Schneckenhaus

[Verbi]

Liebe Forumsmitglieder,

nachdem ich mich schon vor einigen Wochen hier kurz aktiv war, traue ich mich nun endlich mal wieder aktiv zu werden.

Ich möchte mich zunächst für die vielen offenen, hilfreichen, berührenden und informativen Beiträge bedanken, die ich seit vielen Wochen still und heimlich gelesen habe. Es tut so gut zu spüren, dass man mit all den krankheitsbedingten „Behinderungen“ nicht alleine ist.

Ich (50,w) habe rückblickend betrachtet seit meiner Jugend mit Depressionen und Ängsten zu kämpfen. Seitdem ich nun seit einigen Monaten eine Psychotherapie mache (Psychoanalyse) fällt mir immer stärker auf, dass ich sehr häufig im „Alarmmodus“ bin und so aus meiner Erschöpfungsdepression nicht herauskomme.

Ich ziehe mich immer mehr in mein Schneckenhaus zurück und mache einen Schritt vor, um dann wieder zwei Schritte zurück zu gehen. Das diese Strategie weder zielführend, noch sinnvoll ist, ist mir zwar bewusst, aber ich komme aus diesem Zustand nicht wirklich heraus.

Kennt jemand von Euch sowas?

Ich möchte mein Maulwurf-Dasein (am liebsten verkriechen wollen) so gerne aufgeben, aber irgendwie stehe ich mir anscheinend selbst im Weg.

Liebe Grüße

[Dora20]

Liebe Verbi,

willkommen im Forum!

Ich fürchte, dein Problem ist zu "schwer", um es einfach zu lösen.
Du wirst vor allem eins brauchen: Zeit und Geduld und noch mehr Zeit und Geduld.
Ich schätze, dass wir alle dieses Problem kennen und auf der Suche nach Lösung sind.
Therapie, Atemübungen, Achtsamkeitskurse, Meditation, Körper kennenlernen, Gespräch, Nachdenken...

Ein Schritt nach vorn und zwei zurück.
Ich schätze, genau so geht es.
Tut mir leid, dir nichts Besseres sagen zu können.

Falls irgendjemand hier eine praktische Antwort hat, gerne!

Versuche nicht zu verzweifeln daran und nimm dir Zeit.

Liebe Grüße

Dora

[Verbi]

Liebe Dora,

lieben Dank für Deine aufbauenden und einfühlsamen Worte.

Du hast recht, Alles braucht seine Zeit und wie ein chinesisches Sprichwort schon sagt: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Ich bin manchmal einfach zu ungeduldig und streng mit mir, so dass ich vergesse, dass Einzige, was wichtig ist, das zu machen, was möglich ist (auch kräftemäßig). Seit einem Jahr bin ich nun krankgeschrieben, was notwendig und gut. Doch so langsam muss ich wieder in den Arbeitsprozess rein und mich trotz Widerstände auf Jobsuche begeben.

Ich gabe gerade mit dem Buch: „Jetzt geht es um mich“ von Josef Giger-Bütler angefangen, für mich ist es entlastend und gibt Impulse.

Ich hoffe Dir geht es ganz gut und Du kannst den kommenden Frühling willkommen heißen.

Liebe Grüße aus der Stadt der Puppenkiste

Christiane

[Dora20]

Liebe Verbi aus Augsburg,

die Puppenkiste mochte ich schon als Kind und auch mein Sohn (der jetzt 31 ist) hat sie geliebt.

Mir geht es ja wie dir, ich bin auch nicht geduldig. Und habe nur immer wieder merken und lernen müssen, dass es sein muss.
Und deine Situation macht natürlich total Druck!
Ungefähr in deinem Alter ging mir das auch so, und ich habe über 6, 7 Jahre immer wieder neu Arbeit suchen müssen, verloren usw.
Eine schreckliche Zeit. In der so viel Kraft und Energie für diesen Prozess draufgeht, statt sich in Ruhe um sich selbst kümmern zu können. Was schon schwer genug ist.

Eigentlich würde ich dir wünschen, da raus zu kommen, und zur Ruhe kommen zu können.
Aber das ist vielleicht nicht möglich. Bist du noch zu jung!?
Oder wirklich eine angemessene entspannte Arbeit zu finden.
Aber so etwas gibt es ja kaum noch.

Erzähle hier ruhig weiter davon, wenn du magst. Du wirst Begleitung brauchen können. Bist du in Therapie?

Alles Gute wünscht dir Dora,
früher aus Ludwigsburg, heute in Berlin

[Dora20]

habe noch was vergessen:

1. den Giger-Bütler finde ich auch hilfreich.
2. Danke auch für deine Rückmeldung auf meinen eigenen Beitrag!

Gutes Wochenende mit Wohltuendem

Dora

[Verbi]

Liebe Dora,

ja, die Augsburger Puppenkiste weckt auch bei mir positive Kindheitserinnerungen.

Lieben Dank für Deine Offenheit, Neugierde und Anteilnahme, die Du Dir trotz Deiner schwrierigen Geschichte bewahren konntest. Das ist ja auch nicht selbstverständlich, denn manche Menschen, die es sicherlich auch nicht leicht hatten, versinken in Bitterkeit und Misstrauen.

Das Thema Jobsuche ist sicherlich momentan für mich das Schwierigste. Ich fühle mich, obwohl ich jetzt nun schon seit über einem Jahr krankgeschrieben bin, urlaubsreif und energielos. Ich möchte nicht mehr in den „Funktionier-Modus“ zurück und habe bis jetzt auch erst zwei Bewerbungen abgeschickt.

In welchem Stadtteil von Berlin lebst Du denn? Ich höre gerade die Profis von RadioEins, ein Überbleisel aus meiner Berlin-Zeit. Ich habe von 1999-2007 in Kreuzberg gelebt und denke oft und gerne an mein freies und lebendiges Sein dort zurück. Ich habe manchmal große Sehnsucht nach den kulturellen Angeboten, Programmkinos, Parks, die vielen tollen Essensangebote und einfach nur Herumlaufen in den Straßen. Einfach herrlich! Aber auch in Berlin ist das Leben nicht immer einfach....

Ich wünsche Dir einen stressfreien und harmonischen Samstag!

Liebe Grüße

Christiane

[Verbi]

Ach ja:
ich mache seit Anfang des Jahres (endlich habe ich mir Hilfe annehmen können) eine Psychoanalyse, um meine frühkindlichen Erfahrungen aufzuarbeiten. Ähnlich wie bei Dir habe ich als sensibles Kind viel Verantwortung für meine Eltern übernommen und mit einer anstrengenden Familienkonstellation umgehen müssen.

Ansonsten helfen die üblichen Verdächtigen: Yoga, Meditation, lesen, Wandern in der Natur (mal mehr und mal weniger)...

So, jetzt entspanne ich erstmal in der Badewanne.

[Dora20]

Liebe Verbi,

ja, auch ich mag Berlin.
Aber es ist insgesamt schwerer und teurer geworden hier zu leben.
Und zur Zeit müssen wir ja leider auf jegliches Angebot verzichten.
Da fehlt mir mehr die Möglichkeit, vor die Tür zu gehen und Wald und Feld und Wasser zu haben.

Aber der größte Druck von außen ist ja tatsächlich deine blöde berufliche Situation. Von daher ist es kein Wunder, dass du dich auch nach einem Jahr nicht erholt fühlst. Du bist ja nicht in Urlaub! Nein, das ist eine sehr stressige Situation. Ich habe das durchgängig als Stress erlebt.
Das Gefühl jetzt in Rente ist in dieser Hinsicht wirklich entspannter.

Ich wünsche dir, dass es dafür bald Lösungen gibt.
Gut, dass du Psychoanalyse machst.

Badewanne ist für mich auch entspannend, und da gehe ich jetzt auch hin.

Liebe Grüße
Dora

[Dora20]

Ach so, und am Schneckenhaus ändert auch eine Stadt wie Berlin nichts.
Manchmal ist es hilfreich, einfach durch Mengen von Menschen durchzulaufen und sich beteiligt zu fühlen und schauen zu können. Aber manchmal fühle ich mich dadurch auch noch einsamer.
Vielleicht ist das Verkriechen eine zeitlang nötig, um sich selbst im Inneren wieder ein bisschen zu finden. Aber ganz sicher braucht es auch Begegnung, um wieder Verbindung zu spüren. Vielleicht schafft das der Therapeut? Oder hast du irgendjemand, der dir nahesteht?
Liebe Grüße

[Verbi]

Liebe Dora,

es stimmt letztendlich ist es egal, wo man wohnt. In Augsburg genieße ich die Langsamkeit und die Natur. Ich habe die Wertach, ein wunderschöner Fluss, direkt vor der Haustür, das ist auch Lebensqualität.

Zum Glück bin ich nicht alleine, sondern habe engen Kontakt zu einem sehr guten Freund, den ich jetzt schon seit über 20 Jahren kenne (auch in Berlin kennengelernt). Aber allgemein werden die Kontakte (nicht nur durch Corona) dünner. Zeinen ist es der Lauf der Dinge und zum anderen werden die Ansprüche an Freundschaft höher. Und dann kommt noch dazu, dass man sich öfter zurückzieht...

Wie geht es Dir denn mittlerweile?

Würde mich freuen von Dir zu lesen.

Ganz liebe Grüße aus Bayern

Christiane

[Dora20]

Liebe Christiane,

das ist schön, dass du einen richtig guten Freund hast. Ich finde das schon wichtig. Wenigstens einen Menschen zu haben, mit dem ich mich richtig gut austauschen kann.

Mir geht es nach wie vor nicht so toll.

Ich wollte dir noch etwas sagen, bitte nicht böse sein:

Es ist im Forum nicht üblich, einen ausschließlichen Zweierkontakt zu haben.
Und für mich selbst finde ich es auch eher anstrengend. Völlig unabhängig von deiner Person. Ich weiß ja kaum was von dir.
Ich habe eher live-Kontakte vor Ort gesucht.
Und mich inzwischen auch daran gewöhnt, in einigen Themen hier zu lesen oder auch zu schreiben. Und so auch das Gefühl, einige Menschen im Forum "kennengelernt" zu haben.
Das ergibt sich aber eher aus gemeinsamen Themen, gemeinsamem Kümmern und Bekümmertwerden.
Auch das gelingt nicht immer schnell oder gut. Wir sind ja nun alle "Depressive".
Aber im Großen und Ganzen finde ich es schon auch oft hilfreich.
Einfach irgendwo nachzulesen, was für mich interessant ist.
Oder auch mit Menschen in Kontakt zu gehen. Ich habe immer wieder auch sehr liebe, kluge, mitfühlende und hilfreiche Reaktionen erfahren.

Vielleicht magst du dich auch mehr im Forum insgesamt einklinken?
Wenn ja, denke ich, könntest du viel mehr erfahren, an Infos, Austausch, Rückmeldungen.
Überlege mal, was du für brauchen könntest.

Herzliche Grüße

Dora

[Verbi]

Liebe Dora,

ja, dieser Thread hat sich leider zu einem Zweierkontakt entwickelt; das war eigentlich gar nicht so geplant...

Ich wünsche Dir einen schönen Abend!