DieNeue hat geschrieben:Hallo Elbenkönigin,
Doch, ich fühle mich immer anders als die Anderen. Ich empfinde es immer so, als wäre ein riesiger unüberwindbarer Graben zwischen mir und den Anderen und das ist für mich oft das Schlimmste an meiner Situation. Das ist der Scheiß, mit dem man sich mit einer chronischen Krankheit noch zusätzlich abkämpfen muss. Aber durch den Lockdown fühlt es sich im Moment nicht ganz so schlimm an wie sonst.
Mich beschäftigt es im Moment ziemlich, wie ich mit diesem Graben umgehen soll, und lese deswegen auch gerade ein Buch über den Umgang mit einer chronischen Krankheit.
Liebe Grüße,
DieNeue
Liebe DieNeue,
so ging es mir bis vor einem halben Jahr auch so, dieser unüberwindbarer Graben und ich kam mir immer so anders, abnormal, krank, dass jeder sieht, ich war in der Psychiatrie (es steht auf meiner Stirn) vor... und das sehr lange, ich weiß seit Kind/Jugend an, dass mit mir etwas nicht stimmt (war auch schon beim Kinderpsychiater, bei mir ging das leider früh los).
Seit ungefähr Sommer - der erste entspannte Sommer seit Jahrzehnten - bin ich anders. Einfach weil das kein Sommer mit totalen Katastrophen und Klinikaufenthalten war. Klar, ich bin immer noch lethargisch und antriebslos, aber mir geht es besser. Und der Graben ist auch kleiner geworden zwischen mir und meinen Mitmenschen. Ich bin auch sehr froh um meinen Freund, der mich sieht und nicht die Erkrankung. Das tut mir richtig gut. Vielleicht kannst du das ja auch irgendwann so sehen, das wünsche ich dir sehr. Wenn das keine zu persönliche Frage ist, wünscht du dir eine Partnerschaft? Ich hab lange gezögert, mich umzuschauen, weil ich dachte, ich bin zu krank dafür, hab keine Kapazitäten, wer will mich schon, die perfekte Figur hab ich auch nicht... und dann war der Wunsch zu groß (auch weil meine beiden Schwestern schon lange ihren Partner hatten, und ich mich immer wie ein Außenseiter in der eigenen Familie fühlte). Und ich dachte, ich probier es einfach im Internet zu suchen (das war Ende 2018). Dann kam ich mit meinem Exfreund zusammen, der sich böse von mir getrennt hat (einen Grund für einen Rückschlag auch in die Krankheit), aber schlussendlich war er nicht der richtige. Und jetzt bin ich mit meinem jetzigen Freund zusammen, und es ist so wohltuend, einfach angenommen zu werden trotz seiner Schwächen. Ich fühl mich ein bisschen angekommen - auch wenn sich das kitschig anhört. Und es bringt ganz viel Normalität zurück.
Bzgl. Corona, ich trau mich das ja gar nicht zu sagen, aber mir hat das fast gut getan, diese Entschleunigung. Klar, irgendwie würde ich schon gerne mal wieder in ein Café gehen oder ins Thermalbad, aber andererseits ist es auch ganz schön, dass es so ruhig ist und ich nur zuhause bin (arbeite ja auch im Homeoffice). Zwar fördert es auch meine Lethargie und Antriebslosigkeit - das ist blöd, ich hab nicht mehr so viel Tagesstruktur - aber die Hektik vorher hat immer meine Psychose und Suizidalität getriggert. Von daher profitiere ich wohl auch von den Maßnahmen (und trotzdem würde ich zb gerne wieder meine Nichte, meine Schwestern oder Freundinnen sehen). Und ich hab natürlich auch Angst, mich anzustecken und gesamtgesellschaftlich ist das eine Katastrophe. Ich hoffe, ich konnte mich so ausdrücken, damit man versteht, was ich meine.
Liebe Grüße
belladonna