Morgens wie gelähmt nachmittags ist alles vorbei

[Nata]

Hallo ihr Lieben,

ich hab bei mir festgestellt das mich meine Depression morgens und vormittags sehr belastet. Ich muss mich wirklich zwingen und überwinden etwas zu tun. Und am Nachmittag so etwa ab 14 Uhr ist alles weg. Ich fühle mich total gut, schaffe es mir keine Sorgen zu machen.
Ich versuche aber nicht zu übertreiben, sondern lediglich meine alltäglichen Aufgaben im Haushalt zu erledigen.

Kennt das jemand zufällig?
Kann es sein das es sich nur um eine Morgen Depression handelt?
Wobei es am Wochenende bei mir gar nicht ging. Ich hab mich das ganze Wochenende schlecht gefühlt...

Liebe Grüße
Nata

[Legoslas]

Hallo Nata,

Ich würde sagen dass das ein klassisches Morgentief ist. Das ist gar nicht so selten bei Depression.

Mit geht es ähnlich. Ich komme auch oft erst nachmittags aus dem quark.

LG legoslas

[phoenix33]

Hallo Nata,

mir geht es genauso. Meine Depression ist Anfang Januar um die Ecke gekrochen gekommen und ich bin von einem Tag auf den anderen morgens mit Herzrasen und Atemnot aufgewacht. Konnte dann nicht aufstehen und habe mich nur so durch den Tag geschleppt. Keinen Hunger, keinen sehen.

Sobald der Nachmittag angebrochen ist, waren die dunklen Wolken weg. Als hätte jemand in meinem Hirn die Vorhänge aufgeschoben. Ich konnte alles etwas entspannter sehen.

Nun war ich zwei Mal bei einer Therapeutin und habe eine Verordnung für eine Klinikbehandlung bekommen. Seitdem ist es morgens weniger schlimm. Aber das aufwachen ist leider noch immer nicht schön.

Ich weiß leider nicht genau, ob sich diese Phasen typischerweise verschieben oder ob es bei mir wieder schlimmer werden kann.

Liebe Grüße und alles Liebe für dich,
phoenix

[Nata]

Hallo Phoenix,

genau so geht es mir...
Ich nehme mir vor jeden Tag früher aufzustehen und jeden morgen klappt es nicht. Ich bekomme die Augen nicht auf weil ich dann weiß das ich mich mit diesem quälenden Gefühl in mir durch den Tag schleppen muss.

Ich habe endlich nächste Woche einen Termin bei meiner Psychaterin. Ein Klinikaufenhalt kommt für mich leider nicht in Frage weil ich einen 16 Monate alten Sohn zu Hause habe. Das macht es morgens auch noch so schwer. Ich schaffe es ja kaum mich um mich selbst zu kümmern. Dieser kleine Mann fordert meine volle Aufmerksamkeit und Kuss ja auch versorgt werden.
Ich habe die Hoffnung vielleicht eine Mutter-Kind Kur machen zu können.

Dir auch ganz viel Kraft!

[Henric007]

Hallo Nata, Hallo ihr Lieben,

ich kenne das auch.

Bei mir ist es besonders jetzt in der dunkleren Jahreszeit, verbunden mit Wolkenhimmel den ganzen Tag, ganz stark. Ich schlepp mich von Tag zu Tag, abends geht es mir fast immer wieder gut, nur der Morgen ...

Meine Therapeutin meinte auch, dass ist ein klassisches Morgentief. Und ich weiß, im Sommer wird es besser.

Aber zu Dir, Nata. Zum einen bist Du nicht alleine mit dem Problem und ich hoffe, die Psychiaterin kann Dir Hilfe anbieten.

Mit einem kleinen Kind ist das Leben natürlich gravierend anstrengender. Ich habe es damals, als meine Kinder in dem Alter waren, auch als Mann als belastend empfunden. Keine Konzentration mehr im Job.

Darum, kommt bei Dir vielleicht auch noch wegen der Betreuung Schlafmangel hinzu? Das reißt die Mutter/Eltern auch ganz schön runter.

Ich wünsche Dir alles Gute.
Henric007

[Wandervogel]

Hallo Phönix,
Hallo an alle anderen,

ich wache auch jeden Morgen mit Panik und Herzrasen auf und komme dann bis um 14:00 Uhr auch nicht so richtig in die Puschen.

War schon bei meinem Psychater, der hat mir auch ne Klinik vorgeschlagen. Kommt für mich jetzt zu Corona absolut nicht in Frage. Er hat mir ne Atemübung gezeigt. Die mache ich jeden Morgen nach dem Aufstehen und dann geht es ganz gut. Ist zwar immer noch schwer, aber ich kann mich dann doch schon etwas mehr aufraffen.

Liebe Grüße

[Nata]

Hallo Henric,

ja der Schlafmangel hat ganz bestimmt auch einiges zur aktuellen Situationen beigetragen. Wir haben nämlich einen sehr schlechten Schläfer...

Ich lasse mir nächste Woche auch nochmal Blut abnehmen. Hab nämlich die Vermutung das es nach der Stillzeit meine Hormone etwas durcheinander gebracht hat. Ich habe seit ich 18 bin immer wieder mal mit einer Unterfunktion zu kämpfen. Wir werden sehen...

Es ist auf jeden Fall eine große Stütze sich mit Menschen auszutauschen denen es genauso geht. Mein Mann kann das ganze ja absolut nicht nachempfinden. Ich hab zwar versucht ihm dieses Gefühl zu beschreiben, aber ich denke wenn man selbst noch nie mit einer Depression zu tun hatte, dann ist das nicht so einfach.

@Wandervogel, lässt sich diese Atemübung irgendwie erklären? Dann würde ich das auch mal ausprobieren.

Vielen Dank für eure Antworten und aufmunternden Worte

[Wandervogel]

Hallo Nata,

mal gucken ob ich das gut erklärt kriege.

1) aufrecht auf einen Stuhl setzen
2) Hände liegen auf den Oberschenkeln oder im Schoß
3) schließe die Augen und 3 - 4 x tief ein und ausatmen dann ruhig weiter atmen
während der ganzen Übung nicht den Atem anhalten (WICHTIG)
4) stelle Dir vor, wo das belastende Gefühl (Angst/Panik) im Körper sitzt
5) gebe dem Gefühl eine Form (z.B. Tennisball, oder Medizinball oder irgendetwas anderes
6) wie ist die Oberfläche (z.B. glatt, stachelig, rauh oder was anderes)
7) welche Temperatur hat es (heiß, warm, kalt)
8) Wie stark ist das Gefühl auf einer Skala von 0 - 10 ( 0 = gar nicht, 10 absolut stark)
9) Lege, wenn Du magst die Hände dorthin wo das Gefühl ist. Dann beim Einatmen atmest Du dorthin wo das Gefühl sitzt
10) beim Ausatmen durch die zusammengepreßten Lippen atmen (Lippenbremse)
11) beobachte das Gefühl. Wird es kleiner, kühlt es ab etc.?
12) solange diese Übung machen bis das Gefühl, wenn es z.B. bei 8 ist auf mindestens 4 runter ist.

Das alles kann mehrere Minuten dauern. Ich hatte es zu Anfang so bei 30 bis 40 Minunten.
Mittlerweile brauche ich nur noch 15 Minuten. Das sollte aber auch die Mindestzeit sein.
Auf jeden Fall erst aufhören, wenn das Gefühl kleiner geworden ist.

So ich hoffe, ich konnte es irgendwie gut rüberbringen.

Liebe Grüße

[aprill]

Ganz typisch für Depressionen. Nachmittags wird’s besser. Muss man versuchen in den Tagesablauf einzuplanen, um Energie zu sparen. Am Abend Sachen für den Vormittag vorbereiten, um den Start in den Tag einfacher zu machen.
Den Wasserkocher für den Tee schon aufgefüllt haben, am Abend duschen, Mittagessen für 2 oder mehr Tage kochen und einfrieren, Klamotten rauslegen... so kleine Sachen können helfen.

[Nico Niedermeier]

Hallo von der Moderation,

in alten Klassifikationen war dieses Symptom immer auch ein Kernsymptom für "endogene Depressionen". Man hat auch in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts noch versucht, die Depressionen nach Ursachen zu unterscheiden. Neben körperlich bedingten Depressionen (z.B. durch ß - Blocker), unterteilte man zwischen lebengeschichtlichen Depressionen, bei denen normalerweise im Laufe des Tages die Depression immer schlechter wird (besonders abends und beim Einschlafen) und endogenen, also stoffwechselbedingten Depressionen, bei denen die Stimmung morgens sehr schlecht ist und mittags oft schon deutlich besser, abends oft gut. Für lebensgeschichtliche Depressionen gab es Psychotherapie, für endogene Medikamente.

Wir diagnostizieren heute deskripitv, also beschreibend und diese alten Einteilungen gibts so nicht mehr...

Hintergrund war, dass man 30% der Patienten nicht eindeutig einer Gruppe zuordnen konnte.
Durch die Hintertür hat es die alte Klassifikation aber doch bis in die Neuzeit geschafft. Man kann depressive Episoden "mit" oder "ohne" somatischen Syndrom diagnostizieren (einfach mal somatisches Syndrom und depressive Episode googeln)....Das Vorliegen eines somatischen Syndroms (Morgentief) ist für Kliniker oft ein Hinweis, dass sich die Depression besonders gut und schnell durch Medikamente bessern lässt. Dies gilt aber eben nicht immer...deshalb kann es nur als Zusatzhinweis verstanden werden...

Beste Grüße
Die Moderation

[UpsideDown]

Ich kenne dieses Morgentief auch von meinen ersten beiden Episoden. Was ich bei den letzten beiden hatte, war aber anders und es hört sich ein wenig an, wie bei dem Autor dieses Threads. Und zwar war es dann ein richtiges Umschalten so gegen ca 14 Uhr. Mal etwas früher und mal später, aber dann konnte ich von jetzt auf gleich plötzlich wieder normal denken. Ich hab mich abends teilweise bei meiner Frau bis zum nächsten Nachmittag verabschiedet, weil ich mich vormittags dermaßen wie ein ander Mensch gefühlt habe. Jetzt mögen einige sagen, dass man noch von Glück reden kann, wenn es nachmittags wieder gut wird, aber dieses krasse Umschalten ist irgendwie auch sehr belastend, weil man jeden Tag aufs neue erlebt, dass man der Krankheit völlig ausgeliefert ist.

@Moderation: Genau wie Sie sagen, hat Sertralin bei mir schnell und lange funktioniert. Jetzt nehme ich mittlerweile aber schon 250mg und die Abstände von schlechten Phasen werden immer kürzer. Ich habe Angst, das Medikament zu wechseln. Kann man wenigstens sagen, welche Alternative am wahrscheinlich sinnvoll wäre zu probieren?

[Gartenkobold]

Hallo,

meine Frage wäre was außer Medikamenten und Atemübungen hilft Euch?
Ich habe das solange ich denken kann, Medikamente verbessern die Situation nicht. Gerne würde ich heroisch schreiben: "Morgen früh gehe ich joggen" doch das wird ganz sicher nicht passieren . Aufstehen und einen starken Kaffee trinken, Medikamente nehmen klappt und bis mindestens Mittags bin ich trotzdem Matsch.

LG Gartenkobold

[Gartenkobold]

So geht los... meine Laune ist. .
Nach Recherche hier im Forum (Yvi schreibt es ist wichtig möglichst früh in Bewegung zu kommen, Peter1 geht erst mal mit seinem Hund) und im Netz scheint Bewegung eine Möglichkeit zu sein, wem sie hilft, gibt ja auch Leute, die sind hinterher noch fertiger. Sport hat mir immer Spaß gemacht, werde berichten ob es was bringt.

LG Gartenkobold

[Sul]

Hallo Gartenkobold,

für mich ist es wichtig überhaupt in Bewegung zu kommen. Mir tun Yoga und Laufen sehr gut, aber am Morgen klappt nur Yoga, meine Lieblinigsübungen. Es war ein hartes Training für mich, mich immer wieder zu motivieren, dranzubleiben. Und nun ist es (fast) eine Gewohnheit wie das Zähne putzen geworden. Ich freue mich nach dem Aufwachen schon richtig drauf.

Bei schwerer Antriebslosigkeit am Morgen mit kleinsten Bewegungsimpulsen anfangen, z.B. im Bett strecken, mit den Füßen kreisen, auf der Bettkante 3 bewusste Atemzüge machen, irgendwie in die Küche kommen und Teewasser aufstellen. Immer nur ein Schritt, und sei er noch so klitzeklein, geht (meist) immer. Bei mir wenigstens.

Und wenn ich mal im Bett liegen bleibe, versuche ich, dass ich mir nicht die größten Vorwürfe mache.

Viele Grüße, Sul

[Gartenkobold]

Liebe Sul,

danke für Deine Antwort (hat sich überschritten). So werde ich es machen, den kleinsten Impulsen folgen. Die Laufklamotten schon mal bereit legen. Hat man es erst ins Bad geschafft, etwas getrunken, vielleicht etwas kleines gesessen und die Sachen an, fällt es nicht mehr so schwer.

Ich hoffe damit das Tief, das bei mir bis in den Nachmittag gehen kann, abzukürzen. Joga ist eher schwierig für mich auch mit MBSR habe ich Mühe, doch Laufen bereitete mir meist Freude.

Heute war ich Joggen. Das es jetzt was gebracht hat, kann ich nicht sagen. Es kommt auf die langfristige Wirkung an. Ich bin immer noch Matsch, fühle ich aber zumindest nicht schlechter.

Im Netz habe ich noch gefunden:
- auf Tagesschlaf verzichten
- regelmäßig Einnahme von Mahlzeiten
- Schlafhygiene
- auf Koffein, Alkohol und Tabak verzichten
- regelmäßige sportliche Betätigung, jedoch nicht nach dem Abendessen
- evtl. Tageslichtlampe (im Winter)
- evtl. ein antriebssteigerndes AD morgens und ein sedierendes AD abends

Ist halt klassische Depressionsbehandlung und zielt darauf ab die Tagesrhythmik wieder herzustellen. Die meisten Hinweise bis auf den Kaffeeverzicht und die Tageslichtlampe habe ich die letzten Monate mehr oder weniger angewendet (manchmal muss der Mittagsschlaf halt sein). Da ich schon mal erfahren habe, das mir Sport hilft werde ich es damit weiter versuchen. Über das Thema therapieresistente Depression habe ich auch nachgelesen. Die Tatsache, daß es mir schon viele Jahre schlecht geht und ich jetzt drei ADs mit unterschiedlichen Wirkmechanismus einwerfen darf, geht in diese Richtung. Die nächste Stufe wäre die Kombination aus AD und Neuroleptikum und das möchte ich vermeiden, wenn irgend möglich.
Vielen Dank für Deine Tipps!

LG Gartenkobold
Die besser zum Thead: "Gegenseitig zum Sport motivieren" wechselt.