiner Krankheitszeit nur notdürftig besetzt und es war sehr viel unerledigtes Zeug liegengeblieben. Ich habe die Wiedereingliederung nach der Hälfte der Zeit abgebrochen, weil ich täglich deutlich mehr Stunden im Büro war als laut Plan vorgesehen. Bin dann deutlich eher als geplant wieder voll arbeiten gegangen (und habe dann wenigstens auch mein volles Gehalt bekommen). Nach 3 Monaten waren die aufgeladenen Akkus wieder leer.... mit der Konsequenz, dass ich momentan EMR beziehe.

Wenn du eine gute Chefin hast, die dich dort abholt wo du stehst und nicht mehr verlangt als der Wiedereingliederungsplan vorgibt, dann nutze das Instrument.

Eine Reha hat ja auch Präventionscharakter. Mir erschließt sich die ablehnende Haltung nicht... weder seitens der KK noch seitens der Psychotherapeutin.

LG von SonneundDunkelheit
Strahlenfee
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Registriert: 22. Apr 2022, 07:42

Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von Strahlenfee »

Hallo SundayMan,
ich bin gerade bei knapp der hälfte meiner Wiedereingliederung angekommen, kann also aktuell berichten.
Für mich ist die WE Gold wert. Ich war fast 8 Monate AU und auch tatsächlich in REHA die mir sehr geholfen hat. Ob es nach deiner kurzen Zeit überhaupt möglich ist weiß ich nicht.
Da ich im Krankenhaus in der Radiologie arbeite gibt es bei mir eh kein: fertig. Wir bekommen immer wieder arbeit. Somit kann ich mir auch sagen: deine Zeit ist um, geh nach Hause. Die erste Woche als ich gerade mal 3 Tage die Woche für je 2 Stunden da war musste ich trotzdem jeden Nachmittag schlafen- war echt kaputt. Das war dann in der zweiten Woche schon wieder nicht der Fall. Heute als es dann 3h waren (am Montag war ich leider krank) gab es wieder einen kurzen Mittagsschlaf. Regulär hätte ich das alles auf keinen Fall geschafft. Wenn man sich also abgrenzen kann ist das sicher ein extrem gutes Werkzeug.
Aber auch ich rate dir Dringend zu einer REHA. Auch wenn es mir deutlich besser geht als noch vor ein paar Monaten weiß ich jetzt schon das ich in 2 Jahren wieder einen Antrag stellen werde ( mir wurde für Intervall Reha bescheinigt, d.h. die 4 Jahre gelten nicht) einfach um hoffentlich nie wieder so ausgebrannt zu sein und so tief ins Loch zu fallen.

Liebe Grüße
Fee
SundayMan
Beiträge: 327
Registriert: 8. Sep 2022, 19:12

Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von SundayMan »

Hallo SonneundDunkelheit, hallo Strahlenfee,

ein dickes Dankeschön für eure Beiträge, für das Teilen eurer Gedanken und Erfahrungen.

Ich schließe aus euren Erfahrungen gerade, dass es von einige Faktoren abhängt, wie eine Wiedereingliederung gelingt.

Was mich etwas ratlos zurück lässt, ist das paradoxe verhalten der meiner KK. Die für mich zuständige Sachbearbeiterin erwähnte, dass man aufgrund meiner Krankheitshistorie evtl. weitere/andere Maßnahmen (darunter eine Reha) in Erwägung ziehen könnte. Als ich dann persönlich bei der KK war, um darüber zu sprechen, sagte mir eine andere Sachbearbeiterin, dass es schwierig sei.

Hmm, ich werde noch einmal bei der KK anrufen und mit der für mich zuständigen Frau sprechen.

Ich wünsche euch einen möglichst guten, selbstfürsorglichen Tag!
Lieber Gruß
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(Blondie)
Schlumpffine
Beiträge: 361
Registriert: 3. Mai 2020, 18:29

Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von Schlumpffine »

Hallo SundayMan,
wie überall in der Arbeitswelt trifft man auf kompetente oder inkompetente Mitarbeiter, so sicher auch bei deiner KK.
Einfach einen Antrag stellen und gut begründen.
Der "Erfolg" einer Wiedereingliederung ist von vielen Faktoren abhängig, die sich gegenseitig ergänzen oder sich absolut destrukttiv auswirken können.
Das WICHTIGSTE Ziel ist es, in meinen Augen , IMMER die eigene Gesundheit in den Vordergrund zu stellen. Kein AG wird eine "Leistungsminderung" lange tolerieren und ggf. Konsequenzen ziehen.
Fühlst DU dich in der Lage deine Tätigkeit vollumfänglich in Vollzeit auszuführen?
Ist mit weiteren "Krankheitstagen" (Krankheitshistorie) zu rechnen ?
Fühlst Du dich gesund?
Bist DU den Anforderungen deiner Tätigkeit gewachsen?
Wenn Du die Fragen-die nicht abschließend sind- mit JA :D :D beantwortest, steht einer Wiedereingliederung nichts im Wege.
Bei einem "Nein" wirst du trotz Wiedereingliederung wieder -nach einiger Zeit- am selben Punkt stehen.
Eine Wiedereingliederung macht nach meiner Auffassung nur Sinn,wenn sehr viele Belastungsfaktoren (Arbeit,Krankheit) eliminiert.
Ich hoffe ich habe keine Trigger ausgelöst
Lg Schlumpffine
Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Konfuzius
Worte haben die Macht zu zerstören und zu heilen. Wenn Worte sowohl wahr als auch freundlich sind, können sie unsere Welt verändern. “~ Buddha
SonneundDunkenheit
Beiträge: 682
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo SundayMan,
die KK ist doch gar nicht der Kostenträger der Reha. Es geht doch um die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bzw. um den Erhalt. Du musst den Antrag bei der DRV stellen. Dafür musst du vorher niemanden fragen. Unterlagen im Netz ausdrucken oder über die DRV als Schriftstück anfordern. Ein Formular von den Anträgen muss ein Arzt ausfüllen ( kann auch der Hausarzt sein).
Vorausgesetzt ist, dass du schon einige Zeit in die Rentenversicherung eingezahlt hast und davon gehe ich jetzt mal aus.
Viel Erfolg!
SonneundDunkelheit
SundayMan
Beiträge: 327
Registriert: 8. Sep 2022, 19:12

Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von SundayMan »

Schlumpffine hat geschrieben:Hallo SundayMan,
wie überall in der Arbeitswelt trifft man auf kompetente oder inkompetente Mitarbeiter, so sicher auch bei deiner KK.
Einfach einen Antrag stellen und gut begründen.
Der "Erfolg" einer Wiedereingliederung ist von vielen Faktoren abhängig, die sich gegenseitig ergänzen oder sich absolut destrukttiv auswirken können.
Das WICHTIGSTE Ziel ist es, in meinen Augen , IMMER die eigene Gesundheit in den Vordergrund zu stellen. Kein AG wird eine "Leistungsminderung" lange tolerieren und ggf. Konsequenzen ziehen.
Fühlst DU dich in der Lage deine Tätigkeit vollumfänglich in Vollzeit auszuführen?
Ist mit weiteren "Krankheitstagen" (Krankheitshistorie) zu rechnen ?
Fühlst Du dich gesund?
Bist DU den Anforderungen deiner Tätigkeit gewachsen?
Wenn Du die Fragen-die nicht abschließend sind- mit JA :D :D beantwortest, steht einer Wiedereingliederung nichts im Wege.
Bei einem "Nein" wirst du trotz Wiedereingliederung wieder -nach einiger Zeit- am selben Punkt stehen.
Eine Wiedereingliederung macht nach meiner Auffassung nur Sinn,wenn sehr viele Belastungsfaktoren (Arbeit,Krankheit) eliminiert.
Ich hoffe ich habe keine Trigger ausgelöst
Lg Schlumpffine
Hallo Schlumpfine,

danke auch dir für deine Worte.
Sie triggern mich nicht, aber lösen in mir Sorgen aus.
Ich kann diese Fragen nicht mit Ja beantworten.
Vielleicht liegt das an meinem Zustand heute, mir geht es nicht gut, viele negative Gedanken arbeiten in mir. Eben in Bezug auf Arbeit.

Ich traue mir viele Anforderungen dort nicht zu. Diese Zweifel ob die Tätigkeit zu mir passt, begleiten mich seit ich im Sommer dort begonnen habe. Fachlich bin ich sehr gut, doch ich spüre häufig Motivationslosigkeit. Wo ich mir gerade im Weg stehe, ist, welche Alternativen es für mich gibt. Ich habe Angst, einen Fehler zu machen, wenn ich mich in ein mir unbekanntes Arbeitsfeld begebe.

Lieber Gruß
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Schlumpffine
Beiträge: 361
Registriert: 3. Mai 2020, 18:29

Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von Schlumpffine »

Hallo Hallo SundayMan,
vieleicht gibt es in deiner Nähe eine Depressionsselbshilfegruppe.
Einfach mal Mr. Google fragen.
Hier besteht die Möglichkeit sich in persona auszutauschen und du kannst neue Erkenntnisse gewinnen.
Die Ängste und Zweifel, bei einer neuen Tätigkeit sind sie normal, müssten aber konsequent beobachtet werden, um nicht in einer Depression als Langzeitfolge zu enden.
Eine Reha kann man unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten.
Da wäre zum Beispiel. die Urlaubsoption - 5 Wochen an der See,in den Bergen oder im Wald (Wunsch und Wahlrecht) und dabei nützliche Informationen abgreifen.
Nach meiner Erfahrung ist mit einer "Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit" selten zu rechnen, obwohl es auf dem Papier behauptet wird.

Lg Schlumpffine
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SundayMan
Beiträge: 327
Registriert: 8. Sep 2022, 19:12

Re: Erfahrungen mit Wiedereingliederung

Beitrag von SundayMan »

Hallo,

ich möchte mich erneut melden, und für die vielen hilfreichen und wichtigen Denkanstöße danken.

Am letzten Donnerstag habe ich eine Kündigung mit Bewährungschance von meinem Arbeitgeber erhalten.
In den 6 Monaten meiner Probezeit war ich 5 davon krankgeschrieben.
Die Kündigung hat in mir ein Gefühl des Versagens ausgelöst, objektiv betrachtet verstehe ich den AG gut und es ist ja entgegenkommend, mir überhaupt eine Chance der Bewährung zu bieten.
Ich sehe mich gerade jedoch nicht in der Arbeit dort, weder mit einer Wiedereingliederung und verminderter Stundenzahl noch ganz normal.
Der Druck, nun funktionieren zu müssen und von mehreren Seiten kritisch betrachtet zu werden, fühlt sich zu viel an.

Das werde ich am Freitag mit zu meiner Therapeutin nehmen.
Es fällt mir gerade sehr schwer, die Gedanken nicht ständig bei der beruflichen Situation zu haben.

@Schlumpffine: danke, bei der hiesigen Depressionsselbsthilfegruppe habe ich mich angemeldet, ich warte auf deren Rückmeldung.
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