Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

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f32-axolotl
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Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo ihr Lieben,

ich bin mittlerweile mehr als genervt und frustriert: Ich bin mittlerweile wieder seit längerem auf der Suche nach einem Psychotherapieplatz. Dass das sehr schwierig ist, wisst ihr ja sicherlich alle. Mir geht es derzeit hauptsächlich darum, mit der Arbeit wieder einigermaßen klarzukommen. Und ohne eine Psychotherapie schaffe ich es anscheinend nicht - habe es ja mittlerweile lange genug probiert.

Ich werde reihenweise von den Therapeuten (also die, die der KVB freie Plätze melden) abgelehnt. Jedes Mal ein anderer Grund.

Und jedes Mal wird eine andere Diagnose vergeben: normale Depression, rezividierende Depression, Angststörung, ADS, Anpassungsstörung, Hypothyreose, Dysthymie, Persönlichkeitsstörung. Heute habe ich: "Sie sind psychisch gesund" bekommen. Na danke.

Es ist so unendlich frustrierend. 2009 hatte ich meine ersten Symptome und seitdem gibt es immer noch keine wirklich verlässliche Diagnose, was ich überhaupt habe. Das kann doch nicht sein. Es muss doch mal eine konkrete Aussage geben, was ich habe. Es ist doch kein Wunder, dass man mir nicht helfen kann, wenn man gar nicht weiß, was ich überhaupt habe.

f32
f32-axolotl
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo Winfried,

danke für deine Worte. Ich persönlich glaube nicht, dass es bei mir eine rezividierende Depression ist. Die Depression war nie weg oder nennenswert weniger, daher ist es nicht "episodenhaft", wie es für F33 (nach ICD-10) sein müsste.
Letztenlich wäre es gar nicht so relevant, wie man meine Krankheit nennt. Nur denke ich, dass ich ohne eine gute Diagnose auch nicht gut behandelt werden kann.

Und die Therapeutensuche ist mittlerweile selbst zu einem großen Stressor geworden.

f32
Suchende2
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von Suchende2 »

Hallo f32-axolotl,

hast Du bei Dir in der Nähe eine PIA und kannst dort eventuell einen Therapeuten finden?

Die Diagnosen nach den Erstgesprächen kannst Du vergessen. Die müssen da etwas ´reinschreiben.
Auf die Erstgespräche über die Kassenärztliche Vereinigung habe ich verzichtet. Die müssen nicht freie Plätze melden, sondern haben die Verpflichtung eine gewisse Anzahl an Erstgesprächen zu führen. Ich habe über 50 Therapeutinnen kontaktiert und hatte 6 Erstgespräche. Das ganze ist mühsam und anstrengend. Für mich hat es sich gelohnt, da ich das Glück hatte, eine tolle Therapeutin zu finden, die Menschen und keine Diagnosen behandelt.

Ich wünsche Dir viel Kraft auf Deinem Weg.

Alles Gute,
Suchende
f32-axolotl
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo Suchende,

ja, bei der PIA war ich schon. Der Therapeut meinte dort nach 10 (?) Sitzungen, er könne mir nicht helfen. Dann bin ich nicht mehr hingegangen.
Es waren bei mir nicht immer nur Erstgespräche, sondern auch die psychotherapeutische Sprechstunde.
Ich wohne halt recht ländlich und hier gibt es nicht so viele Therapeuten, zu denen ich könnte. Der letzte, bei dem ich bis gestern war und laut dem ich gesund bin, war auch schon ca. eine Stunde zu fahren. Das ist mir eigentlich schon zu weit, weil ich dann ja drei Stunden unterwegs bin pro Termin.

Liebe Grüße

f32
Phoenix2019
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von Phoenix2019 »

Hallo f32-axolotl,
Ich kann dich SO gut verstehen! Ich bin gerade auch wieder auf der Suche nach einem Therapieplatz: Neben einer für mich schockierenden und überraschenden Verdachtsdiagnose in einem Erstgespräch (die ein Psychiater mittlerweile allerdings als unplausibel und überstürzt bezeichnet hat), habe ich von 2 Therapeuten, mit denen es wirklich hätte passen können und die sehr qualifiziert sind mit "meinen" Schwerpunkten, Absagen bekommen, weil ich privat versichert bin. Ich bin auch berufstätig und fühle mich trotz Urlaub null erholt wegen dieser zermürbenden Suche. Ich versuche aber, weiter zuversichtlich zu bleiben und wünsche dir dies auch.
Viele Grüße!
DieNeue
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von DieNeue »

Hallo f32-axolotl,

ich würde da auch so rangehen wie -IIorIII. Eher schauen, was konkret die Probleme auf der Arbeit sind und das angehen und nicht so sehr an der Diagnose hängen, auch wenn die ja teilweise schon weit auseinander gehen. Wobei man normale Depression, Dysthymie und rezidivierende Depression ja der Einfachheit halber eigentlich in einen Topf werfen kann.
Hypothyreose würde ich nochmal abklären lassen, das ließe sich dann einstellen.
Bei uns ist der Sozialpsychiatrische Dienst eine super Anlaufstelle. Ich gehe da mittlerweile regelmäßig alle paar Wochen hin. Es ist zwar keine Therapie, aber hilft trotzdem. Vielleicht arbeiten die etwas unvoreingenommener und konkreter auf das Problem bezogen als jemand, der Diagnosen abrechnen nuss. Vielleicht wäre das auch eine Hilfe erstmal?

Liebe Grüße,
DieNeue
Topo
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von Topo »

Hi f32-axolotl,

die Frustration kann ich gut verstehen. Ich denke, das Wichtigste ist es echt, einen guten Therapeuten/ Therapeutin zu finden, der/die dir in deinen konkreten Problemen zuhört. Mein langjähriger Therapeut gibt selbst zu, dass er nicht exakt sagen kann, ob ich rezidivierende Depressionen, eine chronische depressive Phase, Dysthemie, ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung und/ oder generalisierte Angststörung habe bzw. welche dieser Dinge in Kombination. Für ihn ist das aber nebensächlich, da wir einfach meine konkreten Ängste/ Grübeleien/ Verhaltensweisen bearbeiten und dabei meine Kindheit etc. berücksichtigen. Das wäre bei jeder der Diagnosen ähnlich.

Vielleicht würde es dir auch helfen, weniger auf eine konkrete Diagnose zu warten, sondern deine konkreten Probleme einfach zu besprechen.

LG Topo
f32-axolotl
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo ihr Lieben,

danke erst einmal für euren Input.

Zum Thema Schilddrüse: Ich habe bekanntermaßen eine Hypothyreose. Meine Schilddrüse ist gut eingestellt und wird regelmäßig (also einmal im Quartal) geprüft, also TSH, fT3 und fT4. Hashimoto und Basedow scheint es nicht zu sein. Da wurden die Antikörper auch mal getestet und auch der Ultraschall sah normal aus, außer dass meine Schilddrüse tendenziell klein ist. Alle Blutwerte sind im guten Normbereich, ich substituiere T4 und T3. Insofern vermute ich, dass der thyreote Anteil meiner Symptome sehr klein sein wird.

Beim letzten Psychotherapeuten (drei Stunden, die letzte gestern) ist es mir vermutlich zum Verhängnis geworden, wirklich ganz konkret nur mein größtes Problem - die Arbeit - anzusprechen. Er sah nämlich gar keine psychische Erkrankung mehr und kannwillmag mich deswegen nicht therapieren. Vielleicht hätte ich mehr jammern müssen? Keine Ahnung. Vor zwei Therapeuten wurde ich abgelehnt, weil die Behandlung zu schwierig und umfangreich wäre.

Bei mir gibt es tatsächlich keine Episoden. Ich habe die ersten Symptome vor ca. 14 Jahren bekommen. Dann war es die ersten 11 Jahre etwa gleich mies von der Stimmung her. Es gab zumindest nicht 24 Stunden Symptomfreiheit in der Zeit. Vor zweieinhalb Jahren ist es dann einmalig deutlich schlechter geworden und seitdem ist es dann konstant auf diesem schlechten Niveau. Die Symptome haben sich immer mal wieder etwas gewandelt. Früher war es mehr Antriebsstörung, zwischendurch Schlafstörungen immer mal wieder, jetzt ist es mehr Arbeitsblockade und Verlustängste. Aber dass es mal zwischendurch normale oder gute Episoden gab - nein, keine einzige.

Übermorgen habe ich bei einem anderen Therapeuten (bin jetzt bei Nummer 9) ein weiteres Erstgespräch. Er klang schon heute am Telefon so, als hätte er kein Bock. Kann ja heiter werden.

f32
DieNeue
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von DieNeue »

Hey du,

ist ja schon schräg, wenn der eine dich für gesund hält und den anderen ist die Therapie zu schwierig und umfangreich. Da weiß man ja echt nicht mehr, was das soll.

Bei mir gibt's übrigens auch keine "richtigen" Episoden. Einen komplett symptomfreien Tag hatte ich schon seit 10 Jahren nicht mehr. Es ist phasenweise mal besser, mal schlechter. Und manche Symptome kommen auch so phasenweise, z.B. Entscheidungsschwierigkeiten. Manchmal ist das wochenlang voll extrem, dann wieder besser. Aber komplett weg ist es nie, die Hauptsymptome sind immer da. Das hilft dir wahrscheinlich auch nicht wirklich, aber du bist da nicht ganz allein.

Hast du den Therapeuten auch von dem Diagnosechaos erzählt?

Liebe Grüße,
DieNeue
f32-axolotl
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von f32-axolotl »

Hallo DieNeue,
DieNeue hat geschrieben:Hast du den Therapeuten auch von dem Diagnosechaos erzählt?
ja, habe ich. Aber jeder Therapeut stellt ja "seine" Diagnose auf ... irgendwie scheint das sehr abhängig vom Behandler zu sein, was ich überhaupt habe. Bescheuert irgendwie.

f32
Topo
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Re: Entmutigt wegen immer anderer Diagnosen

Beitrag von Topo »

Hi f32-axolotl,

falls dir das hilft: Ich habe auch seit 4 Jahren keinen symptomfreien Tag. Bei meinem letzten Klinikaufenthalt hatte ich in den Depressionsfragebögen Werte, die klar auf eine (chronische) schwere Depression hinweisen. Ich wurde dennoch als teilweise geheilt entlassen, da ich ja arbeitsfähig bin und Sport mache. Ich konnte die Therapeutin nicht davon überzeugen, dass es mir schlecht geht.

Ich glaube, die Diagnose einer chronischen depressiven Episode ist einfach vielfach nicht bekannt. Sie wird auch erst im ICD 11 offiziell aufgenommen. Und zusätzlich weiß man selbst nach einigen Jahren selbst nicht mehr, was man den Therapeuten noch erzählen soll. Du sagtest ja selbst, dass du nicht rumjammern willst. Man ist wohl irgendwann so selbst reflektiert, dass man die klassischen Depressionssymptome nach außen hin nicht mehr wirklich verkörpern kann.

LG
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