Teilzeit-Rechtfertigung

Finna
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Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Finna »

Hallo,

ich arbeite Teilzeit und habe mich bewusst dafür entschieden. Ich habe eine sehr stressigen Job und brauche genug Zeit mich wieder zu erholen. Im Moment kann ich aus gesundheitlichen Gründen einfach nicht mehr arbeiten. Ich habe damit kein Problem, aber ich habe immer wieder das Problem, dass ich mich rechtfertigen muss, auch vor Freunden. Fragen wie: Du arbeitest nur so wenig, willst du nicht mehr arbeiten, wie geht denn das? Ich werde dann schnell unsicher und fühle mich schlecht und möchte mich nicht rechtfertigen. Ich hätte gerne eine gute Antwort, um mich nicht rechtfertigen zu müssen und schlecht zu fühlen, sondern wo ich dazu stehen kann, ohne Gründe aufzählen zu müssen, warum ich weniger arbeite. Wie reagiert ihr darauf?

liebe Grüße,
momadome
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Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von momadome »

Hallo Finna,

Was mir sofort als kurzer, knackiger Spruch dazu einfällt ist:

"Ich arbeite um zu leben, aber ich lebe nicht um zu arbeiten!"

Und das trifft es doch auch. Wenn du gut zurecht kommst, geht es keinen was an, wie ,warum und wie lange du arbeitest. Du hast den Schwerpunkt für dich gesetzt und der muss zu dir passen, nicht zu anderen.

Für Entscheidungen, die nur dich und dein Leben betreffen und in die kein anderer involviert ist oder davon betroffen wird, musst du dich vor niemanden rechtfertigen.....schon gar nicht vor Freunden. Von Freunden erwarte ich, dass sie meine Entscheidungen respektieren, fertig.

Liebe Grüße, jojoma
Katerle
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Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Katerle »

Hallo Finna,

sowas hatte ich leider auch kennengelernt, aber ich habe versucht, mich davon nicht runterziehen zu lassen und war weiter meinen Weg gegangen, bis jetzt. Habe mich von manchen distanziert und mich mit Leuten umgeben, die mir guttun.

Wünsche dir auch viel Mut und Kraft bei deinem weiteren Weg.

Liebe Grüße
Katerle
Secret
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Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Secret »

Hallo Finna,

was sind denn das für Freunde, wenn du dich da rechtfertigen musst? Habe ich nicht, kann aber auch daran liegen dass ich 2 Kinder habe / hatte: die sind ja mitlerweile aus dem Alter raus betreut werden zu müssen. Aber ich habe auch eine kinderlose Bekannte die "nur" 20 Stunden in der Woche arbeitet.
Die Frage ist ja auch: akzeptieren wir uns im Vergleich zu Andere die Vollzeit arbeiten. Da hadere ich in Gedanken schon mal auch mit mir selber. Ich arbeite vormittags 5 Stunden Mo - Fr.
Es ist nicht gut sich mit anderen zu vergleichen, das habe ich während meiner REHA oft gesagt bekommen, weiss das auch heute, doch ich muss mich da häufig selber noch einmal daran erinnern.
Ich hatte auch mal einen Kollegen der so traurig guckte und sagte : hast du schon Feierabend? Der hat Vollzeit gearbeitet. Habe ein mieses Gefühl dabei gehabt. Ich habe ihn dann mal vorgeschlagen er könne den Chef ja fragen ob er auch immer früher gehen dürfe, das sei sich kein Problem wenn er auf einen Teil seines Gehaltes verzichten könne. Danach war Ruhe.
LG

Secret
Kletzi
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Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Kletzi »

Ich kann auch nur in Teilzeit arbeiten. Die meisten reagieren eher in die Richtung "och, würde ich auch gerne, aber reicht dir denn das Geld?"
Monchen12345
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Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Finna,

Mir ging gerade die Idee durch den Kopf: Hast du schonmal die Gegenfrage gestellt? - Also warum arbeitest du Vollzeit?
Ich hab nach einem sehr langen Krankenschein auch erstmal mehrere Monate zu 75% gearbeitet. Ehrlich gesagt: es war Toll. Ich hatte einen Tag in der Woche frei und konnte freitags etwas früher gehen. Wenn vom Geld her passen würde, würde ich das wieder machen.
Ich kam schon mit dem wenigerem Geld klar, aber es war halt auch so, dass ich sehr drauf achten musste und so gut wie nichts übrig blieb für Pläne, Ziele, Hobbys...
Mein Chef meinte damals, dass er mich um den freien Tag beneidet.
Ich wurde in der Zeit ein paar Mal gefragt, warum ich denn nur eine 75%-Stelle hätte. - Eigentlich war es nur als ne halbe Stelle gedacht und ich habe da halt schon mehr rausgehandelt. Zu dem hat/hatte die Stelle andere Vorteile: sehr kurzer Arbeitsweg, sehr nette Kollegen,Wertschätzung vom Chef, kleinerer Betrieb, der Bereich in dem ich wirklich arbeiten wollte, es ist ne Möglichkeit, dass ich meine beiden Ausbildungen einsetzen kann, die haben mir nach der Erkrankung eine Chance gegeben usw. Und spätestens dann, wenn ich gesagt habe, dass ein freier Tag in der Woche auch echt nett ist, haben alle nur genickt.
Also wenn das liebe Geld nicht wäre, wäre ich sofort wieder dabei.
Ich denke auch du wirst deine Gründe für den Job haben, den du gerade machst.
Sie es als Privileg an, dass du das kannst( auch wenn es ggf nicht immer einfach ist).

LG,
Monchen
Finna
Beiträge: 106
Registriert: 10. Dez 2006, 22:24

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Finna »

Hallo Ihr,

finde es sehr interessant was ihr so schreibt. Es stimmt, manche finden es auch toll und sagen, dass sie es auch machen würden,wenn sie es könnten und es gut finden. Es ist richtig, dass ich einfach lernen muss, dass es mich nicht runter zieht, wenn jemand nachfragt. Ich muss mich ja nicht schlecht fühlen, aber wenn man eh keine so guten Tag hat, dann zieht es einen trotzdem nach unten. An guten Tagen denke ich auch, dass ich mehr arbeiten könnte, aber an anderen bin ich einfach nur froh und dankbar, dass ich Teilzeit arbeite. Die meisten Freunde akzeptieren es, es sind eher Bekannte die auch nicht so viel über mich wissen. Ich finde die Idee mit der mit der Gegenfrage toll! Das werde ich mal ausprobieren.

Liebe Grüße,
Finna
Unwissend
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Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Unwissend »

Liebe Finna

Weisst du selber für dich, warum es dich runterzieht, wenn die Leute dich nach dem "Warum" fragen? Vielleicht solltest du dem mal etwas nachgehen. Warum fühlst du dich unsicher und schlecht dabei? Weisst du das? Ich finde es schön, wenn Menschen mehr Zeit für dich haben. Ich arbeite 100%, aber irgendwann möchte ich auch reduzieren, wann, das weiss ich nicht.

Für mich ist bei deiner Geschichte massgebend, warum du dich unsicher und schlecht fühlst, denn es ist ja nur eine "Frage", eine Frage wie "wie geht es dir"? Die Leute interessieren sich vielleicht für das "Warum", weil sie selber auch reduzieren möchten, aber nicht wissen, ob sie das finanziell tragen können. Ich denke, die Frage der Leute ist vielleicht oftmals auch ein wenig rhetorisch, sie denken laut.

Ich sitze gerade im Büro und schaue aus Fenster und ich denke, wie schön es wäre, jetzt draussen zu sein. Es ist wundervolles Wetter, die Sonne scheint und ich denke an die Arbeitskollegin, welche 60% arbeitet und ich stellt sie mir gerade im Garten vor und beneide sie darum.

Kannst du dir vorstellen, dass dein Teilzeitarbeiten dir einfach auch Freude bereiten soll? Ein Privileg, welches doch geniessen sollst und worauf du stolz sein sollst. Du sagst, du hättest einen stressigen Job und deswegen hast du dich bewusst für die Teilzeitarbeit entschieden. Ich sage: ein Wahnsinns kluger Entscheid! Das einzig Richtige! Du hast die richtige Entscheidung getroffen. Sie darauf stolz und meine Antwort auf die Frage der Leute wäre:

Es macht mich glücklich und zufrieden!!

Mehr brauchst du nicht zu sagen, wer will schon nicht glücklich und zufrieden sein und während du das sagst, lächle zufrieden.
buggybeast
Beiträge: 159
Registriert: 5. Sep 2020, 13:32

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von buggybeast »

Hallo liebe Finna

Ich arbeite ab kommender Woche das erste mal in meinem Leben in Teilzeit. Zu 80%, das bedeutet bei mir, das ich einen Tag frei hab.

Ich habe das bewusst über berufliche Eingliederung gemacht, das BEM.

Ich finde die Gegenfrage auch sehr sehr gut. Noch besser finde ich das Argument, weil du arbeitest, um zu leben, und nicht lebst, um zu arbeiten.

Einfallen würde mir noch: weil ich es mir leisten kann.
Mein Therapeut würde einfach sagen: aus gründen.

Wenn ich gefragt werde, sage ich einfach, aus gesundheitlichen Gründen.

Lg
Finna
Beiträge: 106
Registriert: 10. Dez 2006, 22:24

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Finna »

Hallo,

tolle Ideen mit den Antworten. buggybeast: "Aus Gründen" find ich auch gut zu antworten. Eigentlich reicht das. Echt genial.

Ist echt gut, wenn man eine Antwort parat hat.
Kassettenkind
Beiträge: 840
Registriert: 16. Nov 2020, 19:21

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Kassettenkind »

Hallo Finna,

das was du schreibst und erlebst, kenn ich leider. Nur nicht von Freunden sondern von Kolleginnen.
In meinem alten Büro wurde ich fast täglich angesprochen, wenn ich um 13 Uhr Feierabend hatte.
Die Kommentare waren dann: Ach, du hast das gut, schon wieder Feierabend, dass hätte ich auch gern...
Die Sprüche wurden dann immer "abgefu**ter". Bis ich irgendwann mal gesagt habe, ich kriege nur die Hälfte von eurem Geld! Die Antwort meiner jüngeren Kollegin war dann: Ist das wirklich so? Wieviel Geld bekommst du denn?
Da habe ich mir innerlich nur gedacht, nee jetzt reicht es.
Ich habe noch andere Verpflichtungen, wie z. B. meine pflegebedürftige Mutter um die ich mich kümmere.
In meinem Freundeskreis wissen es alle.
Im Büro rechtfertige ich mich nicht mehr dafür. Es ist deine persönliche Sache, wie viel Stunden du arbeitest.
Was du noch in deiner Freizeit machst auch.
In unserer Gesellschaft werden wir gern in Schubladen gesteckt. Vermutlich ist es auch der Neid der "Vollzeit-Arbeitenden", da sie unzufrieden sind.
Dazu muss ich sagen, dass ich da nicht alle über einen Kamm scheren will. Es gibt auch Kollegen und Kolleginnen die mir das gönnen und tolerant sind ;-)
@buggybeast: Das mit den gesundheitlichen Gründen finde ich auch gut! Ich werde mir das merken und nächstes Mal persönliche Gründe nennen :-)
Liebe Finna, gehe deinen Weg weiter und stehe zu deiner Teilzeit-Entscheidung. Wenn es dir gut tut, ist es das Richtige.
Ich wünsche dir alles Gute für deine weiteren Vorhaben.

LG
Catlover2020
Ich lerne, das Geräusch meiner Schritte zu lieben, wenn ich mich von Dingen entferne, die nicht für mich gedacht sind.
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Gertrud Star »

Liebe Teilzeiter,
genießt es wenn möglich. Das Privileg, so abgesichert zu sein, um teilzeit arbeiten zu können, hat nicht jeder.
Für manche ist das Leben noch eine Stufe härter.
Gruß
Suchende2
Beiträge: 1287
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Suchende2 »

LiebeTeilzeiter,

ich kann mich Gertrud Star nur anschließen!
Und wenn jemand Neid entwickelt, fragen, ob derjenige auch bereit ist auf den Teil von Gehalt und Rente zu verzichten!

Bevor ich zusammengebrochen bin, habe ich meinen direkten Vorgesetzten mehrere Jahre gebeten, meine Arbeitszeit um 2 Stunden in der Woche zu kürzen (ich merkte, daß ich auf einem schlechten Weg war und mehr Zeit für mich benötige um wieder "in die Spur" zu kommen). Das war nie möglich! Jetzt nach meinem Zusammenbruch wird dieses wohl möglich sein!

Alles Gute,
Suchende
buggybeast
Beiträge: 159
Registriert: 5. Sep 2020, 13:32

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von buggybeast »

Hallo
Es tut mir sehr leid zu lesen, dass manche oder viele gar nicht diese Möglichkeit haben. Aber ich würde hier die Gesellschaft bzw. Das System anprangern. Ich musste es mir ganz genau überlegen, ob ich das finanziell schaffe. Und mein Arbeitgeber hat mich dabei leider null unterstützt. Ich habe keine Info bekommen, wieviel ich am Ende wirklich an netto verdiene. Musste mir alles selber zusammen suchen.

@Suchende2: meinst du wirklich 2 Stunden pro Woche weniger? Oder pro Tag? Weil 2 Stunden pro Woche wird ganz ehrlich keine Wirkung haben.
Suchende2
Beiträge: 1287
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Suchende2 »

Hallo buggybeast,

Ja, damals bat ich nur um 2 Stunden in der Woche. Ich hatte die Idee, daß ich dann, da ich einen Tag in der Woche einen festen, unverrückbaren Arbeitsschluß habe, dementsprechend meinen Weg suchen kann (evt. Therapeutin suchen, ...). Nun werde ich um 1 Tag weniger Arbeit bitten (80%). Ich muß mir daß aber noch genau ausrechnen. Aber finanziell muß es einfach irgendwie gehen, meine Gesundheit geht vor!

Alles Gute,
Suchende
Kassettenkind
Beiträge: 840
Registriert: 16. Nov 2020, 19:21

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Kassettenkind »

@Suchende2: Das macht mich traurig, so etwas zu lesen.

Ich finde auch das die Gesundheit das höchste Gut von uns Menschen ist.
Das System ist generalüberholungsbedürftig. Die sogenannte "Work-Life-Balance" soll doch eingehalten werden.
Wie soll das gehen, wenn man wegen 2 Stunden weniger arbeiten die Woche schon betteln muss?
Ich drücke dir die Daumen, dass du einen gesundheitlich förderlichen Weg einschlagen kannst.
Natürlich ist die finanzielle Seite nicht zu unterschätzen. Ich bin dankbar dafür, dass ich familiären Rückhalt habe, sonst ginge es auch nicht.

@buggybeast: Schade, dass dein Arbeitgeber dir nicht so viel Unterstützung gegeben hat. Wenigstens hast du die Möglichkeit weniger zu arbeiten ;-)

LG Catlover
Ich lerne, das Geräusch meiner Schritte zu lieben, wenn ich mich von Dingen entferne, die nicht für mich gedacht sind.
Banga-Li
Beiträge: 1
Registriert: 27. Feb 2021, 10:16

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Banga-Li »

Guten Morgen! Ich bin neu hier und habe einfach mal nach für mich passenden Überschruften gesucht....
Ich bin eigentlich mein Leben lang am "mich rechtfertigen "! Allerdings eher vor mir selbst! Schaffensdrang, Müdigkeit, "Watte im Kopf ", Enttäuschung darüber nichts zu schaffen und dann alles wieder von vorne! Fühle mich, wie Rilke's Panther!
Greta1962
Beiträge: 281
Registriert: 21. Sep 2020, 20:13

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Greta1962 »

Ich musste 58 Jahre alt werden um zu erkennen, dass ich mich nirgends und für gar nichts rechtfertigen muss!
Das, was ich mache, ist allein meine Sache - das betrifft nur mich und ggf. noch meinen Partner oder meine Familie.

Ich arbeiten schon immer nur halbtags - und jetzt gar nicht mehr, bin schon längerfristig krank geschrieben. Anfangs habe ich mich auch noch versucht zu rechtfertigen, warum es mir schlecht geht - warum ich nicht arbeiten kann ... usw. ... wenn man keine Krankheit hat, bei der man offensichtlich den Kopf unterm Arm trägt, ist es ja sowieso immer schwierig, bei Depressionen oder burnout o.ä. noch mal doppelt.

Ich sage jetzt gar nix mehr - denn alles, was man sagt, wird sowieso durch die Mangel gedreht und was letztendlich dabei raus kommt - also was und wie Freunde/Kollegen/Bekannte darüber denken und reden - das kann man auch nicht mehr beeinflussen.

Es liegt immer so in der Natur der Menschen, sich zu rechtfertigen, zu erklären, zu entschuldigen ... aber man muss das nicht tun! Oft fährt man besser damit, wenn man sich mehr zurückhält und nicht so viel von sich preisgibt.
Liebe Grüße von ..... Greta
Maybee
Beiträge: 12
Registriert: 7. Feb 2021, 11:49

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Maybee »

Liebe Finna,

Du hast schon so viele gute Antworten bekommen. Dennoch möchte ich auch noch etwas dazu sagen:

Als ich Deinen Beitrag las, dachte ich sofort, dass Du Dir die richtige Antwort darin im Prinzip schon selbst gegeben hast, nur als Frage formuliert.

Du sorgst sehr gut für Dich selbst, indem Du genau spürst, was für Dich gut ist und was nicht, wie weit Du gehen möchtest und Du ziehst Deine Konsequenzen daraus (eben hier: Teilzeit zu arbeiten).

Ich könnte mir vorstellen, dass bei den Leuten, die dich nach dem "warum" fragen, auch ein wenig Neid eine Rolle spielt. Das kann auch unbewusst sein. Zudem ist Neid meiner Ansicht nach ein allzu menschliches Gefühl, das jeder kennt und das nicht verurteilt, aber wahrgenommen gehört ;) . Denn für dein eigenes Wohlbefinden wäre es nicht unwichtig, sich über die Motivation der anderen Gedanken zu machen. Nicht Du oder eine hinter deinem Handeln vermutete "Faulheit" ist das Problem, sondern vielleicht der Neid der anderen?

Niemand ist einem anderen Rechenschaft schuldig, sofern er mit seinem Verhalten anderen nicht schadet. Und das tust du nicht. Du musst also nicht, kannst aber deine Entscheidung anderen gegenüber begründen. Dann aber gern selbstbewusst und mit der Gewissheit, dass Du als eigenständiger Mensch deine eigenen Entscheidungen treffen und verantworten kannst.

Ich arbeite seit 6 Jahren Teilzeit und bin damit so glücklich wie nie zuvor in meinem Arbeitsleben.

LG
Maybee
Seelentanz
Beiträge: 10
Registriert: 6. Feb 2021, 23:11

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Seelentanz »

momadome hat geschrieben:
Was mir sofort als kurzer, knackiger Spruch dazu einfällt ist:

"Ich arbeite um zu leben, aber ich lebe nicht um zu arbeiten!"
Dieser Spruch passt sehr gut!
Diese Arbeitsgeschichte ist auch ein Teil der Krankheit. Der ständige Druck, das muss noch gemacht werden, dies und das. Ständige Angst um den Arbeitsplatz. Ganz ehrlich da kann man nicht abschalten am Feierabend nach mehr als 10 Stunden Arbeit. Teilzeit kommt für mich nur noch in Frage. Klar, gibt es Dinge/Sachen die man einschränken muss, da der Verdienst weniger ist. Ich habe mich da mit Fragen beschäftigt...Ist das dir so wichtig? Wann hast du es zuletzt benutzt? Bereichert dich es im Leben? Macht dich das wirklich glücklich?
Für die Zukunft sind es die gleichen Fragen.

Ich weiss nicht wie es bei euch ist/war. In erster Linie sind wir bzw. Ich wichtig. Und wenn ich weniger Geld habe...es gibt so schöne, andere Dinge die glücklich machen. Gespräche mit lieben Wesen, in der freien Natur frühstücken/naschen. Fahrrad fahren, wandern in einer neuen Umgebung, Kochen, Spiele spielen, DVD Abend, Kreativität ausleben (Fotografieren) usw.

Ja, muss sagen ich habe auch sehr viel negatives, Unverständlichkeit erleben müssen.
Es kam so Sprüche wie: " Du Junger Mensch gehst halb Tags arbeiten, bist doch fit und gesund. Warum? Du musst doch deine vollen Beiträge zahlen, sonst kommt das böse erwachen später."
Es tut mir weh sowas zu hören bekommen. Ich merke auch das man als Simulant hingestellt wird. Auch deswegen möchte ich nicht mehr unter der Menschenmasse sein. Viel lieber bin ich in der freien, ruhigen Landschaft. Da fühle ich mich zu Hause. Und mit lieben Wesen (Hand voll) die einen zuhören und verstehen.

@ Catlover2020

Diese Work-Life-Balance ist schon lange nicht mehr so wichtig und wertschätzend. Das einzige was in der Gesellschaft passen MUSS sind Zahlen, egal wie und wo. Keiner fragt nach wie, wie lange du das gemacht hast? Welche Uhrzeit? Ob es dir schlecht ging dabei? Pausen eingelegt hast? usw. Hauptsache du funktionierst oder du kannst gehen.
HimmelundErde78
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Registriert: 15. Mär 2020, 07:19

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von HimmelundErde78 »

Hallo, ich bin jetzt sehr lange krank geschrieben, wurde wegen der Krankheit gekündigt und war jetzt noch auf Reha und es wurden für mich LTA beantragt. Außerdem beantrage ich ab nächsten Monat dann ALG und stelle mich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Weil ich gesundheitlich meine ursprüngliche Arbeit nicht mehr schaffe. Also bin ich zur Zeit wieder viel zu Hause.
Dann begegnete mir vor Tagen meine Nachbarin und meinte, was ich jetzt so mache, ob ich wohl Erholung mache. Ich war völlig überfordert und meinte darauf, dass ich bald wieder arbeiten gehe.Ich schäme mich für meine Situation, am liebsten in der Wohnung verstecken damit niemand einen anspricht darauf. Auch bei Bekannten hab ich Angst. Wenn die fragen, was machst du jetzt. Ich möchte meine Situation nicht jedem erzählen, weiß aber auch keine passende Antwort.
Hab schon überlegt zu sagen, ich mach Homeoffice. Das hatte ich nämlich vor der Erkrankung schon mal. Oder sage ich ich will nicht drüber reden? Ich weiß es nicht. Ich versuche halt auch immer möglichst freundlich zu sein. Tu mir da mit Abgrenzung sehr schwer.

Vielen Dank
Nachtmensch
Beiträge: 620
Registriert: 30. Dez 2020, 06:39

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Nachtmensch »

Hallo HimmelundErde,

ich kann Deine Scham nachvollziehen. Ich selbst bin nun zu dritten Mal arbeitslos. Das erste mal, hat die Firma zu gemacht. Die beiden anderen male habe ich wegen der Krankheit selbst gekündigt. Anfangs dachte ich auch, was sagst du wenn dich jemand fragt, was arbeitest oder machst du. Irgendwas erfinden? Nein, denn sowas fällt einem irgendwann auf die Füße. Ich habe es immer mit der Wahrheit gehalten und bin damit gut gefahren. Klar, es kostet Überwindung, aber teilweise waren andere sogar recht hilfsbereit, bzw. haben angeboten, zu helfen wenn ich was brauche. Wieder andere haben sich dann distanziert und das war auch gut.

Viele Grüße
R.
Secret
Beiträge: 1401
Registriert: 16. Dez 2010, 16:15

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Secret »

Hallo HimmelundErde,

genau wie Nachtmensch habe ich erlebt das man mit der Wahrheit in manchen Situationen besser dran ist. Ich war vor 10 Jahren AU, da hatte ich noch schulpflichtige Kinder.
Da hat eine Mutter von einem Klassenkameraden mitbekommen das ich immer zu Hause war und sie hat von Teilzeit in Vollzeit gewechselt. Weil die Kinder auch miteinander befreundet waren hat sich mich gefragt ob ich für Bezahltung Ihre Kinder mittags nehme, für sie koche und die Hausaufgaben betreue, waren 2 Jungs in der selben Klasse, ein Jahr Altersunterschied :shock:
Das wäre überhaupt nicht mein Ding, das wäre ja noch schwieriger als mein eigentlicher Bürojob. Ich habe gesagt dass ich nicht arbeiten kann und abgesagt, weiss gar nicht mehr genau ob ich auch von Depressionen gesprochen habe. Burn-Out war jedenfalls Salonfähiger. Vorher habe ich auch überlegt von einem Rückenproblem zu sprechen.
Bei einem Nachbarn hatte ich auch mal positives Feedback.
Als ich meine berufliche REHA damals machte war das bei Bewerbungen auch ein Thema, ich hatte es direkt angesprochen. In einem Praktikum über die REHA Massnahme habe ich meinen jetzigen Job bekommen.
Aber als ich vor über 10 Jahren hier im Forum mehr aktiv war hat mir auch jemand geschrieben und vorgeworfen ich würde ja Gelde und Leistungen fürs Nichtstun bekommen. Das hat mich sprachlos gemacht, hier im Forum! Alle anderen waren aber OK, und haben mich in Schutz genommen.
Die Frage ist ja: glaubst du alles was du denkst? Die Leute können dich damit das du ohne Arbeit nichts wert seist nur treffen wenn du das tief in deinm Innersten glaubst. Und der Weg aus der Depression heraus ist ersteimal: definiere dich nicht über deinen Job.
Ich wünsche Dir viel Kraft und das du deinen Weg gehst
LG

Secret
Kassettenkind
Beiträge: 840
Registriert: 16. Nov 2020, 19:21

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Kassettenkind »

Secret hat geschrieben:Hallo HimmelundErde,

genau wie Nachtmensch habe ich erlebt das man mit der Wahrheit in manchen Situationen besser dran ist. Ich war vor 10 Jahren AU, da hatte ich noch schulpflichtige Kinder.
Da hat eine Mutter von einem Klassenkameraden mitbekommen das ich immer zu Hause war und sie hat von Teilzeit in Vollzeit gewechselt. Weil die Kinder auch miteinander befreundet waren hat sich mich gefragt ob ich für Bezahltung Ihre Kinder mittags nehme, für sie koche und die Hausaufgaben betreue, waren 2 Jungs in der selben Klasse, ein Jahr Altersunterschied :shock:
Das wäre überhaupt nicht mein Ding, das wäre ja noch schwieriger als mein eigentlicher Bürojob. Ich habe gesagt dass ich nicht arbeiten kann und abgesagt, weiss gar nicht mehr genau ob ich auch von Depressionen gesprochen habe. Burn-Out war jedenfalls Salonfähiger. Vorher habe ich auch überlegt von einem Rückenproblem zu sprechen.
Bei einem Nachbarn hatte ich auch mal positives Feedback.
Als ich meine berufliche REHA damals machte war das bei Bewerbungen auch ein Thema, ich hatte es direkt angesprochen. In einem Praktikum über die REHA Massnahme habe ich meinen jetzigen Job bekommen.
Aber als ich vor über 10 Jahren hier im Forum mehr aktiv war hat mir auch jemand geschrieben und vorgeworfen ich würde ja Gelde und Leistungen fürs Nichtstun bekommen. Das hat mich sprachlos gemacht, hier im Forum! Alle anderen waren aber OK, und haben mich in Schutz genommen.
Die Frage ist ja: glaubst du alles was du denkst? Die Leute können dich damit das du ohne Arbeit nichts wert seist nur treffen wenn du das tief in deinm Innersten glaubst. Und der Weg aus der Depression heraus ist ersteimal: definiere dich nicht über deinen Job.
Ich wünsche Dir viel Kraft und das du deinen Weg gehst
Hallo Secret,

da hast du ja einiges erlebt.
Deinen vorletzten Satz finde ich sehr gut!
Auch alles was du davor geschrieben hast, sehr wahre Worte.
Das du hier vor 10 Jahren im Forum angefeindet worden bist, finde ich sehr erschreckend.
Ich habe den Eindruck gehabt, dass sich Anfeindungen und Verurteilungen hier im Forum in Grenzen halten.

LG
Catlover2020
Ich lerne, das Geräusch meiner Schritte zu lieben, wenn ich mich von Dingen entferne, die nicht für mich gedacht sind.
Kassettenkind
Beiträge: 840
Registriert: 16. Nov 2020, 19:21

Re: Teilzeit-Rechtfertigung

Beitrag von Kassettenkind »

Seelentanz hat geschrieben:
momadome hat geschrieben:
Was mir sofort als kurzer, knackiger Spruch dazu einfällt ist:

"Ich arbeite um zu leben, aber ich lebe nicht um zu arbeiten!"
Dieser Spruch passt sehr gut!
Diese Arbeitsgeschichte ist auch ein Teil der Krankheit. Der ständige Druck, das muss noch gemacht werden, dies und das. Ständige Angst um den Arbeitsplatz. Ganz ehrlich da kann man nicht abschalten am Feierabend nach mehr als 10 Stunden Arbeit. Teilzeit kommt für mich nur noch in Frage. Klar, gibt es Dinge/Sachen die man einschränken muss, da der Verdienst weniger ist. Ich habe mich da mit Fragen beschäftigt...Ist das dir so wichtig? Wann hast du es zuletzt benutzt? Bereichert dich es im Leben? Macht dich das wirklich glücklich?
Für die Zukunft sind es die gleichen Fragen.

Ich weiss nicht wie es bei euch ist/war. In erster Linie sind wir bzw. Ich wichtig. Und wenn ich weniger Geld habe...es gibt so schöne, andere Dinge die glücklich machen. Gespräche mit lieben Wesen, in der freien Natur frühstücken/naschen. Fahrrad fahren, wandern in einer neuen Umgebung, Kochen, Spiele spielen, DVD Abend, Kreativität ausleben (Fotografieren) usw.

Ja, muss sagen ich habe auch sehr viel negatives, Unverständlichkeit erleben müssen.
Es kam so Sprüche wie: " Du Junger Mensch gehst halb Tags arbeiten, bist doch fit und gesund. Warum? Du musst doch deine vollen Beiträge zahlen, sonst kommt das böse erwachen später."
Es tut mir weh sowas zu hören bekommen. Ich merke auch das man als Simulant hingestellt wird. Auch deswegen möchte ich nicht mehr unter der Menschenmasse sein. Viel lieber bin ich in der freien, ruhigen Landschaft. Da fühle ich mich zu Hause. Und mit lieben Wesen (Hand voll) die einen zuhören und verstehen.

@ Catlover2020

Diese Work-Life-Balance ist schon lange nicht mehr so wichtig und wertschätzend. Das einzige was in der Gesellschaft passen MUSS sind Zahlen, egal wie und wo. Keiner fragt nach wie, wie lange du das gemacht hast? Welche Uhrzeit? Ob es dir schlecht ging dabei? Pausen eingelegt hast? usw. Hauptsache du funktionierst oder du kannst gehen.


Hallo Seelentanz,
ganz so negativ empfinde ich es nicht. Es gibt auch rücksichtsvollere Arbeitgeber.
Tatsächlich wurde ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber unterstützt und hatte auch Verständnis seitens meines Vorgesetzten, wenn es um Arbeitszeitkürzung und Pausen usw. ging.

Tut mir leid, wenn du so negative Erfahrungen gemacht hast und niemand auf dich eingegangen ist.
Ich wünsche dir alles Gute auf deinen Weg :hello:

LG Catlover2020
Ich lerne, das Geräusch meiner Schritte zu lieben, wenn ich mich von Dingen entferne, die nicht für mich gedacht sind.
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