Gedanken aus dem Depressionsloch

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realiti
Beiträge: 8
Registriert: 30. Okt 2021, 15:28

Gedanken aus dem Depressionsloch

Beitrag von realiti »

Ich bin recht neu hier, habe aber schon paar nützliche Hinweise/Tips bekommen. Schön, dass es einen Ort zum Austausch gibt. (:

Weil ich mich sonst niemanden anvertrauen mag, schreibe ich hier einfach mal runter. Heute war ein unfassbar anstrengender Tag. Ich bin Mitte 20, studiere und bin eigentlich in den Endzügen. Vor paar Wochen wurde eine schwere Depression diagnostiziert und ich schäme mich so dafür, aber ich weiß selbst nicht genau warum. Ich weiß überhaupt nicht mehr wer ich eigentlich bin oder was oder wohin ich will. Fühle mich wie 16 und habe das Gefühl jeder zieht gerade an mir vorbei, nur ich stagniere weil ich es nicht mal schaffe mir die Haare zu waschen oder mein Studium anständig abzuschließen. Ich fühle mich gerade so unfassbar allein, eigentlich bin ich ein sehr sozialer Mensch der gerne Dinge unternimmt, aber ich ertrage gerade einfach niemanden, allen voran mich selbst nicht und möchte niemanden sehen. Zeitgleich würde ich mich so freuen, wenn ich nicht alleine wäre. Und gleichzeitig bin ich innerlich so leer, muss aber die ganze Zeit weinen. Ich fühle alles auf einmal und kann das gar nicht mehr Einordnen. Ich hasse das so sehr, schafft man es irgendwann da raus? Habe das Gefühl jeder Tag wird schlimmer. Komme mit nichts mehr hinterher (Job, Studium kann ich eh grad vergessen)
Entschuldigung für die Metapher, aber ich fühle mich wie ein rohes Stück Fleisch. Alles tut weh, fühle alles gleichzeitig aber nichts.

Ich weiß, dass es zur Depression "dazugehört", aber habt ihr irgendwelche Vorschläge wie man sich das Depressionsloch "erträglicher" gestalten kann? Vor allem, wenn man nebenher arbeitet? Danke.
brokkoli
Beiträge: 1
Registriert: 23. Nov 2021, 16:58

Re: Gedanken aus dem Depressionsloch

Beitrag von brokkoli »

Liebe/r Realiti,
tut mir leid, dass es dir gerade so geht. Arbeit und Studium mit Depression zu bewältigen, ist wirklich nicht leicht. Ich hoffe, es geht dir bald besser.
Niemand kann etwas dafür, es ist nichts, das man sich aussucht, es passiert einfach.
Ich versuche immer wieder, mich ein bisschen von dem gesellschaftlichen Druck zu lösen, von den Erwartungen, die ich selbst und andere an mich stellen. Wenn ich mich so depressiv fühle, leidet mein Selbstbewusstsein sowieso darunter und ich habe oft das Gefühl, in so eine Abwärtsspirale zu kommen, mich mit anderen zu vergleichen, aber meine Aufgaben sowieso nicht mehr so gut bewältigen zu können und mich dafür schlecht zu fühlen. Ich versuche, mir selbst zu sagen, dass ich wertvoll bin, auch wenn ich die Dinge nicht so schaffe, wie die anderen, wenn ich Erwartungen nicht erfülle oder versage. Das fühlt sich trotzdem nicht unbedingt so an, ich fühle mich oft einfach irgendwie nutzlos. Aber das bin ich trotzdem nicht.
Manchmal sind kleinere Erwartungen auch okay. Wenn ich alles irgendwie geschafft habe, ist das manchmal ein Grund, zufrieden zu sein, auch wenn nicht alles super gut lief.
Vielleicht ist es ein erster Schritt, dich jemandem anzuvertrauen, dem zu vertrauen kannst? Es ist so schwierig in so einer Situation alleine zu sein.
Du bist wertvoll und du bist es wert, Unterstützung zu bekommen!
Liebe Grüße,
Lisa
marcopol

Re: Gedanken aus dem Depressionsloch

Beitrag von marcopol »

Hallo realiti,

Deine Botschaft geht einem Nahe.

Vielleicht beginnt es damit, sich die Haare zu waschen und sich wohler zu fühlen?

Ich glaube es geht nicht darum, die Erwartungen irgendwelcher Anderer zu erfüllen sondern eher auf sich selbst acht zu geben.
Unter Depressionen ist das schwer. Sehr schwer. Weil man dabei ist, sich selbst aufzugeben.

Du bist kein Stück Fleisch sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut und Geist und Sinn, und wie Du selbst schreibst, ein sehr sozialer Mensch.

Mensch, wasch Dir die Haare und gehe raus und sei sozial.
Es geht Dir nicht alleine so.
ricksanchez
Beiträge: 10
Registriert: 20. Nov 2021, 23:20

Re: Gedanken aus dem Depressionsloch

Beitrag von ricksanchez »

realiti hat geschrieben:Ich weiß, dass es zur Depression "dazugehört", aber habt ihr irgendwelche Vorschläge wie man sich das Depressionsloch "erträglicher" gestalten kann? Vor allem, wenn man nebenher arbeitet? Danke.
Ohje, herzlich willkommen im Club. Versuche möglichst immer "weiterzugehen", irgendwann wird's wieder heller (toller Tipp, ich weiss).
Nimm jeden Tag, an dem du nicht aufgegeben hast, als Gewinn mit.
Die Arbeit hat dabei auch etwas Gutes: Man kommt weniger dazu, sich über den Horror Gedanken zu machen.
Im Depressionsloch hilft mir rabenschwarzer Humor dabei, Zeit zu gewinnen, bis die Welle dann hoffentlich beendet ist.
Meridian
Beiträge: 512
Registriert: 15. Dez 2019, 11:05

Re: Gedanken aus dem Depressionsloch

Beitrag von Meridian »

Hallo realiti,

indem man sich alles an Unterstützung holt, was möglich ist, das kann eine Therapie sein oder
Gespräche mit der Telefonseelsorge, Freunde, die mit spazieren gehen, falls man sich selbst nicht aufraffen kann, ein Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik und eben hier zu schreiben und mitzulesen.
Gute Erfahrungen habe ich mit einem Trialog gemacht, das ist ein regelmäßiger Austausch, an dem Betroffene, Ärzte / Therapeuten und Angehörige teilnehmen.
Falls du in der schweren Depression noch arbeiten kannst, kann das hilfreich sein wegen der Struktur und der Möglichkeit des Kontakts.
Wichtig finde ich aber auch, sich nicht noch zusätzlich dafür zu verurteilen, falls Arbeit / Studium zeitweise nicht mehr möglich sind.
Ja, und sich immer wieder zu sagen, dass es nicht so bleibt, die Gedanken nicht immer so düster sein werden, dass es möglich ist, da wieder rauszukommen.
Du bist definitiv nicht allein, auch wenn es sich vielleicht gerade so anfühlt.

LG, Meridian
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