Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Dobermann1944
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Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Ich war vor einem Jahr acht Wochen auf Station. Zum vierten oder fünften Mal sei 2005. Jetzt hat sie wieder zugeschlagen und ich habe das erste Mal Lorazepam. Ein Medikament, das abhängig macht, eingeworfen.Hab den Psychiater gefragt, er sagte ok.
Jetzt schleiche ich mich seit 14 Tagen durch heftige depressive Episoden und frage mich, wie lange ich das noch so aushalten soll. Sterben ist keine Lösung, das Leben im Moment aber auch nicht.
Drüber reden, mit meiner Frau, ist schwierig, denn wenn ich sehe, wie sie darunter leidet, brichts mir das Herz. Hab es per WhatsApp an ein paar Freunde geschrieben und mich ausgekotzt, hat nicht geholfen. Jetzt, während ich an Euch, ihr Annonymen aus dem All, schreibe, wird's leichter. Holgi hat es in einem Beitrag sehr schön beschrieben, so dieses nimm es hin, scheiß drauf, es ist halt immer wieder ein Teil von dir. Doch seit dem Klinikaufenthalt im letzten Frühling komme ich aus dieser Episoden Schleife nie ganz raus und im Moment macht es mir Angst, ich könnte es nicht packen
Sul
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Sul »

Lieber Dobermann,

das Gefühl es nicht zu packen ist ganz normal, ist ja auch ein Symptom der Depression. Und du wirst wieder rauskommen, auch wenn du es dir jetzt nicht vorstellen kannst.

Ich hatte als Bedarfsmedikation Tavor (Wirkstoff Lorazepam) und hatte den Eindruck, dass Tavor die depressiven Gefühle verstärkt, bei mir jedenfalls. Zunächst eine als angenehm empfundene dämpfende Wirkung, einen halben Tag später noch mehr Katzenjammer. Ich war in einer Privatpraxis, wo die Einnahme von Tavor verharmlost wurde. Ich habe für mich entschieden, dass ich es nur noch als Notfallmedikament nehme, bevor eine Situation eskaliert.

Gute Besserung und viele Grüße, Sul
Peter1
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Peter1 »

Hallo Dobermann
Eigentlich bin ich ein Gegner von Tavor, in der ambulanten Behandlung. Als Notfall Medikament nehme ich es selbst, allerdings nur sehr, sehr selten. Du schreibst nichts über eine Psychotherapie, machst du eine?
Meiner Meinung nach sollte darauf viel mehr Wert gelegt werden. Auch ich hatte Angst, nie mehr aus dem dunklen Loch heraus zu kommen, aber ich habe es geschafft. Natürlich gibt es auch bei mir hin und wieder dunkle Phasen, aber die dauern selten länger als ein paar Stunden. Die in der Psychotherapie erlernten Strategien helfen mir beim Abwehren der Phasen.
Keine Angst, auch du schaffst das.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Liebe Sul, danke für deine Antwort. Bevor ich letztes Jahr in die Klinik kam, nahm ich Setralin. Dann wurde Vorhofflimmern festgestellt und ich bekam Xarelto als Blutverdünner und musste zu Moclobemid 2x 300 mg wechseln. Wegen der Schlafstörungen würde mir Quetiapin verschrieben.
Was mich jetzt so runterreißt ist neben der Depression das Gefühl von Schwäche und Scham gegenüber meiner Frau. Sie wurde als Kind sm und hat alles so gut im Griff Und ich kriege nichts mehr gebacken. Eigentlich wollten wir spazieren gehen aber ich habe das Gefühl, da sitzt mir mal wieder einer auf Schulter und Brust, drückt mir die Luft weg und mir ist übel
Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Hallo Peter,
ich bin seit 2005 in ambulanter Psychotherapie und wenn die Depression mein Leben bedroht, gehe ich zur Stabilisierung in die Klinik Lorazepam würde mir immer wieder verschrieben, Habs aber aus Angst nie genommen. Als es jetzt Mitte Januar aus nichtigem Anlass wieder losging nd immer schlimmer wurde, habe ich Lorazepam genommen und meinen Psychiater gefragt. Das Quetiapin wurde um eine halbe erhöht und in 14 Tagen soll ich mich wieder melden. Auslöser kommen aus der Kindheit, eigentlich weiß ich alles, doch wenn das alte Gefühl von "du bist Schuld" um sich greift, krieg ich es nicht in den Griff
Monchen12345
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Dobermann,

Tavor wurde mir als Notfallmedikament zwar auch wieder angeboten, ich hab es aber wegen dem Suchpotenzial abgelehnt. Fand es extrem erschreckend wie schnell sich der Körper dran gewöhnt. Obwohl mein Bedarf von den Ärzten als okay eingeordnet wurde.
Mein Psychiater hat mir dann Atosil-Tropfen verschrieben. Ich finde sie machen deutlich stärker müde und wirken etwas weniger stark berühigend und die Wirkung hält nicht so lange an, aber insgesamt helfen sie mir auch ganz gut, wenn ich sie brauche.

Mir ging und geht es auch so, dass ich irgendwie kein Ende sehe. Immer mal wieder gibt es Rückfälle, die ich extrem anstrengend finde und mir halt auch die Hoffnung nehmen, dass es mal besser wird oder ich irgendwann mal wieder komplett gesund werde.
Während der letzten schlechten Phase, in der man mir wieder zur Tagesklinik geraten hat odrr zumindest zur nächsten ambulanten Therapie, hab ich das auch abgelehnt. Ich sehe keine mehr in einer reinen Behandlung gegen Depressionen. Eigentlich hab ich da das Meiste durch.
Ich hab dann für mich überlegt mal etwas nach links und rechts zu gucken... Depressionen mal etwas aus dem Hauptfocus zu nehmen. Montag habe ich einen Termin in einer Klinik für Psychosomatik mit dem Schwerpunkt Adipositas mit psychischen Begleiterkrankungen. Obwohl das Problem offensichtlich ist, wurde es fast nie angesprochen. In der Tagesklinik hab ich es in den Einzelstunden angesprochen aber der Therapeut hat es sehr schnnell zur Seite gewischt. Die Außenaktivitäten waren für mich auch ehr kontraproduktiv. Zu 80% ist man irgendwo Kuchen oder Eis essen gegangen und es wurde einem vermittelt, dass man dich so was als Belohnung auch mal gönnen darf.
Ob es was bringt und ob überhaupt mehr passiert als ein Gespräch, wird sich Montag zeigen.
Ein weiteres Problem waren im letzten Jahr starke Rückenschmerzen. Der erste Orthopäde hat es nicht so ernst genommen und auch Einiges übersehen. Er hat mir zum einen erklärt, dass ich nur etwas harmloses hätte und mir würde nur mehr Bewegung und Abnehmen helfen. Schmerzmittel hielt er nicht für nötig. Nur klapp mit Depressionen, starken Schmerzen und krankhaftem Übergewicht weder das eine noch das andere. So hab ich mich monatelang mit Schmerzen rumgequält, durch den ersten Doc hatte ich halt auch keine Hoffnung dass es mir wieder besser gehen wird und hab mir noch die Schuld gegeben, weil ich Abnehmen und mehr bewegen nicht hinbekomme. Ibuprofen machten auch nur noch heftige Magenschmerzen und halfen nicht mehr so richtig gegen die Rückenschmerzen.
Nach Monaten hab ich mich dann doch nochmal zum Hausarzt getraut. Als der mir dann sagte, dass Abnehmen eh schon extrem schwierig ist und mit starken Schmerzen erst recht nicht klappt, war das echt eine riesige Last die mir da genommen wurde. Die ersten Tage mit Schmerzmitteln, die auch wirken und keine weiteren Schmerzen verursachen, habe ich extrem gemerkt wie sehr mir die Schmerzen auf die Psyche gegangen sind.
Mit der jetzigen Behandlung bin ich nicht 100%tig schmerzfrei, aber ich habe deutlich weniger Probleme. Im Februar hab ich noch ein Beratungstermin für Schmerzmittel die unter CT-Kontrolle gespritzt werden. Es soll in 80% der Fälle sehr gut helfen und man ist u.U. mehrere Jahre schmerzfrei.
Ich kenne dich nicht näher, weiß auch nicht, was sonst bei dir noch los ist, aber vielleicht hilft es auch bei dir, wenn du an anderen "Baustellen" arbeitest.

LG,
Monchen
Sul
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Sul »

Lieber Dobermann,

ich kenne das Gefühl der Scham auch sehr gut. Und bei mir wurde die Scham ganz groß, als ich ziemlich instabil wurde, obwohl ich ja so viel weiß, so lange Therapie gemacht habe, die Ursachen kenne und ziemlich klug darüber reden kann. Aber dann doch wieder abrutschte nach einer Verlusterfahrung.

Ich habe mich die letzten Jahre viel mit Körpertherapie beschäftigt, und da hat es noch einmal auf einer ganz anderen Ebene Klick gemacht. Reine VT-Strategien helfen mir nicht.
Vielleicht wäre das auch ein Ansatz für dich, wenn du aus dem Loch wieder draußen bist? Z. B. das Buch von Deb Dana: "Die Polyvagal-Theorie in der Therapie". Dort gibt es gute Anleitungen zu lernen sich selber besser zu verstehen und vor allem sich selber besser regulieren zu können.

Vergleiche mit anderen gehen in der Depression in der Regel nicht gut für einen selbst aus. Kenne ich leider auch sehr gut.

Vielleicht kriegst du irgendeinen Stopp! rein? Ein paar Schritte rausgehen? Etwas essen? Einen Film gucken?

Viele Grüße, Sul
Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Was mich immer wieder verplüfft ist, dass wenn wir abends Fernsehen, Tagesschau und dann ein Krimi dass nach ca. 3/4 Stunde der Druck erstmal weg ist. Ich denke dann immer, könnte ich die mich wohl ständig kontrollierenden und beurteilenden Monster ausschalten, ging es mir besser. Ich meditiere mit sevenmind, das hilft solange ich dabei bin auch.
Aber jede Aufgabe, die ich nicht selbst auslöse, ein Elektriker, der sich anmeldet, löst erst einmal Panik und Angst aus. Spreche ich mit meiner Therapeutin, meint sie, was für ein Wunder, wenn man sich, so wie ich, im Berufsleben 40 Jahre übernommen hätte, das sei nun eingebrannt und Punkt.
Ich finde es gut und das löst auch den Druck etwas, hier unzensiert reden zu können.
Dobermann sagt danke
Peter1
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Peter1 »

Hallo Dobermann
Auf anraten meines Stationsarztes in der Psychiatrie, habe ich mir einen Hund zugelegt. Chilly, der Hund ist sehr anhänglich. Sie merkt, wenn ich wieder mal abrutsche, und versucht mich aufzumuntern. Sehr oft gelingt es ihr. Wenn nicht, dann lege ich eine DvD in meinen Lappy, und schaue mir eine Oper an. Bei Opern konzentriere ich mich so sehr auf den Gesang und die Musik, das kein Platz mehr für andere Gedanken ist.
Was Monchen und Sul schreiben, ist vollkommen richtig. Wenn ich mit mir selbst unzufrieden bin, ist der Weg zur Depression nicht weit. Meine Thera hat mir aus diesem Grund einen ganz besonderen Therapeuten zur Seite gestellt, nämlich mich selbst. Ich hatte ihr gesagt, das ich manchmal das Gefühl hätte, schizophren zu sein. In meinen Gedanken gibt es zwei Persönlichkeiten. Den gesunden Peter, und den gestörten. Normal hat der gesunde das Sagen, aber wenn ich in einer dunklen Phase bin, hat der gestörte die Oberhand.Dann setze ich mich auf einen Stuhl, der „meinem“ Therapeuten vorbehalten ist, und erzähle dem gestörten Peter, wie er wieder aus der Phase heraus kommt. Es erfordert sehr viel Übung, bis es klappt, aber mir hilft es immer wieder. Daraus kann man ersehen, das Vergleiche mit anderen Betroffenen überhaupt nichts bringen. Sie stoßen dich nur noch tiefer in die Depression.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Leni2
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Leni2 »

Hallo Dobermann,

mir geht es auch seit einiger Zeit nicht gut und seit ein paar Tagen richtig schlecht. Heute habe ich dann auch zum ersten Mal eine von den Notfall-Lorazepam, die mein Arzt mir das letzte Mal verschrieben hat, weil ich nur noch am Weinen war. Jetzt geht es mir besser. Ich hab nur gar keine Erfahrung damit, ob man das nur einmal nimmt oder vielleicht ein paar Tage hintereinander.
Ich habe schon mehrmals überlegt, notfallmäßig in eine Klinik zu gehen, aber ich habe Kinder und da ist das nicht so einfach.

Viele Grüße
Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Liebe Lena, ich würde immer versuchen, es bei der einen zu belassen. Die Teufelsdinger helfen ja nicht wirklich. Vielleicht eher wie Peter versuchen, den Therapeuten zu spielen. Ich will sie heute weglassen und sehen, was passiert. Die Kommunikation hier nimmt mir zumindest schon einmal ein wenig denb Druck, der mich dann in den Wunsch, zu sterben, treibt. Ich lese ja, ihr kommt auch zurecht, sicher an schlechten Tagen weniger gut aber ich denke jetzt, es ist zum aushalten. Das mit der Oper ist eine gute Idee, ich liebe Wagner und das sich konzentrieren auf Text und Musik könnte helfen, das Denken an sich darauf zu fokussieren.
LG Dobermann
Leni2
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Leni2 »

Hallo Dobermann,

ich habe heute tatsächlich keine weitere Tablette genommen, aber ich sitze hier auch wieder und bin am Weinen. Ich weiß nicht, was hilft, außer einfach abwarten und immer weiter machen...
Liebe Grüße
Lena
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Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Liebe Lena, weißt du denn, was dich so traurig macht? Ich habe, nachdem ich gelesen habe, dass du eine Tavor genommen hast und das was Peter über seinen Therapeuten geschrieben hat, mich entschlossen, die Tavor abzusetzen. Drückt mir die Daumen
Peter1
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Peter1 »

HALLO
leni, ich kann Dobermann nur zustimmen. Tavor nehme ich nur im äußersten Notfall. Bei meiner Einlieferung in die Klinik bekam ich als Erstes 2,5 mg von dem Medikament, und keine zehn Minuten später war mein Kopf leer. Keine depressiven Gedanken mehr, aber ich konnte mich noch mit meinem Stationsarzt unterhalten. Am nächsten Tag habe ich ihn sofort nach dem Schlüssel für den Medizinschrank gefragt. Er wollte ihn mir aber nicht geben.
Du fragst, was du gegen das Weinen tun kannst? Einfach irgendwie ablenken. Das Gehirn mit anderen Gedanken beschäftigen.

Peter
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Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Entschuldige Lena, eine dumme Frage. Weinen ist vermutlich ähnlich wie meine Gefühle, wenn es schlimm kommt. Denken beeinflussen, ich versuche z. B. zu Meditieren. Es gibt da viele Beispiele in Youtube. Manchmal hilft es achtsam hinzuhören, was gesagt wird. Ich habe von meiner Barmer sevenmind, da gibt es viele Möglichkeiten.
Leni2
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Leni2 »

Hallo Dobermann, hallo Peter,

ich versuche jetzt auch, mich abzulenken. Aber da kommt wieder mein Kopf ins Spiel, der sagt, dass ich immer fit sein muss und alles schaffen muss. Es ist für mich eine sehr große Herausforderung mit der Depression, dem Lockdown und dem Homeschooling mit den Kindern. Ich bin einfach auch sehr erschöpft und muss lernen, mir Ruhe zu nehmen. Dazu gehört dann auch die Akzeptanz der Krankheit (was mir schwer fällt).

In einem anderen Forum hat man mir geraten, zu einer Ambulanz zu gehen. Vielleicht mache ich das in der nächsten Woche. Eigentlich fühle ich mich nach Klinik, aber ich kann ja nicht wegen der Kinder.

Viele Grüße
Lena
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Peter1
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Peter1 »

Hallo Lena
Das erste, was sie mir in der Klinik beigebracht haben, ist, das Wort „MUSS“ zu vergessen. Ich sage jetzt meistens ich möchte noch dies und das machen. Wenn dein Psychiater dir einen Klinikaufenthalt empfiehlt, und du weißt nicht, wohin mit den Kindern, ist die erste Anlaufstelle eine Beratungsstelle von Diakonie oder Caritas. Die können dir sagen, wo du Hilfe bekommst. Sonst gibt es da auch noch das Jugendamt. Die können dich auch beraten. In vielen Städten gibt es auch einen sozial psychiatrischen Dienst. Auch die können dir helfen.
Was bringt es dir, wenn du jetzt sagst, ich kann nicht in die Klinik, und in sechs Wochen klappst du ganz zusammen, und fällst aus.

Peter
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Leni2
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Leni2 »

Hallo Peter,

mein Psychiater hat mir keine Klinik empfohlen, ich glaub, ich kann gar nicht richtig vermitteln, wie es mir geht. Ich habe nur selbst das Gefühl, dass ich nicht mehr kann. Ein Klinikaufenthalt ist aber auch eine Herausforderung. Gerade auch zu Corona-Zeiten.
Es fällt mir schwer, meine eigenen Gefühle richtig einzuordnen und mir zu vertrauen. Vielleicht brauche ich vor allem Erholung und sollte wirklich das Muss aus meinem Kopf streichen.
Die Krise fing schon Ende November an und bis Weihnachten ging es mir ganz schlecht, danach etwas besser, aber jetzt habe ich ja noch das Homeschooling mit den Kindern.
Morgen habe ich einen Therapietermin, mal sehen, was wir da besprechen können.

Liebe Grüße
Lena
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Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Die letzten Antworten machten es mir wieder mal deutlich, dass jede depressive Episode ihre eigene Ursache hat. Meine Ursachen sind kindheitsbelastet, die Auslöser heute so unterschiedlich und im Moment des Stimmungseinbruchs immer noch wenig klar.
Bei Lena kommen ja, wie es scheint, coronabedingte Belastungen dazu, denen man ganz anders begegnen muss.
Ich kann die Sorge um die Kinder gut verstehen und weiss aus meinem letztjährigen Klinikaufenthalt bis zu Beginn der Coronaeinschränkungen wie problematisch es für Mütter ist, wenn sie ihre Kinder nicht sehen dürfen. Das sollte im Gespräch mit der Therapeutin bedacht werden und vielleicht gibt es doch eine kurzfristige stärkere medikamentöse Unterstützung um den coronabedingten zusätzlichen Stress minimieren zu können.
Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Worauf mich meine Tochter gerade hingewiesen hat und was hilfreich sein könnte, in dieser Jahreszeit fehlt uns häufig aus unterschiedlichen Gründen die Sonne oder das Helle überhaupt. Vitamin D oder eine Tageslichtlampe kann dagegen etwas tun. Ich habe nach einer Woche Tabor vor zwei Tagen damit aufgehört und es geht mir nicht schlechter.
Peter1
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Eine Tageslicht Lampe wäre nicht schlecht. Bei Vitamin D, vor Allem, bei hoch dosiertem, würde ich vorher den Arzt fragen.
Auch meine Depressionen kommen aus der Kindheit, wurden dann aber durch mehrere Traumata verstärkt. Auslöser für eine Episode, die bei mir im Durchschnitt zehn Monate angehalten haben, war Stress. Seitdem ich nicht mehr arbeite, bleiben die Episoden aus. Ich habe nur ab und zu mal eine dunkle Phase, die meist nur 2 bis 3 Stunden dauern, selten mal 2 bis 3 Tage. Selbst der Wegfall meiner Psychotherapie, vor dem ich Angst hatte, hat daran nichts geändert. Ich denke mal, das ich stabil genug bin, um ohne zu leben.
Lena, hat dein Therapietermin dir was gebracht ?

Peter
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Dobermann1944
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Dobermann1944 »

Peter, du hast Recht, einen Arzt zu konsultieren, könnte hilfreich sein. Ich weiss allerdings, dass die Mediziner da sehr unterschiedlich reagieren. Schön liest es sich, wie stabil du bist und ich wünsche dir, dass es so bleibt.
Neben mehreren Klinikaufenthalten habe ich auch eine elfwöchige Traumastabilisierungtherapie erfahren. Vermutlich gibt es immer noch Erfahrungen, die ich bislang erfolgreich vermieden habe, sie zu bearbeiten. Zuviel Ängste,zuviel Scham und immer noch der Kampf gegen das damit einher gehende Gefühl nicht schwach sein zu dürfen, haben mehr verhindert. Es ist so schwierig, denn mit dem Versuch stark zu bleiben, habe ich alles andere gepackt, berufliche Karriere und zu überleben.
Peter1
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Meine vorletzte Episode ging von Jan 2016 bis März 2017. Ich habe in der ganzen Zeit die Wohnung nur alle 14 Tage einmal verlassen, um Essen und Tabak zu kaufen. Sonst habe ich die meiste Zeit, Tag und Nacht geschlafen. Irgendwann kam dann die Zwangsräumung, da ich mich um nichts kümmern konnte. Eine Dame vom Sozialamt hat mich dann zur Diakonie gebracht, wo die Sachbearbeiterin mir half, eine rechtliche Betreuung zu beantragen. Von da an ging es wieder aufwärts. Als ich eine neue Wohnung hatte, Sep 2017 kam pünktlich die nächste Episode. Es hat trotzdem bis März 20 18 gedauert, bis ich das erste Mal bei einem Psychiater war. Die Betreuerin hat mit Engelszungen auf mich eingeredet, bis sie mich endlich so weit hatte. In meinem Kopf schwirrten immer noch Bilder aus der Psychiatrie herum, mit Zwangsjacke und Gummizelle.
Ich glaube, ich erzähle lieber was angenehmeres. Da hat sich gerade eine DvD in meinen Rechner geschlichen. Darauf war eine Opernaufführung aus München, mit Anja Harteros und Jonas Kaufmann in den Hauptrollen.
„In fernem Land, unnahbar euren Schritten,
liegt eine Burg, die Monsalvat genannt.
Ein lichter Tempel stehet dort inmitten,
so kostbar als auf Erden nichts bekannt......
(Richard Wagner)

Peter
Ps. Die Musik ist einfach wahnsinnig schön.
Zuletzt geändert von Peter1 am 1. Feb 2021, 21:18, insgesamt 1-mal geändert.
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Leni2
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Leni2 »

Hallo,

heute war ich bei meiner Therapeutin und sie hat gesagt, dass im Moment alle ihre Klientinnen und Kolleginnen depressiv wären und es eine kollektive Depression wäre wegen dem Lockdown, dem Winter und der Perspektivlosigkeit. Und wenn man dann eh schon eine Disposition dafür hat, käme das noch dazu. Sie hat gesagt, es wäre eine schwere Zeit und wir müssten da jetzt durch.

Außerdem hat sie so etwas ähnliches gesagt, wie deine, Peter: die erwachsene, gesunde Lena soll immer wieder die Oberhand behalten und sich um die kleine, verletzte Lena kümmern. Das fällt mir sehr schwer.

Liebe Grüße
Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

Leni2
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Re: Und wenn dann nichts mehr wirklich hilft

Beitrag von Leni2 »

Hallo Peter,

das hört sich ja heftig an. Ein Glück, dass es dir jetzt so viel besser geht und du nur noch kurzte Episoden hast. Ich wünsche dir, dass es so bleibt!

Viele Grüße
Lena
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