EX-IN Genesungsbegleiter

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anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

EX-IN Genesungsbegleiter

Beitrag von anna_lyle »

Hallo ihr,
ich habe seit meiner Kindheit wiederkehrende Depressionen und habe auf diesem Gebiet in 40 Jahren zahlreiche Erfahrungen gesammelt. Ich würde gern anderen Betroffenen helfen, im Rahmen meiner Möglichkeiten.
Es gibt die Qualifizierung als EX-IN Genesungsbegleiter. EX-IN ist die englische Abkürzung für Experienced Involvement – Beteiligung Erfahrener. Dahinter steckt die Idee, dass Psychiatrie-Erfahrene zu bezahlten Fachkräften im psychiatrischen System qualifiziert werden (https://ex-in.de/ueber-ex-in/" onclick="window.open(this.href);return false;).

Hat jemand von euch Erfahrungen mit EX-IN Genesungsbegleitern oder selbst schon die Qualifizierung gemacht?

LG anna_lyle
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: EX-IN Genesungsbegleiter

Beitrag von momadome »

Hallo anna_lyle,

Ich habe diese Ausbildung vor knapp 10 Jahren gemacht. Und danach 6 Jahre lang als 450 Euro Kraft in einem Soteriahaus angeschlossen an eine psychiatrische Klinik gearbeitet.

Die Ausbildung war sehr interessant und hat mir auch persönlich nochmal viel gebracht. Auch die Arbeit war schön und wurde von Kollegen und Patienten wertgeschätzt.

Hast du denn Fragen zu Ex-In?

LG jojoma
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: EX-IN Genesungsbegleiter

Beitrag von anna_lyle »

Hallo jojoma,
danke für deine Antwort. Ich sammle gerade Infos über die Ex-In Qualifizierung. Es spricht mich sehr an, anderen helfen zu können aus eigener Erfahrungen und durch die Ausbildung.
Hast du die Ausbildung selbst bezahlt?
Magst du deine wichtigsten Erfahrungen während der Ex-In-Arbeit teilen?
Und warum hast du nach 6 Jahren mit der Arbeit als Ex-In aufgehört?
Herzlich
anna_lyle
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: EX-IN Genesungsbegleiter

Beitrag von momadome »

Hallo,
die Klinik, in der ich gearbeitet habe, hat dieses Projekt sehr unterstützt und deshalb meine Ausbildungskosten übernommen
.
Es gibt aber noch einige andere Möglichkeiten, die Kosten anteilig oder komplett ersetzt zu bekommen. Wende dich an die Stelle, welche die Ausbildung durchführt, die wissen um verschiedene Kostenträger.

Es hat mir persönlich gut getan, meine Erfahrungen mit der Depression in etwas positives umsetzen zu können. Und es war toll zu sehen, wie ich einfach durch Gespräche in denen ich oft nur von meinen Empfindungen und Erfahrungen erzählte, bei den Patienten ein Gefühl des verstanden seins hervorrufen konnte. Und den Profis manchmal erklären konnte, warum sie manchmal trotz guten Willens und der richtigen Intension nicht weiterkamen, weil Sender und Empfänger nicht auf derselben Welle waren.

Aufgehört habe ich aus Altersgründen, bin mittlerweile 61, körperlichen Erkrankungen und weil ich noch etwas Kraft für meine Enkel haben möchte . Alles hat seine Zeit und es war wirklich sinnvoll und schön, solange ich genug Ressourcen hatte.

Wo möchtest du die Ausbildung machen? Ich war in Köln.

LG jojoma
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: EX-IN Genesungsbegleiter

Beitrag von anna_lyle »

Hallo jojoma,

danke für deine Einblicke. Ich möchte die Ausbildung in Berlin machen. Habe mich schon beworben und am Samstag ein Vorgespräch. Bin gespannt.
Hattest du mit den Patienten 1-zu-1-Kontakt oder waren das Gruppensituationen?
Und wie sah dein kontakt zu den Ärzten/Professionellen Helfern aus? Warst du da mit in Teamgesprächen oder wie konntest du denen deine Sicht der Dinge erklären?

Lg anna_lyle
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: EX-IN Genesungsbegleiter

Beitrag von momadome »

Hallo anna-lyle,

Dann mal viel Glück beim Vorgespräch. Du wirst aufgeregt sein, das war ich auch. War aber ganz entspannt. Hauptsache bei sich selbst bleiben, das ist auch später wichtig.

Ich hatte sowohl 1zu1 Gespräche, als auch 2 eigene Gruppen ( in einer war mir vorgegeben, was ich machen sollte, in der anderen konnte ich tun, was mir wichtig erschien....die war mir natürlich lieber). Ich war auch in Gesprächen Patient/Psychiater manchmal dabei, so als seelische Unterstützung für den Patienten. Aber in all das bin ich langsam reingewachsen.

Genauso in das Team. Am Anfang hatten die Kollegen etwas Bedenken, dass sie sich nicht mehr frei äußern könnten, wenn da ein ehemaliger Patient mit in der Runde sitzt. Da gibt es manchmal derbe Witze, die aber wichtig sind zur Entlastung der Pflegenden. Die hören soviel Stories, soviel Leid und müssen mit jedem Patienten angemessen und genesungsförderlich umgehen, ganz egal wie sympathisch oder unsympathisch, freundlich , nervtötend oder aggressiv der ist.

Ich war in allen Übergaben, Teamgesprächen, Supervisionen dabei, ein voll integriertes Teil des Teams. Ich konnte meine Meinung sagen, manchmal erklären, warum Patient X jetzt gerade so reagiert.....Ich war sowas wie ein Übersetzer Profi/Patient und andersrum. Wichtig ist immer aus eigener Erfahrung zu sprechen und ganz wichtig ist....wenn du nach Hause gehst, geht kein Gedanke aus der Arbeit mit....Abgrenzung ist für dich und deine Gesundheit wichtig, sonst kannst du keinem helfen.

Es war eine schöne, gewinnbringende und sinnstifende Zeit für mich. Das wünsche ich dir auch.
LG jojoma
anna_lyle
Beiträge: 359
Registriert: 31. Dez 2016, 08:31

Re: EX-IN Genesungsbegleiter

Beitrag von anna_lyle »

Danke jojoma,
das liest sich spannend. Irgendwie auch witzig, dass die Kollegen befangen waren im beisein einer ehemaligen Patientin. Ich kann das mit den derben Witzen gut nachvollziehen...

Mich beeindruckt es, dass du als voll integriertes Teammitglied arbeiten konntest. Da hat sich echt viel getan in der Psychiatrie und sicher war das auch ein aufgeschlossenes Team.

Ja, beim Thema Abgrenzung kann ich noch was dazu lernen! Hast du hier Tipps?

Einen schönen Tag für dich!
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