nach einer Weile mitlesen hier im Forum möchte ich mich heute auch mal zu Wort melden.
Mich mitzuteilen fällt mir nicht leicht, da ich insbesondere auch unter sozialen Ängsten leide.
Ich heiße Chris, bin 47 Jahre und komme aus Hessen. Bereits in den Jahren 2005, 2008, 2011 und zuletzt 2014 hatte ich mit schweren Depressionen zu kämpfen, 3 stationäre Therapien habe ich in dieser Zeit hinter mir. Auch damals schon begleitet mit sozialen Ängsten und zum Teil problematischen körperlichen Symptomen!
Ich lebe allein (war 7 Jahre verheiratet und habe einen erwachsenen Sohn) und habe kaum Freunde. Das entspricht aber grundsätzlich meiner Natur. Ich mochte noch nie zu viel Menschen in meinem näheren sozialen Umfeld - weder als Kind noch als Erwachsener. Das war und ist mir einfach zu anstrengend.
Hinzu kommt dass ich zeit meines Lebens hochsensibel und relativ schnell reizüberflutet bin. Ich habe das Gefühl, dass es, je älter ich werde, umso heftiger wird. Das macht es mir natürlich nicht leichter im Leben - weder im beruflichen Umfeld noch im Privaten.
Nicht dass ich nicht in der Lage wäre, mich vernünftig zu unterhalten. Leider ist es so, dass wir m.E. in einer sehr oberflächlichen Gesellschaft leben (höher, schneller, weiter) sind und mich banale Gespräche schnell langweilen. Ich liebe das Fotografieren, da bin ich bei mir und oft im sogenannten Flow. Weiterhin bin ich im sozialen Bereich seit gut 8 Jahren ehrenamtlich tätig. Das hat mir von Beginn an sehr gut gefallen und war mir wirklich eine Herzensangelegnheit. Insbesondere hier war ich in meinem Element, es war und ist sehr sinnerfüllt. Das musste ich leider allerdings erstmal pausieren.
Ende letzten Jahres habe ich nach 6 Jahren meinen Job gekündigt. Es ging einfach nicht mehr! Mobbing, Intrigen und was man sich sonst nicht alles unter einer desolaten Führung vorstellen möchte. Ich habe das Gefühl, dass ich da deutlich zu spät die Reißleine für mich gezogen und somit meine seelische Gesundheit strapaziert habe. Das erkannte ich leider zu spät und prompt hatte ich, nachdem ich mit Beginn dieses Jahres eine neue Stelle in derselben Branche angetreten habe, die ersten größeren Probleme zum ungünstigsten aller Zeitpunkte. Ich war in der Probezeit und fühlte mich elend, tagtäglich überkam es mich mit Scham und einem schlechten Gewissen meinem neuen Chef und den Kollegen gegenüber. Ich schleppte mich irgendwie durch die ersten Wochen, bis dann Ende April nichts mehr ging.
Noch habe ich alle zur damaligen Zeit vorhandenen Kräfte aufgewandt um ein ehrliches Gespräch mit meinem Chef zu führen. Er hatte großes Verständnis aufgebracht und mir versichert, dass ich jederzeit zurückkommen könnte. Mir stünden alle Türen offen. Da war ich erstmal fürs Erste erleichtert. Aber will und kann ich wirklich zurück und vor allem wann?!
Demzufolge bin ich seitdem krankgeschrieben. Momentan läuft das alles über meine Hausärztin (AU und Medikation). Ich habe ein paar Wochen gebraucht um überhaupt zu realisieren und anzunehmen, dass mich die Depression wieder voll erwischt hat.
Ich habe Angst die alltäglichen Dinge zu tun. Mal bei nem Arzt anzurufen, einzukaufen, sich mit nem Freund zu verabreden. Permament hab ich das Gefühl, dass ich auf meiner Stirn "schaut her, der Typ hat DEPRESSIONEN" stehen habe!
![Traurig :-(](./images/smilies/icon_e_sad.gif)
Das ist einfach nur frustrierend und macht mich extrem traurig und zugleich wütend. Was ist das für eine Lebensqualität?!?!
Aktuell versuche ich nur irgendwie einigermaßen durch die Tage zu kommen. Schaue irgendwelche Serien, lese, höre Podcasts und hoffe, dass der Sommer vorübergeht! Ich warte seit Wochen auf einen ambulanten Therapieplatz - stehe auf mehreren Wartelisten. Eine stationäre Thearpie ist für mich zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund meiner Ängste nicht machbar (fremde Umgebung, fremde Menschen). Letzte Woche habe ich einen Online-Kurs "Depression" begonnen. Mal schauen, ob das hilfreich für mich ist. Das Ganze geht 12 Wochen.
Leider ist es so, dass sich die wenigen Menschen in meinem sozialen Umfeld mit meiner Situation sehr schwer tun. Melden sich so gut wie kaum - nach dem Motto "lass ihn mal, der braucht bestimmt seine Ruhe!" - manchmal ist es für mich aber schon ein wenig hilfreich, wenn mein Handy vibriert und eine Nachricht eingegangen ist "hey Chris, gehts dir heute ein bisschen besser, könnte ich etwas für dich tun?" mehr braucht es manchmal garnicht bei mir. Ich möchte einfach nur das Gefühl haben, dass ich nicht allein bin und vergessen werde.
Bitte nehmt es mir nicht übel, wenn ich nicht alle Threads im Forum durchlese um Antworten für mich zu finden. Mir fällt es leichter, wenn ich ein wenig von mir berichte und freue mich auf die ein oder andere Rückmeldung.
Mich interessiert vor allem, wie eure Freunde mit euch umgehen, wie eure Eltern? Was habt ihr für Erfahrungen in eurem Job gemacht? Wird dort das Thema Depression so offen angesprochen, wie es sich meiner Meinung nach gehört?
An alle Hochsensiblen unter uns: Wie ist eure Wahrnehmung in Bezug auf eure Umwelt insbesondere mit Depressionen und sozialen Ängsten? Was habt ihr für Tools, die euch im Alltag hilfreich sind?
Herzlichen Dank vorab an jeden Einzelnen von euch für eure Antworten.
Chris