Nutzlos für ALLE und ALLES ???

[HopeW]

Ich bin ganz durcheinander. Muß es immer so sein, kaum haben wir eine Stufe erreicht, schon wollen wir die nächste bewältigen?

Wer etwas von mir gelesen hat, weiß einiges über mich, ansonsten ganz kurz: Andauernd in Phasen depressiv seit Jahrzehnten, nehme ich seit einem Viertel Jahr AD (Citalopram).
Mir tut das Medikament insofern gut, als dass ich zur Zeit nur dann abkippe, wenn ich eine menschliche Enttäuschung habe.
Und-es gibt genug! Habe ich das denn nie wahrgenommen? war ich so in „meiner Glocke“ dass ich nix mehr spürte?

Als es mir mit den Medikamenten gelang, mich wieder zu bewegen, habe ich einiges in Angriff nehmen können. Das Gewichtigste dabei ist, ich suche Arbeit, habe über 100 Bewerbungen geschrieben. X Absagen, 4 Vorstellungstermine.

Was kann ich euch sagen? Ich werde gar nicht für voll genommen und habe auch zum Teil selbst schuld. Ich kann bei keinem Gespräch (privat und geschäftlich) mehr als 2 Sätze formulieren ohne mich zu versprechen oder unsicher zu werden. Eine Personalleiterin meinte tatsächlich....ja Sie sind ja noch ein richtiges Mädchen......was will Mädchen denn?

Ich war tief gedemütigt. Ich bin 48 Jahre alt.

Ein anderer: Das, was Sie können, können Hunderte anderer auch (bezogen auf meine Stadt).

Eine „Freundin“, ein Bekannter haben mich bös geleimt, meine Familie kommt mit „Loosern“ nicht klar. Habe mich gerade geoutet. Arbeitslosehilfeempfänger mit Depressionen.

Ich bin eigentlich fassungslos, kann euch gar nicht sagen, WER mich alles im Regen stehen lässt.
Habe mir heute Tabletten geholt. Die Ärztin meinte, DAS SEI NORMAL (?)
In dem Moment, in dem wir unsere Rolle aufhören zu leben, lässt man „uns“ fallen, weil kein anderer wirklich an einem interessiert ist.

Mir leuchtet das irgendwie ein, aber es tut gnadenlos weh, zu fühlen, zu spüren, da ist im Moment tatsächlich nichts an dir, was ein anderer haben will.

Nicht mich als Mensch, nicht mich als Arbeitskraft.
Zerbrech mir den Kopf, gibt es nicht irgendwas besonderes an mir, weswegen ich wieder „interessant“ bin?

Wer ist da durch, wer hat sich aus dieser Position herausgewunden, wer wurde wieder liebenswert?

Liebe Grüße von Hope, die die Hoffnung verliert, nachdem Sie endlich aus dem tiefsten Tal rausgekrabbelt ist.

PS Ich werde noch „wahnsinnig“ Keine Post, keine E-Mail, kein Telefon, keine SMS nur ICH, ICH allein.

[Captain Kirk]

Hi Hope,

jetzt nicht den Mut verlieren. Du kommst jetzt sozusagen zum nächsten Schwierigkeitslevel. Was Deine Ärztin gesagt hat finde ich klug. Es ist tatsächlich so, dass in schweren Zeiten kaum Freunde übrigbleiben. Das ist bitter und tut weh. Die "Freunde" die Dir in schweren Zeiten außerdem noch wehtun oder kein Verständis entgegenbringen reißen sich dadurch selber die Maske vom Gesicht. Das kann im besten Sine ent-täuschend sein.

Mein Rat: Nutze die einsame Zeit. Fang an, Dich selber kennenzulernen, mit Dir bewußt Zeit zu verbringen und Dir selber die beste Freundin zu werden. Und versuche, Dich nicht so sehr am äußeren Erfolg zu messen oder Dich dadurch zu definieren.

Gruß
c.

[Xenia]

Liebe Hope,

mir ging es damals auch so, bei meiner ersten richtig üblen Depression und einem S.-Versuch... Ich habe jeden meiner sog. Freunde verloren. Ich stand auf einmal - wie Du - alleine da. Ja, das tut verdammt weh.

Ich habe immer noch mit der Isolation zu kämpfen, es ist einfach so, denke ich, nach Jahren der Einsamkeit und des Alleinseins verändert man sich sehr. Aber langsam fange ich an zu leben, habe Freunde (zwar wenige, aber dafür echte).

Und ich denke, daß Captain richtig liegt, wir müssen uns selbst kennen- und liebenlernen, bevor wir wieder in die weite Welt hinaus wandern.

Gib' nicht auf... Leicht gesagt, ich weiß. Aber es gibt einen Weg!

Liebe Grüße und so

Xenia

P.S. wo warst Du so lange??

[HopeW]

Danke für deinen Rat, Captain.
Ich denke, du hast recht. 2 Menschen sind noch "DA" und die Ärztin meint, das seien schon viele. Ich glaube das auch, ich denke, es gibt Menschen, die sind komplett allein und so was kann nie gut sein.
Ich habe mir hier das Herz erleichtert, weil gerade die letzten 2 Wochen so hammerhart waren an menschlichen Enttäuschungen. Daß das Verhalten bzw. Nichtverhalten meiner Familie in den letzten Tagen auf mich zukam, gab mir den Rest. Ich brauchte wirklich Kontakt nach außen.
Aber Captian, wenn einem die Familie fallen läßt, nur weil man nicht nach "normalen" Maßstäben funktioniert, gibt es mir doch tatsächlich das Recht, meinen Weg zu gehen.Es ist meine Pflicht.Meine neuen Zeitresourcen nütze ich wie?
Was du meinst ist richtig, mir eine gute Freundin zu werden. ich habe nur keine Ahnung, auf welchen Weg ich mich da begebe.Noch weine ich, angesichts der Brut, die ich genährt, unterstützt, geliebt habe.

Hope

[Bellasus]

Liebe Hope,

mir geht das total nahe, was du geschrieben hast.

Die Rolle, die wir spielten, zerbröckelt, wenn wir uns mit uns selbst beschäftigen, uns durch die Krankheit gezwungenermaßen mit uns auseinandersetzen. Die Rolle hatte große Vorteile: Fassade, angepaßt sein, nicht anecken... Aber man selber war man eigentlich nie. Und jetzt fängst du an, du selber zu sein, so richtig rund läuft es noch nicht, aber egal, es ist der richtige Weg! Nur die anderen, die scheinen damit Probleme zu haben, wenn jemand die ihm zugedachte Rolle nicht mehr bereit ist zu spielen, wenn er ihnen die Augen für Dinge öffnet, die sie gar nicht wissen wollen.

Genau das ist mir vor ein paar Tagen passiert: Ich war auf einer Plantage Heidelbeeren pflücken - ein Luxus, denn die sind teuer und ich bin eigentlich pleite. Ich überlegte laut, ob ich den Eimer wohl noch vollpflücke, da meinte ein Mann von der Plantage, dass man da doch so viel Verwendung für habe und sie so lecker seien. Er war klar auf ein Schwätzchen aus. Als ich sagte: Klar sind sie lecker, aber ich muß ein bißchen aufs Geld gucken, kam nur noch ein "Ach so" und weg war er... Ich habe die Spielregeln nicht befolgt, aber ich war ich!!! So ziemlich das erste Mal übrigens in so einer Situation, bisher habe ich immer ja und amen zu allem gesagt.

Ich weiß, der Vergleich zu Bewerbungen hinkt, aber wie Xenia auch schon schreibt, finden sich neue Beziehungen, denn es gibt schon noch ein paar Menschen, die ohne Maske leben wollen. Und ich habe das Gefühl, manch einer ist dankbar, wenn er jemanden - nämlich uns - findet, vor dem er mal seine Maske fallenlassen kann, jedenfalls outen sich mir gegenüber plötzlich Leute, von denen ich es nie erwartet hätte.

Manchmal wünsche ich mir den alten Zustand wieder zurück, um mich schützen zu können, aber es funktioniert nicht mehr. Und darum ist die Verletzlichkeit so immens groß und vieles tut so weh, wie du es gerade erlebst, liebe Hope - und ich auch. Ein neuer Selbstschutz muß sich wohl erst aufbauen, wie Captain sagt, sich selbst die beste Freundin werden wäre wohl ein guter Weg.

Ich wünsche dir natürlich ganz viel Erfolg bei den nächsten Bewerbungen, aber noch viel mehr dass du zu dir stehst!

Liebe Grüße
Annette

[HopeW]

Liebe Xenia,

ich habe während der Zeit als ich "weg" war, mitgelesen, aber komplett daran gearbeitet, meine Dinge in Ordnung zu bringen. Ämter,aufräumen, entsorgen, Bewerbungen, Termine.
Danke, daß du dich meldest, du hattest ja wirklich genug Trouble.Die Wiederholung deiner Gefühle verstehe ich gut. Ich bin mittlerweile so sensibel, daß ich die Wiederholungen gefühlsmäßig absolut nachvollziehe. Da gibts z.B. eine Geschichte mit einem Moped, die ist so 35 Jahre alt. Ich war kurz vorm einschlafen, hörte ein Moped und war voll involviert. Es ist ein Hammer, was unser Gehirn unwiderruflich aufzeichnet.

Liebe Annette,
ist es denn nicht schlimm, wenn wir für das beurteilt werden, was wir an materiellem haben?Icch fand das noch nie gut und ok, war aber mal in der Lage , recht gut verdient zu haben, hatte sogar einen schicken Geschäftswagen. Ich fahre jetzt viel Fahrrad und habe (noch) ein altes Auto. Mir macht es leider noch viel aus, wenn ich DANACH eingeschätzt werden. Herrschaft, wo führt das noch hin? Übrigens, der Rest meiner Familie, die mir jetzt aufgekündigt hat, hat ein sehr gutes Einkommen, Haus, Pool und so. Nächste Woche hat mein Bruder Geburtstag. Sind die so blöd, daß sie meinen, ich habe noch nicht mal mehr was gescheites anzuziehen.
Ach Ihr Lieben, ich bin völlig fertig. Ein bißchen stehe ich auch als Künstlerin im öffentlichen Leben - auch hier abgeschoßen.
Ein Trost ist mir, auch wenn es zu Lasten anderer geht, daß JEDER abgeschossen wird, wenn er nicht regelkonform ist.

Liebe Grüße
Hope, die einfach losschreibt, was nicht ihre Art ist. Was neues *gg*

[doerte]

Liebe Hope,

ähnliche Erfahrungen habe ich auch gerade gemacht.
Ich bin seit ca. 10 Monaten depressiv, jedenfalls bewußt. War ich vorher auch schon, habe es aber nicht als das erkannt.

Ich habe immer in einer super harmonischen Familie gelebt. Familienslogen war: Wenn Du Hilfe braucht, sind wir alle für Dich da. Ja, nun brauche ich Hilfe und keiner ist da. Alle verpieseln sich irgendwie. Nur meine Kusine meldet sich, meine Lieblingskusine.
Meinen Eltern habe ich einen Brief geschrieben, ob ich nur dann liebenswert bin, wenn ich leistungsfähig bin. Reaktion: keine. Ich mache leider die gleichen Erfahrungen wie Du, nur wenn Du "normal", lustig, leistungsfähig bist hat irgendjemand Interesse an Dir. Mein Vater hat sich sogar dahingehend geäußert, dass alle in der Familie nur noch über mich lachen. Das tut weh!! Und ich habe meine Familie immer hoch gehalten, als etwas Besonderes.

Nur meine Freunde halten weitesgehend zu mir, das tut gut. Aber der Kontakt ist sehr viel geringer geworden. Mehr kann ich aber auch nicht leisten.

Liebe Hope, wir Depris sind eine schützenswerte Spezies von Mensch. Menschen, wie sie eigentlich sein sollten: Einfühlsam, menschlich, liebensfähig, sensibel... aber eben nicht so "verwertbar" wie die Wirtschaft den Menschen als Ware braucht. Ich glaube daran, dass wir die Vorreiter einer neuen Generation sind, schon vorbereitet auf das was kommen wird, aber verfrüht in einer Gesellschaft, die dafür noch nicht aufnahmebereit ist.

Lass Dich umarmen, trösten, tragen, ändern können wir wenig.

Es grüß Dich
Doerte

[DYS-]

Hallo Doerte

Willkommen hier im Forum!

Der Satz: "...... wir Depris sind eine schützenswerte Spezies von Mensch. Menschen, wie sie eigentlich sein sollten: Einfühlsam, menschlich, liebensfähig, sensibel... aber eben nicht so "verwertbar" wie die Wirtschaft den Menschen als Ware braucht. Ich glaube daran, dass wir die Vorreiter einer neuen Generation sind, schon vorbereitet auf das was kommen wird, aber verfrüht in einer Gesellschaft, die dafür noch nicht aufnahmebereit ist."

Ist sehr tröstend!
Dys

[DYS-]

Hallo Doerte

Willkommen hier im Forum!

Der Satz: "...... wir Depris sind eine schützenswerte Spezies von Mensch. Menschen, wie sie eigentlich sein sollten: Einfühlsam, menschlich, liebensfähig, sensibel... aber eben nicht so "verwertbar" wie die Wirtschaft den Menschen als Ware braucht. Ich glaube daran, dass wir die Vorreiter einer neuen Generation sind, schon vorbereitet auf das was kommen wird, aber verfrüht in einer Gesellschaft, die dafür noch nicht aufnahmebereit ist."

Ist sehr tröstend!
Dys

[HopeW]

Hallo Doerte,

Herzlich willkommen hier. Das Forum kann oft ein großer Trost sein. Wir haben alle unser "eigenes" und müssen auch alleine unseren Weg gehen. Aber es ist einfach gut, wenn man wirkliches Mitgefühl bekommt.
So glaubst du mir auch, wie sehr ich erschrocken war, daß es DEINE ELTERN sind, die so auf dich reagieren. Sicher kommst du aus "gutem Haus", da haben Depressionen keinen Platz.Es kann doch nicht wahr sein, daß die sich nicht mal mit dir auseinandersetzen!!!!!!
Bei mir ist es ja bloß Rest-Familie
von meiner Mutter habe ich mich sozusagen in gegenseitigem Einvernehmen getrennt, als mein Vater starb.

Es ist so wahr, was du sagst. Diese Sensibilität, auch diese Treue, die wir Depris aufbringen ist ein ungeheuer großes Gut.Man scheint nur wenig überlebensfähig zu sein. Im materiellen Sinne meine ich, denn wie oft wir ums Überleben kämpften, der eine öfters als der andere, zeigt eine ungeheure Kraft!
LG Hope.
Erzähl uns was Doerte, über dich, wenn du magst.
Ich glaube nur, ich leg´mich bald hin, fühle mich wie durch die Mangel gedreht aber nicht mehr so hoffnungslos.Ist ja eigentlich gar nicht negativ, keine Schmarotzer mehr an seiner Seite zu haben

Danke an euch.

[Bellasus]

Liebe Hope und alle anderen,

Hope, supergut, dass du einfach losschreibst! Es gibt wahrlich keinen Grund, Spielregeln einzuhalten, die man nicht aufgestellt hat und bei deren Nichteinhaltung man niemandem schadet. Ja, man wird dann abgeschossen und ist im wahrsten Sinne des Wortes getroffen, vielleicht auch abgestürzt. Ich fange aber gerade an, es so zu betrachten, dass ich sortiere, an wem mir etwas liegt und an wem nicht. Das ist das glatte Gegenteil von meiner bisherigen Einstellung, Hauptsache gemocht zu werden, (fast) egal von wem.

Und die Schmarotzer wenden sich dann eben ab, das ist ja kein großer Verlust, oder? Ich glaube, der Heidelbeer-Mensch hatte kein Problem damit, dass ich wenig Geld HABE, sondern dass ich es AUSGESPROCHEN habe und er gar nicht wußte, wie er damit umgehen soll.

Liebe Doerte, auch von mir herzlich Willkommen, und ich stimme dir auch zu, dass wir Depris unter Naturschutz gestellt werden sollten, aber das Leiden wäre ich schon gerne los...

Habe mich gerade in einem anderen Thread emotional verausgabt, gehe jetzt auch schlafen,

Alles Liebe für euch
Annette

[HopeW]

....Ich fange aber gerade an, es so zu betrachten, dass ich sortiere, an wem mir etwas liegt und an wem nicht. Das ist das glatte Gegenteil von meiner bisherigen Einstellung, Hauptsache gemocht zu werden, (fast) egal von wem.....

Bin immer noch nicht in der Koje, muß dazu noch was sagen.

Ist ein "Armutszeugnis" was wir uns selbst ausstellen...hab mich lieb....
Wie oft habe ich MICH GERADE DAFÜR NICHT GEMOCHT.
Das sind aber, glaube ich, Erziehungsfehler. Hauptsache, die Kleinen haben Essen, Kleider und ein Dach überm Kopf.
Und ansonsten kann man sie rumschubsen, nach Lust und Laune.
Also das habe ich erlebt, und in besonderem Maße - nur wer lieb ist, wird geliebt.
Ich bin ja immer noch der Meinung, daß Depression eine wirkliche Krankheit ist. Unser Gemütszustand ist LEBENSERFAHRUNG, die sich aus der Krankheit nährt.
Wie in meinem Fall, helfen also AD (da ich auch wirklich fest daran glaube und mir visualisiere, WIE sie in meinem Gehirn wirken)
aber die Lebenserfahrungen sind einfach da und mit denen muß man fertig werden.
Wenn ich nicht dieses warme Gefühl der Zuneigung für Menschen kennen würde, käme ich mir jetzt vor wie jemand, der nur Gefühle für sich selbst hat.
Wenn ich jetzt überlege (das Thema beschäftigt mich schon den ganzen Tag), WEN ICH MAG, dann fällt mir keiner von den ein, die mich verlassen haben.
Kommt mir ein bißchen wirr vor. Weshalb leide ich dann? Wieso war ich mehr oder wenig lang mit ihnen zusammen?
Weil ich von Klein auf, als häßliches mürrisches Kind auf die Zuneigung anderer angewiesen war, das Falsche erkannt habe, das Spiel mitgespielt habe und lieb war?

Und jetzt bin ich also nicht mehr lieb, bin aus der Rolle ausgeschert. Aber ich bin auch nicht "böse".
Soll ich euch sagen, daß ich böse sein möchte - jetzt ?
Halt ich das durch? Früher oder später meldet sich der eine oder andere doch wieder. Soll ich´s wagen, zu sagen, ich will jetzt nicht mehr. Oder gebe ich wieder ein Stück Land her, erweitere zu meinen Ungunsten meine Grenzen.
Sch....das ist mein Lebensmuster.

Ich bin sauer und das ist ein gutes und gesundes Gefühl. Schließlich habe ich niemand beleidigt, geärgert.
Nein, ich bin arm und ohne Arbeit. Ich bin nicht mehr von Nutzen. Wer mich kennt kann nichts mehr von mir erwarten. Ich habe nichts mehr. Ich bin nicht mehr gesellschaftsfähig.
Immer wieder in den letzten Tagen, das leise Gefühl - und endlich habe ich keine Pflichten mehr "Euch" gegenüber. Jetzt bin ich euch endlich alle los und kann leben, wie ich will.

Danke für die Ermunterung, loszuschreiben, weil es keine Spielregeln gibt.Ich hätte nicht geglaubt, daß das so wohltuend ist.

Wer auch immer wann schlafen geht -
schlaft gut.
Hope

[maggy]

Liebe Hope,

es bewegt mich sehr was Du schreibst; denn in solchen Phasen habe ich mich auch sehr lange befunden.
Nie zu wissen wer ich eigentlich bin, weil alle immer eine Vorstellung von mir hatten, nur ich nicht. Bis ich mich das nicht mehr gefragt habe sondern einfach akzeptiert habe, dass ich die bin, die ich aus mir mache: täglich, stündlich, minütlich neu. Das war für die, die eine Vorstellung von mir hatten, der ich dann nicht mehr entsprochen habe sicherlich nicht angenehm, aber das war mir egal; denn irgendwann wurde mir bewußt, dass es in meinem Leben um MICH geht.

Geholfen hat mir in diesen Zeiten folgende Geschichte (ich wollte sie Dir eigentlich per Mail schicken, weil Du geschrieben hast, dass Du keine Mails kriegst, aber Dein Profil ist nicht freigeschalten):

AKZEPTIERE DICH
Ein König ging in seinen Garten und fand dort verwelkte und sterbende Bäume, Sträucher und Blumen.
Die Eiche sagte, sie stürbe, weil sie nicht so groß sein könne wie die Tanne. Als der König sich der Tanne zuwandte, ließ diese die Schultern hängen, weil sie keine Trauben tragen konnte wie der Weinstock. Und der Weinstock lag in den letzten Zügen, weil er nicht blühen konnte wie die Rose.
Schließlich aber fand der König eine Pflanze, die blühte und frisch war wie immer: das wilde Stiefmütterchen. Auf seine Frage, warum es so wunderbar blühe, erhielt er folgende Antwort:
„Für mich war klar, dass du ein Stiefmütterchen haben wolltest, als du mich pflanztest. Hättest du eine Eiche, einen Weinstock oder eine Rose gewünscht, hättest du sie gepflanzt. Deshalb dachte ich, da ich ohnehin nichts anderes sein kann als das, was ich bin, will ich versuchen, dies nach besten Kräften zu sein.“

Und manchmal, habe ich jedenfalls so erlebt, erlauben sich Menschen um Dich rum dann auch Stiefmütterchen zu sein, wenn Du es ihnen vormachst (übrigens eine Blume, die ich bis vor ein paar Jahren noch regelrecht gehaßt habe, jedenfalls war sie nicht in meinem Garten zu finden).

Alles Liebe
und schlaf schön

Maggy

[butterfly7]

einfach nur ganz herzliche grüße
an all die depressiven "spezies"
schlaflos in....
(die mitliest und mitfühlt)
dust

[HopeW]

Guten Morgen, ihr lieben weiblichen Wesen.

NUTZLOS.......
ist das ein Frauenthema *g* ?
Ich vermute es fast. Heute morgen, nach euren Feedbacks und nur einer Schlafunterbrechung geht es mir insofern besser, als daß ich meine Vorhaben weiter verfolgen will. Daß man so schnell fallengelassen wird - in der Familie - mit nur einem "Fehlverhalten", wenn man nie eine Krise an die Familie herangetragen hat, erscheint mir im Moment mehr überraschend als schmerzlich.
Darüber muß ich nachdenken. D.h. eher vordenken. Will ICH denn jetzt noch Kontakt?Nicht ausgeschlossen halte ich die Gedanken.......jetzt lassen wir sie mal ausspinnen, die meldet sich wieder......

Es geht mir wirklich wie euch - UNS in unterschiedlichen Entwicklungsphasen - es ist Zeit, sich auf sich selbst zu besinnen und sich ohne Druck von außen zu fragen, Wer bin ich, Was will ich?

In diesem Sinne wünsche ich euch ein schönes Wochenende. Ich schreibe weiter Bewerbungen und gehe mal raus in die Natur, die herbstlich angehaucht zu meiner Stimmung paßt.

Ganz viele liebe Grüße
für euch alle
von Hope.

[Emily]

Liebe Hope,

"nutzlos" - das ist in der Tat ein Frauenthema. Leider! Wir Frauen kennen es nicht anders, haben es gar nicht anders gelernt, als uns über unseren "Nutzen" für andere zu definieren. Wenn man sich dann "nutzlos" vorkommt, weil man Depris hat und nicht mehr "funktioniert", beißt sich die Katze permanent in den Schwanz. Man steckt mittendrin im schönsten Teufelskreislauf: Die Depris verstärken die scheinbare Nutzlosigkeit, die Nutzlosigkeit verstärkt die Depris. Warum macht man sich so selten klar, dass man keine "Rechtfertigung" für die eigene Existenz braucht, und schon gar nicht permanent, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr?

Wenn ich mich an deine ersten Postings hier im Forum erinnere, dann bist du seitdem viele gute Schritte vorwärts gegangen. Und innerlich spürst du vermutlich sehr klar, dass du dich nicht mehr nur über deinen "Nutzen" definieren willst. Das ist der richtige Weg! Vielleicht besteht der "Nutzen" deines Daseins gerade jetzt darin, endlich mal zu dir selbst zu finden?
Grüße von
Emily

[flow]

Ich bin zwar selbst eine Frau, glaube aber nicht, dass das ein Frauenthema ist. Schaut man sich in diesem oder in einem anderen Forum für Depris um, betrifft das genauso auch Männer, die im Familienleben oder im Beruf nicht mehr im nötigen Rahmen "funktionieren" und die sich deswegen
genauso "nutzlos" fühlen.

Hope, wie geht es Dir? Hast Du deine Bewerbungen geschrieben? Wie war Dein Ausflug in die Natur? Hat er geholfen, Dich auf dich selbst zu besinnen? Ich wünsche es Dir sehr.

Ich hadere ja noch mit mir, auch rauszugehen und bräuchte etwas positiven Zuspruch .

Liebe Grüsse,
flow

[barney]

Hallo ihr weiblichen Wesen,

das Gefühl der Nutzlosigkeit ist keineswegs ein Thema, das nur Frauen betrifft. Ich bin ein Mann und mir geht es genauso. Mein Selbstwertgefühl ist gleich Null.

Ich habe im letzten Jahr viel hier im Forum geschrieben. Dann bin ich im Oktober für 3 Monate in eine Klinik gegangen; das hat mir das Leben gerettet. Ich weiß nicht, ob ich darüber glücklich sein soll.

Naja, dort habe ich eine sehr liebe Frau kennen gelernt, mit der ich im Januar zusammen gezogen bin. Im Juli bin ich dann geschieden worden (meine Ehe war schon lange wegen meiner Depri zerstört) und habe diese Frau vor einer Woche geheiratet. Sie heisst Dörte, ist ebenfalls schwer depressiv und hat gestern in diesem Thread zum ersten Mal gepostet.

Unsere Heirat wurde von ihren Eltern und ihren sonstigen Verwandten völlig ignoriert. Das verletzt uns zutiefst. Auch meine Ex-Frau, die so grossen Wert auf eine Trennung in Freundschaft und Achtung gelegt hat, meldet sich nicht. Dafür hat sie mir im Juli bei dem Scheidungstermin ihren "Neuen" präsentiert. Ich hätte nur noch heulen können.

Offenbar ist in diesem Leben kein Platz für uns Depris. Wir müssen es wohl so hinnehmen.

Ich wünsche Euch allen einen schönen Abend.

Gruß
Bernd

Na,

[lila2]

Hallo ihr alle!

Ich genisse jeden eurer Sätze, denn mir geht vieles von dem was ihr schreibt oft im Kopf herum, ich kann es nur nicht formulieren oder traue mich nicht, es zu hier.
Ich bin die Freundin eines Depressiven Mannes und ich finde, dass einige Züge, die er zT wegen der Depressionen an sich hat einfach wunderschön sind: Nie habe ich einen Menschen kennengelernt, der so sensibel und nachdenklich ist. Er hat so wunderbare, feinfühlige Antennen in die Aussenwelt, dass er manchmal merkt, dass etwas mit mir nicht stimmt, noch bevor es mir bewusst wird.
Leider kann man so einen Menschen so verdammt schnell kaputt machen. Keiner hat Lust die Zeit und die Kraft aufzubringen, sich eines Menscen anzunehmen, der nicht einfach ist, der das Bedürfnis nach echter, ernstgemeinter Freundschaft hat, für den man manchmal einfach da sein muss.. der nicht funktioniert und sich zusammenreisst..
Seine Gedanken zur Welt bringen ihn leider oft nicht weiter, machen vieles schlimmer.. Aber sie sind wahr und entsprechen der Wirklichkeit.. Ist es gut, alles auszuhalten, hinzunehmen?
Er ist an einem Punkt angelangt wo er rigoros mit jedem bricht, der nicht ehrlich ist und keine echte Freundschaft führt. ich war anfangs schokiert.. wie kann er diese Sicherheit, die Freunde und Bekannte einem geben so einfach wegwerfen? Aber ich habe gemerkt, dass ich viel zu lange Menschen akzeptiert habe, die nicht wirklich meien Freunde waren. die nie für mich da waren und die mich fallen liessen, war ich mal nicht leistungsfähig oder hatte kein Geld mehr.. Ich habe durch ihn gelernt, dass das eine falche Sicherheit ist, die einen kein Stück glücklicher macht, als allein zu sein und es sich selbst einzugestehen.

All das habe ich noch nie hier ausgesprochen, weil ich glaubte, dass es unpassend ist, Depessiven Menschen zu erzählen, dass man ihre Depressiven Eigenschaften irgendwo mag.. ich habe befürchtet, ihr denkt ich nehme gar nicht wahr, dass es Leid und Schmerzen bedeutet, Depressiv zu sein, aber scheinbar seht ihr das auch so und es freut mich hier loswerden zu können, dass sie auch der " funktionierenden" Aussenwelt auffallen!!!!

Manchmal neige ich auch dazu mir zu denken " Herrgott... so ein empfindlicher, wenig belastbarer Mensch.. wie soll er klarkommen in der Welt?" Aber es ist schön, wenn wir uns gegenseitig das geben, was wir am besten können: Er mir Geborgenheit und Sensibilitt, einen Ort an dem ich sein kann wie ich bin und mich nicht zu verstellen brauche. Und wenn Dinge anstehen, die er gerade nicht zu leisten im Stande ist, dann kann ich was tun.. Ist das nix? Ich find uns toll und euch auch!
Ich hoffe ihr geht alle euren Weg und wenn das Zeitalter der sensiblen Menschen gekommen ist, dann hoffe ich, ich bin dabei !!!!

[flow]

Bernd und Dörte: Meine besten Wünsche zu Eurer Hochzeit. Das Euch die Ignoranz der Verwandten verletzt, kann ich gut verstehen, aber Ihr habt Euch und solltet das, so gut es geht, geniessen und nach vorne schauen. Ich wünsche Euch alles Glück dieser Welt.

Lila: Dein Freund müsste ein glücklicher Mann sein, hat er doch Dich zur Freundin . Es tut gut zu lesen, dass jemand Aussenstehendes auch die positiven Seiten eines Depressiven zu schätzen weiß, weiß er es meist doch selbst nicht. Ich wurde gerade "kaputt gemacht", aber ich finde es schön, zu wissen, dass es noch Menschen gibt, die sich mit der Krankheit auseinandersetzen, Verständnis zeigen und für andere da sind. Das gibt mir Hoffnung, dass vielleicht auch mir so jemand begegnen könnte. Es ist toll, dass es Dich gibt .

[Bellasus]

Erstmal herzlichste Glückwünsche und alles Gute für euren gemeinsamen Weg, Dörte und Bernd!

Hier in diesem Thread stehen inzwischen so viele wertvolle Gedanken - es tut einfach gut, sie zu lesen - und ich habe das Gefühl, das ihr auch alle dabei seid, ganz viel zu verändern, euer Leben und eure Bedürfnisse als wichtig zu erkennen und nicht immer nur zu sehen, was die anderen von euch wollen.

Immer nur lieb sein - das habe ich in meinem bisherigen Job bis zum Excess betrieben - alle Arbeit her zu mir, klar, mache ich alles, NEIN sagen - wie geht das? Habe mich hoffnungslos verzettelt, alles gemacht, nur meine eigene Arbeit nicht mehr geschafft, deswegen viel Ärger bekommen, immer mehr in Panik geraten, bis zum Zusammenbruch, und dann? Gekündigt - betriebsbedingt... Annette hat nicht mehr wunschgemäß funktioniert.

Freunde sortieren - ja, das erschreckt mich auch manchmal ziemlich, aber komischerweise scheinen diejenigen es irgendwie zu merken, melden sich viel seltener, und wenn kommt kaum ein Gespräch zustande. Dagegen sind andere, die lange z.B. bloß Kollegen waren, plötzlich viel näher gerückt.

Maggy, danke für den schönen Text!
Flow, die Holunderbeeren sind reif, kochst du gerne Marmelade?

Liebe Grüße an alle
Annette

[barney]

@ flow und Annette

Danke für Eure lieben Worte. Es tut gut zu erfahren, dass es Menschen gibt, die bei uns sind und mit uns fühlen. Danke.


@ lila

Dein Freund kann sehr froh sein, einen so wertvollen Menschen wie Dich gefunden zu haben. Wir Depris sind nicht nur eine Last für andere Menschen; wir können auch sehr viel geben. Du hast das erkannt. Dafür danke ich Dir.

Gruß
Bernd

[lila2]

Oh Oh.. Bernd und Dörte! Euch hätte ich auch mal gratulieren können.. endschuldigt! Es gab so viel zu lesen in diesem Thread und ich wollte so viel antworten.. da hab ich das glatt vergessen!

@ Flow und Bernd! Vielen Dank für EURE lieben Worte! Da mein Freund über seine Krankheit und die darurch bedingten Probleme kaum ein Wort verliert, verliert man schnell den Boden unter den Füßen. es tut verdammt gut, eure gedanken zu lesen und dadurch Kraft zu tanken, einige Dinge besser zu verstehen und so auch Geduld zeigen und etwas aushalten zu können!
Danke!

[HopeW]

Hallo Ihr Lieben,

ich bin froh und dankbar, dass „wir“ und andere! zum Teil erkennen können, dass wir Depris tatsächlich sehr sehr positive Eigenschaften mitbringen, bei mir ist das Treue, Verantwortungsgefühl, Sensibilität und wahrscheinlich vieles mehr......
Treue, seufz.....ich muß etwas richtig stellen, weil ich ansonsten eure große Hilfestellung nicht richtig nützen kann. Ich bin seit Jahrzehnten verheiratet. Wer sich an die anfänglichen Threads erinnert, weiß, dass ich meine große Liebe verloren habe. In meiner Ehe war mir immer „kalt“ und dann lernte ich vor 4 Jahren diesen! Mann kennen. In der Ehe bin ich immer noch, weil ich meinem kranken und mittellosen Mann „treu“ bin. Den anderen? Im letzten Vierteljahr ist es mir gelungen, innerlich ganz, ganz großen Abstand von ihm zu nehmen aber ich freue mich immer noch, ich merke, wie ich aufblühe, wenn er mir eine SMS oder ein Kärtchen schreibt. Ich freue mich, aber es ist aus.
Nun bin ich also im Laufe der Jahre von der Business-Frau, die die Familie ernährt abgestiegen zur-ganz neu-Arbeitslosenhilfeempfängerin. Ich kann Nachts nicht mehr schlafen, das Geld reicht nie für UNS. Mein Mann ist nicht gut zu mir. Ich habe immer wieder versucht, ihm zu erklären, dass der Andere mit zu meiner Depression gehört und/oder dass meine D. unsere Ehe beeinträchtigt hat. Ich habe unter Tränen ihn dieser Tage gebeten, einen Neustart zu wagen.....er gibt wohl zu, dass man merkt, dass mir die AD gut tun, aber er sieht darin keine Chance. Ich habe ihm zu viel angetan.
Mir kommt ein hässlicher Verdacht. Wenn mich die Ursprungsfamilie nun „abgeschossen“ hat – wieso nicht auch er, mein Mann ? Kennt man nicht diese Geschichten, liest man nicht oder schaut im Fernseh, wie es dem Ehemann geht, der keine Kohle mehr hat.
Ich bin dankbar, dass die Tabletten bei mir wirken. Meine Ärztin ist damit einverstanden, dass ich noch mal ein Viertel Jahr an mir arbeite und wir dann entscheiden, ob ich wieder eine Therapie machen soll. Ich bin dankbar für die einigermaßen erreichte Stabilität, mit der ich wenigstens wieder denken und handeln kann.
Aber insgesamt fühle ich mich unter Schock. War ich nur die „Melkmaschine“ für den einen, für die anderen die Vorzeigetochter/schwester? Nie ein Mensch, den man liebt, weil er ist wie er ist......oder zumindest ein Mensch, dem man Verantwortung gegenüber hat. Ich glaube, wenn ich mit dieser ganzen Sch...umgehen kann, bin ich nicht mehr die, die ich war. Ich glaub, ich bins schon jetzt nicht mehr.

Liebe Grüße von der traurigen Hope.

[HopeW]

PS.
Ich bin nicht traurig,
ich bin kurz vorm Abstürzen. Warum quäle ich mich denn so?Weil für mich der Maßstab aller Beziehungen Sympathie + Mögen + Liebe war, OHNE Prestigedenken.
Ich quäle mich, weil ich mein Leben lang sicher richtig fühlte, aber ständig neben der Realität war.
JETZT verstehe ich das unverständliche. Immer habe ich gelitten, wenn man sich von mir abwandte, nie habe ich jemand verlassen
und
das verstehe ich jetzt.
Bei mir war es mögen
bei den anderen irgendwas, was man von mir haben wollte.
Vielleicht kann mir jemand antworten?
Ich sage mir hundert Mal-kühlen Kopf jetzt behalten, die Dinge/Gefühle nach Prioritäten angehen.....aber weiß Gott, ob ich es schaffe....und diese Abstürze sind ein solcher Horror, wie ihr wißt!!!!!!