Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Gabrielle
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Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Gabrielle »

Hallo

diesmal, kann ich es mir nicht verkneifen meine Meinung in dieses Forum zu setzen. Zweimal in kurzer Zeit, habe ich miterlebt, wie in diesem Forum mit Menschen Umgegangen wird, die in der Kriese stecken. Da wird öffentlich Selbstmord Absichten geäussert und ausser liebe Worte,gibt es wenig. Wie verzweifelt muss man sein um sich Gehör zu verschaffen? Was nützt es, wenn dieses Forum von Proffessionellen betreut wird? Ich meine, das sich die Verantwortlichen viel früher einschalten müssten, um Menschen in Not fachlich zu begleiten.

Eigentlich wirklich Schade für das Forum da wird das Ursächliche nach wenigen Einträgen vergessen und es geht um die Selbstdarstellung- sehr schade

mit freundlichen Grüssen

Gabrielle
albert
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von albert »

Hallo Gabrielle,
ohne den Moderatoren vorgreifen zu wollen:
das Forum wurde geschaffen, um Austausch über die Krankheit Depression zu ermöglichen. Eine Krisenintervention war und ist nicht beabsichtigt, damit wären wir hier überfordert. Ich habe selbst mal in einem solchen Fall mir fast die Finger wund geschrieben und am Ende einsehen müssen, dass es vergebens war.
Für Notfälle kannst du aber direkt über deinem Posting rechts oben das Wort "Notfallnummern" geschrieben in roter Farbe anklicken und wirst dann übergeleitet.
Natürlich schreiben hier viele, die in einer Krise sich befinden und wollen Anstöße oder Hilfe oder einen Ratschlag oder einfach nur Zuspruch. Darauf wird in den meisten Fällen auch von anderen Besuchern geantwortet. In manchen Fällen ist es auch möglich, in einen Chat zu gehen, z. B. bei indignita.
Aber wie gesagt, bei akuten Notfällen sind wir überfordert.
Herzliche Grüße für den Sonntag
Albert
tomroerich
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Gabrielle,

hast du wirklich zu Ende gedacht, was du vorschlägst? Wie sollte das in der Praxis denn aussehen? Menschen in suizidalen Krisen kann man nur eindringlich bitten , sich vor Ort Hilfe zu holen. Ich wundere mich jetzt auch über deinen Vorstoß deshalb, weil ja unsere Diskussion mit Manuela unter anderem zum Inhalt hatte, dass du ihre Äußerungen in einem anderen Forum in Richtung suizidale Gedanken für sehr schwierig und nicht vetretbar gehalten hast.
Die Tatsache, dass hier Fachleute mitlesen ändert nichts daran, dass man in suizidalen Krisen eben hier nicht helfen kann. Deshalb noch einmal meine Frage, wie stellst du dir diese Hilfe konkret vor?

Gruß von

Thomas
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Gabrielle
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Gabrielle »

Hallo Thomas

es ist mir schon klar, das im Forum die Grenzen schnell erreicht sind. Klar erinnere ich mich an die vergangene Situation.
Was mir aber nicht gefällt, ist das die Betreiber sehr spät eingreifen, obwohl sich die Absichten seit fast 2 Wochen schon hinziehen. Es ist keine Kritik an den Teilnehmern, sondern an den Verantwortlichen.
Was ich vorschlagen würde? Erst einmal dem Betroffenen auch klar machen, das solche äusserungen, wie Leben halt auch Volgen mit sich bringen, zb.bis zur Einweisung. Ich weiss es klingt hart, aber ich weiss von was ich rede.
Mein älterster Freund, hat sich nach 18 Jahren des Ankündigens das Leben genommen. Dies liegt nun 4 Jahre zurück.
Wir hatten in dieser Zeit viele Gespräche und die waren auch sehr hilfreich beim verarbeiten. Ich denke was sicher sehr wichtig wäre,wenn in solchen Situationen das Gespräch gesucht wird und dies möglichst bald
Menschen die hier schreiben, wollen ja das man sich ihrer annimmt und sie begleitet. Vielleicht habe ich zu hohe Ansprüche
liebe Grüsse aus der Schweiz
Gabrielle
winnie
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von winnie »

Hallo Gabrielle,

die Tatsache, daß hier Fachleute mitlesen, heißt nicht, daß sie hier einen 24-Stunden-7-Tage-pro-Woche Überwachungsdienst betreiben. Die Moderatoren dieses Forums lesen hier in ihrer knappen Freizeit - allein deshalb schon kann man hier keinen Notfalldienst anbieten.

Und dann dieses "Eingreifen" - das könnte in diesen Fällen dann ja ausschließlich so aussehen, daß die Betreiber dieses Forums jedesmal die Polizei informieren und diese dann dem betreffenden Schreiber auf die Bude rückt, um ihn vor sich selbst zu schützen. Das heißt, Big Aufgebot mit Blaulicht und Zwangseinweisung (und hinterher übrigens dann auch noch ne dicke Rechnung). Was anderes ist nicht möglich, und ist rechtlich auch so abgesichert.
Meinst Du wirklich, das sollte immer das Mittel der ersten Wahl sein?
Meinst Du nicht, daß man - trotz Krisensituation - von den meisten hier trotzdem noch ein Mindestmaß an Eigenverantwortung erwarten darf?
Die Notfallnummern stehen hier groß auf der Eingangsseite, und bisher haben noch alle, die sich in einer solchen Notfallsituation befanden, von den anderen hier den Hinweis auf diese Notfallnummern erhalten.
Mehr geht hier an dieser Stelle einfach nicht.

Gruß,
Winnie
winnie
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von winnie »

Nachtrag:

Du sagst, Menschen in so einer Notlage brauchen am meisten Gespräche.
Da stimme ich Dir zu. Aber Gespräche mit Fachleuten, und nicht mit ebenfalls Betroffenen, wie wir hier.
Die Fachleute hier im Forum können das rein zeitlich und kapazitätsmäßig nicht (für genau das gibt es übrigens auch die Telefonseelsorge - die Nummer steht ebenfalls vorne groß da!).
Und wir hier sind mit akuten Notfällen völlig überfordert, weil wir a) ebenfalls krank, b) fachlich nicht dafür ausgebildet sind und c) hier weder Anwesenheits- noch Schreibepflicht herrscht.
tomroerich
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Gabrielle,

ich bin auch oft unruhig und alarmiert, wenn ich suizidale Äußerungen hier mitbekomme und finde es wie du sehr unbefriedigend, nicht "einschreiten" zu können und auch zu wissen, dass nicht eingeschritten wird.
Aber stell dir nur mal vor, was das für Folgen hätte, wenn man diesen Anspruch "Wir helfen in suizidalen Krisen" erfüllen wollte, anstatt ihn eindeutig auszuschließen. Als Professioneller hätte man da keine ruhige Minute mehr, man wäre den Machtmitteln der Lebensmüden hilflos ausgeliefert, weil man der "Erpressung" nicht entgehen könnte. Machen wir uns da nichts vor: Jemand, der hier öffentlich Suizid ankündigt oder von diesen Absichten spricht, hat bereits vergessen oder will nicht sehen, in welche Bedrängnis er damit andere bringt. Und zwar ohne dass die Bedrängten die Möglichkeit hätten, dem zu entgehen. Das einzige Mittel wäre dann, in einer wie von Winnie beschriebenen "Erstschlagaktion" für Sicherung zu sorgen. Das kann einfach niemand wollen. Jedes Reden und drüber Diskutieren ist zu gefährlich. Was ist, wenns dann doch passiert? Ich habe das auch erlebt, dass eine gute Bekannte von mir es dann eben doch in die Tat umsetzte und ich bin heilfroh, dass sie damals unter der Verantwortung von Fachkräften stand und nicht ich ihr Rettungsanker war.
Nein, wenns brennt, muss die örtliche Feuerwehr gerufen werden und nicht der "Brandberatungsverein in Buxtehude".

Grüße in die Schweiz,

Thomas
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kr
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von kr »

Hallo Gabrielle,

das Forum dient hauptsächlich der Sebstdarstellung des jeweiligen Beitragsschreibers. Unter diesem Gesichtspunkt sind Verhalten und Antworten schon fast vorhersehbar. Im privaten E-Mail Verkehr, so er sich ergibt und von längerer Dauer ist, sieht es nach meiner Erfahrung besser aus.

Grüße vom Kleinen Raben
___________________________________________________


IMPOSSIBLE IS NOTHING.
tomroerich
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von tomroerich »

Von einem privaten E-mail-Austausch mit suizidalen Menschen über deren Suizidabsichten würde ich dringend abraten, vor allem dann, wenn man selbst depressiv ist.

das Forum dient hauptsächlich der Sebstdarstellung des jeweiligen Beitragsschreibers.

Tschuldige Rabe, aber das ist ein ziemlicher Unfug, den du da zum Besten gibst. Das Forum dient anderen Zwecken als der Selbstdarstellung, auch wenn in deinem Fall dieser Eindruck durch deine Betroffenheitslyrik durchaus entstehen kann. Aber schließe nie von dir auf andere.

Schönen Gruß

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Gabrielle
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Gabrielle »

Hallo Thomas

vielen Dank für Deine offene Antwort, ja solche Aussagen, können schon beunruhigen, da denkt man sei etwas imuner dagegen, aber eben.
Es ist schwierig darüber zu Diskutieren, da ist der Handlungs spielraum schon sehr begrenzt. Wenn das ganze auch auf einer sehr Anonymen Schiene läuft, muss man auch nicht mit Folgen rechnen.
Du hast auch recht, da wird auf andere Menschen keine Rücksicht genommen, weder auf Gefühle noch auf die Person als solches.
Dir nochmals vielen Dank für Dein Antworten, das hat mir echt geholfen
Dir noch eine Gute Woche

Gabrielle
Gabrielle
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Gabrielle »

Thomas, da brauchst Du Dir wegen mir keine Sorgen zu machen, depressiv bin ich zum Glück nicht mehr und Massochismus liegt mir nicht. Mein Bereich bleibt das Epiforum und Hier bin ich nur ab und zu zu Gast,Privater E Mailverkehr mit dem Thema Suizid als ankündigung liegt mir nicht
Gabrielle
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Gabrielle »

Hallo Winni

da gebe ich Dir auch recht und darum hat sich meine Kritik an die Profis gerichtet. Es ist mir auch klar, das Selbstbetroffene diese Aufgabe nicht übernehmen können und darum auch einen Schutz verdienen.
Auch Dir noch herzlichen Dank für Deine Mühe

liebe Grüsse

Gabrielle
Nico Niedermeier
Moderator
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Nico Niedermeier »

Es ist ja schon beinahe schwer hier noch etwas sinnvolles zu ergänzen, das nicht schon weiter oben geschrieben wurde....all dies stimmt natürlich: Selbsthilfeforum, begrenzte Zeit, kein Behandlungsauftrag etc.

Ergänzen möchte ich noch, dass Suizidalität nunmal zu einer Depression dazugehört..das ist eben so, ob wir alle dies wollen oder nicht. Wir waren zu Beginn des Forums sehr viel ängstlicher und invasiver wenn jemand über Suizidalität gesprochen hat. Das Ergebnis war, dass wir ca. alle 4 Wochen die Polizei zu jemandem nach Hause geschickt haben (was uns jedesmal ca. 5 Stunden Zeit gekostet hat....und die Betroffenen jede Menge Nerven)...mit der Zeit sind wir etwas sicherer und ruhiger geworden, vor allem im Umgang mit diesem Thema. Das Forum gibt es nun schon viele Jahre und unseres Wissens nach hat sich noch nie ein User aus diesem Forum suizidiert..Das sollte uns alle ein wenig ruhiger machen und uns etwas die Zuversicht geben, dass vieleicht die Möglichkeit hier Druck abzulassen eher präventiv als stimulierend wirkt..
herzliche Grüsse
Dr. Niedermeier
Data

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Data »

Jenau, Tom und Doc Jerry, so seh ick det ooch.
Lee
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

Conny37
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Conny37 »

Kann es einen Zusammenhang zu einem Thread geben, in dem ich gestern geantwortet habe? Er hiess "Hilfe!" und ist komplett verschwunden.

lg
Conny
cool
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von cool »

Liebe Conny,
ich denke der thread "Hilfe" ist einfach im Archiv verschwunden, wie es alle threads tun in denen ca. 24 Stunden (weiss nicht genau, wann die verschwinden)nichts geschrieben wurde. Habe ihn für dich wieder hochgeholt, durch ein kurzes posting.
Liebe Grüße, Cool
malin
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von malin »

Hallo Lee,
endlich mal jemand aus Hamburg!
Ich habe bisher keine Erfahrung mit dem TZS gemacht, aber eigentlich las sich deren Homepage immer ganz gut. Was machen die denn, wenn es keine Krisenintervention ist???????
Hast Du denn eine gute Alternative gefunden?
Viele Grüße
Nele
Lee
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Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

Lee
Beiträge: 1074
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

QqE3zumawS
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von QqE3zumawS »

Zum Thema "Suizidalität" im Forum hat der Forumsinitiator und -moderator klare Richtlinien vorgegeben. Diese resultieren, wenn ich die diesbezüglichen Statements richtig interpretiere, aus den Erfahrungen der Anfangszeit des Forums, aus rechtlichen Erfordernissen und daraus, dass hier keine ausreichende Krisenintervention geleistet werden kann. Vorgaben, die man eben akzeptieren muss, wenn man sich hier beteiligen will.

Dies mag auch für jene von uns, die ihre Suizidalität als letzten, unmissverständlichen Hilferuf verstehen, eine wichtige Richtlinie hier im Forum sein.
Aber mein Eindruck beim Stöbern in diesem Forum ist, dass das Thema latent präsent ist und in vereinzelten Postings, wie in diesem Thread, den Weg an die Oberfläche findet. Wie Dr. Niedermeier in seinem Beitrag schon bemerkte:
...dass Suizidalität nun mal zu einer Depression dazugehört..das ist eben so, ob wir alle dies wollen oder nicht

Könnte es sein, dass wir hier ein Thema tabuisieren, welches einen nicht ganz unwesentlichen Bereich unserer Depression darstellt? Ich teile hier durchaus die Erfahrungen, die Lee in seinem Beitrag schildert:
...auch Therapeuten, die ambulant arbeiten, sind manchmal beim Thema Suizid befangen
Ich habe gegenüber Therapeuten auch stets das Gefühl, hier etwas Unanständiges anzusprechen, gegen einen ungeschriebenen Therapiecodex zu verstoßen. (Das Totschlagargument "Erpressung" beendet dann jede Diskussion, können wir es doch nie ganz von der Hand weisen.)
Dabei gebe ich zu bedenken, dass die Möglichkeit, das Leben zu beenden für eine ganze Reihe von uns gar keine Bedrohung darstellt, gegen die eine "Krisenintervention" angebracht wäre. Sie könnte viel mehr als eine mögliche Option begriffen werden. Und damit würde sie eine fundamental andere Bedeutung erlangen, nämlich einen stabilisierenden Faktor selbst in schwierigsten Krankheitsphasen zu bilden und sogar Hoffnung aufrecht zu erhalten. Wenn ich weiß, dass ich die Qual und den Schmerz jederzeit abschalten kann, lässt mich das mein derzeitiges Schicksal erträglich erscheinen, so nach dem Motto: "Mal schauen wie es morgen sein wird!"
Dass heißt, diese Option kann uns durchaus enorme Sicherheit geben, kann uns Schritte ins Leben tun lassen, zu denen wir uns mit unserem oft mangelnden Selbstwertgefühl sonst niemals aufgerafft hätten. Sie kann uns helfen, viele tief verwurzelte Ängste zu überwinden. Dies nenne ich effektive Krisenbewältigung.
Sollten wir es uns wirklich leisten können, ein solches Thema in diesem Sinne unreflektiert zu lassen? Lassen wir hier nicht eine wirklich große Chance außen vor?

Noch eine kurze Bemerkung zu der "Belehrung" von Gabrielle durch einige Mitbetroffene. Ich habe auch während meiner Kliniksaufenthalte den Trend bemerkt, dass sich immer wieder Patienten auf den Standpunkt des Therapeuten stellen und von diesem aus argumentieren. Nun, der Therapeut ist nicht unser Feind, er hat es allerdings auch nicht nötig, dass wir uns um sein rechtliches und persönliches Wohlergehen kümmern. Das ist nicht unser Part! Wir kämpfen eigentlich ums Überleben. Wie groß muss da doch unsere Abhängigkeit vom Wohlwollen unseres Therapeuten sein, dass wir uns so oft derart in unseren eigenen Bedürfnissen zurücknehmen?
Im Übrigen habe durchaus den Eindruck, dass Dr. Niedermeier seinen Standpunkt einfühlsam und trotzdem unmissverständlich deutlich machen kann.

@Lee
Hallo Lee. Gute Beiträge hier und bemerkenswerte Art und Weise der Schilderung. Hat mir sehr gefallen.

Gruß, Siggi
malin
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von malin »

Hallo alle...

Zitat aus Michaela Huber: "Trauma und die Folgen", Trauma und Traumabehandlung Teil 1, S. 153:

"In der Suizidliteratur wird traditionell rundweg geleugnet, was doch selbstverständlich ist:
Eine suizidale Frau, ein selbstmordgefährdeter Mensch oder ein lebensmüdes Kind sind so verzweifelt, dass sie den Tod dem Leben vorziehen.
Stattdessen wird vom "Appellcharakter" des Suizidversuches gesprochen und davon, dass mit dem Suizidversuch andere Menschen, vor allem Angehörige und Partner, "erpresst" werden sollen. Ein besonders brutales Beispiel dafür ist noch gar nicht so alt und ich war verblüfft festzustellen, dass es von einer Frauenforscherin stammt.

In ihrer Doktorarbeit "Selbstmordversuche von Frauen", erschienen 1995 schreibt Christina Rachor unter anderem:

"Mit Suizidversuchen können zusätzliche Zwecke realisiert werden, was diese, auch unabhängig von bewusster oder unbewusster Absicht der Suizidanten als Erpressungen wie sie hier genannt werden, ausweisen.
.
.
Teil II unternimmt eine Unterscheidung des Suizidversuchs-Geschehens nach Subtypen besonders hinsichtlich der sozialen Bedeutung: Appell-Erpressung, reiner Appell, spielerisch-risikohafter (parasuizidaler) Typ...
Besonderen Stellenwert haben hier das Moment des Risikos und des Beweises.
Entsprechend des Weiblichkeitsstereotyps ist es eher Frauen erlaubt, dieses Modus zur Anerkennung ihrer Hilflosigkeit zu wählen und durch dessen inhärenten Zwang den anderen ungefragt zur Hilfeleistung zu bringen."

.
.
.
Diese Zitate sind repräsentativ für das Buch (...) Durch seine -man verzeihe mir das klappernde Bild- abgehobene Schieflage geht das Buch jedoch gänzlich an der der Wahrheit vorbei, ja es weigert sich, die eine fundamentale Wahrheit anzuerkennen:
Viele suizidale Mädchen und Frauen wollen niemanden erpressen, wollen gar nicht mehr das Leben und die Hilfeleistung anderer, sondern sie suchen den Tod, weil sie so verzweifelt sind, dass das Leben kein "prima Alternative" mehr ist."

Hm...
Liebe Grüße
Nele
Lee
Beiträge: 1074
Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

Data

Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Data »

Hallo Siggi,

zuerst mal Zustimmung. Das, was du über die Suizid-Option und -Gedanken schreibst, kann ich nur bestätigen. Ich habe jahrelang fast jeden Tag (oder zumindest sehr oft) daran gedacht, dass und wie ich mich umbringen könnte. Diese Gedanken waren aber eher eine Art Hilfe und Stütze für mich. Es beruhigte mich irgendwie, diese Option des "Schalter-Ausknipsens" zu haben. Natürlich ging es mir in solchen Momenten schon ziemlich dreckig, sonst wäre ich nicht auf solche Gedanken gekommen. Aber gerade das ist ja das seltsame, dass einem solche Gedanken auch durchaus helfen können, solche Tiefpunkte zu überstehen. Vor Monaten habe ich hier mal ein sehr treffendes Zitat von Nietzsche gelesen: "Der Gedanke an den Selbstmord ist ein starkes Trostmittel; mit ihm kommt man gut über manche böse Nacht hinweg." Genauso empfinde ich das auch.

Glücklicherweise geht es mit seit einiger Zeit (viel) besser, und ich muß mich nicht mehr (so oft) in Suizidgedanken flüchten. Aber nochmal: Für mich war/ist es eher Flucht und Trost, bis zur ernstgemeinten Verwirklichung fehlt dann schon noch einiges. Und dieses Vorhaben würde ich dann auch nicht hier ankündigen und beschreiben.

Nun zu dem Teil deines Postings ("Noch eine kurze Bemerkung......Bedürfnissen zurücknehmen?"), über den ich mich anfangs etwas geärgert, dann aber beschlossen habe, mich nicht angesprochen zu fühlen (obwohl ich mir mein kurzes Posting da oben durchaus hätte sparen können, da es eigentlich inhaltslos ist), folglich auch nichts weiter dazu sagen möchte außer, dass ich es von deiner Seite genauso "übereifrig" finde, zu mahnen, sich mehr um sich selbst zu kümmern, statt sich ums Wohl des Therapeuten zu sorgen, denn ich hatte nicht den Eindruck, dass das hier jemand getan oder beabsichtigt hat, aber dazu mögen sich die Angesprochenen selbst äußern.

Im übrigen bin ich schon auch dafür, dass das Thema Suizid speziell hier in "unserem" Depri-Forum nicht konkret diskutiert wird, denn es bringt niemanden voran und würde nur die Energien der Leser binden, die sich nicht abgrenzen könnten und Verantwortung übernehmen und Schuldgefühle (oder schlimmeres) entwickeln würden, was ihnen gar nicht zukommt. Natürlich muss man nicht gleich die große Löschpistole zücken, sobald nur das böse Wort Suizid irgendwo auftaucht, denn Selbstmordgedanken gehören eben wirklich oft zu einer Depression dazu (und ich glaube, selbst Nicht-Depressive haben ab und an solche Gedanken) und können oft auch tröstend und stützend sein, aber für die weiterführende Diskussion über Grund, Methode und Zeitpunkt eines Suizids gibts jede Menge anderer Foren im weiten Internet.

Zensur mag ich eigentlich überhaupt nicht, aber speziell bei diesem Thema scheint mir ihre dosierte Anwendung doch sehr sinnvoll zu sein, und dieses "Nicht-Diskutieren-Sollen/Dürfen" destruktiver Gedanken ist auch etwas, was eben dieses Forum im positiven Sinne ausmacht.

Viele Grüße

Data
Lee
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Re: Eigentlich Schade und was ist der Sinn der Sache?

Beitrag von Lee »

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