Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Data

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Data »

Nachtrag zum Thema "Erpressung":

Sicher ist das Äußern von Suizidgedanken in allererster Linie ein Hilfeschrei. Ich denke, Erpressung ist vielleicht ein etwas unglücklich gewählter Begriff, aber ich denke, dass mit Suizidandrohungen auch schon so manche/r zu einem ganz bestimmten Verhalten genötigt oder zumindest die Verantwortung für den eventuellen Selbstmord und die Misere, in der jemand steckt, anderen in die Schuhe geschoben werden sollte. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen, obwohl ich das Thema sehr interessant finde, aber mir fehlt der "Praxisbezug", vielleicht kann sich ja Thomas nochmal zum Thema "Erpressung" äußern.
tomroerich
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Alle,

ich bin seit einigen Jahren ehrenamtlich Krisenbegleiter von Suizidgefährdeten, dies hier ist also ganz mein Thema. Der Verein, für den ich arbeite (AKL) , hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, das Thema zu enttabuisieren, denn dass Suizid ein Tabu ist, daran kann nicht gezweifelt werden. Und daran, dass dieses Tabu sehr geeignet ist, Suizidalität zu fördern durch Isolation der Betroffenen, auch nicht. Tabus entstehen u.a. deshalb, weil das Thema, das sie besetzen, emotional nicht kontrollierbar wäre und hilflose und verschlingende Gefühle hervorrufen kann. Deshalb muss man zwar darüber reden aber auf eine sehr kontrollierte Art und Weise und in einem geschützten Rahmen. Das ist hier im Forum aber nicht zu gewährleisten.

Siggi meinte:

Dabei gebe ich zu bedenken, dass die Möglichkeit, das Leben zu beenden für eine ganze Reihe von uns gar keine Bedrohung darstellt, gegen die eine "Krisenintervention" angebracht wäre. Sie könnte viel mehr als eine mögliche Option begriffen werden. Und damit würde sie eine fundamental andere Bedeutung erlangen, nämlich einen stabilisierenden Faktor selbst in schwierigsten Krankheitsphasen zu bilden und sogar Hoffnung aufrecht zu erhalten. Wenn ich weiß, dass ich die Qual und den Schmerz jederzeit abschalten kann, lässt mich das mein derzeitiges Schicksal erträglich erscheinen, so nach dem Motto: "Mal schauen wie es morgen sein wird!"


Das finde ich genau richtig erkannt und es deckt sich mit den Erfahrungen, die wir beim AKL machen. Allein die Tatsache, dass Suizdigefährdete sich überhaupt Hilfe holen beweist hinlänglich, dass Suizid für sie nur eine gedankliche Option ist und die Funktion von Trost hat und dass sie nicht tot sein wollen. Sie wollen nur ihr Leid nicht mehr ertragen bzw. können es auch nicht.

Es ist also viel zu verkürzt zu behaupten, suizidale Menschen "wollten" ihre Umwelt erpressen. Das kann nur jemand behaupten, dem es noch nie so schlecht ging, dass er lieber tot wäre. Man muss aber festhalten, dass sich die Umwelt natürlich sehr schnell erpresst FÜHLT und dass dies eben auch verständlich ist. Manche suizidalen Menschen bekommen durch diese Macht, bei anderen so viel Aufmerksamkeit zu erlangen, Geschmack am Suizid, auch das muss man sehen.

Wenn man das ganze Thema im Rahmen der Depr. sieht, bin ich persönlich davon überzeugt, dass der weitaus größe Teil der Suizidgedanken eine Eigenheit der Krankheit ist und fast schon zwangsläufig wegen der Schwere des Leids auftritt und nicht eine grundsätzliche Lebensverneinung bedeutet. Auch soll hier niemand erpresst werden.

@Lee

Vielleicht konnte ich deine Frage ja schon etwas beantworten? Ich hatte Erpressung in Gänsefüßchen geschrieben weil ich glaube, dass es nicht um einen bewussten Akt der Gewalt gegen andere geht. Es geht aber um versteckte Gewalt, die ein suizidaler Mensch nicht mehr als solche erkennt und wahrnimmt. Ihm ist oft sicher kein Vorwurf zu machen aber es bleibt als Tasache, dass sein Handeln eben oft als Erpressung erlebt wird. Mit welcher Gewalt er da droht (auch wieder aus Sicht der anderen) wird in den Fällen deutlich, wo es wirklich zum Suizid kommt. Die Zurückbleibenden sind emotional in einer furchtbaren Situation, die sie den Rest ihres Lebens oft nicht mehr richtig los werden und ihr Leid ist dem des nun Toten durchaus vergleichbar. Es ist sehr schwierig zu beurteilen, in wieweit sich jemand dieser Macht bewusst ist oder nicht. Ich glaube, die meisten sind es. Und dann kommt es sehr darauf an, ob sie ihr Verantwortungsgefühl gegenüber anderen noch aufrecht erhalten können oder ob auch dieses durch die Krise dem Sog des Negativen zum Opfer fällt. Denn die meisten Krisen sind Beziehungskrisen, auch Probleme am Arbeitsplatz z.B. sind ja Beziehungskrisen. Und beim sog. erweiterten Suizid wird ganz bewusst die innere Gewalt auch nach außen gewendet, wie wieder vor einigen Tagen in dieser Bank in der Schweiz geschehen.
Also, ich unterstelle nicht einfach Erpressung und Machtausübung aber ich glaube, dass in einer suizidalen Krise das Gefühl dafür verloren gehen kann, in welcher Situation eigentlich die Umwelt steckt. Wenn jemand über Jahre vom Partner oder Chef gequält wurde oder die eigenen Eltern sich verhalten haben wie Verbrecher, dann wäre es schon ein Wunder, wenn jemand diese Macht nicht auch genießen würde, oder?

Gruß von

Thomas
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Data

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Data »

Hallo Lee,

wunderbares Posting. Zustimmung bis aufs letzte Promille!

Apropos, was sauf ich denn heute? Muss ich etwa noch einkaufen gehen?

So, jetzt reicht's aber erst mal wieder mit dem Schreiben, denn das kostet mich wegen meines ererbten und bisher unbehandelt gebliebenen Perfektionismus zuviel Lebenszeit. Hab außerdem schon kalte Füße und muss auch dringend mal wieder eine rauchen.

Nochmals herzliche Grüße an alle!

Data
Gabrielle
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Gabrielle »

Hallo Lee

im gegenteil, sonst hätte ich auch nicht schreiben brauchen
Gabrielle
DYS-
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von DYS- »

Hallo Thomas
du schreibst:

"Wenn jemand über Jahre vom Partner oder Chef gequält wurde oder die eigenen Eltern sich verhalten haben wie Verbrecher, dann wäre es schon ein Wunder, wenn jemand diese Macht nicht auch genießen würde, oder?"

Dies würde ich nicht unterschreiben. Es mag diese Art von Genuß geben, aber dadurch zeigt sich der Betroffene doch sehr verletzlich und schwach und muß damit rechnen, dass dieses gegen ihn verwendet wird. Dazu kommt die oftmals Verherrlichung der Täter durch die Betroffenen und das Bedürfnis, ja keinem Leid an zu tun. Ich denke, das viele suizidale Menschen aus diesen Gründen ihr Elend eher "Unbeteidigten" mitteilen oder keine Hilfe suchen.

Übrigens bewundere ich deine Tätigkeit für das AKL.


Herzliche Grüße
DYS
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

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albert
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von albert »

Hallo,
da gibt es noch einen Gesichtspunkt zum Suizidgedanken.
Ich hatte für einige Zeit, die Vorstellung in einem tiefen See oder im Meer zu versinken. Dort wo mich niemand mehr finden würde. Das könnte man natürlich als Flucht interpretieren, aber als ich später mit Therapeuten in Berührung gekommen bin, habe ich begriffen, dass es eine Einladung oder eine Aufforderung aus meinem Inneren war, ins Innere der Seele zu gehen und mich um meine Probleme zu kümmern. Es war ja einiges da unten begraben. Dabei war ich zu der Zeit dieser S...gedanken nicht depressiv.
Soweit als Anregung.
Gruß
Albert
Edeltraud
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Edeltraud »

Hallo,

zum Thema: Hilferuf - Erpressung, Drohung

Bei den Beweggründen zu suizidalen Äußerungen differenziert man meines Wissens zwischen den Grunderkrankungen Depression - Borderline.

Meines Wissens sind suizidale Äußerungen
-bei Depressionen als Hilferuf zu verstehen
-bei Borderline als Drohung, Erpressung (Nachtrag 07.07. 21.34 Uhr: indirekter Hilferuf)

wobei der Laie jeweils nur Gesprächskontakt anbieten kann und den Kranken dazu motivieren sollte sich professionelle Hilfe zu holen.

Gruß von
Edeltraud
Lee
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

malin
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von malin »

Hallo Lee,
oje, schwieriges Thema...
Also ich brauche die Möglichkeit zum Suizid zur Zeit als Hintertürchen, falls es wirklich gar nicht mehr geht...
Und ich kann kaum jemanden erpressen, da es -außer nun hier im Forum- eigentlich keiner weiß. Ich wüßte auch nicht, mit wem ich darüber reden könnte und wer auf der Gegenseite das mit mir aushalten könnte.
Denn darum ginge es für mich, wenn ich jemandem davon erzählen wollte, daß er diese Verzweiflung und diese schreckliche Zeit mit mir aushalten sollte. Daß ich nicht alleine da durch müßte.
Aber ich habe niemanden, dem ich das zutraue und dem ich das zutrauen mag, also bleibe ich lieber allein mit meiner Hintertür, die mich irgendwie weitermachen läßt.
Aber Du hast schon recht, daß das Thema Tod für viele ein riesen Tabu ist und sie es nach Möglichkeit meiden.
Wenn ich z.B. gefragt werde, wie die Schwangerschaft mit meiner Tochter war und ich sage, daß es schwierig war, weil in der Zeit fünf Menschen gestorben sind, dann ist das Gespräch an diesem Punkt fast immer beendet, weil die anderen so geschockt sind und nicht wissen, wie sie dann mit mir umgehen sollen.
Schon schwierig, das Ganze...
Aber nur mit Büchern finde ich es auch schwer, wie hast Du das geschafft?? Ohne Therapie??
Viele Grüße
Nele

P.S. Ich war übrigens mal notfallmäßig im UKE und wurde bei der Aufnahme auch nach Suizidgedanken gefragt, was ich auch bejaht habe. Aber vom TZS ist da niemand gekommen, genausowenig, wie keiner dort auf der Station (immerhin fünf Tage) mit mir darüber gesprochen hat...
Lee
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

Edeltraud
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Edeltraud »

Hallo,

erstmal soweit:
Ich persönlich handhabe das Thema Suizid wie Data und Nele, sprich, ich belaste niemanden mit diesen Gedanken und wüsste auch gar nicht wem ich das erzählen könnte. Derzeit ist das allerdings auch nicht Thema bei mir.

Folgendes möchte ich noch hinzufügen, da es mir ausgesprochen wichtig erscheint:

Dem behandelnden Arzt mitzuteilen, inwiefern Suizidgedanken vorliegen, auch ohne danach gefragt zu werden, ist sehr wichtig.
Dies ist ein sehr wichtiger Gesichtspunkt für den Arzt in Hinblick auf die weitere Therapie und Medikation.
Deshalb "landet" man auch kaum in der geschlossenen Abteilung.

Soweit meine persönlichen Erfahrungen

Gruß von
Edeltraud
DYS-
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von DYS- »

@ Edeltraud

Deine Meinung:
"Bei den Beweggründen zu suizidalen Äußerungen differenziert man meines Wissens zwischen den Grunderkrankungen Depression - Borderline.

Meines Wissens sind suizidale Äußerungen
-bei Depressionen als Hilferuf zu verstehen
-bei Borderline als Drohung, Erpressung"

stimmt so nicht!! Borderlinepatienten neigen zwar zu Selbstverletzungen um ihren extremen inneren Spannungen Herr zu werden, geben sie aber ihren Lebensüberdruß zu erkennen, sind sie genauso "gefährdet" wie ein Depressiver. Außerdem sind sehr, sehr viele BorderlinePat. zusätzlich depressiv!! Genaueres hier zu schreiben würde aber den Rahmen eines Depressionsforums sprengen.
Liebe Grüße DYS
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

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Data

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Data »

Hallo Lee,

bzgl. deines Beitrages von heute, 11.27 Uhr:

Gut klingende Rhetorik, aber für mich irgendwie etwas widersprüchlich und verschwommen. Was willst du uns mit deinem Posting sagen, kannst du (mir) das mit wenigen, einfachen Worten nochmal erklären?

Gruß, Data
Lee
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

Data

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Data »

Hallo Lee,

besten Dank! Ich melde mich evtl. später nochmal, muss jetzt erst mal weg.

Gruß, Data
Edeltraud
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Edeltraud »

Hallo DYS,

vielleicht war meine Wortwahl etwas unglücklich.

Dieser Thread erfordert allgemein sehr viel Fingerspitzengefühl, ist mit vielen Emotionen behaftet und kann kaum rein sachlich betrachtet werden.

Heute habe ich nicht die Zeit und Konzentration Dir ausführlich zu antworten. Vielleicht mehr dazu morgen, falls ich die Zeit, den Antrieb, die Konzentration und das nötige Fingerspitzengefühl aufbringen kann.

Gruß
Edeltraud
tomroerich
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Lee,

jetzt wollte ich doch gerade was aus deinem Posting rauskopieren um darauf antworten zu können und nun ist es wech Wieso das denn? Da war ne Menge, wozu ich gerne etwas gesagt hätte. Jetzt muss ich mein Gedächtnis bemühen

Wichtig wäre mir noch einmal zu betonen, dass ich unterscheide zwischen dem, was ein Sui WILL und was seine Umwelt VERSTEHT, also wie es letzten Endes ankommt. Es gibt zwar sicherlich Suis, die erpressen wollen, aber davon gehe ich nicht automatisch aus. Insbesondere nicht bei depressiven Suizidfantasien. Bei einem Fall wie "Wenn du nicht bei mir bleibst, bringe ich mich um" sieht es eben anders aus. Hier liegt ja auch keine Depression zu Grunde (nicht zwangsläufig jedenfalls) sondern eine Form der Gewaltanwendung.

Was aber in jedem Fall als Problem bleibt ist die Verunsicherung und Hilflosigkeit bei denen, die mit einem Sui konfrontiert sind. Das soll nun aber NICHT heißen, dass man deshalb lieber erst gar nicht darüber spricht, auf keinen Fall! Worauf es ankommt ist Vertrauen, das man durch eine gemeinsame Strategie und durch Abmachungen herstellt. Strategie heißt, dass Helfer und Sui sich darüber einig sind, dass der Drang zum Suizid ein Gefahr darstellt, der man gemeinsam begegnen möchte und deshalb Abmachungen trifft. Abmachungen wie z.B. "Wenn es mir sehr schlecht geht und ich es tun will, rufe ich dich oder jemand anderen sofort an". "Hilfe" heißt sowieso vor allem anprechbar zu sein, da zu sein, es gemeinsam auszusitzen.

Bei meiner Ausbildung im AKL ging es immer wieder um ein Thema, das entscheidend ist: Abgrenzung. Das hört sich irgendwie kalt an aber gemeint ist, dass man jemanden nur beistehen kann, wenn man nicht dessen Verantwortung für sein Leben übernimmt. Das Hilfsangebot muss klar und eindeutig sein. Es kann heißen "Ich bin da, wenn du mich brauchst, allerdings nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit. In Notfällen kannst du mich aber immer erreichen" Wenn man das eben so leisten will. Es kann aber nie heißen "Ich beschütze dich ab jetzt und passe auf, dass dir nichts passiert." Dieses Angebot würde sehr schnell zu einer Überlastung führen.
So etwas passierte kürzlich hier in meiner Umgebung. Eine Frau wollte ihrer suiz. Freundin helfen und grenzte sich nicht ab. Schließlich zog sie bei ihr ein und das Ende vom Lied war, dass die helfende Freundin nun in Therapie ist und ihre suiz. Freundin in der Klinik.

Um deine Frage zu beantworten: Wir bekommen natürlich Supervision, ohne das ginge es nicht.

Also noch mal mein Fazit: Unbedingt darüber reden aber auch klar sagen, in welchem Stadium man sich befindet, wie drängend also der Impuls ist. Eine grobe Einteilung wäre:

- Suizidfantasien "Wenn es gar nicht mehr geht, bleibt mir noch dieser Weg", die Trost spenden.

- Durchführungsfantasien, z.B. immer wieder die Überlegung anstellen, welche Art und Weise in Frage kommt. Die Fantasien werden drängender und attraktiver, in Gedanken werden Abschiedsbriefe formuliert

- Konkrete Pläne, das Wann und Wo wird geplant. Nach außen hin wirken die Betroffenen dann sehr oft so, als ginge es ihnen besser, weil sie sich bereits erleichtert fühlen

Im dritten Stadium ist natürlich höchste Vorsicht geboten. Eins ist nicht wirklich ein Grund zu tiefer Besorgnis aber ein ernst zu nehmendes Alarmsignal und zwei ist beherrschbar, wenn mit offenen Karten gespielt wird und offen über Verschlechterung und Verbesserung geredet wird.

Hmm, da war noch einiges in deinem Posting aber jetzt komme ich nicht mehr drauf. Na ja, kannst ja noch mal schreiben, wenn du möchtest.

Herzliche Grüße

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Caroline1
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Caroline1 »

Jede "Drohung" und "Erpressung" in diesem Zusammenhang bedeutet IMMER auch ein Hilferuf, ich nehme an, das war das, was Dys sagen wollte. Und mit "Hilferuf" meint man "ich kann nicht mehr". Dass solch ein Ruf für einen Aussenstehenden auch als bedrohlich empfunden wird, liegt in der Natur der Sache.Ich glaube nicht, dass man das bis ins allerletzte Detail auseinanderhalten kann, und ob das überhaupt wünschenswert ist, wage ich auch zu bezweifeln.

Einen schönen Abend wünscht euch allen

Caroline
albert
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von albert »

Hallo,
die Diskussion um Erpressung und Drohung erinnert mich an eine berufliche Situation. Ich stand vor einer Mauer, rannte mit dem Kopf dagegen, wurde nicht ernst genommen. Ich hatte alles versucht, alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt und doch nicht das erreicht, was ich wolllte. Da habe ich beschlossen, aus dem System zu verschwinden, sprich, in ein anderes Land zu gehen. Es war sozusagen die letzte Möglichkeit, der Blockade zu entkommen in meinen Augen und gleichzeitig war es im Rückblick für mein Umfeld ein Signal von mir, eine Situation begreiflich zu machen.
Die genannten Elemente waren durchaus vorhanden, aber wie damit umgehen?
Es war schwierig für mich. Zunächst habe ich einige Leute ins Vertrauen gezogen, die an den Mauscheleien nicht beteiligt waren, und erhielt deren Unterstützung; sie waren bereit, mir Referenzen zu geben.
Dann wurde der Druck zu groß, teils weil ich mir selbst das wegen Terminen verordnet habe und habe zwei Menschen davon erzählt, die das nicht hätten wissen sollten. Damit wurde ein Wirkmechanismus in Gang gesetzt, dessen endgültige Wirkung ich noch nicht abschätzen und bewerten kann. Deshalb sage ich hier nichts darüber.
Es ging und geht darum Blockaden zu überwinden - äußere und innere?
Also in meinem Umfeld und in mir selbst?
Es war durchaus ein Gefühl der Ruhe und Erleichterung zu spüren, als ich meinen Entschluss gefasst hatte und den mit anderen Menschen besprochen hatte.
Soweit zum Vergleich, was an Mechanismen dahinter stehen kann.
Herzlichen Gruß
Albert
Lee
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

albert
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von albert »

Hallo Lee,

zur Unterscheidung:
Ein Borderliner trägt eine innere Spannung, ist agressiv. Am Ende richtet er die Agression gegen sich selbst; die Prognose lautet S.
Depri-Menschen sind oft in sich gekehrt, stellen keine Ansprüche, verlangen nichts, wenn sie ins Krankhafte rutschen, kommen sie sich überflüssig vor.
Kann ich darin Positives sehen? Ich meine ja.
Dass ich mich nicht vordrängle, dass ich in Ruhe und in Stille meine Arbeit tue, bis die Ergebnisse reif sind, damit an die Öffentlichkeit zu kommen. Dafür braucht es Zeit, Geduld, Ausdauer, eben ein ganz enormes Beharrungsvermögen. Ich erwarte und verlange nur, dass ich meine Arbeit tun kann. Das große Geld dürfen die anderen verdienen; das sind jene Normalos, die den Erwartungen der Familie und des leitenden Personals gerecht werden, in dem sie selbstbewusst-agressiv einen sicheren Job und mehr Gehalt verlangen Und wenn meine Wahrheiten, sprich Arbeitsergebnisse nicht gesehen werden sollen, bleibt mir noch der Gang in ein anderes Land. Seitdem ich das Vorhaben ausgesprochen habe, spüre ich in meinem Umfeld eine ganz andere Atmosphäre.
Ich habe in meiner Arbeit als Sachverständiger eine vorrichterliche Funktion, das bedeutet auch die Ausübung von Macht. Um den Missbrauch zu vermeiden, kann ich nur ganz bescheiden sein und mich zurückhalten.

Herzlichen Gruß
Albert

PS: das gehört eigentlich in einen anderen Thread; ich bin so frei und stelle es auch dort hinein.
albert
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von albert »

Hallo Admin,
ich suche nach der Möglichkeit, in meinem letzten Posting zwei Sätze zu löschen. Gibt es dazu die Möglichkeit?
Danke mit herzlichem Gruß
Albert

Schon passiert.

Danke, Thomas, für den Hinweis.
tomroerich
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Albert,

ich bin nicht der admin, weiß aber wie es geht. Du musst zunächst eingeloggt (angemeldet) sein. Dann siehst du bei deinen eigenen Beiträgen das Symbol des Textblattes mit einem Bleistift. Wenn du darauf klickst, kannst du deinen Text beliebig bearbeiten.
Gute Nacht!

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von tomroerich »

Hi hi, selbst ist der Mann.
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

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