Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Harry100
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Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

Hallo liebe Forianer,
ich bin seit über 7 Monaten an der Krankheit rezidivierende Depression erkrankt.
Ich werde im Januar 2023 einen Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klinik haben.

Wer von euch kann mir hierzu positive Erfahrungen mitteilen, bzw. Tipps geben auf was man beim Klinikaufenthalt unbedingt achten sollte? Was war für euch hierbei besonders wertvoll?

Harald
Maxegon
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Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Maxegon »

Hallo Harald,

achte auf dich selbst, traue deinem Gefühl, kritisch sein ist nicht verboten, Neues ausprobieren auch nicht.
Es gibt viele gute Kliniken und schlechte Patienten, ebenso schlechte Kliniken und gute Patienten.
Sieh' es als eine Art Ferienlager,alle wollen nur dein Bestes.
Probiere es, lasse dich auf Neues ein, es kann nicht schlechter werden.
Wenn du die Nase voll haben solltest, kannst du gehen.
Da fällt Tips zu geben sehr schwer, unmöglich!
Schönen 3. Advent.
Jogi2014
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Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Jogi2014 »

Hallo Harald,
ich kann dir leider keine Informationen für Klinikaufenthalte geben, da ich selber noch in keiner war aber ich spiele auch mit dem Gedanken das Thema Reha anzugehen.
Ich lese deshalb einmal interessiert mit. Was mich jedoch insbesondere interessieren würde:
- ist das eine Akutklinik oder Reha wo Du hingehst?
- wurde Dir ein Aufenthalt angeraten? Vom Arzt oder Therapeuten oder ?
- Du schreibst psychosomatische Klinik. Welche psychosomatischen Symptome belasten Dich? Bei mir sind es Magen/ Darm/ Refluxprobleme. Bin sehr interessiert jemanden zu finden der evtl ähnliches hat, deshalb frage ich so genau.Hoffe das ist ok.

Viele Grüße,
Jogi
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Maxegon
Hallo Maxegon,
vielen Dank für Deinen Beitrag und Deine Wünsche. Du hast mir mit Deinem Beitrag geholfen.
Du hast bestätigt, dass der eigene Beitrag des Patienten entscheidend ist. Das gesundwerden wollen und die positive Einstellung zu den Menschen, die in der Klinik arbeiten (Therapeuten, Ärzte, Pflegekräfte usw.) ist für den Heilungsprozess wichtig. Ja, ich gehe davon aus, dass sie alle mein Bestes wollen.
Ich hatte während des Anmeldung Prozesses mehrere Kliniken kennengelernt. Hierbei habe ich unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Bei der Klinik, bei der ich mich jetzt angemeldet habe, wurde ich wie ein König behandelt -> Montagabend E-Mail geschickt, Dienstagmorgen 8:30 Uhr wurde ich zurückgerufen, alle zu beschaffenden Unterlagen wurden sofort fachlich kompetent besprochen, die finanzielle Kostensituation wurde klar und deutlich kommuniziert und schriftlich bestätigt, das Aufnahmedatum wurde nach meinen Wünschen angepasst, ich wurde direkt mit der leitenden Psychologin verbunden und hatte mit ihr ein sehr freundliches Gespräch.
Ich freue mich sehr auf meinen Aufenthalt dort.

Liebe Grüße
Harald
Bauchtänzer
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Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Bauchtänzer »

Hi Harry,

ich hatte vor langen Jahren einen Psycho-Reha-Aufenthalt, der vor der (von mir ersehnten) EU-Verrentung notwendig wurde. Ich war da schon in meinen 50-ern. Vorzeitige Verrentung hat dann auch geklappt.

Der Entlassungsbrief für meinen Hausarzt hat bei mir, rückblickend, einiges ausgelöst und mich zum verstärkten Nachdenken über mich gebracht. Die Diagnosen waren heavy. Ich konnte das, was da von den Psychiatern, Therapeuten u.a. Fachleuten zusammengefasst wurde, nicht einfach wegwischen, schliesslich hatten die 6 Wochen Gelegenheit mich zu betrachten.

Ich würde dir raten, möglichst am Ball zu bleiben und der evtl. aufkommenden Versuchung abzubrechen unbedingt zu widerstehen. Fluchtgedanken haben eine Ursache, und die liegt in solchen Situationen öfter in dir und eher seltener in der Aussenwelt.

Als Wellness-Kur würd ich solch eine Reha nicht betrachten wollen, vorausgesetzt du bist ernsthaft an einer Verbesserung deiner psychischen Lage interessiert.
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Jogi2014
Hallo Jogi,
vielen Dank für Deine Antwort. Gerne beantworte ich Deine Fragen.
- Ich gehe in eine Psychosomatische Fachklinik, (Privatklinik, ist aber auch eine Akutklinik).
(Ich bin kein Akutfall, eine Rehaklinik kommt in meiner Situation nicht in Frage (Kostenübernahme der Beihilfe ist für mich unklar)).
- Der stationäre Klinikaufenthalt wurde von meiner Therapeutin empfohlen. Sie klassifizierte die Unterstützungsstufen: a) ambulante Psychotherapie = geringe Unterstützung, b) stationäre Klinik = große, maximale Unterstützung, c) Tagesklinik = mittlere Unterstützung.
Beim stationären Aufenthalt sind die Gespräche mit anderen Patienten abends und an Wochenenden wichtig. Des Weiteren ist das Verlassen der gewohnten Hausatmosphäre wichtig. Der Blick von außen auf die bisherigen Lebensgewohnheiten ist wichtig.

- Meine Psychosomatischen Symptome sind:
1. massive Schlafstörungen (einschlafen kein Problem, aber nach 3h wache ich auf und kann nicht mehr einschlafen)
2. Magen- Darmprobleme (Verstopfung). Nach 4 Tagen nehme ich Abführmedikamente ein, damit ich abführen kann.
3. Rückenschmerzen
4. Knirschen mit den Zähnen (wird aber durch eine Beisschiene abgefangen, ist mein geringstes Problem)

Liebe Grüße
Harald
Hörnchen2020
Beiträge: 34
Registriert: 29. Nov 2020, 21:03

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Hörnchen2020 »

Hallo, Harald,
Ich war 2020 lange in einer psychosomatischen Klinik und es war das Beste, was ich entscheiden konnte. Ich bin auch privat versichert, deshalb kommt Reha nicht in Frage, aber es gab praktisch keine großen Unterschiede. Noch viel wichtiger als die Gespräche mit Arzt und Therapeut waren die Gespräche mit Mitpatienten. Mit einigen bin ich noch immer in Kontakt und wir haben uns in diesem Sommer sogar noch einmal getroffen. Es ist natürlich wichtig, dass du dich darauf einlässt. Das war zu Beginn mein größtes Problem, aber ich habe mich überwunden und deshalb besonders stark davon profitiert. Die Auszeit und die Möglichkeit, sich ganz auf sich selbst zu konzentrieren, sind ungeheuer wichtig. Ich würde jederzeit wieder diesen Schritt machen. Meine psychosomatischen Bescherden waren übrigens ähnlich wie deine. Ich freue mich für dich, dass du diese tolle Chance nutzen kannst. Das was du über den Kontakt zur Klinik schreibst, klingt doch schon toll, ich habe mich bei meiner auch super aufgehoben gefühlt, obwohl es, so glaube ich, einige Unterschiede zwischen privat und gesetzlich versicherten Patienten gibt.
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Bauchtänzer

Hallo Bauchtänzer,
vielen Dank für Deine offenen Worte und die Schilderung Deiner Situation.
Gut, dass Du mich darauf aufmerksam gemacht hast, dass am Ende ein Bericht über meinen Klinikaufenthalt verfasst wird. Keine Angst, ich sehe den Aufenthalt nicht als Wellness Kur und
ich habe nicht vor den Aufenthalt abzubrechen. Schön, dass Du aus Deinem Klinikaufenthalt einiges über Dich lernen, bzw. akzeptieren, konntest.

Liebe Grüße
Harald
Bauchtänzer
Beiträge: 391
Registriert: 13. Jul 2019, 20:38

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Bauchtänzer »

Hallo Harry,
vielen Dank für Deine offenen Worte und die Schilderung Deiner Situation.
... ja, vermutlich war ich wieder mal zu offen ;-) , eine meiner Schwächen, wobei wir ja hier in einem Psychoforum unterwegs sind.

Mich würd´ immer noch interessieren, wie du den Beginn deiner Depression zeitlich so genau bestimmen kannst. Was hat die Depression denn konkret ausgelöst? Bei mir war das ein schleichender Prozess, sich verschlimmernd über viele Jahre.
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Hörnchen2020

Hallo Hörnchen2020,
vielen Dank für Deinen Beitrag. Klasse wie Du die wichtigsten Punkte für den Klinikaufenthalt beschrieben hast. Dass eigene darauf einlassen ist wahrscheinlich für viele schwierig. Ja, es gibt leider zwischen den verschiedenen Kliniken große Unterschiede. Ich möchte nicht behaupten, dass man in einer öffentlichen Klinik (gesetzlich Versicherte) nicht auch gut behandelt werden kann, aber bei den Privatkliniken hat man mehr Entscheidungsmöglichkeiten (kostet natürlich auch mehr).

Liebe Grüße
Harald
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Bauchtänzer
Hallo Bauchtänzer,
ich glaube nicht, dass wenn Du hier in diesem Forum etwas von Dir preisgibst, dass dieses eine Schwäche von Dir ist. Ich würde eher sagen es ist eine Stärke von Dir!
Danke für Deinen wertvollen Beitrag.
Über die Bestimmung des Startpunktes der Depression hatte ich Dir schon in einem anderen Thread geantwortet ->
Du fragtest, weshalb ich den Startpunkt der Depression so genau bestimmen kann.
Antwort: Das kann ich nicht.
Ich wurde vor 7 Monaten krankgeschrieben (deshalb die Zeitangabe von 7 Monaten), die darauffolgenden 3 Monate ohne jegliche therapeutische Hilfe waren die schlimmsten Monate in meinem Leben. Mein Hausarzt ist ein Supertyp, aber er ist Internist und konnte mir auf der psychologischen Seite nicht helfen.

Harald
Jogi2014
Beiträge: 47
Registriert: 22. Jul 2014, 11:07

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Jogi2014 »

Hallo Harald,
vielen Dank für deine Antworten, das ist sehr interessant. Ich wünsche Dir alles Gute und einen erfolgreichen und heilsamen Aufenthalt in der Klinik. Wäre super, wenn du danach von deinen Erfahrungen berichten könntest.
Viele Grüße,
Jogi
Hörnchen2020
Beiträge: 34
Registriert: 29. Nov 2020, 21:03

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Hörnchen2020 »

Hallo, Harald,
Ich war in einer normalen psychosomatischen Klinik, nicht in einer Privatklinik (Median-Klinik). Da brauchte ich auch als Beihilfeberechtigte nichts dazuzuzzahlen. Es gab 8 verschiedene Teams mit jeweils etwa 25 Patienten, in meinem Team waren überwiegend Beamte, Soldaten...). Die Behandlung war in etwa bei allen Teams gleich, der Chefarzt hatte in seinem Team allerdings ausgewählte Therapeuten und die Unterbringung war besser. Es gibt in der Klinik sowieso nur Einzelzimmer, aber wir hatten einen Balkon und einen Kühlschrank, was natürlich von Juli bis September ein echter Vorteil war. Im Januar brauchst du das nicht wirklich. Mir reichte das Angebot der Klinik, ich habe natürlich auch von Möglichkeiten der Privatklinik gelesen, das war mir finanziell aber zu unsicher. Es war vorher klar, dass der Aufenthalt den Beihilfebestimmungen entsprach und so brauchte ich mich nicht wirklich um das Finanzielle zu kümmern.
So konnte ich mich nur auf mich konzentrieren.
Die ersten 14 Tage waren extrem anstrengend, mir ging es auch nicht wirklich gut, aber nach drei Wochen wurde es sehr viel besser. Das ging den meisten so, das war normal. Da haben auch manche überlegt, abzubrechen. Aber es wurde dann schnell besser und viele aus unserem Team sind deutlich länger geblieben als 6 Wochen.
Viele Grüße
Susan
CountryJonny
Beiträge: 16
Registriert: 3. Mär 2022, 12:02

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von CountryJonny »

Hallo Harald,

ich freue mich, dass du dich so aktiv gegen die Depressionen vorgehst.
Das war eine der Dinge, die ich in der Klinik gelernt habe.
"Ich bin nicht ganz kraftlos und das bisschen Kraft was ich noch habe, nutze ich, damit es mir besser geht."

Schon alleine deswegen hat sich der Klinikaufenthalt für mich gelohnt, auch, wenn es eine große Überwindung war. Ich musste mir ja eingestehen, dass ich depressiv bin und Hilfe benötige.
Das war nicht leicht. Aber rückblickend war es genau die richtige Entscheidung.

Dir wird vor Augen gehalten wie unachtsam du eigentlich gelebt hast und wie du das ändern kannst.
Mir haben die Therapiegespräche so sehr geholfen, oder auch die vielen kleinen Dinge, die ich wieder meinem Leben hinzugefügt habe, die ich einfach nicht mehr gemacht habe. Ich war schon immer sportbegeistert. In meiner schlimmsten Zeit ist das leider abhandengekommen. Das habe ich in der Klinik wieder verstärkt und nutze es weiterhin als positiven Verstärker. In der Klinik habe ich mir auch endlich wieder Zeit genommen um ein paar Bücher zu lesen. Auch das ist davor zu kurz gekommen, weil ich mir eingeredet habe, dass ich keine Zeit habe und habe mich mit vielen zwar wichtigen, aber auch zu vielen Aufgaben überladen habe. Mich nicht strukturiert habe. Das ist nun anders (oder eher versuche ich es).

Auch der Kontakt zu Mitpatienten hat geholfen. Und wenn es nur das Wissen ist, dass man nicht alleine damit ist.

Natürlich gabe es während meines Aufenthaltes auch Tage, da hätte ich am liebsten alles hingeschmissen, aber ich wollte nicht aufgeben. Manchmal tobt dennoch ein innerer Kampf die Maßnahme durchzuziehen. Einzelne Angebote fand ich persönlich auch nicht besonders überragend. Das konnte man aber mit den Angestellten abklären und sich dann aus den einzelnen Therapien rausnehmen lassen. Mein Tipp hierbei ist, einfach alles erstmal anschauen und reflektieren und nicht alles blind hinnehmen.

Ich hoffe, dass ich dir damit etwas Mut machen kann mit offenem Visier in die Maßnahme zu gehen.

Gruß CountryJonny
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@CountryJonnny

Hallo CountryJonny,
vielen lieben Dank für Deine sehr ausführliche Antwort. Ja, ich freue mich sehr darüber, dass ich es geschafft habe aktiv „gegenzulenken“ und dabei helfen so großartige Menschen wie Du.
Es ist nicht leicht sich einzugestehen, dass man bestimmte Dinge falschgemacht hat oder vernachlässigt hat oder dass man von anderen Menschen Hilfe benötigt, um wieder in die „Spur“ zu kommen. Jeden Satz, den Du geschrieben hast, kann ich eins zu eins nachvollziehen.
Ich wünsche Dir möglichst viele gute Menschen (Freunde, Therapeuten, Forenmitglieder, usw.) die es „gut mit Dir meinen“ und Dich so akzeptieren wie Du bist.

Liebe Grüße
Harald
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Hörnchen2020

Hallo Susan,
vielen Dank für Deine nochmalige sehr ausführliche Antwort. Ja, auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Finanzierung der Kosten sehr komplex ist. Welchen Tagessatz möchte die Klinik haben? Was zahlt die Beihilfe? Was zahlt die private Krankenkasse? Um was für eine Klinik handelt es sich genau: Fachklinik, Akutklinik oder Rehaklinik? Wird die gewählte Klinik von der Beihilfe anerkannt? usw. Ich könnte sicherlich noch viele weitere Fragen formulieren, die ich im Rahmen des Anmeldeprozesses für mich klären musste. In meinen „schlimmen“ 3 Monaten hätte ich noch nicht Mal den Anruf bei der Klinik hinbekommen. Ich bin heute sehr froh darüber, dass ich dieses Thema aktiv bearbeiten kann. Ich kann sehr gut verstehen, dass Du dich für eine „unkomplizierte“ Klinik entschieden hast. Deine Antwort hat mir sehr geholfen und dafür bin ich Dir sehr dankbar

Liebe Grüße
Harald
Lavendel64
Beiträge: 542
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Harald,

ich war insgesamt 7 Wochen in der Klinik, allerdings in einer Tagesklinik. Die Programme unterscheiden sich aber offensichtlich nicht besonders.

Ich kann Dir nur raten: egal, wie sehr Du glaubst, Dich zum Affen zu machen: lass Dich auf die Angebote ein. Es werden Dinge dabei sein, die nerven (bei mir: Nordic Walking und Turnen): zieh es einfach durch. Andere Dinge hättest Du vielleicht gar nicht erwartet, d.h. Du entdeckst an Dir plötzlich neue Seiten. Mein erster Eindruck in der Kunsttherapie "So nun ist es soweit: ich male mit Verrückten irgendwelche Kreise, die andere deuten und mich in eine Schublade quetschen" ... so dachte ich. Die Therapeutin zeigte mir alles und fragte, womit ich anfangen wolle. Ich nahm einen Pinsel in die Hand und plötzlich kamen verschüttete Jugenderinnerungen hoch. Ich habe damals gemalt und es ist irgendwie verschüttet worden. Und nein, die Bilder werden nicht "gedeutet", sondern sie zeigen am Ende mit viel Glück eine schöne Entwicklung.

Mache Dich frei von der Idee, nur Gespräche mit Therapeuten zu führen. Das ist relativ wenig (ich hatte 1 Einzelstunde pro Woche plus 2 Gruppenstunden), aber mehr würde dich ggfs überfordern. Deine Stabilität muss das aushalten können und da muss man sich auf die Profis verlassen. Im übrigen sind die Bezugspfleger oft besser drauf als die offiziellen Therapeuten - mir haben diese Gespräche (die jederzeit möglich waren) weitaus mehr gebracht. Und die Gespräche mit den Mitpatienten.
Was mir am meisten gefallen hat, war der empathische Umgang miteinander. Die Rücksichtnahme war unglaublich - so etwas wünsche ich mir in der "echten" Welt, viele Probleme würden gar nicht erst entstehen.

Es wird Dir nicht zwangsläufig gut gehen, Dir muss klar sein, die Klinikzeit ist harte Arbeit, da wird von der Psyche richtig Hochleistung gemacht. Daher höre auf Dein Inneres und folge in der Freizeit dem, was es dir sagt. Ich habe irre viel rumgelegen, hatte Zeug zum Lesen und Schreiben mit und habe nichts davon getan - nur mit geschlossenen Augen unter irgendwelche Bäumen gelegen.

Im Nachhinein war es eine sehr lehrreiche Zeit, ich habe gelernt, auf mich zu achten, Überforderung zu spüren. Ich weiß jetzt, weshalb ich in diese heftige Krise rutschte. Und manchmal wünsche ich mir noch so eine Klinikzeit - wenn es besonders stressig ist. Meine "Käseglocke", wo mich die Welt nicht erreichen kann. Die Entlassung und die Zeit danach kann nochmal übel werden, aber man ist gut gerüstet.

Ich weiß, welche Angst ich vor der Klinikzeit hatte. In den ersten Tagen Fluchtgedanken - aber da muss man echt durchhalten.

Alles Gute Dir,
Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Lavendel

Hallo Lavendel,
auch Dir großen Dank für Deine großartige und sehr ausführliche Antwort. Du beschreibst, wie wichtig es ist, sich auf neue und ungewöhnliche Dinge einzulassen. Das werde ich mir zu Herzen nehmen.
Ich wünsche Dir möglichst viele „gute“ Tage und freue mich, weitere so interessante Themen mit Dir auszutauschen.
Liebe Grüße
Harald
SundayMan
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Registriert: 8. Sep 2022, 19:12

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von SundayMan »

Hallo Harald,

habe seit gestern etwas in diesem Thread mitgelesen und möchte meine Erfahrungen mit dir teilen.

Ich habe zwei Klinikaufenthalte hinter mir.
Der erste war in einer psychiatrischen Klinik, das waren damals 8 Wochen.
Die gesetzliche Krankenkasse hat dafür die Kosten größtenteils übernommen, der Eigenbetrag war verhältnismäßig gering.
Zu dem Zeitpunkt ging es mir sehr schlecht, ambulante Therapie hat zu wenig geholfen.
Der Schritt, mir einzugestehen, dass nichts mehr ging, war für mein Ego sehr schwierig.
Doch es war zu dem Zeitpunkt genau das Richtige.
Es fanden zweimal wöchentlich Einzelsitzungen statt, es gab zweimal wöchentlichen Gruppentherapie, regelmäßig wurde mit der Gruppe Sport gemacht (in Turnhalle und draußen joggen), gemeinsam gegessen, Freizeit verbracht (wenn man wollte).
Die Erfahrung, die Lavendel64 gemacht mit Bezugspflegern gemacht hat, teile ich.
Der Austausch, aber auch die gemeinsamen Themen, empathisch miteinander sein, ein Zugehörigkeitsgefühl, haben viel für meine Gesundung getan.

Der zweite Klinikaufenthalt fand in einer Rehaklinik statt und dauerte 5 Wochen. Ich war damals nach meinem Studienabschluss und gescheiterten Berufseinstieg in einem neuen andauernden tiefen Loch. Auch diese Therapie hat mich so weit stabilisiert, dass ich danach einen erneuten Versuch in meinem gelernten Beruf unternahm und es dann besser klappte. Außerdem fanden im Rahmen der Rehanachsorge regelmäßige Sitzungen in meiner Nähe statt, um die Rückkehr in den Alltag zu begleiten und zu unterstützen.

Wie du befinde ich mich nun in einer Monate andauernden rezidivierenden Depression, und ich möchte dir Mut machen, diese Möglichkeit der Therapie anzugehen.

Herzliche Grüße
"You asked me what's my pleasure, a movie or a measure
I'll have a cup of tea and tell you of my dreaming
Dreaming is free"
(Blondie)
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@SundayMan

Hallo SundayMan,
vielen Dank für Deine Antwort. Wie Du, Lavendel und auch die anderen Forenmitglieder immer wieder die gleichen wichtigen Punkte beschreiben, ist für mich sehr wertvoll. Auch die Programme in den Kliniken sind sehr ähnlich. Es freut mich sehr, dass die Klinikaufenthalte Dir auf Deinem Weg geholfen haben. Ich fühle mich schon sehr motiviert durch die vielen positiven Erfahrungen.

Liebe Grüße
Harald
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Lotte_1

Hallo Lotte,
gemäß den Forenregeln möchte ich an dieser Stelle keine Kliniknamen veröffentlichen.
Du kannst mich aber gerne per PN anschreiben und ich kann Dir dann nähere Informationen
zu den untersuchten Kliniken bzw. der gewählten Klinik geben.

Viele Grüße
Harald
Avellana
Beiträge: 17
Registriert: 27. Dez 2022, 11:09

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Avellana »

Hallo Harald,

ich kann ebenfalls nur positiv vom Klinikaufenthalt sprechen.
Selbstverständlich ist es wie immer im Leben, es gibt nie die optimalen 100%.

Meine Einstellung dazu war:

- endlich hilft mir mal jemand, der sich auskennt
- bevor ich flüchte, lasse ich mich erst mal darauf ein (ich bin unter Menschen, die sich besser
auskennen als ich. Was ich als „schräg“ empfinde, könnte richtig sein.)
- vieles ist mir schwer gefallen und ich habe es in Frage gestellt, aber im Nachhinein war es
hilfreich und sinnvoll
- es ist ein geschützter Raum, in welchem ich „unter Gleichgesinnten“ dazu lernen konnte
- auch das Mehrbettzimmer war anfangs für mich eine Katastrophe, doch letztlich war es somit
auch eine Übung über mehrere Wochen, mich auf jemand anderen einzulassen, mich
abzugrenzen, mich zu unterhalten, manchmal zu helfen, manchmal Hilfe zu bekommen. Im
Grunde Interaktion zu üben.

Wie schon erwähnt, du hast nie 100 % . Es gibt, wenn du suchst, bestimmt immer etwas zu meckern.
Wichtig ist , dass dort Fachleute sind welche dir helfen können, die Seele wieder ein kleines oder großes Bisschen in die richtige Richtung zu bringen.

Ich wünsche dir viele gute Erfahrungen und viele Erfolge
Sabine
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

@Avellana

Hallo Sabine,
vielen Dank für Deine sehr mutmachende Antwort. Das mit dem Mehrbettzimmer habe ich gleich für mich ausgeschlossen, mit meinen Schlafproblemen möchte ich nicht Mitbewohnern auf die Nerven gehen, bzw. ich möchte natürlich auch selbst gut schlafen (zuhause haben meine Frau und ich deshalb getrennte Schlafzimmer). Ich habe daher bei meiner gebuchten Klinik das Zimmer für mich allein. Am 16.01, also nächsten Montag geht es nun los mit dem Klinikaufenthalt, bin schon ganz gespannt. Ich freue mich schon auf die vielen neuen Menschen und die sozialen Kontakte/Beziehungen, die sich daraus ergeben.

Vielen Dank auch für Deine Wünsche und die detaillierte Beschreibung der Herausforderungen bei Deinem Klinikaufenthalt.

Liebe Grüße
Harald
SundayMan
Beiträge: 327
Registriert: 8. Sep 2022, 19:12

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von SundayMan »

Lieber Harald,

es freut mich zu lesen, wie du dem Klinikaufenthalt gegenüber stehst.
Ich wünsche dir ab dem 16.01. eine für dich bereichernde Zeit mit schönen Erfahrungen und Begegnungen.

Lieber Gruß
"You asked me what's my pleasure, a movie or a measure
I'll have a cup of tea and tell you of my dreaming
Dreaming is free"
(Blondie)
Harry100
Beiträge: 31
Registriert: 29. Nov 2022, 15:34

Re: Wer kann über eine positiven Klinikaufenthalt berichten?

Beitrag von Harry100 »

Lieber Sundayman,

vielen lieben Dank für Deine Antwort. Ich bin sehr dankbar für die vielen hilfreichen
Antworten, die ich hier von den Forumsmitgliedern erhalte. Es tut mir gut!

Liebe Grüße
Harald
Antworten