Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

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AliceMontrose
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2021, 14:31

Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von AliceMontrose »

Hallo zusammen!
Ich habe seit ca. Mitte November eine depressive Episode mittleren Grades und bin auch seitdem krankgeschrieben. Auf Wartelisten für eine Therapie stehe ich schon, Erstgespräche hatte ich, Termin für Psychiater habe ich leider erst im Januar bekommen (mein HA hat mir erstmal ein Johanniskraut Extrakt verschrieben).

Aktuell bin ich bis Anfang Januar krankgeschrieben, sodass ich dann auf die 6 Wochen komme.

Ursprünglich wollte ich letzte Woche wieder arbeiten. Hab dann auch mit meinem Team gesprochen (gehe generell sehr offen mit der Diagnose um) und es waren alle sehr verständnisvoll etc. Leider hat mich das Gespräch unterbewusst wohl komplett überfordert (oder die Aussicht, wirklich bald wieder zu arbeiten), sodass sich mein Zustand danach wieder deutlich verschlechtert hat und ich entschieden habe, die Krankschreibung für den Rest des Jahres zu holen.

In dem Rahmen habe ich mich auch viel mit stufenweiser Wiedereingliederung und betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement generell beschäftigt. Mein letzter Plan war, die stufenweise Wiedereingliederung zu machen.

Jetzt hatte ich aber am Wochenende eine Art Weihnachtsfeier von meinem Sportverein (Freitag Abend bis Sonntag Nachmittag, 10 Personen), von der ich erwartet hatte, dass sie mich auch überfordern würde (bin trotzdem mitgegangen, weil ich es zumindest probieren wollte). Tatsächlich ging es mir am Ende sogar besser als in den meisten Tagen davor.

Das hat mir jetzt zu Denken gegeben. Vielleicht ist es doch gar nicht schlecht, nach der Krankschreibung wieder direkt voll zu arbeiten. Da meine Kollegen eingeweiht sind, würde da auch entsprechend Rücksicht genommen werden. Ist ein Bürojob, in dem ich aktuell eher im Home-Office arbeiten soll, aber auch ins Büro gehen kann, wenn ich möchte.

Teilzeit (für eine Weile) habe ich auch schon bei meinem Teamleiter angesprochen, um zumindest nicht direkt 40 Stunden arbeiten zu müssen. Da wäre aber wohl nur 35 Stunden möglich, bei 30 hat die Geschäftsführung bei jemand anderem wohl schon mal nicht so gut reagiert.

Ich bin komplett unschlüssig, was der bessere Weg ist. Aktuell fühle ich mich recht stabil, aber ich habe in den letzten Wochen auch beobachtet, wie schnell das kippen kann. Gleichzeitig glaube ich, dass mir die Ablenkung und der Kontakt zu den Kollegen gut tun würde. Ich mache mir nur Sorgen, dass 40 Stunden dann doch zu viel werden und ich nach einer Woche direkt wieder zum Arzt und mich krankschreiben lassen muss.

Irgendwie schreckt mich aber auch der Aufwand für die stufenweise Wiedereingliederung etwas ab.
(Dass ich da Krankengeld bekommen würde, ist finanziell kein Problem)


Wie sind eure Erfahrungen mit dem Wiedereinstieg in den Job bei Depressionen? Ich weiß auch, dass oft empfohlen wird, so schnell wie möglich wieder zu arbeiten, um Struktur im Tag zu haben - das schaffe ich aktuell aber auch so, deshalb würde ich es jetzt nicht nur davon abhängig machen.
Nachtmensch
Beiträge: 615
Registriert: 30. Dez 2020, 06:39

Re: Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von Nachtmensch »

Hi Alice,

falls ich jetzt falsch liege, möge man mich korrigieren. Aber solange Du noch nicht im Krankengeld Bezug bist, kannst Du keine stufenweise Wiedereingliederung machen. Außerdem geht das auch nur n Absprache mit dem AG und deinem Arzt.

Wie gesagt, nagel mich mal nicht auf meine Aussage fest. Es gibt hier aber sicher jemanden, der es genau weiß.

VG Nachtmensch
AliceMontrose
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2021, 14:31

Re: Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von AliceMontrose »

Hallo Nachtmensch,

ja, das ist richtig. Sofern ich die Wiedereingliederung machen möchte, muss ich mich noch länger krankschreiben lassen. Arbeitgeber wäre einverstanden, Arzt ebenso.

VG Alice
mausschubser
Beiträge: 48
Registriert: 7. Jul 2010, 22:45

Re: Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von mausschubser »

Hallo Alice,

wenn Du unsicher bist, ob Du schon gleich wieder voll mit 40 Stunden in die Arbeit einsteigen kannst,
ist die Wiedereingliederung doch keine schlechte Sache.

Das Prozedere ist recht unkompliziert. Ist nur ein übersichtliches A4 Blatt.
Du gehst zu Deinem Arzt, kann auch der Hausarzt sein und besprichst mit ihm
mit wievielen Stunden Du einsteigen willst und die wöchentliche Steigerung.

Der Wiedereingliederungsplan muss dann noch dem Arbeigeber zur Unterschrift vorgelegt werden
und eine Kopie geht an die Krankenkasse. Das war es schon.

Ist das Deine erste Episode?

Gruß Mausschubser
AliceMontrose
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2021, 14:31

Re: Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von AliceMontrose »

Hallo Mausschubser,

okay, nur ein übersichtliches A4 Blatt klingt nicht schlecht. Als ich etwas darüber gelesen habe, klang es irgendwie wie ein sehr langer, ausführlicher Plan, bei dem vielleicht sogar noch die Krankenkasse mitreden will.

Ja, das ist meine erste Episode. Anfang des Jahres hatte ich zwar schon mal eine Phase, die man eventuell als leichte depressive Episode einordnen könnte - aber die war deutlich kürzer, weniger intensiv und ich bin allein wieder rausgekommen.

Bin auch immer noch dabei zu realisieren, dass das nicht einfach nach ein paar Tagen Zuhause von allein verschwindet.

VG Alice
BadewanneVollGeld
Beiträge: 86
Registriert: 7. Okt 2015, 11:34

Re: Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von BadewanneVollGeld »

Hallo Alice,

ich habe auch einmal eine Wiedereingliederung gemacht und konnte sogar währenddessen die Stunden einmal anpassen. Ich war zunächst ergeizig und wollte mit zu vielen Stunden einsteigen. Ich hab aber ziemlich schnell gemerkt, dass es nicht geht und habe es dann vom meinem Arzt auf 2h/Tag für die ersten Wochen reduzieren lassen und generell alles etwas entzerrt. War auch recht unkompliziert.

Auf dem Zettel konnte ich übrigens noch Wünsche vermerken. Das war in meinem Fall, dass ich keinen Kundenkontakt haben wollte für die Zeit. War für meinen Arbeitgeber kein Problem.

Die Krankenkasse wird darüber lediglich informiert, mitsprechen muss sie da nicht.

Ich fand meine Wiedereingliederung damals gut, meine normale Stundenzahl hätte ich definitiv nicht geschafft. Ich war allerdings auch ca. ein Dreivierteljahr krankgeschrieben, mit Klinikaufenthalten usw. Ich denke da muss jeder in sich selbst hineinhorchen, was er/sie meint zu schaffen. Ich denke, du darfst dir ruhig eine Wiedereingliederung "gönnen". Wäre doch auch ein schönes Gefühl, wenn du merkst "wow, das schaffe ich! Ich könnte sogar mehr!". Besser als - wie du selbst ja geschrieben hast - im Nachhinein zu merken, dass es zu viel und der Druck zu groß ist...

Viele Grüße
BvG
AliceMontrose
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2021, 14:31

Re: Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von AliceMontrose »

Hallo BvG,

danke für deinen Erfahrungsbericht! Ich glaube, das zu ehrgeizig sein könnte mir auch passieren.

Kundenkontakt habe ich zum Glück nicht, aber ich kann gut verstehen, dass du den in der Zeit nicht wolltest.

Ja, du hast recht - lieber in der Wiedereingliederung merken, dass ich doch schneller als gedacht mehr Stunden schaffe, als andersherum. Danke. Manchmal braucht man jemanden, der/die einem sagt, dass es okay ist, sich so etwas, wie du sagst, zu gönnen. :)

VG
Alice
Nachtmensch
Beiträge: 615
Registriert: 30. Dez 2020, 06:39

Re: Wiedereingliederung vs. Vollzeit arbeiten

Beitrag von Nachtmensch »

Hallo Alice,

ich hatte auch schon eine Wiedereingliederung und kann das nur befürworten. Wenn man es finanziell auf die Reihe bekommt, erstrecht. Du solltest Dir diese Zeit nehmen, denn wenn Du Dich gleich zu sehr forderst, ist unter Umständen am Ende keinem gedient.

VG Nachtmensch
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