Depressive Schwester weigert sich um Arzt zu gehen.

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abnw
Beiträge: 1
Registriert: 5. Nov 2021, 22:02

Depressive Schwester weigert sich um Arzt zu gehen.

Beitrag von abnw »

Hallo zusammen,

meine Schwester ist seit 2 Jahren depressiv.
Sie hat ihren Mann verlassen und redet kaum noch mit unseren Eltern.
Sie steht jeden Morgen auf, geht zur Arbeit und kümmert sich um ihre beiden Kinder, aber sie lebt nicht. Sie sagte zu mir, nichts macht ihr Spass, nichts schmeckt ihr mehr.

Das Schlimmste ist, dass sie sich seit 2 Jahren weigert eine Therapie zu machen.
Sie meinte, Therapie macht keinen Spass.

Mein Schwager, meine Eltern und ich unterstützen sie so gut es geht, aber wir kommen auch langsam ans Ende unserer Kräfte.
Hat jemand hier eine Ahnung, warum man sich mit einer Depression nicht helfen lassen will?
Und was wir als Angehörige machen können?

LG,
annw
Delicat
Beiträge: 22
Registriert: 23. Nov 2021, 13:55

Re: Depressive Schwester weigert sich um Arzt zu gehen.

Beitrag von Delicat »

Hallo annw,

aus eigener Erfahrung kann ich da nichts beisteuern, aber als Mutter könnte ich mir vorstellen, dass man Deine Schwester vielleicht über die Schiene "mach es deinen Kindern zuliebe" zur Therapie bewegen könnte. Ich kenne ja die näheren Umstände nicht (Alter der Kinder usw.), aber vermutlich leiden die ja mit unter dem Zustand ihrer Mutter und wenn man Deiner Schwester das klar machen könnte, würde sie ja vielleicht einen Therapieversuch starten.
Ansonsten kann ich mir schon vorstellen, dass man so tief in einer Depression steckt, dass man nicht glaubt, dass eine Therapie helfen kann. Und "Spaß" macht die in der Tat nicht, das sehe ich bei meinem Sohn. Da kommt schon einiges hoch, und die Auseinandersetzung damit kann sehr schmerzhaft sein.
Drücke Euch allen die Daumen.

LG
Zuletzt geändert von Delicat am 27. Dez 2021, 14:38, insgesamt 1-mal geändert.
Überdosis
Beiträge: 276
Registriert: 25. Nov 2021, 23:01

Re: Depressive Schwester weigert sich um Arzt zu gehen.

Beitrag von Überdosis »

Hallo anw,

kann letztendlich nur von mir schreiben, aber bei mir war damals der Grund, dass ich mich vor Hilfe gescheut hatte, dass mir meine Depression nicht schlimm vor kam.
Obwohl ich Ärger auf der Arbeit hatte, mein Freund Schluss machte, meine Familie auch nicht mehr zugetan von mir war und ich lebensmüde Gedanken hatte, dachte ich, dass es mir noch ziemlich gut geht und andere schlimmer dran sind als ich.
Man selbst sieht gar nicht die Riesen Anzahl an Scherben auf denen man läuft und bekommt oftmals das alles auch gar nicht so richtig mit, weil man sich innerlich eh Tod fühlt (nichts macht Spaß, nichts schmeckt mehr, das was deine Schwester auch erzählt).
Man läuft in einem Hamsterrad in denen man seine Notwendigen Aufgaben erledigt und erfüllt und alles andere wird regelrecht ausgeblendet, ohne, dass man es selbst beabsichtigt... Tunnelblick Depression.
Zudem hatte ich auch immense Schwierigkeiten darüber zu reden, über was soll man mit den Therapeuten bloß reden? Allein das was man selbst fühlt und diese Gedanken in Worte zu fassen und auszusprechen ist manchmal absolut nicht einfach und fällt manchen (mir auch) extremst schwer.
Vielleicht geht es deiner Schwester ähnlich?

Was da hilft?
Mich hatten meine Arbeitskollegen letztendlich zur Psychischen Ambulanz geschickt (arbeite im Krankenhaus), aber das gelang ihnen auch nur, weil ich irgendwann nur noch da stand und ich mit dem weinen nicht mehr aufhören konnte und mir da selbst dämmerte, dass es mir wohl doch nicht so toll geht.

Ich fürchte, deine Schwester ist einfach noch nicht so weit um sich helfen zu lassen, jedenfalls scheint sie es noch so zu sehen, dass sie noch keine Hilfe braucht.
Aus der Depression raus zu kommen ist harte Arbeit. Es ist nicht wie bei Schnupfen, dass man sich ausruhen und man wieder gesund wird, sondern für einen selbst ist es richtig harte Arbeit, die über Wochen, Monate und manchmal Jahre geht, verbunden auch manchmal mit einigen Rückschlägen....
Solange eine Person nicht dazu bereit ist, wird niemand sie zwingen können.
Den Vorschlag von frosch0607 es über das Gewissen gegenüber der Kinder zu versuchen, kann man natürlich versuchen. Vielleicht rürttelt sie das wirklich wach. Wünschen würde ich es ihr von Herzen.

Wichtig ist, dass ihr selbst euch nicht verliert.
Wenn ihr merkt, dass ihr an eure Grenzen gerät, schaltet einen Gang zurück. Lebt euer Leben unbedingt weiter mit alles was dazu gehört.
Es kann auch eurer Schwester die Augen öffnen, wenn ihr ihr nicht mehr alles abnimmt und sie noch mehr an ihre Grenzen kommt, auch wenn das hart ist.
Letztendlich hilft ihr aber niemanden mit, wenn ihr euch völlig verausgabt und ihr im schlimmsten Fall euch mit der Erkrankung ansteckt. Das kann leider schneller passieren, als wie man meinen würde.


Liebe Grüße
marcopol

Re: Depressive Schwester weigert sich um Arzt zu gehen.

Beitrag von marcopol »

abnw hat geschrieben:
meine Schwester ist seit 2 Jahren depressiv.
"Überdosis" hat schon viel Wertvolles aus eigener Erfahrung beigesteuert.
Ich möchte ergänzen:

Die depressive Erkrankung ist wie ein schleichendes Gift. Und wenn man gelernt hat zu "funktionieren" fehlt oft die eigene Krankheitseinsicht. Für einen selbst ist es schwer einzuschätzen, ob man phasenweise traurig ist oder bereits seelisch krank.
Angehörige können das oft nicht einschätzen und sind natürlich überfordert oder in Mitleidenschaft gezogen.

Die Gefahr ist immer, dass sich Depressionen vertiefen und verselbstständigen können.
Und doch muss wohl der erste Schritt von einem selbst kommen zur Beratung und Behandlung.

Als Schwester kannst Du ihr nur Mut machen, zumindest mal eine Erst-Diagnose erstellen zu lassen. Das geht auch über Hausarzt. Denn die Parameter für eine depressive Erkrankung kennt auch jeder Arzt.
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