Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

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Heidekraut70
Beiträge: 14
Registriert: 9. Nov 2021, 09:59

Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Heidekraut70 »

Lieber Leser:innen,

Ich bin 50 Jahre alt, männlich und letztes Jahr an einer Agoraphobie, Depression und Angststörung erkrankt. Dazu kamen Zwangsgedanken. Also insgesamt ein rundum sorglos Paket.

Vor 15 Jahren hatte ich ich schon mal eine kleine Phase (Depression). Da kam ich aber gut wieder raus.

Seitdem hatte ich immer viel um die Ohren um nicht zu sagen Baustellen (Betreuung Familienmitglied, spätes Studium, mehrjährige Arbeitsphase bis zur Festanstellung, Sorgerechtsstreit, alleinerziehend).

Seit letztem Jahr sind alle Baustellen bereinigt. Allerdings muss ich einschieben, dass ich eine fürchterliche Kindheit hatte, die ich nicht abschließend bearbeitet habe.

Wie dem auch sei. Letztes Jahr musste ich zwei Mal operiert werden. Und vor Operationen habe ich Angst wie vor kaum was anderem. Kurze Zeit später ging gar nichts mehr.

Andauernd Ängste (Autofahren (Fahrer wie als Beifahrer), Brücken, Höhe, usw. ). Gegen die Ängste anzugehen kostet unendlich viel Kraft. Gerade wenn wieder eine neue Angst auftaucht und ich dagegen angehe, damit sich da nichts verselbstständigt.

Medikamente
Ich nehme Olanzapin 5 mg und 2 Mal 75 mg Trevilor (Venlafaxin). Eine unübliche Kombi aber anderes hatte nicht gewirkt.

Psychologe
Ich bin seit ca 3 Jahren bei einem Psychologen in Behandlung wegen meiner Kindheit. Angefangen hatte ich bei ihm nicht aus akuten Gründen.

Und trotz der Medikamente und der psychischen Betreuung habe ich die oben genannten Ängste. Es ist schon vieles besser geworden aber es ist immer noch sehr schwer und ich habe täglich damit zu kämpfen.

Das Ganze ist natürlich nur ein kurzer Auszug. Ich möchte keinen ermüden. Ich denke, jeder hier hat eine Abend füllende Geschichte zu erzählen.

Von außen betrachtet, geht es mir seit 2 Jahren total gut. Frau (die ich liebe), keine Sorge mit den Kinder, gut bezahlter Job, keine Probleme. Insgesamt geht es mir so gut wie nie zuvor und dann kam die Angst.

- Angst vor der Angst
- Immer neue Ängste
- Immer ein in sich hineinhören
- Stundenlanges beschäftigen mit dem Thema, jeden Tag
- Keine Hobbys und wenig Elan was zu tun

Könnte den ganzen Tag auf dem Sofa sitzen

Hat jemand einen Tipp oder einen Rat wie man am besten durch diese Zeit kommt?

Viele Grüße
Heidekraut70
Zuletzt geändert von Heidekraut70 am 11. Nov 2021, 14:43, insgesamt 2-mal geändert.
marcopol

Re: Das braucht kein Mensch

Beitrag von marcopol »

Hallo und willkommen,

hast du auch einen Psychiater an der Hand? Gegen Panik habe ich gute Erfahrungen mit Triccito/Trazodon. Das beruhigt sehr, sodass es tagsüber etwas anderes braucht (z.b. Sertralin).

Wie kommt man durch die Zeit gegen das Grübeln und die Blockaden?

Das ist individuell sicher sehr verschieden. In jedem Fall ist Ablenkung sicher gut, "von sich selbst" auch mal weg kommen. Ich glaube, für jeden gibt es etwas, was er sehr gerne macht. Kochen, Backen, spazieren gehen, Musik machen oder was Gesellschaftliches/Soziales (Ein Ehrenamt vielleicht?) etc. pp. .

Du hast noch Glück im Unglück: Du bist nicht allein und hast einen guten Job.
Aber nun brauchst du sicher noch etwas für dich, was dich vom Sofa runterbringt :)

Alles Gute
Heidekraut70
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Registriert: 9. Nov 2021, 09:59

Re: Das braucht kein Mensch

Beitrag von Heidekraut70 »

Hallo Marcopol,

danke für Deine Nachricht.

Bin gerade dabei das Olanzapin zu Reduzieren und das macht mir ziemlich zu schaffen.

Ja ich habe einen Psychiater und nächste Woche Termin bei ihm.

Ein Hobby suche ich schon seit längerer Zeit aber ich finde nichts was mich wirklich interessiert. Werde noch einmal in mich gehen.

Viele Grüße
Katerle
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Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Katerle »

Hallo Heidekraut,

ersteinmal herzlich Willkommen im Forum. Da kommt einiges bei dir zusammen.
Du bist bereits in psychologischer Behandlung, wie du schreibst. Fühlst du dich gut aufgehoben?
Könnte es dir helfen, täglich spazieren zu gehen? So könntest du etwas von deinen immer wiederkehrenden Gedanken wegkommen.
Wie sieht es bei dir mit Musikhören aus?

Macht dein Psychologe auch eine Entspannungsübung mit dir?

Hätte da noch einen Buchtipp für dich, falls das was für dich wäre.

Hattest du frühere Hobbys? Oder was würde dich heute interessieren? (Malen, lesen, Musik oder ne Sportart) o.a.

Alles Gute für dich, Kraft und Durchhaltevermögen
Katerle
MeinName
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Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von MeinName »

Hallo liebes Heidekraut,
Deine Offenheit und Beschreibung Deines Alltages, da kann ich voll Respekt sagen, wow, bewundernswert, wie Du das machst. Und genauso empfinde ich den Umstand, wenn mit all den im rundum Sorglospaket mitgetragenen "Steinen", Alltag, Familienleben gelingt... Wenn Du auf der Suche nach einem schönen Hobby noch nichts gefunden hast, vielleicht hat Dich bislang noch nichts angesprochen und fasziniert, begeistert?
Manchmal findet man Hinweise darauf, was einem schon in der Kindheit gefallen und Freude bereitet hat. Gibt es da etwas wiederzuentdecken? Das innere Kind ist ein wunderbarer Schatz, was kindliche Freude anbelangt. Grüssle
PS.: Was spricht denn dagegen, auf dem Sofa sitzend, absolut mal gar nichts tun und wollen zu müssen? Einfach sitzen und da sein, Mensch sein, träumen, Wolken zählen...
Max_
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Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Max_ »

Hallo Heidekraut,

ich kann gut nachvollziehen, wie anstrengend das mit den Ängsten ist, da ich seit 1.5 Jahren auch verstärkt damit zu tun habe.

Das Arbeiten dagegen, das Exponieren und immer wieder Überwinden, kosten viel Kraft und kann Kleinigkeiten zu großen Aufregern verwandeln. Aber dranbleiben ist wohl der einzige Weg raus – ich konnte tatsächlich einiges wieder zurückerobern, wie z.b. entspanntes Autofahren.

Vielleicht können dir auch Autogenes Training und positive Affirmationen helfen, gibt's z.b. vielfach auf Spotify. Ich mache das gerade täglich und es hilft mir.

Und Atemübungen, z.b. mit der App "Breath Ball", bei akuten Anspannungen oder allgemein zum Runterkommen, mehrmals am Tag ein paar Minuten. Hier geht es u.a. darum, den Parasympaticus zu aktivieren, der bei Ängsten oft zu kurz kommt.

Machst du Sport oder hast mal gemacht?   Könntest du dir vorstellen, jeden Tag einen Spaziergang zu machen?
Was hat dir früher Spaß gemacht?

Max
Heidekraut70
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Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Heidekraut70 »

Hallo Max,

vielen Dank für Deine Nachricht. Es ist für mich einiges dabei was ich ausprobieren werde.

Was hat mir früher Spaß gemacht? Gute Frage. Ich hatte soviel um die Ohren, dass ich kaum Zeit für mich hatte. Sport allerdings gehörte zu den Sachen, die ich immer gern gemacht habe. Bin auch wieder dabei ein paar Mal die Woche ins Sportcenter zu gehen. Mein Therapeut meint, ich soll noch einmal Manschaftssport dazu nehmen.

Wie hast Du es geschafft wieder entspannt Auto zu fahren? Für mich ist das nicht-gut-Autofahren können ein zentrales Thema.


Viele Grüße
Heidekraut70
Heidekraut70
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Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Heidekraut70 »

Hallo MeinName,

vielen Dank für Deine lieben Zeilen. Und Du hast Recht bezüglich eines Hobbys; mich hat bislang noch nichts angesprochen und fasziniert, begeistert. Was ich als Kind gerne gemacht habe, weiß ich auch nicht mehr. Das ist einer der Baustellen, an denen ich gerade am Arbeiten bin. Ein Großteil meiner Kindheit liegt im Dunkeln. Früher hat mir auf jeden Fall das Lesen und Hörbücher viel Spaß gemacht.
Du fragtest, was dagegen spricht auf dem Sofa zu sitzen und nichts zu tun. Wenn ich morgens bzw. tagsüber auf dem Sofa sitze kommt kurze Zeit später die Angst bzw. die Depression. Es ist nicht schön depressiv und antriebslos auf der Couch zu sitzen. Je später der Tag umso besser wird es. Und obwohl ich das ganz genau weiß, habe ich mich trotzdem monatelang mittags aufs Sofa gelegt/ gesetzt.

Viele Grüße
Heidekraut
Heidekraut70
Beiträge: 14
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Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Heidekraut70 »

Hallo Katerle,

Du fragtest ob ich mich bei Therapeuten gut aufgehoben fühle. Das ist eine Frage, die ich mir selbst gerade stelle. Ich bin seit gut 3 Jahren bei ihm und habe nun das Gefühl auf der Stelle zu treten. Ich habe nächste Woche Termin bei ihm und werde das thematisieren. Und wir wollen ab nächsten Mal Entspannungsübungen machen. Echt ein Zufall, dass Du fragst.

Ich versuche einmal am Tag ein wenig spazieren zu gehen oder Sport zu machen. Klappt nicht jeden Tag aber meistens. Vor der Pandemie war ich recht sportlich und jetzt dauert es wieder um rein zu kommen.
Musik hören war immer etwas was ich geliebt habe. Aber auch das ist zurzeit ein Opfer der Depression.

Bin gerade dabei, wieder das Lesen zu entdecken. Das ist viel zu lange auf der Strecke geblieben.
Welchen Buchtipp hast Du denn?

Viele Grüße
Heidekraut70
Scarlet Rose
Beiträge: 10
Registriert: 7. Nov 2021, 10:23

Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Scarlet Rose »

Hallo ihr Lieben, bin neu hier. Habe Texte hier und da überflogen, konnte nicht alles durchlesen. Viel zu viel... *.*

Ich habe auch keine Hobbys. Mache in meiner Freizeit, wenn ich motiviert bin, Sport im Gym. Wegen den Arbeitszeiten jetzt eher weniger. Oder ich schiebe wieder alles auf. Manchmal komme ich gar nicht zu, weil ich noch andere Sachen erledigen muss.
Ab und zu gucke ich Videos bei Tik Tok und habe scrapbooking entdeckt. Habe ich frühe als Kind ähnliches gemacht. Es gab Freunschaftsbücher oder -Hefte, die wir selber hineingeschriben und gestaltet haben. Bei Scrapbooking nimmt man dann ein Notizbuch und man verschönert die Seiten mit Aufkleber und Dekopapiere. Das beruhigt mich ein wenig. Habe die letzten Wochen dafür viel Material gekauft.

Musik höre ich meistens nur, wenn es mir gut geht. Sonst läuft bei mir jeden Tag Radio im Hintergrund.

Habe auch vor paar Wochen mit dem Lesen angefangen. Liegt bei mir auch immer auf der Strecke. Vor ein paar Wochen habe ich neue Bücher gekauft. Jetzt liegen die erstmal wieder ungelesen rum. Zur Zeit versuche ich "Das Lächeln der Fortuna" zu lesen von Rebecca Gablé. Ein dickes Ding und habs noch nicht mal bis zur Hälfte. Ich mag Historische Romane, Fantasie und Frauenromane wie Sophie Kinsella.
Vielleicht ist was für Heidekraut70 auch was dabei.

Liebe Grüße
Scarlet Rose
Heidekraut70
Beiträge: 14
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Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Heidekraut70 »

Hallo Scarlet Rose,

da haben wir viel gemeinsam

Das mit dem Gym, mit den nicht vorhandenen Hobbys, der Bücherstapel mit den ungelesenen Büchern und der Musik. Ich höre Musik bewusst auch nur, wenn es mir gut geht.

Was hat Dich hierher getrieben?

Liebe Grüße
Heidekraut70
Max_
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Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Max_ »

Hallo Heidekraut,

freut mich, wenn ich dich mit Impulsen unterstützen konnte. Autogenes Training und Atmen klingen immer ein bisschen abgedroschen und lasch, haben aber m.E. größeres Potenzial bei der Symptomlinderung bei Ängsten und Depressionen.

Zum Thema Autofahren schreibe ich dir nochmal gesondert, da muss ich erstmal ein bisschen nachdenken ;)

Kann dir dein Therapeut bei der Angst denn richtig gut helfen? Du bist ja offensichtlich erstmal wegen anderen Themen dort in Behandlung gegangen.

Die Idee mit dem Mannschaftssport finde ich gut, wenn aktuell vielleicht auch nicht so leicht umzusetzen. Das würde ich auch gerne mal wieder erleben, Gruppendynamik statt Fitness-Individualismus, aber das schaffe ich irgendwie nicht.

LG Max
Katerle
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Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Das braucht kein Mensch Agoraphobie u Depression

Beitrag von Katerle »

Heidekraut70 hat geschrieben:Hallo Katerle,

Du fragtest ob ich mich bei Therapeuten gut aufgehoben fühle. Das ist eine Frage, die ich mir selbst gerade stelle. Ich bin seit gut 3 Jahren bei ihm und habe nun das Gefühl auf der Stelle zu treten. Ich habe nächste Woche Termin bei ihm und werde das thematisieren. Und wir wollen ab nächsten Mal Entspannungsübungen machen. Echt ein Zufall, dass Du fragst.

Ich versuche einmal am Tag ein wenig spazieren zu gehen oder Sport zu machen. Klappt nicht jeden Tag aber meistens. Vor der Pandemie war ich recht sportlich und jetzt dauert es wieder um rein zu kommen.
Musik hören war immer etwas was ich geliebt habe. Aber auch das ist zurzeit ein Opfer der Depression.

Bin gerade dabei, wieder das Lesen zu entdecken. Das ist viel zu lange auf der Strecke geblieben.
Welchen Buchtipp hast Du denn?

Viele Grüße
Heidekraut70
Hallo Heidekraut,

finde ich gut, dass du das beim Nächstenmal bei deinem Therapeuten mal thematisieren möchtest, das du dieses Gefühl hast, auf der Stelle zu treten. Mit Entspannungsübungen hatte ich gute Erfahrungen machen können, aber nicht gleich zu Beginn, denn das braucht auch Zeit, sich darauf einlassen zu können.
Das machst du super mit dem Spazierengehen und auch Sport. Ist doch auch nicht schlimm, wenn das mal nicht so klappt. Hauptsache, du bleibst weiter dran und du versuchst es von Neuem. Musikhören wird auch wiederkommen mit der Zeit, hab noch etwas Geduld.

Wegen dem Buchtipp würde ich dir eine PN schicken, falls du damit einverstanden bist.

Liebe Grüße
Katerle
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