Eine große leere

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Martin2607
Beiträge: 5
Registriert: 9. Feb 2022, 23:28

Eine große leere

Beitrag von Martin2607 »

Hallo liebe Community,
das hier ist mein erster Beitrag, denn um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr weiter in meinem Leben.

Von außen sieht alles gut aus. Gut bezahlter Akademiker, Mitte 20 und bin soweit gesund.

Aber ich bin auch leer. Verdammt leer. Ich kann mich über nichts freuen. Mein Alltag besteht eigentlich nur aus der Arbeit. Nach der Arbeit liege ich meistens auf der Couch und gehe Abends noch zum Sport. Und das fünf Tage die Woche. An den Wochenenden mach ich das selbe nur ohne die Arbeit: Auf der Couch liegen und ins Fitnessstudio gehen.

Ich habe keine Lebensfreude mehr und um ehrlich zu sein, weiß ich nichtmal was ich habe. Bei einem Arzt war ich noch nicht. Aber ich bin einsam. Ich habe keine Freunde (gar keine Freunde) und auch keine Beziehung. Ich kann das Leben einfach nicht mehr genießen. Es fühlt sich so an, als würde ein dicker Nebelteppich in meinem Kopf umherschwirren. Mein Kopf ist zu und mein Herz ist leer.

Ich habe auch das Gefühl, das ich in der Öffentlichkeit nicht derjenige sein kann, der ich bin. In der Öffentlichkeit fühle ich mich sogar noch viel mehr alleine. Manchmal schaffe ich es sogar nicht, jemanden vernünftig zu grüßen und stummele etwas.

Manchmal frage ich mich, wie es wäre, wenn ich nicht auf dieser Welt bin und komme immer wieder zu dem Schluss, das es gar keine Unterschied machen würde. Ob ich lebe oder nicht. Die Welt wäre genauso wie sie gerade ist.

Hat jemand ähnliche Probleme?
Kiwi78
Beiträge: 95
Registriert: 8. Feb 2022, 11:36

Re: Eine große leere

Beitrag von Kiwi78 »

Hallo Martin2607,
Ich bin auch neu im Forum aber schon länger von der Depression betroffen. Diese innere Leere kenne ich zu gut.
Auch ich habe eigentlich alles was ich mir wünschen könnte (Mann, Kind, Haus, guten Job, tollen Freundeskreis und keine finanziellen Probleme). Nach außen erscheint mein Leben perfekt zu sein, aber auch das schützt nicht vor Depressionen.
Hast du nicht die Möglichkeit über deinen Sport Freunde zu finden. Ihr teilt zumindest schon mal die gleichen Interessen. Oder in der Arbeit mal mit Kollegen was ausmachen für den Feierabend. Vielleicht eine Selbsthilfegruppe in deiner Nähe suchen? Dort sind viele mit dem gleichen Problem und du könntest Kontakte knüpfen.
Deine dunklen Gedanken redet dir die Krankheit ein. In guten Phasen denkst du mit Sicherheit anders darüber. Das bist nicht du, sondern die Depression. Versuche jemanden zu finden, mit dem du darüber sprechen kannst. Vielleicht auch mal über ne Therapie nachdenken?
Alles Gute dir.
Gøndir
Beiträge: 42
Registriert: 2. Feb 2022, 18:36

Re: Eine große leere

Beitrag von Gøndir »

Hallo Martin,
ich sehe da einige Parallelen zu mir.
Hab mich sozial isoliert und pendle auch nur zw. Arbeit Coutch und Bett.

Darf ich fragen wozu du ins Fitnessstudio gehst?

Sanfte Grüße
Martin2607
Beiträge: 5
Registriert: 9. Feb 2022, 23:28

Re: Eine große leere

Beitrag von Martin2607 »

Vielen Dank für eure Beiträge, es ist schonmal etwas erleichternd, dass ich anscheinend nicht alleine so dastehe.
Mein großes Problem dabei, neue Leute kennenzulernen ist, dass ich nicht ich selbst sein kann in der Öffentlichkeit. Ich weiß auch nicht warum. (Ihr seht ich scheine mehrere Probleme zu haben, als nur depressive Gedanken).
Darüber mit jemanden sprechen kann ich auch nicht wirklich. Es weiß keiner wie ich mich fühle. Nach außen wirke ich glaube ich ganz normal oder sogar als ein fröhlicher Mensch. Aber ich traue mich auch nicht wirklich, es jemanden zu erzählen.
Ins Fitnessstudio gehen ich jeden Tag, da ich da den Kopf mal abschalten und meine Gedanken ablenken kann. Und während dem Sport hilft das auch. Manchmal fühlt man sich danach auch nich ganz gut. Aber das geht auch schnell vorbei. @Gøndir das kann ich dir empfehlen, sich einfach voll auspowern.

Aber wie seid ihr denn am besten mit so schlechten Tagen klar gekommen?
Liebe Grüße
Kiwi78
Beiträge: 95
Registriert: 8. Feb 2022, 11:36

Re: Eine große leere

Beitrag von Kiwi78 »

Guten Morgen Martin,

Mir wurde in der Therapie immer die Selbstakzeptanz um die Ohren geworfen. Es einfach akzeptieren, dass es gerade eben nicht so gut ist. Das ist unglaublich schwierig und ich kann es an manchen Tagen auch nicht akzeptieren, dass nix geht und ich im Tief fest stecke. Ständig dagegen ankämpfen kostet nur unnötig Kraft.
Ich versuche einfach trotzdem eine gewisse Tagesstruktur hinzukriegen, also regelmäßig zur gleichen Zeit aufstehen, in die Arbeit gehen, Zeit mit meiner Tochter und unseren Tieren. Also es trotzdem tun, auch wenn man keinen Bock hat und es einem eh sinnlos vorkommt.
Das mit dem Fitnesstraining ist doch schon mal super, dass du das regelmäßig schaffst. Sport wäre für mich nach der Arbeit meist schon wieder zu viel.
Auch mir würde man als Außenstehender die Depris nicht anmerken. Wenn ich Freunden davon erzählt habe, kam immer ne überraschte Reaktion, dass sie das nie gedacht hätten. Man schafft es doch irgendwie sich nix anmerken zu lassen.
Vielleicht schaffst du es ja doch über einen einfachen Smalltalk ins Gespräch zu kommen. Du hast ja nix zu verlieren. Soziale Kontakte helfen mir ungemein. Versuch es doch mal, deine Ängste sind bestimmt unbegründet.
Einen schönen Sonntag dir!
Kiwi
Gøndir
Beiträge: 42
Registriert: 2. Feb 2022, 18:36

Re: Eine große leere

Beitrag von Gøndir »

Hallo Martin,

zu meiner Depression gesselt sich eine gewisse Persönlichkeitsstörung im Bereich sozialer Interaktionen.
Lange Zeit kam das nicht so zum Tragen da ich immer einen relativ großen Bekanntenkreis hatte. Fußball, Jugendclub, Arbeit.
Bei der Arbeit hatte ich mich die letzten Jahre stark spezialisiert was zur Folge hatte das viele mit ihren Problemen zu mir kamen. Meine fachliche Expertise in Verbindung mit Hilfsbereitschaft hat mir viel positive Zusammenarbeit ermöglicht bis hin zu Freundschaften. Das hat mich lange Zeit über Wasser gehalten.
Ich bin keiner der spontan auf Personen zugeht und diese auch anspricht. Schlechter wird es wenn es kein fachliches Thema gibt was eine Grundlage für ein Gespräch seien kann. Small Talk ist mir ganz ein Graus. Interesse heucheln liegt mir nicht und manchmal langweilen mich die Personen einfach.
Wie siehts das bei dir aus? Mal über Manschaftssport nachgedacht, oder Vereine die dich fachlich interessieren bzw. wo du helfen kannst?

Sanfte Grüße
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Eine große leere

Beitrag von Maxegon »

Hallo Martin,
ja, die Welt dreht sich weiter, ohne dich, aber auch mit dir. Ich höre immer, man muß das Beste draus machen...
Auch ich machte den Fehler und fragte: nach dem Warum, wo zu das alles?
Ein Freund sagte ein Mal: Das Leben kann so schön sein, man muß es nur bemerken. Recht hat er. Dieses Bemerken muß man aber erlernen. Einem Grübler fällt das schwer.
Ich las nach, was ist Depression … niedergeschlagen, verlieren ihre Interessen und sind erschöpft und antriebslos … andere verbinden dann eine gewisse Persönlichkeitsstörung im Bereich sozialer Interaktionen etc. pp. .
Alle kommen zu dem Punkt, es ist eine Krankheit, die behandelt werden muß. Therapie, diverse Medikamente winken fröhlich am Horizont … allein kommt man da nicht wieder raus, wird einem immer wieder erzählt – ist das so?
Ich lernte, einige Menschen kennen, deren Diagnose Depression, manische, schizophrene, Psychose o.a. lautete. Auch besuchte ich sie in div. Einrichtungen, danach war ich immer sehr niedergeschlagen und konnte dort erlebtes schwer verarbeiten. Ich entschied mich, so wirst du nie.
Man kann sich entscheiden, sich damit abzufinden, sich zu fügen oder etwas dagegen zu tun.
Ich begab mich einmal in eine Psychiatrische Klinik, freiwillig, mit heftigen Selbstmordgedanken, ich wußte nicht mehr weiter, alles war soooo sinnlos. Was mir dort widerfuhr, bestärkte mich, ...was ich alles nicht will. Ein bisschen kam ich mir vor wie im Film „Einer flog übers Kuckucksnest“. Nach drei Tagen entließ ich mich selbst, gegen ärztlichen Rat. So einsam, allein, fühlte ich mich noch nie, Panik befiel mich und ich flüchtete. Ein rein persönliches Erlebnis, völlig wertungsfrei gegenüber der Qualität der Maßnahmen. Anderen mag es vielleicht gefallen …
Auch mir wohnt die von dir beschriebene „Einsamkeit“ , sich nicht trauen, inne. Es gilt über seinen eigenen Schatten zu springen, rausgehen, Menschen kennenlernen, kommunizieren, auch Mal was machen, was einem nicht so behagt, anfangs.
Sich von der Alternative Arbeit und Sofa lösen, Man kann sich auch in seiner derzeitigen Lage gefallen, auf Therapien und div. Tabletten vertrauen und weitermachen, wie bisher.
Die beste Therapie ist das reale Leben selbst – auch wenn`s Anfangs etwas weh tut, besser als sich gut medikamentös eingestellt, gesund streicheln zu lassen.

Ich kann mich irren.
Martin2607
Beiträge: 5
Registriert: 9. Feb 2022, 23:28

Re: Eine große leere

Beitrag von Martin2607 »

Hallo maxegon,

vielen Dank für deine Tipps. Deine Worte haben mich zum nachdenken gebracht und helfen mir glaube ich wirklich sehr. Aber wie hast du das denn geschafft? Also braucht man nicht unbedingt ärztlichen Rat? Ich war bisher noch nicht bei einem Arzt (insofern kann ich nichtmal sagen, ob ich Depressionen habe), habe aber Angst davor zum Arzt zu gehen und eine Diagnose zu erhalten. Das kann ich mir bei meinem Job leider nicht leisten. Wenn ich krank bin, ist die Karriereleiter für mich beendet. Und um ehrlich zu sein, schäme ich mich auch für meine Probleme und möchte mit diesen niemanden belästigen. Besonders nicht meine Familie.
Du hast geschrieben, dir fällt oder fiel die Interaktion mit anderen auch schwer. Für mich fühlt es sich gerade wie ein endloser Kampf an. Alles ist ein Kampf. Und ich habe das Gefühl, diesen kann ich nicht gewinnen. Morgens aufstehen: Ist ein Kampf. Zum Sport gehen: Ist ein Kampf. Lebensmittel einkaufen: Ist ein Kampf. Diese Kämpfe rauben meine ganze Energie. Und ich glaube, davon habe ich nicht mehr viel in mir.
Ich möchte eigentlich nicht, das alles ein Kampf ist. Ich will eigentlich alles genießen. Es fühlt sich leider nur nicht so an. Hast du da die gleichen Erfahrungen gemacht?

Liebe Grüße
Suchende2
Beiträge: 1267
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Eine große leere

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Martin,

eines Deiner Themen hatte ich gerade in der letzten Therapiestunde. Für mich ist es sehr anstrengend, mich zum spazierengehen und allem anderen aufzuraffen.
Meine Therapeutin sagte, ich solle mich nicht "am Riemen reißen" (meine Worte), sondern mich liebevoll an die Hand nehmen.

Vielleicht ist das auch eine Idee für Dich.

Alles Gute,
Suchende
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