Akute Aufschieberitis

Antiope
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Akute Aufschieberitis

Beitrag von Antiope »

Seit vielen Monaten kämpfe ich gegen "Aufschieberitis". Inzwischen ist es extrem heftig geworden. Folgen drohen.

Ich räume meine Wohnung nicht mehr auf. Ich weiß nicht, was ich machen soll, wo ich alles hinräumen soll. Beginne ich den x.ten Versuch, breche ich in Tränen aus und tigere im Kreis herum. Mir selbst gut zureden, und dann doch ein klein wenig etwas machen - das steigert die extrem quälende Spannung lediglich nur immer mehr.
Unterlagen für die Steuererklärungen zusammenstellen - geht nur unter allergrößtem inneren Druck. Aber ich finde nicht alles, ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Er Steuerberater erhält die Dokumente nicht.
Ich sollte ihn anrufen. Das schaffe ich nicht. Bis jetzt nicht. Ich schiebe es vor mir her. Sage jeden Tag, jetzt machst Du es. Und mache es wieder nicht.

Ich brauche andere wichtige Unterlagen.
Aber bei allem, was ein klein wenig kompliziert ist, blockiert der "innere Schweinehund" vollständig. Kompliziert sein - das kann auch ein Einkauf sein.

Ich weiß mir keine Hilfe mehr.
Ich weiß nicht, ob das alles quasi Nebenwirkungen von Medikamenten sind (Antidepressiva). Auch 'ne coole Ausrede?
Oder ob es wirklich ganz einfach ein antrainiertes Verhalten ist. Die letzten Monate und Jahre sorgfältigst eingeübt. Und es mir wirklich lieber ist, die grausame Spannung auszuhalten, zu weinen, zu jammern - anstatt irgendwoher die Energie und den Elan zu nehmen und das ganze riesige Chaos anzugehen.
malu60
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von malu60 »

Hallo Antiope,
liest sich für mich so,als ob Du Hilfe von außen brauchst.

Ich kenne auch die Aufschieberitis und unter Zeitdruck,genügend Adrenalin
klappt es dann doch noch so grade.Sicherlich ist es der fehlende Antrieb,ich lebe
alleine und nur mich stört es,wenn es unaufgeräumt ist,da liegt auch schonmal viel rum,
ich fang was an und beende es nicht.Ist es Faulheit,oder Krankheit frag ich mich auch öfter!?

Vor 4 Jahren erhielt ich den Pflegegrad 1 wegen den Depressionen und seither hat sich
ganz viel in der Wohnung gebessert.Wenn einmal mit Hilfe ein Grund geschafft ist,läßt es
sich besser beibehalten (klappt auch nicht immer).In dieser Zeit hab ich viel entsorgt und
auch was Neues angeschafft.Nun hat alles seinen Platz.Post wird direkt aufgemacht und
abgeheftet,oder beantwortet."Es ist nicht viel".Ansonsten mußte ich auch ewig suchen,wenn
ich Steuer u.a.machen mußte.

Ob Du auch jemanden wüßtest,dem Du vertraust,der Dir helfen könnte?

Z.zt hab ich Chaos in der Garage,will da immer ran und tu es doch nicht.Im Hinterkopf bleiben all die unerledigten Sachen.......für Manches brauch ich aber auch einfach länger......

Ich wünsche Dir,dass das erstmal mit den Unterlagen für die Steuer klappt.Immer ein bißchen machen geht vielleicht auch....gut,dass Du Dich hier mitteilst,es gehört zur Depression dazu,
dass man zu Hause auch nicht mehr klar kommt,wenn eh alles sinnlos erscheint und keine Energie da ist,sieht es dann auch so aus.....

Vielleicht hilft auch ein Arztbesuch,Medikamente,oder eine Therapie.Alles gute malu
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Aurelia Belinda
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo Antiope,

Mit der Aufschieberitis und wie du sagst auch den unangenehmen Folgen habe ich auch oft zu kämpfen.
Vor zwei, drei Jahren war das extrem sodass es auch um wichtige Unterlagen ging, auch Vorsorge Untersuchungen bei Ärzten, Wohnung aufräumen, putzen.
Ich denke nicht unbedingt dass es am fehlenden Antrieb liegt, kann mich aber auch täuschen.
Glaube eher dass du völlig blockiert bist. Ich saß oft wie
Versteinert auf der Couch, unfähig mich zu bewegen und das Chaos wurde im mich herum immer schlimmer.
Habe es dann bei der Sozialberatung und Psychiaterin angesprochen. Es wurde daraufhin ein Hausbesuch verordnet. Und ein paar Sitzungen bei der Soz.Pädagogin. hat nicht wirklich geholfen, es wurden Prioritäten erarbeitet, die mein “Chaoskopf“ aber nicht hinbekommen hat.
Manchmal hab ich dann aus Wut über die Unfähigkeit doch mal was aufgeräumt.
Aber es herrschte keine Struktur mehr im Innen und Aussen. Und das ist wohl der Grund für die Blockaden.
DeShalb würde ich dazu raten an den Blockaden zu arbeiten.
Das schafft man oft tatsächlich nur mit Hilfe von aussen.
Bei mir hat es funktioniert.
Es herrscht etwas mehr Klarheit im Kopf, noch nicht so wie ich es mir Wünsche aber es ist ein Anfang.
Ich hatte dann einen Umzug Anfang dieses J. Zu bewältigen und dachte das ist mein Untergang. Zwangsläufig musste ich das Chaos irgendwie angehen. Das hat nur mit Unterstützung geklappt, gedanklich, moralisch und tatkräftig. Diese Unterstützung läuft bei mir über das “persönliche Budget“ für Behinderte, gibt's auch über Pflegegrad wie oben genannt, die Beantragung hat mich viel Überwindung gekostet und Nerven...
Hat sich dennoch gelohnt, zweimal die Woche wird jetzt an den Blockaden gearbeitet, mal NUR schriftlich sodass ich alles gedanklich besser einordnen kann. Aber auch natürlich praktischer Art. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe!

LG Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Antiope
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Antiope »

Hallo zusammen,
danke für die Teilnahme :)

Für mich fühlt sich der gesamte Themenkomplex so an, als ob ich schon könnte, d.h. als ob Energie dazu zur Verfügung stünde. (Ich hatte schon Phasen, während denen ich nicht mal mehr die Energie dazu gehabt habe oder keine Entschlussfähigkeit.)
Es ist jetzt eher so, als ob ich das Ziel nicht fokussieren könnte, als ob ich ob ich einen schweren Wagen mit viereckigen Rädern den Berg hoch schieben müsste.

Leider ist es so, dass das Erarbeiten von Prioritätenlisten, von Wochenarbeitsplänen und anderen Dingen nicht wirklich weiterhelfen. Theoretisch weiß ich es, ich bin auch engagiert und zum Zeitpunkt des Erstellens wirklich davon überzeugt, dass das klappt. Dass ich es diesmal hinbekomme. Selbst wenn nur kleine Schritte geplant worden sind, geht es nicht. Dazu ist das Chaos zu groß, die reale Umsetzung durch Hindernisse oder Schwierigkeiten beeinträchtigt und gestört.
NeulandCa
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von NeulandCa »

Hi Antiope,
ich kenne das mit der Aufschieberitis auch sehr gut.
Ich war einige Zeit krankgeschrieben mit meiner Depression und in der Zeit habe ich immer gedacht: Wie soll ich es schaffen, bald wieder zu arbeiten UND alles andere drumherum zu erledigen, das ich teilweise schon während der Krankschreibung nicht (mehr) geschafft habe...?
Inzwischen geht es besser und ein Punkt, der mir dabei mit geholfen hat ist folgender:
Du sprichst Prioritätenlisten und Arbeitspläne an.
So banal es klingt, ich habe mir ein paar immer wiederkehrende Aufgaben gesucht, zu denen ich mich oft überwinden muss (Hausputz, Aufräumen, Einkaufen, Wäsche waschen/bügeln, Blumen gießen, Post abarbeiten etc.), aber auch einige Sachen, die mir persönlich Spaß machen und auf die ich mich freue. Das kann alles an Hobbies sein, oder auch Freunde treffen, spazieren gehen und vieles mehr.
In einer App habe ich die wiederkehrenden Aufgaben mit einem (für mich) passenden zeitlichen Rhytmus gespeichert (z. B. alle 2 Wochen Aufräumen). Dazwischen lege ich mir aber auch immer Dinge, die Spaß machen. Und die trage ich auch in diesen Kalender ein (wichtig!). Das ist dann so eine Art von "ich tu etwas, das getan werden muss" und belohne mich danach mit Dingen, die ich gern mache. Klingt erst einmal komisch, aber es funktioniert erstaunlich gut.
Den Tipp habe ich übrigens von meiner Therapeutin... vielleicht hilft es Dir, ähnliche Pläne zu erstellen?

Ich drücke die Daumen, dass Du die Aufschieberitis in den Griff bekommst :)

LG
NeulandCa
anna54
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von anna54 »

Liebe Antiope
ich kenne alle diese Fallen auch,ich laufe auch immer wieder neu rein.
Habe ich endlich alles erledigt,fängt das ganze von vorn an.
Aber es gibt auch Zeiten,das geht "es einfach von der Hand",das erstaunt mich selbst.
Dann wieder Momente,da "fällt es mir aus der Hand",nichts will gelingen,ich schaffe das Chaos selbst.
Gelassenheit hilft mir,Pläne helfen manchmal,Hilfe von außen ist immer gut.
Blockarden,sich wie gelähmt füllen,am Sofa kleben,im Bett verkrochen,nicht in den Tag kommen.
Jeder kennt diese Zeiten.
Die Kunst der kleinen und großen Schritte hilft mir,gelingen die kleinen,versuche ich die größeren.
Verlieren im Scheitern,sich selbst bestrafen mit Vorwürfen und die Abwärtsspirale geht weiter.
Sei es dir wert,Hilfe zu holen,warum gibt es so viele "Haushaltshilfe auf Rezept"?
Weil der Bedarf so hoch ist,weil fast alle Menschen mit handfesten psychischen Probleme ihr Lebensumfeld nicht mehr meistern können.
Da ist jeder Handgriff nötig und kein Vorwurf,am wenigsten gegen einen selbst.
anna54
Antiope
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Antiope »

Jetzt habe ich unter sehr viel Druck einen Teil der Dokumente für den Steuerberater zusammengestellt und weitergegeben. Es war "eigentlich" ganz einfach - und doch hat es mich zwischen den beiden Polen "NEIN, ich will, kann nicht." und "Denk Dir nicht den Orkan zusammen, sondern tue es einfach." betonhart aufgespannt hat. Die Belohnung des Ganzen: es waren die falschen Dokumente. Also auch noch am nächsten Tag die richtigen Dokumente bereitstellen. Diesmal waren es die wirklich richtigen.

Danke Dir, anna54, für Deinen mitfühlenden Gedanken und Worte. Sie wärmen.

Und gleichzeitig tobt mein Brüllbär los. Hat aber nichts mit Dir zu tun.
Gelassenheit, so schön es auch klingt, geht bei mir da nicht. Weil ich im Scheitern steckenbleibe und das Zeug erledigt werden muss. Also zuerst alles zusammensuchen, prüfen auf Vollständigkeit, scheitern, scheitern, scheitern.

Haushaltshilfe auf Rezept? Nein, das hat bereits die KK letztes Jahr abgelehnt, es wird kein Bedarf gesehen. Außerdem: jeder ist halt mal ein Aufschieber, und das sei alles ganz normal, man müsse doch nicht alles so extrem dramatisieren.

Pläne helfen nicht, da ich nicht fähig bin, sie umzusetzen. Ich verliere mich im Ausführen, jeder kleine Schritt wird von Hindernissen bedrängt und muss das fallende Damoklesschwert des Scheiterns überwinden.

Die Selbstvorwürfe sind einfach da, weil ich weiß, dass das Step-by-Step durchführbar ist. Man müsste es nur aushalten wollen. Und weitermachen. Einfach immer nur gegen den Sisyphosstein ankämpfen.

Irgendwie komme ich mir vor, als müsste ich jedem beweisen, dass ich jeden noch so einfachen und einleuchtenden Plan, jedes vereinbarte Wochenziel mit aller Gewalt ins Scheitern sprengen kann.

Ach DsJweb, ich kann Deinem Spülberg einen Gesellschafter zur Seite stellen, damit er nicht so einsam ist ;)

Am Ende verstehe ich einfach nicht, wie das alles über die Jahre hinweg in diese Kampfstarre münden konnte und wie alle erworbenen Stärken und Umgangsweisen, Akzeptanz und stetes Bemühen abhanden kamen. Wie jetzt nichts mehr bleibt von der Widerstandskraft, die mich so viele Jahre immer wieder zurück über die Wasseroberfläche holten und mich fast oben hielten.
Aurelia Belinda
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Aurelia Belinda »

@ Antiope!
Ich stehe dir solidarisch bei.
Dein letzter Text könnte glatt von mir sein.
Das ewige scheitern geht einem eines Tages halt echt auf den Sender, und ob Wohl man weiss dass man es gelassen hinnehmen könnte, um es nicht noch schlimmer zu machen, gelingt das nicht immer ( bzw. Bei mir nicht mehr so als in anderen Zeiten ).
Das Verurteilen seiner selbst führt nur zu noch mehr Frust, oder Wut, und doch tut man es immer wieder!
Ich übe grade mich nicht ständig zu verurteilen, und über den Anspruch nachzudenken, haha, echt lustig. Meine Ansprüche sind doch sowieso Mini Ansprüche, noch mehr runterschrauben? Will ich das? Eigentlich nicht.
Es ist schon ein nur reduziertes Leben.
Und trotzdem fällt der Alltag so schwer.

Verschieben ist mein Steckenpferd :-)
Macht enorm viel Freude :-(
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Aurelia Belinda
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Aurelia Belinda »

NACHTRAG ZU VORHIN,

Vor allem dein drittletzter Absatz hat es mir angetan.
Egal wie ich es drehe und wende, egal wie arg ich mich bemühe, die altbewährten Strategien führen nicht mehr zu Erfolgen, sondern kosten nur noch mehr Kräfte.
Pläne hatten mal supergut funktioniert. Jetzt, Aus die Maus!!
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Aurelia Belinda
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Aurelia Belinda »

Yeah ihr beiden!
Ich bin auch dabei,
Alles mögliche an Geschirr steht bereit....
Ein anderer Teil schlummert in der Spülmaschine, natürlich dreckig, weil ich es nicht geschafft habe, diese heute zu machen, Fehlermeldung, Sieb verstopft, Wasser läuft nicht richtig ab.
Nöööö, musste mich ja heute ausruhen von gestern. Toll echt.!
Eigentlich müsste es nicht akute Aufschieberitis heissen, sondern chronische ( lebenslange )....:-) zumindest bei mir.
Auf, auf, zum fröhlichen Spülen
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Herr Keuner
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Herr Keuner »

Die gute Nachricht ist, dass das Gehirn an der "Aufschieberitis" Schuld ist. Ich wäre ja gern ganz anders, aber es läßt mich nicht! :mrgreen:

https://www.spektrum.de/news/aufschiebe ... rn/1586380
Ich kann nicht beeinflussen, was andere über mich sagen oder denken. Aber ich kann entscheiden, ob es mich interessiert oder nicht.
Libellule
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Libellule »

anna54 hat geschrieben: Sei es dir wert,Hilfe zu holen,warum gibt es so viele "Haushaltshilfe auf Rezept"?
Weil der Bedarf so hoch ist,weil fast alle Menschen mit handfesten psychischen Probleme ihr Lebensumfeld nicht mehr meistern können.
anna54
Gibt es das tatsächlich viel? Bzw wie stellt man das an? Meine Erfahrungen bzgl Bewilligung von Haushaltshilfe sind nicht so gut. Ist nicht als längerfristige Leistung gedacht, hat man mir bei der KK erklärt. Dass interessiert nur meine Depression nicht, die ist trotzdem ne ziemlich langwierige Sache ... Solange ich in der Klinik oder im Hometreatment war, gab es eine Hilfe, danach nur noch zwei Wochen ein paar Stunden (Die Ärztin hätte vier Monate sinnvoll gefunden ...).

Liebe Grüße an alle Aufschieber
Libellule
Antiope
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Antiope »

@DsJweb: ambulantes betreutes Wohnen kann vermutlich nicht umgehend umgesetzt werden. Möglicherweise muss man da auch in eine entsprechende Einrichtung umziehen? Anscheinend ist das bei uns nur im Seniorenwohnheim zu finden. Nun, beides ist nur ein Nebenaspekt des ganzen Komplexes.

Ich wäre mir auch nicht sicher, ob damit das Kernproblem gelöst werden würde: Anrufe tätigen, Routineaufgaben abarbeiten, eine Tagesstruktur diszipliniert zu leben, die Aufgaben auf der Arbeit erledigen, den Weg durch die Umorganisation des Bereiches durchzustehen und die Menge an Unsicherheiten auszuhalten.
Ich selbst stelle mir ständig ein Bein und bin nicht gewillt, die Folgen wie Scham, Schuld, Versagen zu akzeptieren.
Novvi
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Novvi »

Guten Abend,

Ich wollte kurz etwas zum ambulant betreuten Wohnen fragen. Beim ambulant betreuten Wohnen muss man nicht umziehen, sondern wird in seiner Wohnung aufgesucht. Das ambulant betreute Wohnen ist fùr menschen mit beeintràchtigungen, also auch fùr psychischen beeintràchtigungen. Verschiedene tràger bieten das fùr verschiedene menschen an u.a. auch fùr menschen mit psychischen beeintràchtigungen. Es ist eine sogenannte sgb ix leistung und hat in diesrm fall gar nichts mit altenheimen oder pflegeversicherung, die im sgb xii angesiedetelt sind. Am besten wàre du nimmst mal kontakt zum sozial psychiatrischen dienst auf, der kann dich da beraten. Allerdings ist eine ambulante betreuung keine haishaltshilfe. Es sind meistens sozialpàdagogen, die dich dabei unterstùtzen, deinen alltag besser zu gestalten und kònnen auch haushaltsplàne mit dir schreiben und oder dich dabei unterstùtzen weitere hilfen zu bekommen.

Gruß,novvi
Novvi
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Novvi »

Sorry mir ist ein fehler aufgefallen meinte natùrlich pflegeversicherung ist eine sgb xi leistung
DieNeue
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von DieNeue »

Hallo,

das ambulant betreute Wohnen habe ich auch. Dafür muss man nicht umziehen, sondern der/die Betreuer/in kommt zu einem nach Hause, deswegen heißt es auch "ambulant". Und es ist definitiv keine Haushaltshilfe und auch kein Fahrdienst.
Ich habe schon immer mal wieder mit meiner Betreuerin die Wohnung geputzt - aber gemeinsam! Wenn es mir richtig akut schlecht ging, hat sie mal für mich eingekauft oder grob aufgeräumt. Sie meinte auch mal, dass sie bei einem Klienten, der in einer Psychose die ganze Wohnung auf den Kopf stellt, da auch erstmal aufräumt. Es kommt halt immer drauf an, wie fit man ist und wie akut die Sitution ist. Die Regel ist allerdings, dass, wenn man das macht, man das gemeinsam macht. Das ambulant Betreute Wohnen für psychisch und suchtkranke Menschen läuft über den Bezirk, nicht über die Krankenkasse. Also wer sowas in die Richtung brauchen könnte, aber bei der KK auf taube Ohren stößt, kann sich an den Sozialpsychiatrischen Dienst wenden. Darüber läuft die Antragstellung, finanziert wird es dann vom Bezirk.

Wenn man seinen Haushalt, Putzen usw. tatsächlich kräftemäßig, antriebstechnisch o.ä gar nicht mehr hinkriegt, braucht man tatsächlich eine Haushaltshilfe. Da kann man z.B. einen Pflegegrad beantragen und sich von dem Geld, das man bei Pflegegrad 1 bekommt, eine Haushaltshilfe finanzieren. Inwieweit man auch über das Persönliche Budget eine Haushaltshilfe bekommen kann, weiß ich nicht, aber das könnte man auch mal nachschauen, ob das möglich wäre.

Was das nicht gespülte Geschirr angeht, wäre ich dafür, dass sich unsere Teller und Tassen mal treffen, eine Selbsthilfegruppe für dreckiges Geschirr gründen und dann lernen sollten, sich selbst zu reinigen. ;)
Mein Geschirr ist auch noch sehr unselbstständig und wartet darauf, dass ich ihm helfe, in die Spülmaschine zu klettern. ;)

Liebe Grüße,
DieNeue

P.S. Ein "ambulanter Betreuer" ist übrigens auch was anderes als ein "rechtlicher Betreuer". Man gibt keine Verantwortung an den ambulanten Betreuer ab, man entscheidet frei, darf alles selber unterschreiben, der Betreuer darf nicht für einen unterschreiben etc. Man wird dadurch nicht entmündigt.
Luca0405
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Luca0405 »

Hallo Antiope,
kann mich hier auch einreihen. Mir fällt die kleinste Tätigkeit schwer. Bin wie blockiert seit langem. Kraftlos und leer. Unfähig geringste Aufgaben zu erledigen. Bevor mein Hund bei mir einzog habe ich ganze Wochen fast nur im Bett verbracht. Mit ein paar Seitenwechseln ab und an. Eventuell mit Unterbrechungen auf der Couch.
Stehe auch teilweise wie blöd in der Wohnung rum, weil ich vergessen hab, was ich vor 3 Sekunden eigentlich wollte... ...wenn ich dann an drei andere Dinge denke fällt mir das zuvor vergessene zum Teil wieder ein. Dafür habe ich dann zwei weitere Sachen wieder vergessen.
Durch meine kleine Fellnase habe ich nun schon mal einen sehr guten Grund überhaupt aufzustehen. Er gibt mir so viel und ich möchte ihm natürlich gerecht werden und entsprechend viel zurück geben. Also: aufstehen, nötigste Grundversorgung meiner einer, rausgehen, Tagesrhythmus entwickeln und möglichst einhalten, etc. pp . Da lässt sich zum Glück nicht viel aufschieben. Beste Therapie für mich.
Ansonsten habe ich gerade Magenkrämpfe vor dem morgigen Tag bzw. nachher. Schornsteinfeger kommt zur Inspektion der Gastherme. Hatte den Termin schon um 3 Tage verschieben können - mehr war nicht drin.
Habe Probleme mit Fremden. Vorallem in meiner Wohnung. Fühlemich sehr unwohl dabei und würde den am liebsten gar nicht reinlassen. Zweite Problem: Therme hängt in der Küche. Schlimmste Raum meiner Wohnung. Lager für Alles, was anderswo im Weg stand inkl. Wäsche-/Spülberg, Kartons... Wollte das heute/gestern freischaufeln, damit der 'Glücksbringer' -juchuu- da überhaupt rein- und an die Therme drankommt. Hatte aber einfach nicht die Kraft dafür. Packe gleich einiges um und lasse liegen, was ich nicht schaffe. Soll der Typ mich doch schräg anschauen... nichts Neues.
Zum Papierkrieg: War für mich vor Jahren nie ein Thema. Die Tage wurde ein simpler Vordruck der Krankenkasse, medizinischer Dienst, für mich fast zum Problem..
Könnte auch gerade wieder heulen. Verstehe auch nicht wie es so weit kommen konnte. Aber ich arbeite dran. Stück für Stück. Dauert nur ewig.
Grosse Pläne erstellen hilft mir übrigens auch nicht. Die frustrieren mich eher, da ich ja eh kaum was davon schaffe. Lebe (und agiere somit) von Tag zu Tag.
Hilfreich: der Thread 3-gute-Dinge-des-Tages. Gut als Tagesrückblick um zu zeigen, dass doch nicht alles schlecht war. Schreibe mir das auch auf oder gehe es gedanklich durch als Selbstbestätigung. Aufschreiben ist besser besonders fürTage, an denen gar nichts läuft. Ansonsten: mein Hund, lange Spaziergänge, Musik hören und möglichst bald wieder regelmäßig selbst machen. Zur Zeit noch schwierig da vor allem die Konzentration fehlt.
Zuletzt geändert von Luca0405 am 21. Okt 2021, 04:07, insgesamt 1-mal geändert.
Luca0405
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Luca0405 »

@ dieNeue: "Was das nicht gespülte Geschirr angeht, wäre ich dafür, dass sich unsere Teller und Tassen mal treffen, eine Selbsthilfegruppe für dreckiges Geschirr gründen und dann lernen sollten, sich selbst zu reinigen. 
Mein Geschirr ist auch noch sehr unselbstständig und wartet darauf, dass ich ihm helfe, in die Spülmaschine zu klettern. "

Das hätte ich auch gern -die Gruppe und die Spülmaschine- !!! :-D
Libellule
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Libellule »

Hallo in die Runde,
danke für die Erklärungen zum ambulanten betreuten Wohnen etc. Ich hab das hier schon ab und zu gelesen, konnte mir aber nicht so genau was drunter vorstellen. Ich hab da das Gefühl, dass es mir dafür nicht schlecht genug geht (momentan geht es zum Glück eh ganz gut, aber auch in den schlimmeren Phasen). Und ich lebe auch nicht allein, sondern habe Mann und Kinder.
Auch beim Pflegegrad bin ich unsicher. Da macht mir wahrscheinlich auch schon allein der Gedanke an einen entsprechenden Antrag usw Angst. Aber ich behalte es mal im Hinterkopf, wenn es mal wieder ganz schlecht gehen sollte ... Danke für den Hinweis!
Liebe Grüße
Libellule

PS Die Selbsthilfegruppe fürs Geschirr klingt prima ;)
Antiope
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Antiope »

Selbsthilfegruppe Geschirr: mir geht es um das gespülte Geschirr ...
Ambulant betreutes Wohnen: bei uns im Landkreis gibt es nur das Seniorenwohnheimmodell und das betreute Wohnen für schwer körperbehinderte Menschen in entsprechenden Wohnkomplexen mit Wohngruppen.
Psychische kranke Menschen kommen nicht vor. So sieht es das Landratsamt. Und, wie gesagt, auch die Krankenkasse sieht keinen Bedarf dafür. Den sozialpsychiatrischen Dienst muss ich selbst bezahlen, pro Stunde ca 90 EUR plus Fahrtkosten (15 EUR). Das übernimmt die Krankenkasse nicht und auch nicht das LRA.

@Luca45: da kann ich einiges nachvollziehen, was Du da schreibst. Fremde in Wohnung lassen: nein, geht bei mir nicht mehr.
Dinge vergessen: da helfen nur die größeren Post-its. Das Gute daran: sie sind nicht so groß, dass viele Einzelpunkte drauf passen.
Aurelia Belinda
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Aurelia Belinda »

Heute kommt Küche Teil 3-dran.
Ist halt doof wenn meine Betreuerin nochmal mit mir kochen mag und die Küche sieht noch immer aus wie ein Schlachtfeld, kommt nicht so gut! :-(
Und das alles nur weil die Spülmaschine Fehlermeldung angezeigt hat, und ich nicht in der Lage bin das zu beheben.
Weder gedanklich noch körperlich. Keine Ahnung was grade das größere Übel davon ist.
Habe halt jetzt um den einen Berg, drumherum wieder gestapelt, und irgendwas versucht weg zu spülen, kam aber neues dazu, der Rest in der Maschine.....trau mich nicht aufmachen.
Müll stapelt sich auch, ich verStehe mich selbst nicht mehr ganz, obwohl ich regelmäßig Müll runter bringe, häuft sich in kurzer Zeit wieder soviel an dass ich gefühlt nicht hinterher komme.
Irgendwer hat gepostet, es geht um das saubere Geschirr, jepp....Das verstellt mir auch immer die Sicht auf meine schöne Küche, anstatt dass es in den Schränken verschwindet.

Eine SHG? Coole Idee.
Wenn wir genügend Mitglieder haben, können wir Spenden sammeln und uns vielleicht einen “nackten Putzmann“ bestellen damit etwas Freude und Abwechslung ins Leben kommt. :-)
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
DieNeue
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von DieNeue »

@ Antiope:
Antiope hat geschrieben:Den sozialpsychiatrischen Dienst muss ich selbst bezahlen, pro Stunde ca 90 EUR plus Fahrtkosten (15 EUR). Das übernimmt die Krankenkasse nicht und auch nicht das LRA.
Ich weiß nicht, was das für ein Dienst ist, aber eine Beratung beim Sozialpsychiatrischen Dienst ist IMMER kostenlos. Schau mal hier:
https://www.betanet.de/sozialpsychiatri ... ienst.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Gertrud Star
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Gertrud Star »

Moin,
ja mein Geschirr gesellt sich dann auch gerne zu eurem dazu, und meine verstaubten Möbel auch.
Da kann sich ja mein Wohnzimmerschrank gerne mal mit einem anderen unterhalten, wie das mit dem Entstauben geht. Scheinbar nimmt mein Geschirr eine Sonderrolle ein, das kennt nämlich keine Spülmaschine.

Das ambulant betreute Wohnen oder auch betreute Einzelwohnen genannt, ist eine Unterstützungsform für zuhause im Unterschied zu betreuten WGs und Heimen.

Stimmt, in Bayern stellt man den Antrag bei den jeweiligen Regierungsbezirken (nicht zu verwechseln mit Stadtbezirken in Großstädten). Die Landeshauptstadt München ist dabei wohl eine Ausnahme, zumindest kenne ich es so.
Es gibt in den anderen Bundesländern andere Kostenträger. Das dürfte man im Internet finden, oder die Beratungsstellen wissen das (oder auch nicht).

Gruß
Antiope
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von Antiope »

Es ist wirklich der sozialpsychiatrische Dienst des Landkreises. Die Daten für die Hilfe (nicht die Beratung) sind nicht fiktiv, sondern real, nämlich genau das, was ich für die Hilfe bezahlt hatte.
Gut möglich, dass die gesamten Rahmenbedingungen Sache und Entscheid des jeweiligen Land- oder Stadtkreises sind und nicht übertragbar.

@Aurelia: Spülmaschine ... Was bedeutet konkret "nicht in der Lage sein, den Fehler zu beheben"? Nicht starten können, überfordert sein, ... oder etwas anderes? Hast Du eine Bedienungsanleitung, die verständlich genug ist und Dir in Bildern zeigt, was zu tun ist? Würde das helfen?
anna54
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Re: Akute Aufschieberitis

Beitrag von anna54 »

Hallo Antiope
das ist mir nicht bekannt,dass man den sozialpsychiatrischen Dienst bezahlen muss.
Wer soll sich das leisten können?!
Meine kranke Schwester hatte verschiedene Hilfen,dazu kam eine Haushaltshilfe,die ausdrücklich nur Aufräumen und Putzen machte.
Alle Hilfen kamen über den sozialen Dienst.
Allerdings war sie sehr schwer an einer Psychose erkrankt.
Liebe Grüße
anna54
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