Endogene Depression

Catalie
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Endogene Depression

Beitrag von Catalie »

Hello,
bräuchte mal Input. Heute Termin bei meiner Psychiaterin, von der ich eigentlich überzeugt bin, sie ist der Meinung, dass es sich bei mir um eine endogene Depression handelt, auch meine Therapeutin geht jetzt nach einiger Zeit der Therapie und Ursachensuche für meinen Zustand, davon aus, dass es sich bei mir um eine endogene Form der Depression handeln könnte. Soweit kann ich zustimmend mitgehen. Ich habe nach kurzer Zeit mit wirkungslosem Citalopram und ein mich verückt-machendem Versuch mit Elontril für mich beschlossen, dass ich es doch erst ohne Medikamente versuchen möchte. Darüber habe ich heute also versucht mit der Psychiaterin zu sprechen, sie sagt aber, bei einer endeogenen Depression sein Medikamente unumgänglich und sie möchte einem weiteten Versuch wagen, solange bis wir das für mich passende gefunden haben.
Wie sind eure Erfahrungen? Hat man eine Chance bei leichter-mittelschwerer Episode nur mit Verhaltenstherapie da wieder raus zu kommen?

Ich werde natürlich auch noch mit meiner Therapeutin darùber sprechen, aber gerade lässt mich das nicht zur Ruhe kommen...

Danke

LGC
Gartenkobold
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Gartenkobold »

Hallo Catalie,

ich habe mehrere Diagnosen, aber auch eine mittel- manchmal auch ausgeprägtere Depression und ein somatisches Syndrom (ähnlich der Klassifikation endogene Depression) und mir helfen Medikamente. Es hat aber mehrere Anläufe gebraucht, bis die richtigen gefunden waren. Und sie helfen nicht sehr gut, was an den anderen Diagnosen liegt, aber doch, so dass ich auch Nebenwirkungen in Kauf nehmen kann.
Ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Ich habe es auch mal eine zeitlang ohne versucht, doch das ging nicht lange gut.
Am besten einfach ausprobieren. Ein anderes Medikament oder auch mal eine Zeit ohne und "nur" Therapie. Keiner kann Dich zur Medikamenteneinnahme zwingen. Ich habe die AD-Ausprobiererei und den erneuten Beginn damit mitgemacht, weil ich davon überzeugt war, dass mir das hilft.
Vorher musste es auch eine Phase ohne Medikamente geben, in der ich festgestellen konnte, das ich diese (noch) brauche.

LG Gartenkobold
avelarte
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Re: Endogene Depression

Beitrag von avelarte »

Hallo Catalie,

ich habe auch eine endogene Depression, allerdings in den akuten Phasen sehr schwer. Bei mir hat nur eine biochemische (mit einem Medikament, war bei der ersten Episode der Fall) bzw. eine biophysikalische (EKT bei der zweiten und der dritten Episode) Intervention geholfen. Eine Psychotherapie bringt mir überhaupt nichts, da sich der aus dem Gleis geratene Hirnstoffwechsel nur mit den o. g. Maßnahmen wieder ins Gleichgewicht bringen lässt. Sobald es mir wieder besser geht, betreibe ich selbst genügend Psychohygiene, so dass eine Psychotherapie nicht erforderlich ist.

Alles Gut für Dich und besten Gruß
avelarte
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Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

Hallo,

Ich wundere mich ehrlich gesagt, daß der Begriff „endogene Depression“ immer noch in Gebrauch ist.

Wissenschaftlich wird der Begriff längst nicht mehr benutzt, die WHO spricht heute von depressiver Episode, rezidivierenden, anhaltenden oder bipolaren affektiven Störungen.

Leben Eure Therapeuten, mal übertrieben formuliert, alle noch hinter dem Mond? ;)

Liebe Grüße

Jane
avelarte
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Re: Endogene Depression

Beitrag von avelarte »

Jane Eisklar hat geschrieben:Wissenschaftlich wird der Begriff längst nicht mehr benutzt, die WHO spricht heute von depressiver Episode, rezidivierenden, anhaltenden oder bipolaren affektiven Störungen.

Leben Eure Therapeuten, mal übertrieben formuliert, alle noch hinter dem Mond? ;)
Nein, aber bin froh, dass sie es so sehen. Ich finde die heutige Klassifizierung nicht sehr zielführend, weil bei einer endogenen Depression die Symptome ganz anders sein können als bei einer exogenen Depression. So wird meine Depression immer als atypisch eingestuft, obwohl sie endogen im reinsten Sinne ist. Mir zum Beispiel hilft eine Psychotherapie überhaupt nicht.

Gruß
avelarte
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Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

avelarte hat geschrieben:
Jane Eisklar hat geschrieben:Wissenschaftlich wird der Begriff längst nicht mehr benutzt, die WHO spricht heute von depressiver Episode, rezidivierenden, anhaltenden oder bipolaren affektiven Störungen.

Leben Eure Therapeuten, mal übertrieben formuliert, alle noch hinter dem Mond? ;)
Nein, aber bin froh, dass sie es so sehen. Ich finde die heutige Klassifizierung nicht sehr zielführend, weil bei einer endogenen Depression die Symptome ganz anders sein können als bei einer exogenen Depression. So wird meine Depression immer als atypisch eingestuft, obwohl sie endogen im reinsten Sinne ist. Mir zum Beispiel hilft eine Psychotherapie überhaupt nicht.
Hi,

Es ist Dein gutes Recht, etwas zu mögen oder nicht zu mögen. Wissenschaftlich korrekt ist die alte Klassifizierung allerdings nicht, weshalb sie auch nicht mehr gültig ist.

Das „außen“ und „innen“ läßt sich nicht trennen, es geht ineinander über. Und dass Dir Psychotherapie nichts bringt, kann alle möglichen Gründe haben.

Beispiel aus einem ganz anderen, aber sehr aktuellen Bereich: Das Coronavirus kommt unzweifelhaft von außen. Es dringt in den Körper des Menschen ein. Die Folgen entstehen durch das Innere im Menschen, durch die Beschaffenheit des menschlichen Körpers. Bei Tieren zum Beispiel ist die Beschaffenheit trotz vieler Gemeinsamkeiten anders, weshalb für diese Lebewesen Corona nicht diese Gefährlichkeit besitzt wie bei uns Menschen.

Liebe Grüße

Jane
Bittermandel
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Bittermandel »

Hallo zusammen

Ich finde das Thema sehr spannend. Und ich sammle Informationen. Bleiben wir einfach bei der alten Bezeichnung endogene Depression. Da tun wir uns leichter und die meisten wissen was gemeint ist.

Ich habe bei mir schon lange den Eindruck das meine Depression im wahrsten Sinne des Wortes von innen kam. Ich habe nach der Geburt sehr viel Blut verloren und hätte beinahe eine Transfusion gebraucht. Ich hatte damals schon das Gefühl, dass irgendwas in meinem Gehirn kaputt gegangen ist. Dieser Gedanke ist mir quasi blitzartig durch den Kopf geschossen. Was ich dann mit der Depression mitgemacht habe war grauenvoll. Zum Teil war mein Geruchssinn völlig weg oder das Gras war nicht grün sondern grau. Ich kam mir vor wie eine Irre. Dann habe ich im Kopf immer meinen Namen abgespült um ihn nicht zu vergessen. Oder mich ermahnt mich normal zu verhalten. Und immer der Gedanke etwas ist in meinem Gehirn kaputt gegangen. Das Thema könnte ich nie rüber bringen. Die Ärzte haben da nur abgewunken.

Heute nehme ich dauerhaft ein AD und zum Schlafen ein Neuroleptikum das funktioniert sehr gut. Morgens der Antrieb und Abends etwas um das Gehirn abzuschirmen. Ich merke, dass mein Gehirn ohne Neuroleptikum quasi hyperaktiv reagiert und nicht zur Ruhe kommt.

Mit den Psychotherapien komme ich auch nicht so klar. Dafür hatte mir vor Jahren eine Behandlung zum Blockaden lösen sehr geholfen. Ich war sehr lange gut drauf und fühlte mich wohl.

Ich wüsste gerne ob man im MRT vielleicht Abweichungen im Gehirn erkennen kann. Das ich eine Veranlagung zu Depressionen habe eben angeboren da bin ich mir ziemlich sicher.

Vielleicht hat jemand eine Idee.

Liebe Grüße Bittermandel
Gartenkobold
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Gartenkobold »

Hallo Bittermandel,

eine Freundin ist Radialogin und hat ihre Diss. zum Thema geschrieben.
Ich hatte dann auch ein MRT, eigentlich fürs Auge, doch das Gehirn war mit drauf und ich habe sie gefragt.
Sie sagt, man sieht bei einer Depression keine Veränderung im Schädel-MRT.

Und selbst wenn man eine sehen würde, ist ja noch nicht bewiesen, dass diese von einer Depression verursacht wird.
Den direkten Zusammenhang nachzuweisen ist wohl sehr schwer.

LG Gartenkobold
Bittermandel
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Bittermandel »

Liebe Gartenkobold

Danke für deine Antwort. Ich denke auch das ein MRT noch nicht aussagekräftig ist. Es ist die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. So kompliziert sind Depressionen. Das macht mich manchmal mürbe. Ich werde mir die Bioresonanz Mal ansehen. Meine Freundin hat mir den Tipp gegeben. Und durch das Forum habe ich einiges über die Krankheit gelernt. Und ich achte mehr auf meine Bedürfnisse.

Liebe Grüße Bittermandel
Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

Bittermandel hat geschrieben:Hallo zusammen

Ich finde das Thema sehr spannend. Und ich sammle Informationen. Bleiben wir einfach bei der alten Bezeichnung endogene Depression. Da tun wir uns leichter und die meisten wissen was gemeint ist.

Liebe Grüße Bittermandel
Hallo Bittermandel,

Was meinst Du mit „Wir“? Ist das hier ein Club von Betroffenen, der sich einen Dreck schert um den aktuellen Standard der Wissenschaft?

Ich finde das reichlich verwegen und unakzeptabel. Vor allem der Begriff „endogen“ ist doch im Grunde schon diskriminierend, weil es die Depression allein dem Individuum anlastet. Dabei wissen wir doch oder sollten es wissen, daß eine ganze Palette von Faktoren auf die Entstehung und den Verlauf einer Depression Einfluss nehmen.

Ich bin ehrlich gesagt sehr irritiert über Deine Aussage.

Liebe Grüße

Jane
Bittermandel
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Jane

Du brauchst nicht pampig und ausfallenden werden. Die neue Bezeichnung kann ich mir nicht merken und anderen mag es ähnlich gehen.

Die Depressionen haben verschiedene Ursachen durchaus auch körperlicher Art. Die Zusammenhänge sind noch völlig unklar.

Und dich bitte ich deinen Tonfall zu mäßigen. Du brauchst mir nicht über den Mund zu fahren, damit das klar ist.

Bittermandel
Bittermandel
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Bittermandel »

Nachtrag an Jane

1. Ja wir sind ein Forum für Menschen mit Depressionen jedweder Art.

2. Depressionen können körperliche Ursachen haben z. B. Schilddrüse oder Autoimmunerkrankungen und ich kenne keinen der sich da durch diskriminiert fühlt.

3. Wenn du jedes Wort auf die Goldwaage legst ist das dein Problem. Und ganz sicher nicht meins.

Guten Tag
Ein Sommertag
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Ein Sommertag »

Soweit ich weiß ist der Fall Begriff der endogenen Depression durch eine bio- psycho- soziale Sichtweise ersetzt worden, weil man eben herausgefunden hat, dass eine Depression nie nur durch eine Ursache bedingt ist/ aufrechterhalten wird.

Ich habe mal jemanden gekannt, dem eine endogene Depression diagnostiziert wurde und ich habe da in seinem Umfeld, in seinem Verhalten so viel im Argen liegen sehen, dass ich mich gefragt habe, ob man da als Fachkraft nur nicht richtig hinschauen wollte?

Ein Professor der Psychologie, bei dem ich viel studiert habe, hat mal gesagt, er würde nie einen Patienten als austherapiert bezeichnen, weil er ja nicht wisse, ob ihm nicht ein anderer Therapeut, auch wenn es erst der 100ste ist, doch helfen könne.
Analog dazu denke ich, dass es schwierig ist, zu sagen, dass einem Psychotherapie nicht hilft, weil man ein paarmal keinen Erfolg hatte...
Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

Bittermandel hat geschrieben:Hallo Jane

Du brauchst nicht pampig und ausfallenden werden. Die neue Bezeichnung kann ich mir nicht merken und anderen mag es ähnlich gehen.

Die Depressionen haben verschiedene Ursachen durchaus auch körperlicher Art. Die Zusammenhänge sind noch völlig unklar.

Und dich bitte ich deinen Tonfall zu mäßigen. Du brauchst mir nicht über den Mund zu fahren, damit das klar ist.

Bittermandel
Hallo Bittermandel,

Es tut mir leid, wenn ich Dich gekränkt haben sollte. Das war überhaupt nicht meine Absicht.

Wenn Du Dir nochmal genau meinen Beitrag anschaust, wirst Du sehen, daß ich Dich nur einmal persönlich angesprochen habe: „ Ich bin ehrlich gesagt sehr irritiert über Deine Aussage.“. Für mich ist das nun wirklich nichts Kränkendes, das gehört zu einer Diskussion, daß man nicht nur Süßholz raspelt, sondern schlicht seine Meinung sagt.

Liebe Grüße

Jane
Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

Ein Sommertag hat geschrieben:Soweit ich weiß ist der Fall Begriff der endogenen Depression durch eine bio- psycho- soziale Sichtweise ersetzt worden, weil man eben herausgefunden hat, dass eine Depression nie nur durch eine Ursache bedingt ist/ aufrechterhalten wird.
Hallo Sommertag,

Genauso ist es. Danke für die Richtigstellung!


Liebe Grüße


Jane
Bittermandel
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Jane

Danke für deine Antwort. Ich bin dir nicht Gram. Schreibe vielleicht nochmals die neue Definition auf. Ich kann mir durch die Depression manches nicht sofort merken. Früher war das ganz anders.

Liebe Grüße Bittermandel
avelarte
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Re: Endogene Depression

Beitrag von avelarte »

Jane Eisklar hat geschrieben:Das „außen“ und „innen“ läßt sich nicht trennen, es geht ineinander über. Und dass Dir Psychotherapie nichts bringt, kann alle möglichen Gründe haben.
Es ist eben NICHT in jedem Fall so. Als ich Ende 2010 die zweite schwere Episode bekam, gab es KEIN AUSSEN bzw. dies hat keine Rolle gespielt. Damals war mein Leben rundherum in Ordnung – ich war mit der Arbeit sehr zufrieden, hatte eine erfüllende Beziehung und angenehme Freizeitaktivitäten. Und trotzdem ist es passiert, einfach aufgrund der Tatsache, dass der Hirnstoffwechsel wieder entgleist war.

Hier einige Zitate aus einem Artikel von Prof. Hegerl, der zu den führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Depressionsforschung gehört und definitiv kenntnismäßig nicht hinterm Mond lebt:

Eine Reihe von Studien zeigt jedoch, dass negative Lebensereignisse als Ursache oder Auslöser einer Depression deutlich überschätzt werden.

Oft ist beim besten Willen auch für den Betroffenen kein Auslöser zu erkennen.

Ob man eine Depression bekommt oder nicht, hängt in hohem Maße von der Veranlagung ab. Die kann genetisch bedingt sein oder auch erworben, zum Beispiel durch Traumatisierungen oder Missbrauchserfahrungen in der Kindheit.


Bei mir ist das Ganze in starkem Maße genetisch bedingt (mein Vater hatte die gleiche Art von Depression, was ich aber erst begriffen habe, als ich selbst 2006 das erste Mal krank wurde), und ob man es nun als endogen bezeichnet oder "dem Kind einen anderen Namen gibt", ist sekundär.
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Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

avelarte hat geschrieben:
Jane Eisklar hat geschrieben:Das „außen“ und „innen“ läßt sich nicht trennen, es geht ineinander über. Und dass Dir Psychotherapie nichts bringt, kann alle möglichen Gründe haben.

Hier einige Zitate aus einem Artikel von Prof. Hegerl, der zu den führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Depressionsforschung gehört und definitiv kenntnismäßig nicht hinterm Mond lebt:

Eine Reihe von Studien zeigt jedoch, dass negative Lebensereignisse als Ursache oder Auslöser einer Depression deutlich überschätzt werden.

Oft ist beim besten Willen auch für den Betroffenen kein Auslöser zu erkennen.

Ob man eine Depression bekommt oder nicht, hängt in hohem Maße von der Veranlagung ab. Die kann genetisch bedingt sein oder auch erworben, zum Beispiel durch Traumatisierungen oder Missbrauchserfahrungen in der Kindheit.


Bei mir ist das Ganze in starkem Maße genetisch bedingt (mein Vater hatte die gleiche Art von Depression, was ich aber erst begriffen habe, als ich selbst 2006 das erste Mal krank wurde), und ob man es nun als endogen bezeichnet oder "dem Kind einen anderen Namen gibt", ist sekundär.
Hallo Avelarte,

da gebe ich Dir natürlich Recht, dass jeder Einzelfall anders ist, wir sind ja unterschiedliche Individuen.

Und Diagnosen sind ja auch eher etwas für Krankenkassen, damit sie Krankheiten und die Behandlung besser einordnen und abrechnen können. Wie Du schon schreibst, das Kind muß einen Namen haben. Jeder Betroffene sollte Abstand davon nehmen, "seine" Diagnose zum Hauptberuf zu machen, so heißt es unter anderem in Beitragen, die ich mir hier mal erlaube zu verlinken, weil ich die Aussagen dort als sehr klar und zugleich sehr tiefgreifend einschätze. Hier wird ein ebenfalls bekannter Psychiater, Prof. Dr. Gonther, interviewt, der eine völlig andere Position vertritt als Prof. Hegerl. Sicher hat nicht nur der eine oder andere Recht, aber man sollte offen sein und bleiben für Alternativen.

Teil 1: https://youtu.be/JxHuab3T3ec" onclick="window.open(this.href);return false;

Teil 2: https://youtu.be/uCbu5vSkzoE" onclick="window.open(this.href);return false;

Aber: speziell was die frühere Diagnose "endogene Depression" betrifft, halte ich sie als sehr unglücklich gewählt, weil sie die Entstehung der Depression allein auf den Erkrankten abschiebt. Das führt dann doch dazu, muss dazu führen, dass man als depressiver Mensch, der krankheitsbedingt sowieso oft genug zutiefst von Schuldgefühlen gequält wird (eigene Erfahrung), sich noch schuldiger fühlt, wenn die Entstehung der Erkrankung allein auf das Individuum zurückfällt.

Allein deswegen finde ich die, ich sag mal, neutralere Diagnose "depressive Periode" einfach passender.



Liebe Grüße

Jane
zickenbert
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Re: Endogene Depression

Beitrag von zickenbert »

Guten Morgen zusammen,

Über diese Beiträge bin ich wirklich sehr dankbar, weil mich dieses Thema sehr beschäftigt. Nach vielen Jahren der Behandlung wurde ja auch bei mir ein chronischer Verlauf der Depression diagnostiziert. Und nach allem was ich nun lese, ist es auch fast schon normal, dass bei mir die Psychotherapie nicht viel bringt. Meine Psychiaterin sagte mal, dass ich vermutlich sehr lange bis für immer Medis nehmen muss.
Allerdings habe ich große Probleme die Krankheit an zu erkennen. Und da spiegeln sich bei mir Eure Schilderungen wieder. Denn die Depression kommt irgend wie in Wellen. Ganz weg ist sie nie. Aber zb letzte Woche war es wieder sehr extrem. Nur wenn es wieder etwas besser läuft, dann neige ich dazu mein Sertralin ab zu setzen. So war ich jetzt ein halbes Jahr ohne Medikamente, aber die ständigen Angstzustände, keine Panikatatacken, nehmen von Tag zu Tag zu und werden sogar für meinen Beruf zum Problem. Es ist so dass die Depression, so wie bei einigen von Euch wochenlang unterschwellig da ist. So als wollte sie sagen, sei nur nicht so fröhlich, bald bin ich wieder voll da. Und sollte ich dann auch mal für einen Moment unbeschwert sein, denke ich im nächsten Moment schon wieder an das Unheil das bald wieder stärker wird. So las wollte ich mir selbst verbieten glücklich zu sein. Nun beginne ich nach Rücksprache hält wieder mit dem Einschleichen von Sertralin und zugleich hasse ich mich dafür.
Das schlimmste ist, dass die Depression manchmal nur leicht da ist, niemals ganz weg, und ich mich frage ob es gerechtfertigt ist deshalb so zu Jammern. Also das frage ich mich. Auf keinen Fall spreche ich da Euch an. Aber auf der anderen Seite ist es ja schon seit Jahren so, dass auch ich mich komplett zurück gezogen habe. Auch mit wirklich niemandem darüber reden kann. Selbst mit meinem Psychologen nur bedingt. Zumal ich da hin fahre, und danach denke, die Zeit hätte ich mir sparen können.

Also einfach mal danke an Euch für dieses Thema. Irgendwie hilft mir Eure Erfahrung mit dieser Art der Depression.

Lh
avelarte
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Re: Endogene Depression

Beitrag von avelarte »

Jane Eisklar hat geschrieben:Aber: speziell was die frühere Diagnose "endogene Depression" betrifft, halte ich sie als sehr unglücklich gewählt, weil sie die Entstehung der Depression allein auf den Erkrankten abschiebt. Das führt dann doch dazu, muss dazu führen, dass man als depressiver Mensch, der krankheitsbedingt sowieso oft genug zutiefst von Schuldgefühlen gequält wird (eigene Erfahrung), sich noch schuldiger fühlt, wenn die Entstehung der Erkrankung allein auf das Individuum zurückfällt.
Das sehe ich überhaupt nicht so. Wenn ich eine somatische Erkrankung habe (z. B. wurde bei mir eine – zum Glück noch leichte – Form von MS festgestellt), gebe ich mir doch dafür auch nicht die Schuld. Ich bin natürlich traurig, dass mir mein Vater gerade diese Veranlagung vererbt hat, sehe das aber wie eine somatische Erkrankung an, an der ich keine Schuld trage. Ich gehe in meinem Umfeld auch ganz offen mit meiner Erkrankung um.

Besten Gruß
avelarte
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Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

avelarte hat geschrieben:
Jane Eisklar hat geschrieben:Aber: speziell was die frühere Diagnose "endogene Depression" betrifft, halte ich sie als sehr unglücklich gewählt, weil sie die Entstehung der Depression allein auf den Erkrankten abschiebt. Das führt dann doch dazu, muss dazu führen, dass man als depressiver Mensch, der krankheitsbedingt sowieso oft genug zutiefst von Schuldgefühlen gequält wird (eigene Erfahrung), sich noch schuldiger fühlt, wenn die Entstehung der Erkrankung allein auf das Individuum zurückfällt.
Das sehe ich überhaupt nicht so. Wenn ich eine somatische Erkrankung habe (z. B. wurde bei mir eine – zum Glück noch leichte – Form von MS festgestellt), gebe ich mir doch dafür auch nicht die Schuld. Ich bin natürlich traurig, dass mir mein Vater gerade diese Veranlagung vererbt hat, sehe das aber wie eine somatische Erkrankung an, an der ich keine Schuld trage. Ich gehe in meinem Umfeld auch ganz offen mit meiner Erkrankung um.

Besten Gruß
avelarte
Hallo avelarte,

Ich glaube, Du hast mich mißverstanden. Verstandesmäßig weiß ich natürlich auch, das ich keine Schuld habe an meinem Handicap. Das Gefühl sagt mir allerdings das Gegenteil. Das sind zwei verschiedene Ebenen.

Aber jeder Mensch ist ein Individuum, und wenn das bei Dir so ist, wie Du es beschreibst, freue ich mich für Dich. Ich würde viel dafür geben, wenn es bei mir auch so wäre.

Liebe Grüße

Jane
avelarte
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Re: Endogene Depression

Beitrag von avelarte »

Hallo Jane,

bei mir sind Verstand und Gefühl nicht auf zwei völlig verschiedenen Ebenen. Meine Depression wird in der Klinik immer als atypisch klassifiziert – ich habe während der Episoden keine „-losigkeiten“, sondern „nur“ eine fast nicht aushaltbare körperliche Verfassung, die subjektiv aber genauso schlimm ist wie die üblichen Symptome und natürlich auch zu einem Verzweiflungsgefühl führt, aber als reine Folgeerscheinung, weil ich an manchen Tagen wirklich nicht weiß, wie ich es bis zum Abend (geschweige denn länger) schaffen soll. Wenn körperlich das Schlimmste überstanden ist, kommen Antrieb und Interessen von allein wieder, da sie nicht weg, sondern nur überdeckt waren.

LG
avelarte
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Jane Eisklar
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Jane Eisklar »

Hallo Avelarte,

Es gibt viele Formen von Depression, das sehe ich hier im Forum, das sehe ich in meiner Selbsthilfegruppe. Du verwechselst hier allerdings somatische Beschwerden, die bei Dir im Vordergrund stehen, mit Verstand. Gefühl und Verstand sind immer zwei unterschiedliche Ebenen. Körper und „Seele“ nicht. Da gibt es ganz häufig Wechselwirkungen, wie Du sie ja auch wahrnimmst.

Liebe Grüße

Jane
avelarte
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Re: Endogene Depression

Beitrag von avelarte »

Es sind aber keine somatischen Beschwerden im eigentlichen Sinne. Es tut nicht weh, ist aber schlimmer als starke Schmerzen - eine Art Vernichtungsgefühl (allerdings nicht gleichzusetzen mit dem bei einem Herzinfarkt).
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Windwolke
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Re: Endogene Depression

Beitrag von Windwolke »

Meine Depression wurde früher beschrieben als eine Mischung aus endogen und reaktiv. Mir hat der Begriff endogen viel Last genommen. Denn ich konnte damit den Zustand erklären, dass die Depression manchmal völlig ohne nachvollziehbaren Grund zuschlug und mich lahmlegte - als hätte ich einen Schalter umgelegt. Endogen hat mir sehr gut getan. Ich wusste, dass in der Familie meiner Mutter genau meine Form der Depression gehäuft auftrat und dass meine Depression also zumindest z. T. genetisch bedingt ist. Der Begriff war für mich eine Art innere Rechtfertigung, da ich in der Depression oft verständnislos und selbstabwertend mit mir redete. Endogen bedeutete für mich „du kannst nichts dafür, es ist eine Krankheit“!

Den reaktiven Teil der Depression, erkannte ich für mich immer darin, dass ich einen Grund erkannte, warum es mir schlecht ging. Und es war mir immer sehr wichtig, einen guten Psychotherapeuten zu finden, bei dem ich lernen konnte, besser mit mir und dem Leben umzugehen. Ich hatte Glück und lernte mich selbst anzunehmen, so wie ich bin, und vieles mehr. Es hinderte mich aber nicht daran, immer wieder schwer depressiv zu werden. Es half mir nur, in der Depression zunehmend verständnisvoller und konstruktiver mit mir umzugehen.

Für mich wird mein Leben lang AD + gelegentlich Psychotherapie notwendig bleiben, denn ohne AD geht es nicht lange gut. Die AD helfen mir zwar nicht depressionsfrei zu werden, aber sie helfen mir, nicht immer wieder in eine schwere Depression abzustürzen. Mit AD kann ich die Depressions-Phasen, die bei mir durch zu hohen Stress ausgelöst werden (die fehlende Stresstoleranz ist in meiner emotional sehr belasteten Kindheit begründet) meist ohne Klinik bewältigen. Da Akutklinik für mich Horror bedeutet, sind AD eine wertvolle Stütze für mich. Gott sei Dank habe ich ein Medikament gefunden, das ich relativ schnell gut vertragen habe.

Auch ich habe mich, wie so viele, früher heftig gegen AD gewehrt. Bis ich irgendwann einsah, dass es ohne nicht geht. Als ich 20 Jahre lang mit meinem damaligen AD gelebt hatte, ohne tief abzustürzen, kam ich wieder auf die Idee, dass ich wegen der trotzdem häufigen schlechten Stimmung auch gleich ganz ohne leben kann. Wieder wollte ich mich vom AD befreien und ohne Chemie leben. Doch das war ein schwerer Fehler. Ich stürzte so tief ab wie 20 Jahre lang nicht mehr und musste in die Klinik. Seitdem nehme ich wieder AD und werde wohl auch dabei bleiben.

Welche AD ich nehme, schreibe ich hier nicht. Denn meiner Meinung nach ist das Herausfinden des geeigneten Wirkstoffs eine höchst individuelle Angelegenheit, da jeder Wirkstoff bei jedem Menschen individuell wirkt und auch individuelle Nebenwirkungen zeigt.
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