Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

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freshat
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Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von freshat »

Hallo zusammen,

was mich gedanklich umtreibt (Ich habe eine diagnostizierte mittelschwere Depression):

Aus medizinischer Sicht ist die Depression eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen tiefgehend beeinflusst, mit Störungen von Hirn- und anderen Körperfunktionen einhergeht und erhebliches Leiden verursacht. Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, können sich selten allein von ihrer gedrückten Stimmung, Antriebslosigkeit und ihren negativen Gedanken befreien. Aber es gibt gute und effektive Möglichkeiten der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung. Quelle: "Was ist eine Depression?" auf deutsche-depressionshilfe.de

Also: Was ist eine Depression?
Eine pathologische Veränderung meiner Gehirnchemie, die medikamentös therapiert werden muss, weil es eben somatisch ist?
Bei manchen Menschen vielleicht, aber oft eben auch nicht.
Bei mir offenbar nicht, Antidepressiva habe nichts gebracht und laut Psychiaterin die Empfehlung einer Therapie.

Wenn also Antidepressiva nicht (bei allen) wirken, können Depressionen psychotherapeutisch erfolgreich behandelt werden bzw. werden diese psychotherapeutisch und oft erfolgreich mit Kógnitiver Verhaltenstherapie behandelt – richtig?
Die Kognitive Verhaltenstherapie soll gut helfen. KVT gibt Werkzeuge und Techniken zur Hand, mit deren Hilfe man die eigenen Bewertungen von Situationen ändern (lernen) kann, die eigene Sichtweise ändern lernt; negative Denkmuster erkennen lernt.

Wenn also eine Depression durch eine kognitive Verhaltenstherapie erfahrungsgemäß gut behandelt werden kann, handelt es sich dann bei einer Depression nicht einfach nur um falsche, weil negative Denkweisen? Eine negative gedankliche Einstellung, die geändert werden kann, muss, damit es einem besser geht.
So einfach?
Wenn es so einfach wäre, dann wären Depressionen doch einfach nur Lebensphasen, in denen man aufgrund bestimmter äußerer Umstände oder falscher Denkweisen und entwickelter gedanklicher Einstellung niedergeschlagen ist?
Man müsste sich nur bewusst machen, dass man (begründet durch äußere Geschehnisse oder nicht) zu negativ denkt und nur (wieder) lernen, etwas positiver zu denken und die guten Dinge im Leben wieder bewusst wahrzunehmen – richtig?
So simpel??
MySun
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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von MySun »

Hallo freshat.
Zur Frage der medizinischen Behandlung empfehle ich dir den folgenden Link, der Zeitschrift Spektrum Psychologie, zu lesen.
https://www.spektrum.de/news/depression ... el/1798331" onclick="window.open(this.href);return false;
Die Frage zur KVT ist nicht so einfach zu beantworten, da die Ursachen einer Depression verschiedene Ursachen haben kann.
Eine VT ist nur eine von verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Vor allem, wenn die Depression psychosoziale Ursachen hat, kommt man (aus der Sicht meines Mannes) mit einer tiefenpsychologischen Therapie weiter.

Alles Gute und
LG MySun
"Viele Menschen sind zwar am Leben, berühren aber nicht das Wunder, am Leben zu sein.“-ThichNhatHanh-

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MySun
MySun
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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von MySun »

Winfried 123 hat geschrieben:
Menschen die mir sehr geschadet haben, sind in meinem Leben nicht
mehr präsent.
Hallo Winfried,
ich halte es für eine gute Entscheidung, dass du Menschen aus deinem Leben verabschiedet hast, die auf deinen Seelenfrieden einen störenden Einfluss ausübten.
Winfried 123 hat geschrieben:Heute bin ich nicht geheilt, Tiefs habe ich immer noch phasenweise.
Was bedeutet es für dich, "geheilt zu sein" von einer Krankheit, die einen chronischen Verlauf hat. Ich habe mir auf Grund meiner chron. M. Crohn-Erkrankung, die vor 40 Jahren ihren Anfang nahm, schon sehr viele Gedanken darüber gemacht, was es bedeutet "geheilt zu sein", oder auch gesund und heil zu sein.
Winfried 123 hat geschrieben:....Obwohl er nicht immer einsehen wollte, dass auch sein Verhalten dazu beigetragen hat, dass es mir immer wieder schlecht ging.

Ich tröste mich immer mit meinem Spruch: Jeder Mensch verhält sich so, wie er es eben kann. Wenn er es anders können würde, würde er es mit Sicherheit auch tun. :)
Herzliche Grüße MySun
"Viele Menschen sind zwar am Leben, berühren aber nicht das Wunder, am Leben zu sein.“-ThichNhatHanh-

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MySun
Ifightdepression79
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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von Ifightdepression79 »

Winfried 123 hat geschrieben:Hallo Mysan, hallo freshat,

tja, was bedeutet geheilt zu sein ,eine gute Frage.
Bei M.Crohn kommt es ja auch auf den Schweregrad an .
Nach meinem Wissenstand kannst du da " viel " mit deiner Ernährung beeinflussen.
Belastend für Körper und Seele sind körperliche Krankheiten natürlich auch sehr.
Wenn eine klinische Depression vorliegt oder dazu kommt, sieht das noch ganz anders aus.

ZB. Es steht die Hochzeit unserer jüngsten Tochter bevor, in die Vorbereitungen bin ich involviert und sehe es noch gelassen.
In meinem Kopf aber, sind die Gedanken, "hoffentlich geht es dir dann nicht schlecht".
So viele fremde Menschen machen mir oft Angst.
Denn auch der Gedanke "im September ging es mir schon oft nicht gut".
Oder auch "du musstest schon oft Feierlichkeiten absagen, das nur nicht jetzt wieder, das willst du ihr nicht antun usw."
Die Liste ist sehr lang, besser kann ich die Gedanken nicht beschreiben,
sie sind immer mit Ängsten verbunden.
Da kann ich mir vorstellen, diese Gedanken hast du mit M.Chron auch.

Für mich gehört auch als geheilt dazu, dass die langen Phasen von Antriebslosigkeit ,Lustlosigkeit und Hoffnungslosigkeit weg bleiben.

Mir wird es auch "geheilt" nicht immer gut gehen, das ist ja bei keinem Menschen der Fall.
Wenn ich eine depressive Phase habe und es wird mir gesagt
"mir geht es auch immer Mal schlecht " dann hat dieser Mensch nichts verstanden.
Es ist genau wie bei M. Crohn, wenn du gesagt bekommst," ich habe auch immer Mal Durchfall."

Auch ich habe seit vielen Jahrzehnten depressive Phasen, aber ich bin nicht durchgehend schwer oder mittelschwer depressiv, darüber bin ich sehr dankbar.
Aber auf die "Jammertäler " könnte ich gut verzichten, weil mir diese Zeit an meiner Lebenszeit fehlt.
Was ja auch bei körperlichen Krankheiten der Fall ist.
Die Angst ist bei mir immer da, Mal mehr Mal weniger, das ist auch in guten Zeiten belastend.

Obwohl ich schon sehr viel gelernt und getan habe ,um mit dieser Störung besser umzugehen, auch mir selber oft helfen kann.
Das ist bei dir bestimmt auch der Fall ?

Ein Gebet hilft mir oft, auch wenn ich in dem Sinne nicht gläubig bin.

Gott, gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen ,die ich nicht ändern kann.
Den Mut Dinge zu ändern die ich ändern kann,
und die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden.
Nienbuhr.

Da will ich auch für dich hoffen, dass du auch leichtere Zeiten mit der Erkrankung hast und auch weiter auf Heilung hoffst.
Denn die Hoffnung langfristig ein leichteres Leben führen zu dürfen, die gebe ich nicht auf.
Ob das dann die komplette Heilung ist, das weiß ich nicht.
Empfindlich, verletzlich werde ich immer bleiben, aber das ist für mich kein Manko und auch keine Störung.

Liebe Grüße
Guten Morgen Winfried,

die Hoffnung auf ein leichteres Leben dachte ich aufgegeben zu haben, aber ein bisschen ist sie noch vorhanden.

Gestern hatte ich zum ersten Mal Ergotherapie und im Vorgespräch hat die Frau zu mir etwas gesagt, was ich bereits festgestellt habe :

Persönlichkeitsstörungen sind nicht heilbar.

Lediglich der Umgang damit kann so geübt werden, dass ich im Alltag nicht so oft auf die Nase falle. Selbst das ist mir bisher maximal in Maßen gelungen.
Es heißt ja immer bei Narzissmus leiden nur die Anderen. Das stimmt definitiv nicht. Gegen diese Anteile anzukämpfen habe ich lange Zeit versucht.
Und das gehört zu den Dingen, die ich nicht ändern kann.

Love it, leave ist or change it klingt so einfach und ist doch so schwer.

Ich muss mein Trauma aber nicht an Anderen auslassen, die sind dafür nicht verantwortlich.

Die Welt ist eh schon rau genug.

Lieben Gruß und einen schönen Tag
Malte
Viele Grüße

Malte

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Ifightdepression79
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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von Ifightdepression79 »

Winfried 123 hat geschrieben:Hallo Malte,

du tust was gegen deine "Probleme" das ist schon ein großer Schritt nach vorne.
Wir schreiben ja in dem Thread "Umgang mit der Krankheit."

Es gibt einen Spruch bei Suchtkranken, den ich mir innerlich auch aufrufe "Krankheit ist keine Schande, es ist nur eine Schande nichts dagegen zu tun."

Du bist auf einem guten Weg ,mit Geduld kannst du sehr viel Erleichterung erreichen ,ich wünsche dir alles Gute dabei.

Liebe Grüße und heute viele gute Momente.
Lieben Dank, die wünsche ich dir auch.

Vg
Malte
Viele Grüße

Malte

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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von Max_ »

@Malte

Ist heute dein Bewerbungsgespräch? Toi, toi, toi!
MySun
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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von MySun »

Winfried 123 hat geschrieben: tja, was bedeutet geheilt zu sein ,eine gute Frage ?
Bei M.Crohn kommt es ja auch auf den Schweregrad an .
Nach meinem Wissenstand kannst du da " viel " mit deiner Ernährung beeinflussen.
Hallo Winfried, vielen Dank für deine Antwort.
Da meine MC-Erkrankung einen schweren Verlauf nahm, musste ich mich operieren lassen.
Nach der OP habe ich meine Ernährung umgestellt und auch viele Bereiche meines Lebens "neu geordnet".
Ich lebe jetzt seit 36 Jahren rezidivfrei und ich "fühle mich gesund".
Die Narben am Bauch und in der Seele sind Erinnerungen an vergangene Zeiten.... .
In meinem Leben ist wieder viel Licht und Heiterkeit. :)
Und ich habe auch wieder die Kraft erlangt, die ich benötige, um meinem Mann in weniger "rosigen Zeiten", gut zur Seite stehen zu können.

Liebe Winfried, ich wünsche dir viel Kraft, Gelassenheit
und Hoffnung auf viele lichte Zeiten in deinem Leben.
Herzliche Grüße
MySun

P.S. Ich wünsche dir und deiner Familie eine wunderschöne Hochzeitsfeier deiner jüngsten Tochter.
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MySun
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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von Ifightdepression79 »

Max76 hat geschrieben:@Malte

Ist heute dein Bewerbungsgespräch? Toi, toi, toi!
Hi Max, ja das war heute. Ich berichte kurz im Forum "Arbeit".

Schön, dass du fragst.

Vg
Malte
Viele Grüße

Malte

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lena89
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Re: Ich krieg's gedanklich nicht zusammen...

Beitrag von lena89 »

Ihr lieben Mit-LeidensgenossInnen,
es tut mir so gut, eure Beiträge zu lesen. Ich finde mich da an vielen Stellen wieder und habe das gute Gefühl, nicht alleine zu sein mit dieser Krankheit. Gerade bin ich längere Zeit in einer guten Phase, weiss aber inzwischen mit meinen 68 Jahren, dass es eben auch wieder schlechter gehen kann.
Lieber Gruß
Inge
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