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Ramona81
Beiträge: 4
Registriert: 30. Mär 2022, 09:19

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Beitrag von Ramona81 »

Hallo

Ich bin 41 Jahre alt. Und weiß nicht ob es bei mit Depressionen sind.

Ich hatte eine schlimme Kindheit, meine Mutter war damals 14 als sie mich bekommen hat. Immer hatte ich das Gefühl nicht gewollt zu sein.
Ich habe oft Schläge und immer Ärger bekommen, Männer waren wechselnd da. Und auch die waren nicht gut zu mir.
Meine Mutter hat das alles nie unterbunden.

Ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll..
Ich bin verheiratet seit fast 13 Jahren, war 14.5 Jahre mit diesem Mann zusammen.
Ich habe zwei Kinder mit in die Beziehung gebracht.
Letztes Jahr im September hab ich mich von ihm getrennt.
Weil ich ihn vor mir schützen wollte. Wenn wir gestritten haben, wurde es respektlos und beide haben versucht den anderen möglichst hart zu treffen.
Er saß oft weinend vor mir und hat mich gefragt ob er das verdient hat... hatte er nicht!
Er war ein toller Mann. Ich war nur in meinem Kopf so oft gefangen. Konnte Probleme nie wirklich ansprechen.
Ich hab zb wenn er mit den Kindern "geschimpft" hat, mich automatisch immer gegen ihn gestellt. Ich wollte doch nie das meine Kinder so fühlen wie ich damals..

Ich hab mich von ihm getrennt, er hat so gekämpft, aber in meinem Kopf war nur das ich das nicht mehr ertrage ihn so leiden zu sehen. Ich hab mich immer so schlecht und schuldig gefühlt weil ich eigentlich weiß das er nie wirklich was schlechtes wollte.
Ich wollte nur das er wieder glücklich wird!

Ich hab immer so eine leere gefühlt, bin sehr ruhig geworden, weine einfach nur noch. Habe jahrelang keinen Alkohol getrunken, aktuell sehr regelmäßig. Weil es mich auf eine gewisse Art betäubt.
Ich werde immer öfter angesprochen was denn mit mir los sei. Ich versuche nach außen die starke taffe zu sein, aber eigentlich bin ich alles andere als das!

Weiß aktuell einfach nicht weiter..
Will für meine Kinder stark sein.
Und hab das Gefühl nicht mehr zu wissen was richtig und falsch ist.

Habe das Gefühl mein Text ist total das Wirrwarr.
Tut mir leid.
Xerandar
Beiträge: 9
Registriert: 14. Mai 2021, 23:10

Re: Ganz neu hier. Auf der Suche nach Antworten...

Beitrag von Xerandar »

Kann ich nachvollziehen, auch wenn ich in einer völlig anderen Situation bin.
Probleme nicht ansprechen zu können ist etwas, woran man schnell arbeiten sollte. Zwischenmenschlich kann so schnell so viel in die Brüche gehen. Verstehe bei deiner Kindheit allerdings auch dein Bedürfnis die Kinder zu "schützen", selbst wenn es eventuell nichts zu schützen gab. Wenn du die Kinder mit in eine fast 15 jährige Beziehung gebracht hast, dürften die ja auch alt genug sein um das einschätzen zu können, hast du die mal gefragt wie sie den Mann wahrgenommen haben? Eventuell gibt dir das ja ein bisschen Ruhe.

Hast du ihm mal einen Brief geschrieben mit deinen Gedanken und Hintergründen? Das ist oft viel einfacher als ein direktes Gespräch und gibt ihm gleichzeitig die Chance das so oft aufzunehmen wie er möchte und auch seine Gedanken dazu eine Weile ruhen zu lassen, bevor er eventuell antwortet. So dämpft es die Möglichkeit eines Streits ein wenig.

Dass Alkohol nicht gut ist, muss ich dir wahrscheinlich nicht sagen. Auf Dauer werden die Depressionen dadurch nur schlimmer und auch andere Krankheiten begünstigt.

"Stark sein" heißt manchmal auch Schwäche zuzulassen. Wie du wohl selbst erfahren hast wissen Kinder oft einiges mehr als man ihnen zutraut. Ein Problem zuzugeben und daran zu arbeiten ist auch ein besseres Vorbild als dem Nachwuchs eine heile Welt vorzugaukeln, die es nicht gibt.
Professionelle Hilfe anzunehmen ist keine Schande. Ist wie bei jeder anderen Krankheit auch. Selbst wenn es nur mal ein Telefonat mit der Telefonseelsorge oder dem sozialpsychiatrischen Dienst in deiner Nähe ist. Jeder gemachte Schritt ist ein Gewinn.
Ramona81
Beiträge: 4
Registriert: 30. Mär 2022, 09:19

Re: Ganz neu hier. Auf der Suche nach Antworten...

Beitrag von Ramona81 »

Danke erstmal für die rückmeldung. Ich muss mich mal informieren wie das mit Hilfe aussieht.. wüsste nur nicht wie ich das aktuell zeitlich schaffen soll.

Ich nehme an es liegt daran das ich nie gelernt habe Probleme/meine Gedanken anzusprechen.. und wenn ich es dann in meinem Erwachsenen leben versucht habe würde ich entweder nicht ernst genommen oder im Streit wurde mein gesagtes dafür verwendet mich zu verletzen.

Mein Mann wusste wie es mir als Kind ging, wir haben darüber geredet. Meine Ängste meine Kinder könnten irgendwann so über mich denken/fühlen wie ich es meiner Mutter gegenüber getan hab.
Mein Mann hat oft den Frust und Ärger den wir hatten an den Kindern ausgelassen. Gemotzt und geschimpft. Auch die Kinder fanden es oftmals ungerecht.
Sie fanden es dann meistens schlimm das er und ich uns dann gestritten haben wegen der sache die er mit ihnen hatte.

Ich würde gerne aus diesem Irrgarten raus in dem im aktuell rumirre.

Eigentlich möchte ich nur glücklich sein, das scheint so weit entfernt.




Xerandar hat geschrieben:Kann ich nachvollziehen, auch wenn ich in einer völlig anderen Situation bin.
Probleme nicht ansprechen zu können ist etwas, woran man schnell arbeiten sollte. Zwischenmenschlich kann so schnell so viel in die Brüche gehen. Verstehe bei deiner Kindheit allerdings auch dein Bedürfnis die Kinder zu "schützen", selbst wenn es eventuell nichts zu schützen gab. Wenn du die Kinder mit in eine fast 15 jährige Beziehung gebracht hast, dürften die ja auch alt genug sein um das einschätzen zu können, hast du die mal gefragt wie sie den Mann wahrgenommen haben? Eventuell gibt dir das ja ein bisschen Ruhe.

Hast du ihm mal einen Brief geschrieben mit deinen Gedanken und Hintergründen? Das ist oft viel einfacher als ein direktes Gespräch und gibt ihm gleichzeitig die Chance das so oft aufzunehmen wie er möchte und auch seine Gedanken dazu eine Weile ruhen zu lassen, bevor er eventuell antwortet. So dämpft es die Möglichkeit eines Streits ein wenig.

Dass Alkohol nicht gut ist, muss ich dir wahrscheinlich nicht sagen. Auf Dauer werden die Depressionen dadurch nur schlimmer und auch andere Krankheiten begünstigt.

"Stark sein" heißt manchmal auch Schwäche zuzulassen. Wie du wohl selbst erfahren hast wissen Kinder oft einiges mehr als man ihnen zutraut. Ein Problem zuzugeben und daran zu arbeiten ist auch ein besseres Vorbild als dem Nachwuchs eine heile Welt vorzugaukeln, die es nicht gibt.
Professionelle Hilfe anzunehmen ist keine Schande. Ist wie bei jeder anderen Krankheit auch. Selbst wenn es nur mal ein Telefonat mit der Telefonseelsorge oder dem sozialpsychiatrischen Dienst in deiner Nähe ist. Jeder gemachte Schritt ist ein Gewinn.
Lavendel64
Beiträge: 545
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Ganz neu hier. Auf der Suche nach Antworten...

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo,

Du scheinst ja selber schon gemerkt zu haben, dass Du ein Päckchen mit dir rumschleppst, dass sich langsam bemerkbar macht. Deine Kinder müssten aus dem Gröbsten raus sein, oder?

Dann wäre doch Zeit, etwas für Dich zu tun. Das Argument "wann soll ich das noch schaffen" lässt sich sehr leicht entkräften. Dir geht es schlecht, das hat nicht nur auf Dich Einfluss, sondern auch auf Dein Umfeld. Normalerweise reagiert das Umfeld (Familie, Freunde) durchaus positiv, wenn man sich Hilfe sucht und unterstützt auch im Alltag.

Ich habe selber erlebt, wie schwierig es für ein Kind ist, wenn die Mutter keinerlei Schwächen zulässt, weder bei sich noch bei mir. Es wäre besser gewesen, mal Fünfe gerade sein zu lassen und auf das eigene Innere zu schauen.

Hilfe suchen ... das wird ein schwerer Weg, das sollte Dir bewusst sein. Therapeuten haben irre lange Wartezeiten, aber wie schon gesagt wurde, der sozialpsychiatrische Dienst ist da und auch die Ambulanzen der psychotherapeutischen Kliniken. Die reden mit dir und geben dir ein Feedback. Egal, was du angehst, die Entscheidung bleibt IMMER bei Dir.

LG LAvendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Ramona81
Beiträge: 4
Registriert: 30. Mär 2022, 09:19

Re: Ganz neu hier. Auf der Suche nach Antworten...

Beitrag von Ramona81 »

Auch dir vielen Dank für Deine Zeilen.

Meine Kinder sind fast 20 und fast 17 Jahre alte Mädchen.
Meine jüngere Tochter leidet selbst unter mittelschweren Depressionen. Sie ist seit 2.5 Jahren jetzt in Therapie. Leider aufgrund von corona mit Unterbrechung.
Für mich wäre es die schlimmste Vorstellung das aufgrund meines "Zustandes" oder "gefühlschaos" es ihr schlechter gehen würde.
Davor hab ich angst.

In einer Therapiesitzung mit ihr bei ihrer Therapeutin hat die Therapeutin mich angesprochen und mir angeboten eine Stunde meiner Tochter für mich in Anspruch zu nehmen.
Es ging in dieser Zeit besonders darum das ich meine Kinder versuche zu schützen. Schützen davor Fehler zu machen, davor zu schützen das ihnen irgendwas passiert. Sie hat mich dann gefragt woher meine Angst kommt und das Bedürfnis sie so zu schützen, ob mich evtl niemand geschützt hat.
Ich wollte aber diese wichtige Zeit nicht meinem Kind "weg nehmen", und hab ihr Angebot abgelehnt.

Du schreibst du hast selber erlebt wie es ist wenn du Mutter keien Schwäche zu lässt. Wie war es genau für dich? Meine Kinder dürfen und sollen Schwäche zu lassen. Ich möchte das sie glücklich, zufrieden und sicher sind.

Für mich ist die Vorstellung schlimm das in meinem Umfeld, Job, Familie oder Freunde bescheid wissen. Ich muss mich jetzt schon so sehr zusammen reißen um bei der Frage:Ramona alles ok bei dir? Nicht anfangen direkt zu weinen!

Und ja wie du schreibst, wird das schwierig überhaupt einen Platz zu bekommen.
Mir fällt selbst das Schreiben über mich schwer, schreibe, lösche, schreibe, überdenke usw.


Lavendel64 hat geschrieben:Hallo,

Du scheinst ja selber schon gemerkt zu haben, dass Du ein Päckchen mit dir rumschleppst, dass sich langsam bemerkbar macht. Deine Kinder müssten aus dem Gröbsten raus sein, oder?

Dann wäre doch Zeit, etwas für Dich zu tun. Das Argument "wann soll ich das noch schaffen" lässt sich sehr leicht entkräften. Dir geht es schlecht, das hat nicht nur auf Dich Einfluss, sondern auch auf Dein Umfeld. Normalerweise reagiert das Umfeld (Familie, Freunde) durchaus positiv, wenn man sich Hilfe sucht und unterstützt auch im Alltag.

Ich habe selber erlebt, wie schwierig es für ein Kind ist, wenn die Mutter keinerlei Schwächen zulässt, weder bei sich noch bei mir. Es wäre besser gewesen, mal Fünfe gerade sein zu lassen und auf das eigene Innere zu schauen.

Hilfe suchen ... das wird ein schwerer Weg, das sollte Dir bewusst sein. Therapeuten haben irre lange Wartezeiten, aber wie schon gesagt wurde, der sozialpsychiatrische Dienst ist da und auch die Ambulanzen der psychotherapeutischen Kliniken. Die reden mit dir und geben dir ein Feedback. Egal, was du angehst, die Entscheidung bleibt IMMER bei Dir.

LG LAvendel
Lavendel64
Beiträge: 545
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Ganz neu hier. Auf der Suche nach Antworten...

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Ramona,

hmm, das ist auf jeden Fall sehr ungewöhnlich - normalerweise sind für Therapeuten Familienmitglieder tabu. Aber vielleicht hat sie es hier als notwendig angesehen.

Dir ist sicherlich klar, dass Du Deine Kinder nicht schützen kannst, sie werden selber ihre Erfahrungen machen und je älter sie werden, desto weniger Einfluss wirst Du auf ihre Entscheidungen haben. Es ist ein schwerer Prozess, die Kinder abzunabeln - für beide Seiten. Ich brauchte fast ein Jahr inklusive Klinikaufenthalt dafür. Dabei setzt man ja alles daran, die Kinder für das Leben fit zu machen, sie zu selbständigen Menschen zu erziehen. Sind sie es dann, ist es auch irgendwie blöd. Ich fürchte, je enger die Bindung zu den Kindern ist, desto schwerer wird auch der Abnabelungsprozess.

Die Depressionen Deiner Tochter hast du nicht zu verantworten noch kannst du sie davor schützen. Sie selber muss lernen, damit klarzukommen, wenn sie eine andere Krankheit hätte, wäre es ebenso. Sie hat Hilfe und die Therapeutin wird ihr Wege zeigen, damit umzugehen. Das kann allerdings auch bedeuten, dass Ratschläge kommen wie Abgrenzung vom Elternhaus. Das wurde mir übrigens damals (in den 90ern) von einem Therapeuten empfohlen. Ich war empört - rückblickend gesehen war der Rat richtig, nur etwas unsensibel formuliert.

Dein Zustand oder "Gefühlschaos" ist wie er ist. Du hilfst ihr sicherlich am meisten, indem Du Dir Hilfe suchst, da Deine Tochter selber in Therapie ist, dürfte das Verständnis groß sein. Warum soll niemand wissen, wie es dir geht? Ich finde, ein offener Umgang mit den Gefühlen macht es einfacher, sich selber einzugestehen, dass etwas fehlt // irgend etwas falsch läuft. Du findest es gut und richtig, deine Kinder vor allem schützen zu wollen - im Inneren weißt Du aber, dass Du das nicht leisten kannst - das macht Druck, weil der Kopf die Unmöglichkeit sieht, das Herz aber etwas anderes möchte. So habe ich das damals für mich analysiert. Im Nachhinein.

Du fragtest wegen meiner Mutter. Tja,die war in meinen Augen immer perfekt. Alles glänzte, der Haushalt war pikobello. Ich hatte eine schöne und auch liebevolle Kindheit, aber nie eine Mutter, die mal sagte: "Ich bin müde, ich bin erschöpft, ich kann nicht mehr". Oder sich krank ins Bett legte. Heute sage ich: was für eine Härte gegenüber sich selbst, selbst jetzt, im Seniorenalter noch. Mit diesem Mutterbild bin ich aufgewachsen: Perfektion, kein Versagen, keine Schwäche erlaubt.
Für mich ging das aber über meine Kraft. Ich arbeite, hatte zum Teil zwei Jobs plus ein Kind mehr plus Haushalt. Aber den gleichen Anspruch. Es brauchte einen völligen Zusammenbruch, bis ich eingesehen habe: ich bin ein anderer Mensch, ich habe auch ganz andere Ansprüche und lebe ein völlig anderes Leben.
Ich DARF meinen (erwachsenen) Kindern sagen: bügelt Euren Kram selber, wenn er glatt sein soll, ich nehme meine Kamera und gehe raus. ICH-Zeit einfordern, Zeit für mich selber.

UND: ich hätte es niemals allein geschafft. Ich hatte einen Mann, der mich gestoppt und mit dem Arzt gesprochen hat, das erste und einzige Mal. Glücklicherweise bin ich sehr strukturiert und habe mich durch die Therapeutenlisten telefoniert. Aber ich hatte dann ein Netz, das mich heute noch beruhigt und hält. Selbst jetzt, nach 8 Jahren, falle ich bisweilen zurück in die -sorry- Gluckenrolle. Wenn es anderen schlecht geht, geht es mir auch schlecht, aber nach und nach lerne ich, mich da abzugrenzen. Meine Therapeutin sagte dazu: Mitfühlen-ja ; Mitleiden - nein.

So, nun hoffe ich, dass du mit dem Geschreibsel etwas anfangen kannst.

LG Lavendel
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Ramona81
Beiträge: 4
Registriert: 30. Mär 2022, 09:19

Re: Ganz neu hier. Auf der Suche nach Antworten...

Beitrag von Ramona81 »

Danke Lavendel64
Ich hab das so nie gesehen das meine Kinder das auch negativ wahr nehmen könnten. Danke dafür. Evtl werde ich mal das Gespräch zu ihnen suchen, um sie zu fragen wie sie das wahr nehme .

Ich weiß das ich meine Kinder vor nichts schützen kann. Aber es ist mir sehr sehr schwer gefallen sie auch mal zu lassen.


Ich habe heute 2 Therapeuten in meiner näheren Umgebung eine Email geschrieben.
Ich merke das ich nicht mehr weiter kann und komme. Ich hab tierische Angst vor allem was kommt.
Möchte wieder lachen können ohne innerlich zu zerbrechen.
Lavendel64 hat geschrieben:Hallo Ramona,

hmm, das ist auf jeden Fall sehr ungewöhnlich - normalerweise sind für Therapeuten Familienmitglieder tabu. Aber vielleicht hat sie es hier als notwendig angesehen.

Dir ist sicherlich klar, dass Du Deine Kinder nicht schützen kannst, sie werden selber ihre Erfahrungen machen und je älter sie werden, desto weniger Einfluss wirst Du auf ihre Entscheidungen haben. Es ist ein schwerer Prozess, die Kinder abzunabeln - für beide Seiten. Ich brauchte fast ein Jahr inklusive Klinikaufenthalt dafür. Dabei setzt man ja alles daran, die Kinder für das Leben fit zu machen, sie zu selbständigen Menschen zu erziehen. Sind sie es dann, ist es auch irgendwie blöd. Ich fürchte, je enger die Bindung zu den Kindern ist, desto schwerer wird auch der Abnabelungsprozess.

Die Depressionen Deiner Tochter hast du nicht zu verantworten noch kannst du sie davor schützen. Sie selber muss lernen, damit klarzukommen, wenn sie eine andere Krankheit hätte, wäre es ebenso. Sie hat Hilfe und die Therapeutin wird ihr Wege zeigen, damit umzugehen. Das kann allerdings auch bedeuten, dass Ratschläge kommen wie Abgrenzung vom Elternhaus. Das wurde mir übrigens damals (in den 90ern) von einem Therapeuten empfohlen. Ich war empört - rückblickend gesehen war der Rat richtig, nur etwas unsensibel formuliert.

Dein Zustand oder "Gefühlschaos" ist wie er ist. Du hilfst ihr sicherlich am meisten, indem Du Dir Hilfe suchst, da Deine Tochter selber in Therapie ist, dürfte das Verständnis groß sein. Warum soll niemand wissen, wie es dir geht? Ich finde, ein offener Umgang mit den Gefühlen macht es einfacher, sich selber einzugestehen, dass etwas fehlt // irgend etwas falsch läuft. Du findest es gut und richtig, deine Kinder vor allem schützen zu wollen - im Inneren weißt Du aber, dass Du das nicht leisten kannst - das macht Druck, weil der Kopf die Unmöglichkeit sieht, das Herz aber etwas anderes möchte. So habe ich das damals für mich analysiert. Im Nachhinein.

Du fragtest wegen meiner Mutter. Tja,die war in meinen Augen immer perfekt. Alles glänzte, der Haushalt war pikobello. Ich hatte eine schöne und auch liebevolle Kindheit, aber nie eine Mutter, die mal sagte: "Ich bin müde, ich bin erschöpft, ich kann nicht mehr". Oder sich krank ins Bett legte. Heute sage ich: was für eine Härte gegenüber sich selbst, selbst jetzt, im Seniorenalter noch. Mit diesem Mutterbild bin ich aufgewachsen: Perfektion, kein Versagen, keine Schwäche erlaubt.
Für mich ging das aber über meine Kraft. Ich arbeite, hatte zum Teil zwei Jobs plus ein Kind mehr plus Haushalt. Aber den gleichen Anspruch. Es brauchte einen völligen Zusammenbruch, bis ich eingesehen habe: ich bin ein anderer Mensch, ich habe auch ganz andere Ansprüche und lebe ein völlig anderes Leben.
Ich DARF meinen (erwachsenen) Kindern sagen: bügelt Euren Kram selber, wenn er glatt sein soll, ich nehme meine Kamera und gehe raus. ICH-Zeit einfordern, Zeit für mich selber.

UND: ich hätte es niemals allein geschafft. Ich hatte einen Mann, der mich gestoppt und mit dem Arzt gesprochen hat, das erste und einzige Mal. Glücklicherweise bin ich sehr strukturiert und habe mich durch die Therapeutenlisten telefoniert. Aber ich hatte dann ein Netz, das mich heute noch beruhigt und hält. Selbst jetzt, nach 8 Jahren, falle ich bisweilen zurück in die -sorry- Gluckenrolle. Wenn es anderen schlecht geht, geht es mir auch schlecht, aber nach und nach lerne ich, mich da abzugrenzen. Meine Therapeutin sagte dazu: Mitfühlen-ja ; Mitleiden - nein.

So, nun hoffe ich, dass du mit dem Geschreibsel etwas anfangen kannst.

LG Lavendel
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