Coronavirus-Krise

Winterkind04
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Winterkind04 »

... ich habe neulich gelesen, das für viele die Unwissenheit bzw. die fehlende Planungsmöglichkeiten schwierig sind...
Und, dass ist das was ich inzwischen feststelle! Ich verliere wieder mehr die Struktur vor allem an den Wochenenden! Dabei ist es dabei bei mir immer wichtig - das ich mir Sachen vornehme! Aber ich musste mich heute total zwingen raus zu gehen. Mir fehlen inzwischen meine Kontakte, das Vereinsleben usw. ich habe heute auch festgestellt, das ich dadurch das Gedankenkarussell halt abstellen konnte...
DieNeue
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von DieNeue »

Hallo,

irgendwie macht mir das Angst, was ihr schreibt... wenn es wieder losgeht mit dem ganzen Trubel überall. Grade habe ich das Gefühl die Welt bewegt sich mit meiner Geschwindigkeit. Auch wenn mich die Situation auch annervt, irgendwie hat sie auch was Gutes. Ich komme mir nicht gar so abgehängt vor. Alle müssen auf ihren "Freizeitspaß" verzichten, nicht nur ich, keiner fährt in den Urlaub, sondern sitzt zuhause, nicht nur ich.
In den Geschäften ist es ruhiger, keine Kinder, die rumrennen und rumkreischen, keine jungen Familien, die ihr Glück nur so vor sich herschieben, alle sehen durch die Masken fast gleich aus, ich bin nicht so abgelenkt durch die verschiedenen Gesichter, ich vergleiche mich nicht mehr so viel mit anderen, keiner mehr, der einem auf die Pelle rückt, man muss nicht mehr zu ungeliebten Treffen, man muss unsympathischen Leuten nicht mehr die Hand geben, Partnersuche wird auf irgendwann später vertagt, weil grade eh nichts möglich ist, in der Zeit wollte ich mich einfach in Ruhe anderen Themen widmen. Aber jetzt schreibt ihr, das Ende ist in Sicht und es fängt an mich zu stressen. Auch wenn ich froh bin, wenn ich endlich wieder meine Familie umarmen kann.
Sobald alles wieder "normal" wird, werd ich wieder zum Außenseiter. Die anderen leben ihr Leben wieder auf der Autobahn und ich tucker mit meiner kaputten Karre nebenher. Und auf das hab ich eigentlich keinen Bock mehr.
Ich weiß auch nicht, ob sich andere Leute dann so viel mehr in mich reinversetzen können, nur weil sie jetzt mal auf was verzichten mussten. Schließlich denken die, mich betrifft es ja genauso wie sie und für mich sind die Einschränkungen dann auch weg. Werden wahrscheinlich nur Leute kapieren, mit denen man sich drüber unterhalten hat.

@ Nachtmensch:
Nachtmensch hat geschrieben:
Deswegen versuche ich gerade in eine Klinik zu kommen, weil meine Tagesstruktur doch grenzwertig geworden ist
Inwiefern hilft dir denn die Klinik bei deiner Tagesstruktur? Kriegst du deine Struktur dann zuhause besser hin, einfach weil es dir dann insgesamt besser geht oder helfen die dir in der Klinik da konkret?
Ich fand es immer komisch, wenn mir Ärzte vorgeschlagen haben, ich soll in eine Klinik gehen, damit ich zuhause meinen Haushalt o.ä. besser hinkriege. Mir nützt es nichts, wenn ich wochenlang in der Klinik von früh bis spät umsorgt werde und dann komme ich nach Hause und soll plötzlich wieder alles selber machen und habe zuhause einen ganz anderen Rhythmus. Ich befürchte da immer, dass es mich dann nach der Klinik aus der Bahn wirft und ich hinterher meinen Alltag erst recht nicht mehr hinkriege.

@ Salvatore: Um die Diskussionen auf der Arbeit beneide ich dich echt nicht. Wie reagierst du denn auf solche Leute?

Liebe Grüße,
DieNeue
Salvatore
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Salvatore »

Puh, dir fällt das gerade in Geschäften leichter? Ich bin da im Moment ganz besonders angespannt und habe einen 360-Grad-Rundumblick, ob sich mir eine andere Person nähert oder näher könnte.
Eigentlich bin ich sowieso permanent gestresst, weil ich zwar gar nicht sooo sehr meine eigene Ansteckung befürchte (doch, schon, aber ich zähle da auf die Stochastik, dass ich mit guter Chance glimpflich davonkommen könnte), aber ich habe sehr Angst, dass ich andere anstecken könnte, die dann schwer erkranken und evtl. sterben. Fast meine ganze Familie besteht aus der Risikogruppe. Außerdem habe ich ziemlich Sorge vor dem ganzen Zampano, der mit einer Infizierung einherginge (die Ämter, die Unsicherheit, die Quarantäne, die Versorgung meiner Tiere, die Herumtelefoniererei, die Kontrollen etc.), das ist so ein langer Rattenschwanz an Dingen.
Ganz allgemein hoffe ich, dass weder bei mir noch bei Rest der Bande irgendwas schiefgeht, denn selbst hier in S.-H. kam es schon dazu, dass auch bei mir in der Nähe Krankenhäuser keine Notfälle mehr angenommen haben und das betrifft nicht nur Corona, sondern ALLES und teilweise müssen die RTW erst ellenlang herumtelefonieren, welches Krankenhaus sie überhaupt anfahren können, das kostet ja alles Zeit.
DieNeue hat geschrieben:Ich weiß auch nicht, ob sich andere Leute dann so viel mehr in mich reinversetzen können, nur weil sie jetzt mal auf was verzichten mussten.
Nein, natürlich nicht. Von diesem Konzept habe ich mich sowieso vor langer Zeit verabschiedet, denn ich kann mich in die anderen Leute ja auch sehr schlecht hineinversetzen. Wie ist das in einer Pandemie, wenn man Kinder hat? Wie ist das, wenn man Angst hat, seinen Job zu verlieren? Wie ist das, wenn das Kurzarbeitergeld vor und hinten nicht reicht? Wie ist das für die ganzen Selbstständigen? (Novemberhilfe ist teils immer noch nicht da, Dezemberhilfe kann man jetzt erst überhaupt beantragen etc...) Ich weiß nicht wirklich, wie die Pandemie oder überhaupt deren Leben für andere ist und die wissen das von mir nicht. Das kann man auch nicht erklären, wie sich das anfühlt. Ich kann mir das schildern lassen und denjenigen Glauben schenken, aber wirklich nachfühlen geht nicht. Ich gehe immer auf Leute so zu, dass deren Leben genauso schwierig ist wie meines, bloß auf einem anderen Level. Klar habe ich erhebliche Einschränkungen im Alltag, aber es werden auch ganz andere Anforderungen an mich gestellt - im Gegensatz zu den meisten anderen muss ich keinem Erwerbsleben mehr nachgehen. Meine Freunde haben zwar meine Einschränkungen nicht, müssen das aber dafür.

Damit fahre ich ganz prima und das hat mir unendlich viele wahnsinnig offene und respektvolle Gespräche beschert, wo sich Menschen mir gegenüber sehr geöffnet haben. Wo ich auch feststellen musste, so geil ist deren Leben gar nicht, auch wenn es vielleicht so hübsch schillert. Manches erwähne ich auch einfach nur "matter-of-factly": Ich kann nicht mehr so viel Auto fahren, weil es für mich zu viel Stress bedeutet. Ich erkläre da aber nicht lang und breit, dass ich eine Angststörung habe, nämlich eine Generalisierte und was genau das Problem ist. Wenn etwas nicht geht, dann mache ich da kein großes Thema draus, sondern mache einen Gegenvorschlag. "Auf deine Mega-Geburtstagsparty 100 km weit weg kann ich leider nicht kommen, aber ich würde mich unheimlich freuen, wenn du das Wochenende drauf zu mir kommst, ich bekoche dich und dann stoßen wir zu zweit auf deinen Ehrentag an." o.ä. Nicht mit Krampf erzwingen wollen, dass das Gegenüber sich in mich hineinversetzt. Niemand sieht jemals das ganze Bild vom andern.
DieNeue hat geschrieben:@ Salvatore: Um die Diskussionen auf der Arbeit beneide ich dich echt nicht. Wie reagierst du denn auf solche Leute?
Ich war ziemlich lange noch verständnisvoll und geduldig. Habe mir gedacht, gut, die Situation ist neu und viele Menschen tun sich halt schwer mit der Anpassung, aber das hat ja nichts mit mir zu tun. Im Laufe der Monate ist es mir aber schwerer gefallen, ruhig zu bleiben und nicht in allen Fällen gelungen. Zum Beispiel konnte ich nicht nachvollziehen, wie man nach einem halben Jahr Pandemie immer noch keine Maske - für alle Fälle - in der Tasche hat. Wir haben welche für 50 Cent zum Selbstkostenpreis verkauft und der Vorwurf war dann Abzocke. Viele haben gepöbelt und sind ausfallend geworden und immer diese elendige Lügerei. Wenn da eine Frau mit fünf Jugendlichen im selben Alter kommt und alle haben ein Attest... Ja, bestimmt... Oder "Oh nein, Maske vergessen, können wir so rein? Ach so, nicht? Eine kaufen, ach so... Gerade fällt mir ein, ich habe ja doch eine, na so ein Glück aber auch!"
Ständig dieses diskutieren wollen, wieso weshalb warum. Ganz einfach: weil ich hier Hausrecht habe und das so anordne, darum. Weil einige aus dem Team selber zur Risikogruppe gehören und im Falle einer Ansteckung sterben würden, darum. Oder die älteren Herrschaften "Wissen Sie, in MEINEM Alter kann man das einfach nicht mehr mit der Maske, aber das können Sie ja nicht verstehen." (Mein wesentlich älterer Vater bekommt das im übrigen problemlos hin.) Die im mittleren Alter: "Wissen Sie, ich trage schon die ganze Zeit bei der Arbeit eine, da will ich nicht in der Freizeit auch eine tragen..." (Ähm, hallo? Ich trage auch gerade eine bei der Arbeit? Abgesehen davon, was interessiert es denn das Virus, ob sie bei der Arbeit oder in der Freizeit ist...?)
Im Herbst war ich völlig fertig, ausgelaugt, desillusioniert, ein Menschenhasser und kein Pazifist mehr :mrgreen:

Drum eine Bitte an alle, die das hier lesen: wenn ihr irgendwo seid, diskutiert nicht mit den armen Personen an der Kasse oder mit denjenigen, die Maßnahmen umsetzen müssen, für die sie nichts können. Der Drang ist da, ich weiß. Besonders wenn man es selber Quatsch findet. Aber trotzdem einfach Klappe halten. Wirklich. Diese arme Person führt das nur aus. Wenn es was zu meckern gibt, erledigt das beim Chef. Wenn es Änderungswünsche gibt, sagt es dem Chef. Schreibt an die Regierung, kotzt euch bei Freunden aus, whatever. Aber nicht bei der Person, die da für Mindestlohn den ganzen Tag hockt, seit März, und sich dieselben Beschwerden im Minutentakt anhören muss. Es macht auch die eigentlich starken und resilienten Menschen einfach nur kaputt. Deshalb einfach Klappe halten, egal wie schwer das fällt. Und wenn Klappe auf, dann ausschließlich für freundliche Worte. DANKE
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DieNeue
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von DieNeue »

Hallo Salvatore,

ja, komisch eigentlich, dass es mir in Geschäften leichter fällt. Aus kleinen Geschäften bin ich aber auch schon raus, wenn es mir zu voll wurde oder zu viele mit Maske unter der Nase rumliefen. Da wird mir dann auch mulmig.
Ich geh meistens in größeren Supermärkten oder in ner bestimmten Drogerie einkaufen, da ist es relativ weitläufig, so dass man sich besser aus dem Weg gehen kann. Ich hatte allerdings oft den Eindruck, dass anderen Corona relativ egal war. Maske unter der Nase oder sogar unterm Kinn, kaum jemand desinfiziert sich die Hände beim Reingehen... und ich stand seit Frühjahr immer alleine am Eingang und hab schön den ganzen Einkaufswagen desinfiziert. Kam mir manchmal ziemlich bescheuert vor. (Aber musste immer wieder mal dran denken, wie ich früher mal jemanden auf der U-Bahn-Rolltreppe in aller Seelenruhe in der Nase bohren gesehen hab... deshalb war mir klar, warum ich den lieber desinfizier ;))
Neulich war ich seit längerem wieder im Supermarkt und es hatten sich hinter mir sogar Leute angestellt, um auch die Hände oder den Wagen zu desinfizieren. War ganz überrascht. Hatte auch den Eindruck, die Leute passen mit dem Abstand wieder besser auf.
Angst hab ich eigentlich mehr bei privaten Treffen. Da sind die Räume meist kleiner und man kann dem anderen nicht so aus dem Weg gehen, Masken sind auch nicht vorgeschrieben. Und wenn z.B. wer hustet, kann ich im Supermarkt einfach weggehen, bei privaten Treffen nicht so leicht. Da handelt man sich eher ne Diskussion ein, was jetzt übertrieben ist oder nicht, irgendwer ist beleidigt o.ä. und ich möchte wegen sowas nicht unbedingt meine letzten übrig gebliebenen Kontakte aufs Spiel setzen.
Meine Mutter meinte, dass ich da mehr Angst habe, liegt daran, weil ich private Treffen nicht mehr so gewöhnt bin. Einkaufen bin ich die letzten Monate immer selber gegangen, ich kann die Situation einschätzen, es ist nie was passiert. Aber Treffen mit Familie und Freunden hab ich halt sehr reduziert, und das waren eh schon sehr wenige.
Aber ich darf da auch nicht drüber nachdenken, was beim Einkaufen alles passieren könnte... Im Frühjahr war ich während des Lockdowns gar nicht einkaufen, da hat meine Betreuerin für mich eingekauft und ich fand das dann total cool, wieder einkaufen zu gehen. Vor allem hatte ich jahrelang mit Ängsten vorm und beim Einkaufen zu kämpfen, das habe ich jetzt aber nicht mehr und hab mich da einfach gefreut, dass ich keine Angst mehr hab im Supermarkt umzukippen oder nicht mehr heimzukommen, sondern dass es mir jetzt sogar Spaß macht.
Salvatore hat geschrieben: Ganz allgemein hoffe ich, dass weder bei mir noch bei Rest der Bande irgendwas schiefgeht, denn selbst hier in S.-H. kam es schon dazu, dass auch bei mir in der Nähe Krankenhäuser keine Notfälle mehr angenommen haben und das betrifft nicht nur Corona, sondern ALLES
In den letzten Wochen hatte ich so das Gefühl, viele denken, es geht nur um die alten 80-Jährigen im Pflegeheim. Finde das eh ziemlich makaber, wenn Leute sagen, die würde ja eh bald sterben, aber hatte auch den Eindruck, dass viele nicht überreissen, dass das auch auf sie Auswirkungen haben kann, wenn sie mal ins Krankenhaus müssen. Aber scheinbar hat man das nicht so auf dem Schirm, wenn man gesund ist. Würde mir vielleicht auch so gehen, wenn ich nicht schon selber so oft krank gewesen wäre.

Ich bin auch sehr froh, dass ich nicht arbeiten muss. Zum einen generell, weil ich es eh nicht schaffen würde, zum anderen habe ich jetzt gerade nicht solche Existenzsorgen wie andere. Die hatte ich dafür früher schon und da ich weiß, wie schlimm das ist, bin ich froh, das nicht nochmal durchmachen zu müssen.

Gute Gedankenanregungen zum Umgang mit gesunden Leuten!

Ich hoffe, du wirst bei der Arbeit das nächste Mal mehr verschont von solchen Leuten. Wundert mich nicht, wenn man da zum Menschenhasser wird ;)

Liebe Grüße,
DieNeue
Secret
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Secret »

ich war gestern miDt meinem Mann spazieren. Wir wohnen direkt am Wald. Da waren ihm zu vielen Menschen, ich hatte auch nicht mit so vielen gerechnet. War fast so wie in einem Vergnügunspark. Am Vortag war ich mit der Nachbarin walken und Samstags und Wochentags ist das auch entspannter.
Ich war schon enttäuscht das mein Mann sich so sehr über die Menschen beschwert, heute war ich alleine walken. Habe mir Musik mit dem Handy angemacht und es hat mir besser gefallen als gestern.
LG

Secret
DieNeue
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von DieNeue »

Hallo Salvatore,
Salvatore hat geschrieben:Von diesem Konzept habe ich mich sowieso vor langer Zeit verabschiedet, denn ich kann mich in die anderen Leute ja auch sehr schlecht hineinversetzen. Wie ist das in einer Pandemie, wenn man Kinder hat? Wie ist das, wenn man Angst hat, seinen Job zu verlieren? Wie ist das, wenn das Kurzarbeitergeld vor und hinten nicht reicht? Wie ist das für die ganzen Selbstständigen? (Novemberhilfe ist teils immer noch nicht da, Dezemberhilfe kann man jetzt erst überhaupt beantragen etc...) Ich weiß nicht wirklich, wie die Pandemie oder überhaupt deren Leben für andere ist und die wissen das von mir nicht.
Hm, ich weiß nicht... ich glaube ganz trifft das nicht zu. Ich war auch mal gesund und habe auch mal erlebt, wie es ist ohne völlige Erschöpfung und Antriebslosigkeit zu leben, und das über 20 Jahre lang. Aus meinem Umfeld hat es keiner erlebt, was ich erlebt habe. Mein Bruder hatte mal zwei, drei Tage, wo er ungewöhnlich ausgelaugt war, sich nicht gescheit konzentrieren und denken konnte, und meinte dann, das wäre ja furchtbar, wenn das bei mir immer so ist. (Gleichzeitig hält er gar nichts von Medikamenten, die für mich die Situation aber zumindest erträglicher machen, damit es nicht noch schlimmer ist als das, was er erlebt hat...) Meine Freundin meinte mal, sie wäre nach einer Woche, wo eine Familie mit Kindern bei ihnen zu Besuch gewesen war, mal ein, zwei Tage k.o. und antriebslos gewesen, weil es so anstrengend war, das würde sie so gar nicht von sich kennen. Für mich ist das mein Alltag. Sie fand die Woche sogar trotzdem schön und nach zwei Tagen war es wieder wie vorher.
Das, was ich jetzt so während der Pandemie mitbekomme, sind teilweise Sachen mit denen ich auch schon gekämpft habe, z.B. dass die Leute nicht mehr schlafen können vor Sorgen. Wenn es da heißt, das würden sie zum ersten Mal haben, denke ich mir "Willkommen in meiner Welt!".
Natürlich weiß ich nicht, wie es ist, wenn man Kinder hat, das maße ich mir auch nicht an. Ich stell mir das sehr schwierig vor und habe Respekt vor jedem, der seine Kinder gut erzieht. Ich habe auch durch meine früheren Nachbarn mit den beiden kleinen Kindern im Haus viel mitbekommen, wie schön das sein kann, aber auch wie anstrengend und nervig.
Komischerweise bemitleide ich aber niemanden dafür, dass er generell Kinder hat, nur weil sie grade Homeschooling machen müssen, oder weil das Kind zahnt, oder sonst was oder dass er jeden Morgen früh aufstehen muss wegen der Arbeit. Wenn ich dagegen gefragt werde, was ich beruflich mache und erzähle, dass ich erwerbsunfähig bin, sind die Leute betroffen und haben eher Mitleid. Für mich ist das mein Alltag, genau wie für andere Windeln wechseln und Kind in die Kita bringen. Noch schlimmer die Leute, die mich schon länger nicht mehr gesehen haben und dann erschrocken sind, dass ich immer noch nicht arbeiten kann, als wäre Arbeit das einzige, das mich ausmacht.
Das nervt mich dann eher, wenn ich mir von anderen Leuten sagen lassen muss, wie schlimm doch mein Leben sein muss. Selbst wenn ich das Gute erzähle, scheint das noch unter dem Niveau zu sein, das für andere noch als lebenswert gilt.

Ich finde es immer blöd, mir, nur weil ich krank bin und nicht arbeite, zu unterstellen, ich hätte keine Ahnung vom Leben oder ich wüsste nicht, was in der aktuellen Situation auf andere zukommen kann. Aufgrund meiner Erfahrungen hab ich mir da schon viel eher Sorgen um die Gesellschaft gemacht als sich manch Gesunder in meinem Umfeld. Einfach weil ich weiß, wie es z.B. ist, wenn Träume zerplatzen, einem jemand/etwas einen Strich durch die Rechnung macht, man Träume begraben muss, wenn man nicht mehr so kann wie man will, wenn man arbeitslos ist und zum Jobcenter muss, komplizierte Anträge ausfüllen, man Probleme mit Ämtern hat, man sich Geld leihen muss, weil die Leistungen nicht gleich ausgezahlt werden, wenn Versicherungen ewig lang nicht zahlen, wenn man verschuldet ist und eigentlich dadurch, dass man krank ist und die Aussicht hat, dass es nicht besser wird, und man dadurch voraussichtlich den Rest des Lebens von Sozialleistungen leben muss, man seine Schulden nie abzahlen können wird. Bei mir ging das jahrelang so.
Nur hab ich das erlebt, als das in meinem Umfeld noch keiner erlebt hat. Mir hat damals nicht mal jemand Antragsverfahren erleichtert oder Leistungen einfach weiterbewilligt.
Mir wurde auch schon öfter gesagt, wie toll ich das damals doch alles alleine hingekriegt habe - von Leuten, von denen ich mir damals mehr Hilfe erwartet hätte, wie z.B. meiner Familie. Ich kann da schon ansatzweise nachvollziehen, wie zynisch Applaus für Krankenpfleger klingen kann.

Natürlich kann ich nicht alles verstehen, mich in alles hineinversetzen. Vieles muss man einfach so stehen lassen und akzeptieren, dass es für den anderen so ist und ihn damit ernstnehmen. Und mich interessiert das Leben der anderen auch, ich setze mich auch bewusst damit auseinander, was sie erleben und wie es für sie ist.
Aber ich denke schon, dass man im Lauf des Lebens Erfahrungen macht, die einen verständnisvoller werden lassen können und einem die Möglichkeit geben, sich besser in andere Leute hineinzuversetzen.

Ich habe immer das Gefühl, dass du sehr streng zu dir bist. Vielleicht verstehe ich dich falsch, aber wenn ich mich so verhalten würde wie du es beschreibst und immer davon ausgehen würde, dass ich vom Leben der anderen eh keine Ahnung habe, hätte ich das Gefühl, meine Erfahrungen zählen überhaupt nicht. Und ich sehe nicht mehr ein, warum meine Lebenserfahrung nichts zählen sollte und die von anderen schon, nur weil ich nicht arbeiten kann, keinen Partner oder keine Kinder habe.

Liebe Grüße,
DieNeue
Salvatore
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Salvatore »

Hallo Die Neue,

in vielen Punkten hast du mich falsch verstanden. Ich habe nicht gesagt, dass du keine Ahnung vom Leben hast und natürlich kannst du viele Dinge beurteilen. Natürlich ist es auch so, dass man durch sein eigenes Erleben gemeinsam mit anderen eine Basis hat, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und man kann sich besser in hineinfühlen als wenn man die Erfahrung nicht hatte.

Aber wenn du z.B. mal in finanziellen Schwierigkeiten warst, dann weißt du nur, wie es für dich war, in finanziellen Schwierigkeiten zu sein. Du weißt auch, dass es viele andere gibt, denen es genauso wie dir geht oder zumindest sehr ähnlich. Aber bei einer bestimmten Person, jemand ganz Konkretes der:die gerade neben dir sitzt, da weißt du das nicht. Denn deine Situation war eine ganze bestimmte. Zum einen kam deine Erwerbsunfähigkeit von innen und nicht von außen, das ist momentan anders und das ist auch gefühlsmäßig schon ein Unterschied. Du warst außerdem eingebunden in eine Familie und hattest die als Rückhalt. Du warst nur für dich selbst verantwortlich und nicht noch für Kinder. Usw.
Das bietet alles eine Basis für ein richtig gutes Gespräch, wo man sich abgleicht und man wird in vielem dann entdecken, dass man sich in der Erfahrung ähnelt. Aber man kann nicht von vornherein davon ausgehen, dass man weiß, wie sich der andere fühlt.

Es ist gar nicht das Thema, das du nicht erfasst, was die Pandemie für andere bedeutet. Klar kannst du das, können wir alle. Aber wir haben immer nur unser eigenes Leben gelebt, egal wie viel darin passiert ist. Mir geht es nicht um die kognitiven und rationalen Aspekte, sondern um die emotionalen. Wenn ich auf eine deiner Freundinnen zeige und bitte dich zu beschreiben, wie es ihr geht, dann kannst du das sicher ziemlich genau. Du kannst beschreiben, welche Sorgen und Bedenken sie hat, wie es um Schlaf, Appetit und Motivation bestellt ist etc. Aber du fühlst nicht, was sie fühlt.
Ich will nicht mal sagen, dass zwei Mütter dasselbe fühlen, bloß weil sie beide Mütter sehe. Das beobachte ich ja auch gerade während der Pandemie, wie unterschiedlich Familien mit der Situation umgehen. Da gibt es praktisch alles von "ich bin komplett überfordert und breche jeden Moment zusammen, weil die Kita zu hat" bis "es ist alles so viel entspannter, ich liebe es". Ich wollte also nicht sagen, DieNeue du hast ja keine Kinder, du hast keine Ahnung. Ich wollte auch nicht sagen, wenn du Kinder hättest, dann hättest du Ahnung. Sondern dass für jeden das Leben ein anderes ist, auch wenn sich äußere Umstände ähnlich sein können. Die inneren Umstände müssen es nicht.
DieNeue hat geschrieben:Vieles muss man einfach so stehen lassen und akzeptieren, dass es für den anderen so ist und ihn damit ernstnehmen.
Die eigenen Erfahrungen kann man ja durchaus hernehmen, um eine Brücke zu schlagen. Aber auch sehen, dass ein Gefühl im Nachhinein eine andere Durchschlagskraft besitzt, als wenn man mitten drin ist. Ja, du hattest mal Geldsorgen, aber jetzt nicht mehr, du konntest die Schulden dann doch tilgen, es IST besser geworden, du lebst nicht für den Rest deines Lebens von Sozialhilfe. Du blickst zurück auf die Geschehnisse mit dem Wissen, dass es vorbei ist. Möchte es mal mit der Wahrnehmung von Schmerz vergleichen: man erinnert sich daran, Schmerzen gehabt zu haben. Aber wenn man keine Schmerzen hat, kann man sich im Nachhinein nicht mehr in das allumfassende Gefühl der Krassheit und Schrillheit zurückfühlen.
Verständnis - ja. Abgeleitet von Verstand.
DieNeue hat geschrieben:dass ich vom Leben der anderen eh keine Ahnung habe, hätte ich das Gefühl, meine Erfahrungen zählen überhaupt nicht.
Hä, natürlich zählt[/] das. Ich versuche bloß, offen zu sein für meine Mitmenschen und möglichst wenig vorweg zu nehmen. Ich sage nicht "ich weiß, wie du dich fühlst, weil ich auch schon mal [...]"; sondern ich sage z.B. "ich war mal in soundsoeiner Situation und habe mich da soundso gefühlt, ist das bei dir so ähnlich oder wie gehst du damit um?". Jeder tickt ja auch anders. Wir haben beide eine chronische Depression - aber wie ähnlicht macht uns das einander?
DieNeue hat geschrieben:Ich habe immer das Gefühl, dass du sehr streng zu dir bist.
Ja, aber ich hoffe, dass es inzwischen eine liebevolle und nachsichtige Strenge ist und auch kein "zu" davorsteht. Ich bin der vollsten Überzeugung, dass ich durch diese Strenge viel größere Schritte auf dem Weg in ein depressionsärmeres Leben zu machen als mit der Totschonerei, die mir viel zu oft von Behandlern vermittelt wurde. Das habe ich versucht und gemacht mit dem Ergebnis, dass mein Leben immer ärmer geworden ist. Ohne Strenge hätte ich die Kehrtwende nicht geschafft.

Sodale, hätte noch mehr zu sagen gehabt und das ist jetzt nicht noch mal Test- und Korrekturgelesen, hoffe ich konnte mich verständlicher ausdrücken; muss erstmal los.
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Salvatore
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Salvatore »

Ich habe jetzt noch mal nachgedacht, wie ich es besser ausdrücken kann:

Im Endeffekt bin ich kein Freund davon, Annahmen über andere zu treffen. Das machen wir unwillkürlich und können wir nicht verhindern, aber wir können lernen zu erkennen, wenn es passiert - um dann unsere Vorstellung über Gespräche mit der Realität abzugleichen.
Zum Beispiel: "Ah, du hast Schlafstörungen? Ich habe auch Schlafstörungen. Wie äußert es sich bei dir? Bei mir ist es soundso, bei dir auch?"
Im Gegensatz zu: "Ah, du hast auch Schlafstörungen? Ich auch. Ich weiß, wie es dir geht."

Die Gefahr ist nämlich, wenn man Annahmen über andere trifft, die auf den eigenen Erfahrungen basieren und nicht auf den individuellen Erfahrungen des Gegenübers, man die Person mit einem Etikett versieht und dann auch ganz schnell in eine Bewertung rutscht. "Ich habe Depressionen und komme kaum aus dem Bett; wenn du es sogar schaffst, Halbmarathon zu laufen, dann kannst du gar keine Depressionen haben."
"Ich hatte auch schon mal ein ähnliches Problem, aber ich habe mich deswegen nicht so angestellt."
"Ja, meine Güte, dann können die Jugendlichen halt nicht in die Disco, ich bin als Jugendliche:r auch nicht in die Disco gegangen und habe es überlebt."

Mir schauert es deswegen, weil ich auch nicht in Schubladen gesteckt werden will und ich höre es sehr oft, dass Mitpatient:innen sich ärgern, wenn es ihnen passiert (und überhaupt jede:r eigentlich). Es gibt viele Depressionspatient:innen, die nicht arbeiten können - aber das heißt nicht, dass es nicht daneben auch noch ganz viele gibt, die dazu in der Lage sind. Nur weil man manchmal von Leuten hört, die sich eine Erbwerbsminderungsrente aus Faulheit und Arbeitsunlust rechtswidrig erschleichen, heißt das nicht, dass alle Erwerbsminderungsrentner:innen eigentlich schon arbeiten könnten, wenn sie nur wollten.

Die Grenzen sind zudem schwimmend. Viele leiden unter einem "Corona-Blues", auch in meinem Umfeld, und bekommen gesagt: "ja nee, eine Depression ist aber schon noch mal was anderes". Aber weiß man's? Eine Depression ist nicht binär und entweder da oder nicht da, sie hat keinen messbaren Anfang und kein messbares Ende. Zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit hatte ich bereits eine schwere Depression, wusste das aber selbst nicht einzuordnen, habe es selbst nicht so genannt und war nicht diagnostiziert. Hatte ich also demnach keine? Woher will ich wissen, ob eine Person (die nicht ich ist) wirklich nur ein vorübergehenes Tief hat oder sich bloß in dem Stadium befindet, wo die Depression bereits da ist, aber (noch) nicht diagnostiziert?

Die Menschen in meinem Umfeld erleben ein hohes Maß an Stress, jede:r auf eine andere Weise und in der Konsequenz gleich. Das ist ein bisschen schwierig für mich zu erklären, im englischen sagt man in einer anderen Angelegenheit "equal but not the same". Wenn mir ein:e Freund:in erklärt, er:sie fühlt sich zu 90% an der Belastungsgrenze und ich fühle mich selber auch bei 90% an der Belastungsgrenze, dann ist meine Situation nicht schlimmer, nur weil ich das Etikett Depression habe und mein Gegenüber aber einen tollen Ehemann, zwei tolle Kinder, einen tollen Beruf, ein tolles Haus.
DieNeue hat geschrieben:wenn ich mir von anderen Leuten sagen lassen muss, wie schlimm doch mein Leben sein muss. Selbst wenn ich das Gute erzähle, scheint das noch unter dem Niveau zu sein, das für andere noch als lebenswert gilt.
Das ging mir über den Nachmittag noch lange nach. Wie siehst du das denn selber, ganz unabhängig von dem, was andere finden? Findest du dein Leben selber schlimm? Wie bewertest du denn das Gute in deinem Leben im Verhältnis zu dem, was du selber lebenswert findest?
Ich finde das deshalb schon fast kurios, weil ich mir gar nicht vorstellen kann, dass ich vor lauter Überraschung auf die Idee käme, mich angegriffen zu fühlen durch so eine Aussage, dass das Leben doch schlimm sein muss. Oder ist das ein fehlgeschlagener und hilfloser Versuch, Mitgefühl zu zeigen vor lauter Überforderung, wie man darauf reagieren soll, dass jemand dauerhaft nicht arbeitet? Manchmal begegnen mir Leute, die sich nicht vorstellen können, auch ohne Kinder ein erfülltest Leben zu führen - aber das sind in der Regel gleichzeitig Leute, die ich nicht gerne in meinem näheren Umfeld hätte.

Mit der Arbeit ist das bei mir persönlich so, dass Arbeit mich nicht als Person oder Persönlichkeit ausmacht, aber ich habe einen inneren Antrieb, arbeiten zu wollen und zwar auch in diesem Konzept, für eine bestimmte vereinbarte Leistung im Gegenzug Geld zu erhalten. Auch wenn ich gerne anderen für lau behilflich bin, löst es unterschiedliche Gefühle aus. Da würde ich durchaus sagen, das hat etwas mit dem Selbstwertgefühl zu tun; es ist jedoch nicht meine einzige Quelle. Nun hat Arbeit ja einen sehr hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft, was sicherlich auch mit unserer Sozialisierung zu tun hat. Nicht umsonst lautet in der Regel das Einstiegsfragenquartett beim Kennenlernen "Wie heißt du, wie alt bist du, woher kommst, du was arbeitest du?". Jeder arbeitet irgendetwas oder hat es jedenfalls vor der Rente oder will erst noch nach der Schule oder wird demnächst wieder - wenn nicht, sorgt das ggf. zumindest für Überraschung, vielleicht auch hier und da für Abwertung, aber nicht zwingend. Ich kann mich spontan nicht erinnern, dass mir das mal passiert wäre, allerdings habe ich auch relativ schnell Zeitungen ausgetragen hatte ständig Überlegungen für anderes und mehr und konnte dann wenigstens sagen "Habe derzeit eine Bewerbung laufen für xy, drück die Daumen!".

"Gute" Dinge im Leben - ich kenne den Gedanken durchaus von mir selber, dass ich manchmal Leute von ihrem Leben erzählen höre und für mich denke "oha, wie schlimm, wenn man so leben muss". Ich wünschte, ich würde nicht so denken, aber es ist halt so. Mir geht ein Fernsehbeitrag nicht aus dem Kopf über einen Teenager, die schwerstbehindert zur Welt gekommen ist und seitdem ausschließlich durch Maschinen am Leben gehalten wird. Sie kann absolut nichts selbst: nicht kommunizieren, nicht essen, nicht schlucken, nicht atmen, nicht sitzen oder stehen oder krabbeln (nur liegen), nicht gezielt und kontrolliert bewegen usw. usf. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich also so ähnlich wie dein:e Bekannte:r selber auch ein paar Mindestansprüche an ein erfülltes Leben, aber das betrifft explizit nur mich und für mich und ich werte das nicht für andere. Woe genau diese Mindestansprüche anfangen, könnte ich jedoch nicht definieren.
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von DieNeue »

Hallo Salvatore,

danke für deine Antwort und dass du dir die Zeit nimmst, mir das nochmal zu erklären. Ich glaube, so ganz weit liegen wir gar nicht auseinander mit dem, wie wir denken. Ich merke nur, dass bei dem Thema grade sehr, sehr viel hochkommt.
Ich muss mir das nochmal alles durch den Kopf gehen lassen. Mich beschäftigt grade sehr viel, was alles irgendwie zusammenhängt und ich krieg das alles im Kopf noch nicht auf die Reihe. Habe heute auch lange mit meiner Betreuerin darüber gesprochen.
Ich glaube, ich bin ganz anders gestrickt als du. Ich war jahrelang streng mit mir und wurde von Therapeuten und Ärzten zu immer noch mehr Leistung angetrieben, obwohl ich eigentlich v.a. Ruhe gebraucht hätte. Dadurch wurde ich erst richtig krank und kaputt. Also genau das Gegenteil wie bei dir.
Seit ich angefangen habe, mein eigenes Tempo und meinen eigenen Weg zu finden, wird mir aber stattdessen immer wieder vorgehalten, ich würde mich nur "totschonen" (wurde mir wirklich so gesagt) und gar nicht wollen. Jahrelang wurden meine eigenen Erfahrungen und meine Ansichten nicht ernstgenommen und mir wurde abgesprochen, dass ich das selber einschätzen kann. Eine Ärztin hat mich tatsächlich mal ausgelacht deswegen.
Schwieriges Thema... ich weiß grade nicht mehr, wo oben und unten, wo hinten und vorne ist und muss mir das alles nochmal durch den Kopf gehen lassen und mich wieder etwas sortieren.

Liebe Grüße,
DieNeue
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von DieNeue »

P.S. Kam mir nur so spontan beim Lesen:
Salvatore hat geschrieben: Nicht umsonst lautet in der Regel das Einstiegsfragenquartett beim Kennenlernen "Wie heißt du, wie alt bist du, woher kommst, du was arbeitest du?"
Das kenne ich eher in der umgedrehten Reihenfolge, zumindest von Uni und nicht so förmlichen Begegnungen. Erst Arbeit/Studium, woher kommt man, evtl. noch das Alter und ganz am Schluss der Name. Kenne Unterhaltungen, wo sich keiner vorstellt, man sich ewig lang alles
mögliche erzählt und dann beim Verabschieden fragt man sich erst nach dem Namen. Quasi erstmal abchecken, ob der andere zu einem passt und nach dem Namen zu fragen, zeigt dann, ob sich der andere auch weiterhin für den anderen interessiert. Schon komisch...
Salvatore
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Salvatore »

Ja, stimmt, die Reihenfolge kann sich je nach Kontext ändern. Aber sind schon häufig diese vier "stats", würde ich sagen.

Mir ist noch eingefallen zum Thema "schlimmes Leben" und habe überlegt, was ich als Mindestanforderung formulieren würde. Ich kann es nicht. Es ist eher ein Gesamtpaket, z.B. benötige ich ein gewisses Sicherheitsempfinden, Wärme, satt sein, soziale Kontakte - solche Dinge. Ich benötige dagegen immer weniger "Dinge". Früher war ich ganz schlecht im Wegwerfen, konnte mich nur schwer von Sachen trennen und habe auch oft irgendwas gekauft. Das hat sich geändert.
Vieles ist eine Frage der Gewöhnung und Vergleich. Mir kam eine Szene in den Sinn aus einem Türkei-Urlaub. Es war Herbst, 28 Grad, Sonne. Zu Hause 8 Grad, Nieselregen. Ich war selig. Komme mit Türken ins Gespräch und da sagen die: "Warum kommst du jetzt in die Türkei, wo es so kalt ist? Warum kommst du nicht im Sommer, wenn es schön warm ist?" :lol: Aber wer will jetzt entscheiden, was "gutes Wetter" ist? Für mich war es perfekt, die haben gefroren. Im Sommer wäre es mir in der Türkei viel zu heiß. Manche mögen Herbst und Winter, ist mir völlig unverständlich.

Was ich beim Laufen gelernt habe: der Maßstab bist immer nur du selbst. Natürlich schielt man auch mal links und rechts, was andere haben/können/machen/... Meine erste Wohnung war rückblickend ziemlich ungeil - aber für mich war es zu dem Zeitpunkt das Paradies. Elon Musk würde vermutlich auch meine jetzige Wohnung erbärmlich und unzumutbar finden; ich gehe allerdings davon aus, dass ich mich in seiner Behausung auch nicht wohl fühlen würde. Manchmal sieht man ja die Häuser von Superreichen, meistens finde ich die ganz schrecklich unpersönlich und klinisch.
DieNeue hat geschrieben:Seit ich angefangen habe, mein eigenes Tempo und meinen eigenen Weg zu finden, wird mir aber stattdessen immer wieder vorgehalten, ich würde mich nur "totschonen" (wurde mir wirklich so gesagt) und gar nicht wollen. Jahrelang wurden meine eigenen Erfahrungen und meine Ansichten nicht ernstgenommen und mir wurde abgesprochen, dass ich das selber einschätzen kann.
Hm. Ich bin nicht glücklich mit dem Behandlungssystem in Deutschland, wenngleich ich keine bessere Lösung anzubieten habe. Einerseits bin ich froh, dass Therapien psychisches Störungen überhaupt über die Krankenkassen gemacht werden können. Ich weiß auch, wie teuer das ist und dass es Grenzen des realistisch machbaren gibt. Aber wenn ich diese Überlegungen außen vor lasse, dann hätte ich mir anderes gewünscht. In erster Linie mehr Individualität. Das ICD-10 erzwingt eine Einsortierung in Schubladen und wenn wir ehrlich sind, erzwingen wir als Patient:innen die ebenso: was habe ich? Was GENAU habe ich? Wie heißt das? Wie lautet die Diagnose GANZ GENAU? etc.

In Kliniken kam ich mir manchmal relativ egal vor. Ich wurde in irgendwelche Gruppen gesteckt, ohne dass mir jemand den Gedanken dahinter erklärt hätte. Ich ticke aber nun mal so, dass ich ganz gerne die Konzepte verstehe. Ich kann ein Rezept nachkochen, aber wenn mir dann nur eine einzige Zutat fehlt, weiß ich mir nicht zu helfen. Deshalb möchte ich gerne das Prinzip hinter den Kochrezepten verstehen, denn dann bin ich viel flexibler. Leider wurde mein Interesse als Kritik fehlinterpretiert; ich fragte "wozu ist das gut?" und gehört wurde "ich lehne das ab". Bisschen witzig. Die vier Ohren des Hörens und so.
Zwar ist das Motto ein bisschen abgegriffen, aber ich wäre gerne dort abgeholt worden, wo ich stand. Ich hatte ein Leben, bevor ich die Behandlung angefangen habe. Dieses Leben war prall gefüllt: Vollzeitarbeit, Partnerschaft, Sport, Volkshochschule, Freitag/Samstag verabredt, Elterbesuche, Haushalt usw. Dann sind innerhalb kurzer Zeit viele zukunftsverändernde Dinge passiert und es kam zu so etwas wie einem "psychischen Infarkt" (bildlich gesprochen, nicht medizinisch). Dann Krankschreibung, wochenlange Wartezeit bis zur Aufnahme in der TK. Und dann sollte ich mich da bejubeln, weil ich es geschafft habe, aufzustehen und mich anzuziehen. Das fand ich einfach bizarr und das konnte ich nicht. Mir war klar, dass ich zu oft die Kerze von beiden Seiten angezündet hatte, aber das war dermaßen weit weg von allem. Ich hatte außerdem trotz meiner Erschöpfung eigentlich nicht den Eindruck, dass ich mich mehr ausruhen müsste - ich hatte mich gerade wochenlang während der Wartezeit ausgeruht...?! Das Schlimmste war dann, dass alles so willkürlich wirkte (ich hatte ja keine Vorkenntnisse und mir erklärte niemand was) - ich wusste, ich habe sechs Wochen Zeit. Ich ging davon aus, dass ich danach wieder arbeiten gehe. Und dann schicken sie mich basteln. Window Color.

Andererseits: mein altes Leben war vorbei. Was ich meinte, über mich zu wissen, galt nicht mehr. Was ich vorher konnte, konnte ich nicht mehr. Ich musste mich selber neu kennenlernen. Insofern möchte ich dir den Gedanken mitgeben, neugierig auf dich selber zu sein. Vielleicht sind deine Überzeugungen inzwischen überholt. Die Welt verändert sich und du auch - was mit Anfang 20 noch galt, ist heute vielleicht veraltet. Du bist nicht mehr derselbe Mensch.
Hätte ich die Wahl gehabt, ich hätte keine Ergotherapie gemacht. Ich kam mir so bescheuert vor und dachte wirklich, ich bin zurück im Kindergarten. Ich hatte aber keine Wahl und siehe da: wider Erwarten war das sogar ganz cool. Es ist total nutzlos, aber auch irgendwie Zen.
Ich konnte nie malen. Meine Bilder waren immer hässlicher als die meiner Mitschüler und ganz egal wie viel Aufwand ich betrieben habe, es wurde immer hässlich. Die Kunsttherapie hätte ich deswegen auch fast abgesagt, wurde aber dazu überredet ("da muss man nicht malen können, darum geht es nicht") und was soll ich sagen...
Ebenso hätte ich niemals geglaubt, dass aus mir mal eine Läuferin wird. Habe das meine komplette Schulzeit durch gehasst. Einfach nur ätzend und langweilig. Dann habe ich es zum Teil aus Trotz und zum Teil aus Schock über meine eigene Unfitness angefangen und plötzlich hatte das was.

Auf meiner alten Schule gab es früher mal einen Konrektor, der jede Initiative blockiert hat mit der Aussage: "DAS HABEN WIR NIE SO GEMACHT!" Sei nicht so wie dieser Konrektor. Probiere neue Dinge aus und zwar auch solche Dinge, denen du keine besonders großen Chancen einräumst. Unbedeutendes Beispiel: wenn es irgendwo ein Büffett gibt, dann nehme ich grundsätzlich auch Speisen, die ich noch nie gegessen habe - selbst wenn ich vermute, dass ich sie nicht mag. Es ist nicht das Kriterium, dass es mir mutmaßlich schmeckt; das Kriterium ist, dass es für mich neu ist.
Sei unvoreingenommen dir selbst gegenüber. Beurteile nur das, was du wirlich beurteilen kannst. Lasse es nicht im Gegenzug andere für dich beurteilen, aber nimmt auch kein Ergebnis vorweg, das du nicht kennen kannst.
Im Nebenforum waren in letzter Zeit vermehrt Fragen wie "Soll ich die Videotherapie absagen? Habe ich zwar noch nie gemacht, finde ich aber doof." Einfach neugierig sein, ausprobieren. Vielleicht ist es nichts. Aber um die Erkenntnis ist man immerhin reicher.

Totschonen ist eine reale Gefahr, nach Regneration kommt Verfall. Was an Fähigkeiten nicht genutzt wird, geht flöten und leider ist es leichter weg als dann wieder erworben. Man muss nur gucken, dass man keinen Blödsinn dabei macht: Ausdauer baut man auf, indem man schon zu einem Zeitpunkt Pause macht, wo man noch nicht kaputt ist.

"Wollen" reicht nicht, wenn man nicht auch handelt. Im Grunde genommen ist "wollen" nicht mal Grundvoraussetzung. Beispielsituation: du kannst nicht aufräumen, keine Kraft. Nicht möglich. Keine Chance Dann aber meldet sich der Vermieter an, er kommt in fünf Stunden vorbei und ein Verschieben ist leider nicht möglich. Wenn du jetzt aufräumst, dann konntest du die ganze Zeit aufräumen.

Hoffe, die bekommst deine Themen sortiert!
Salvatore
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DieNeue
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von DieNeue »

Hallo Salvatore,

ich muss ehrlich sagen, ich habe grade keine Lust mehr mit dir über dieses Thema zu reden.
Salvatore hat geschrieben: Auf meiner alten Schule gab es früher mal einen Konrektor, der jede Initiative blockiert hat mit der Aussage: "DAS HABEN WIR NIE SO GEMACHT!"
Sei nicht so wie dieser Konrektor.
Was soll das bitte? Auf der einen Seite sagst du, du willst keine Annahme über andere treffen, gehst aber davon aus, dass ich so bin wie dieser Typ. (Wenn du nicht davon ausgehen würdest, würdest du nämlich auch keine Notwendigkeit dafür sehen, sowas überhaupt zu schreiben.) Ich bin aber nicht so.
Salvatore hat geschrieben: Probiere neue Dinge aus und zwar auch solche Dinge, denen du keine besonders großen Chancen einräumst. [...]
Sei unvoreingenommen dir selbst gegenüber. Beurteile nur das, was du wirlich beurteilen kannst.
Lasse es nicht im Gegenzug andere für dich beurteilen, aber
nimmt auch kein Ergebnis vorweg, das du nicht kennen kannst.
Gehts auch mit ein bisschen weniger Imperativen? Bisschen weniger perfektionistisch?
Ich habe keine Lust mich mit jemandem zu unterhalten, der mich ständig auseinanderpflückt, alles hinterfragt, egal ob es wichtig ist oder nicht, wo ich mir x-mal überlegen muss, ob ich etwas richtig beurteilen kann, um das überhaupt so schreiben zu können. Der so hohe Ansprüche an sich stellt, dass andere eh nicht mithalten können, bei dem, egal, was ich schreibe, immer ein "aber" kommt.

Ich hatte geschrieben, dass ich jahrelang nicht ernst genommen wurde.
Mit deiner ganzen Analysiererei und Hinterfragerei machst du aber auch nichts anderes. Hinterfragen schön und gut, aber wenn man grundsätzlich bei anderen alles hinterfragt, kann das beim Gegenüber irgendwann das Gefühl hinterlassen, dass man davon ausgeht, dass der andere zu blöd ist, da selber drauf zu kommen.
Es ist schön, wenn du hier anderen helfen willst, aber ich brauche keine Belehrungen. Für mich ist hier Schluss mit der "Diskussion".

Viele Grüße,
DieNeue
Salvatore
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Salvatore »

Hallo DieNeue,

es tut mir sehr leid und ich bitte um Entschuldigung. Du hast natürlich mit deiner Rückmeldung vollkommen recht und ich nehme das mal für mich so mit, dass es noch viel vor meiner eigenen Haustür zu fegen gibt. Meine persönliche Erfahrung ist, dass ich jedenfalls selber in der Tat zu "blöd" bin, mich zu hinterfragen (im Sinne von überprüfen), weil meine Gedanken ganz gerne die gut ausgebauten Routen gehen und nicht so gerne durch den zugewachsenen Dschungel; ich kann mich gut selber anzweifeln, aber den Blick über den Tellerrand schaffe ich nur, indem ich mich von anderen hinterfragen lasse. Man soll ja nicht von sich auf andere schließen - das ist nur mein eigenes Unvermögen. Sorry dafür.

Auch dafür, dass du dich von mir nicht ernst genommen fühlst. Eigentlich war ich der Meinung, dass ich dich sogar sehr ernst genommen habe. Leider konnte ich das nicht transportieren; ich weiß noch nicht genau, vielleicht ist es auch doof, immer den Brückenschlag zu mir selbst zu machen. Ich verstehe, dass es überheblich wirken kann, "schau, wie geil ich das mache", meine Intention ist indes immer eine andere "schau, hier ist ein Beispiel, das ich aus persönlicher Erfahrung selbst beurteilen kann und welches in zumindest einem Fall (nämlich meinem) auch funktioniert hat".

Das Hinterfragen hilft mir, von einer Meinung zu einer Haltung zu finden. Ich habe eine bestimmte Denkweise und eine bestimmte Art zu handeln. Beides hat mich auf einen Kurs gebracht, der letztlich zu besagtem "psychischen Infarkt" und zu einer chronifizierten Depression mit Angststörung geführt hat. Da es mir also geschadet hat, muss/sollte ich meine Denk- und Handlungsweisen ändern, obwohl sie sich richtig, normal und sinnvoll anfühlen. Wenn meine Überzeugungen aber den Einlassungen von außen standhalten können, dann kann es so falsch nicht sein und dann bin ich auch halbwegs (!) immun gegen abwertende Äußerungen (habe ich schon durchgekaut, betrifft mich nicht, kann weg).
Dies hat jetzt gar nichts mit dir zu tun (das muss ich mir mal vor Augen halten), es soll bloß erklären, warum ich so argumentiere, wie ich es tue. "Hinterfragen" wie gesagt im Sinne von Überprüfen und nicht im Sinne von anzweifeln und ich denke, ich sollte das in Zukunft mal dazu sagen, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.

Jedenfalls muss ich feststellen, dass ich eher keine große Hilfe für das Forum bin (nicht nur hier oder speziell bei dir), deshalb werde ich mal eine Pause einlegen und in mich gehen. Ich wünsche dir derweil ein beständiges Gefühl der Zufriedenheit und jeden Tag Glücksmomente.

Alles Gute für dich,
Salvatore
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Meridian
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Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Meridian »

Hallo Salvatore,

es liegt mir fern, mich in eure Debatte einzumischen und auch noch meinen Senf dazuzugeben, aber es ist mir wichtig, dir zurückzumelden, dass ich deine Beiträge, ob in meinem Thread oder
in anderen immer als hilfreich empfunden habe und auch nicht so verstanden habe, als ob du
mir gute Ratschläge gibst um Sinne von: Schau mal, was ich alles über mich gelernt habe und jetzt mach es bitte genauso.....
Du hast mich lediglich teilhaben lassen an deinem Weg, deiner Entwicklung (die ja nie abgeschlossen ist), an deinen Erkenntnissen, die du z.B. in der Therapie und durch die Therapie gewonnen hast.
Natürlich gehe ich einen anderen Weg, wenn wir auch manchmal ähnliche Erfahrungen in der Therapie gemacht haben, aber deine Beiträge haben mich immer zum Nachdenken gebracht (weil ich nämlich auch gerne dieselben ausgebauten Wege benutze anstatt mal den Pfad durch den Dschungel zu nehmen).
Und dieses nochmal Nachdenken, es nochmal von einer anderen Seite sehen, ist genau das,
weshalb ich in diesem Forum bin.
Ich hoffe also, dass du nach der Pause wieder zurückkommst.
Bis dahin alles Gute für dich.

LG, Meridian
malu60
Beiträge: 4141
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von malu60 »

Hallo in die Runde!
Heute mußte ich seit März das 1.mal statt E-Bike den Taxibus nehmen,hatte Ergo,nach längerer Pause Wir waren zu Dritt im Auto,der Fahrer,trug die Maske unter der Nase und begann irgendwann ein Impfgespräch,outete sich als Gegner...bla,bla...Es hat mich sehr erschrocken,ich halte mich von solch verwirrenden Aussagen normal fern.Informiere mich,mache mir auch Gedanken,aber stelle nicht alles in Frage und an Korruption und bessere Impfstoffe aus Russland und China,die wir aber aus politischen Gründen nicht wollen,oder nicht kriegen....das Alles macht mich ganz hilflos.

Eine Sendung Impfpflicht ja,oder nein hat mich auch nachdenklich gemacht,Gerade eine größere Zahl Ärzte und Pflegepersonals wollen keine Impfung.ich geh doch davon aus,dass sie berechtigte Gründe haben......Wie sollen wir aber dann die Pandemie in den Griff kriegen!?

Wirtschaft und Schulen lassen sich nicht unbegrenzt stilllegen.Kontaktsperren,leere Städte,haben mich auch heute wieder sehr bedrückt.Menschen weichen sich aus,empfinden sich als gegenseitige Bedrohung.2 Stunden Ergo mit Mundschutz,den ich ja sonst fast garnicht trage,hier auf dem Dorf,haben meine Brille permanent beschlagen lassen.Prima,dass wir sehr guten Augenkontakt haben,.....meine Bewunderung gilt Allen,die solange schon mit dieser Erschwernis arbeiten.Ich wußte garnicht,wie gut ich es habe.Ein Vorteil,gut mit sich alleine sein zu können,und ehrlich,manches Gelaber brauch ich nicht und vermiss ich überhaupt nicht (z.B.Taxifahrer) ich habe noch Zeit,eh ich geimpft werden könnte,möchte es aber schon aus Solidarität tun.Irgendwie vergleiche ich das mit Pocken /Kinderlähmung,da sagte man mir heute,dass das viel harmloser gewesen sei und keine Genveränderungen machte,was beim neuen Impfstoff zu befürchten sei ,sich aber erst nach Jahren belegen ließe.....

Wie denkt Ihr darüber......ob es überhaupt zu bannen ist mit der Impfung,daran zweifel ich grad auch noch.....und dann die Zahlen,die zum Handeln zwingen,es ist doch gut,dass es einen
Impfstoff überhaupt schon gibt...

Stell Dir vor,es gibt einen Impfstoff und keiner geht hin...
oder man ginge ja gerne hin,wenn es genügend Impfstoff gäbe und man an der Reihe wäre....

Fühle mich grad etwas kirre...wär ich doch zu Haus geblieben,da bestimme ich,wo ich mich informieren lassen will....Eine gute,gesunde Zeit wünscht malu
Leben ist mehr
Philosophin
Beiträge: 375
Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Philosophin »

Hallo zusammen,

zum Thema Impfung kann ich berichten, dass ich ca. 400 Personen beaufsichtigt habe, die geimpft wurden und ca. 100 Personen selbst geimpft habe. Bei keiner einzigen ist es zu Nebenwirkungen gekommen. Ich glaube, die Medien pushen das sehr hoch, wenn es ausnahmsweise zu einer allergischen Reaktion o.Ä. kam.

Todesfälle nach der Impfung, die gerade durch die Medien gehen, müssen natürlich überprüft werden, aber da auch Palliativpatienten geimpft werden, finde ich solche Schlagzeilen reißerisch und wenig differenziert. Für Querdenker und Impfgegner ist das nur unnötig "Futter".

Dennoch muss man sich klar machen, dass es ein neuer Impfstoff ist und keiner wissen kann, was in ein paar Jahren ist. Für die ältere Generation und Menschen mit Vorerkrankungen finde ich die Impfung sehr sinnvoll, aber als junger gesunder Mensch bin ich skeptisch und habe mich bisher selbst noch nicht impfen lassen.

LG Philosophin
Winterkind04
Beiträge: 359
Registriert: 27. Sep 2020, 06:52

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Winterkind04 »

Hallo zusammen,

ich hatte heute Mittag eine Panikattacke.
Irgendwie war mir alles zuviel.
Ich weiß nicht wie ich weitere Einschränkungen noch meistern soll.
Bei mir stehen einige private Veränderungen an und dabei merke ich das ich Unterstützung brauche und wenn weiter Einschränkungen kommen weis ich nicht wie ich das wirklich alleine schaffen soll. Es gibt Situationen da braucht man Hilfe. War total überfordert mit allem.
Musste das mal los werden - hoffentlich sieht die Welt morgen wieder ein bisschen anders aus.
DieNeue
Beiträge: 5397
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von DieNeue »

Hallo Salvatore,

danke für deine Antwort. Entschuldigung angenommen. :)
Ich schätze dich eigentlich sehr und du hast mir im Forum schon sehr oft geholfen, sowohl über deine Beiträge als auch über pn. Deine Meinung ist mir auch nicht unwichtig und ich denke, dass du auch anderen eine Hilfe bist.

Es ist einfach so, dass ich sehr oft die Erfahrung gemacht habe, v.a. bei Therapeuten/in der Klinik, dass ich hinterfragt wurde, ich was gesagt habe, das wurde wieder hinterfragt und es war egal, was ich gesagt habe, es wurde angezweifelt, ich hab wieder was gesagt, es wurde bis ins kleinste Detail nachgebohrt. Ich hab nichts gegen Nachfragen, aber ich konnte argumentieren, wie ich wollte, es wurde nie stehengelassen, ich wurde immer "niedergefragt", bis ich nicht mehr konnte. Fragen meinerseits waren dann allerdings nicht gern gesehen, Antworten hab ich keine bekommen. Mich hat das fertig gemacht, weil ich irgendwann nur noch an mir gezweifelt habe.

Mir ging es schon mal so bei einem Beitrag von dir, da habe ich dann nicht geantwortet, weil ich eigentlich weiß, dass du es nicht böse meinst und ich mir auch bewusst bin, dass ich da auch empfindlich bin. Aber heute war es mir einfach zu viel.
Aber ich finds schön, dass du dich entschuldigt hast. Das kann auch nicht jeder. Danke!

Liebe Grüße,
DieNeue
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von momadome »

Liebe Salvatore, liebe DieNeue,

Ich möchte vor euch Beiden meinen Hut ziehen. Chapeau!!

Euer Dialog der letzten Tage ist genau das, was ich mir unter einer Diskussion vorstelle, ein Austausch von individuellen Meinungen und Erfahrungen, ein Zuhören und Erklären, ein Bestätigen und Dagegenhalten und eine ehrliche Entschuldigung, wenn angebracht.

Ich lese jede von euch immer wieder gerne, finde euch sehr reflektiert und zugewandt. Und ich lerne immer wieder von euch, nehme mir von euren Gedankengängen etwas mit. Dank an jede von euch , dass ihr dieses Forum so bereichert.

Das war mir jetzt ein Bedürfnis und musste mal gesagt werden.

Ich wünsche dir Salvatore und dir DieNeue einfach Kraft und Mut und Geduld den Weg weiter zu gehen, so wie ihn sich jede von euch als für sie passend erarbeitet und erkämpft hat.

Liebe Grüße,
Jojoma
Katerle
Beiträge: 11265
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Katerle »

Hallo Salvadore,

alles Gute für dich und hoffe, du kommst bald wieder!

@ Winterkind

Gehts dir heute besser wegen der Panikattacke?

@ malu

Werde mich auch impfen lassen.

Allen anderen einen angenehmen Tag heute. LG Katerle
Sunshine5678
Beiträge: 986
Registriert: 19. Nov 2019, 20:06

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Sunshine5678 »

Ab Montag ist bei uns FFP2 Masken Pflicht. Ich habe im Internet welche bestellt da bei Drogerien schon ausverkauft waren und in der Apotheke so teuer.
Ich habe Herrn Söder angeschrieben wie er sich das so vorstellt gerade bei Geringverdiener oder Arbeitslosen. Bestimmt kommt nichts zurück.
LG Claudia
:hello:
malu60
Beiträge: 4141
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von malu60 »

Hallo Zusammen,
Danke, Bittermandel,hast mich gestern wieder etwas auf den Boden zurückgeholt.
Ich merke,dass ich Kontakte im "normalen Leben " nicht mehr gewohnt bin.Immer mit Rad unterwegs,Kontakte nur mit Menschen,die ich gut kenne,schult nicht grade zu kontroversen Gesprächen.bei mir macht sich wirklich langsam bemerkbar,wie klein mein Radius geworden ist.

Danke,Philosophin,Du bist ja an der Front, ich verstehe sehr gut,dass Du als junge Frau auch abwartest,was die Impfentscheidung betrifft.Denke aber auch,dass Du voll den Kontakt,gerade
zu älteren Patienten hast.....besteht da nicht besonders Gefahr,Träger zu werden,bez.angesteckt zu werden? Ich persönlich bin länger nur minimal in persönlichem Kontakt,also sehr gut nachzu
vollziehen,sollte eine Ansteckung geschehen,wäre ein kleinerer Kreis in Quarantäne....
...Ergo,Nachbarin;Wanderfreund,dessen Mutter....alles auf Abstand/Mundschutz/Desinfektion.

Ich werde noch Zeit haben,denke bis Sommer und werde mich impfen lassen,denn die Chance,endlich wieder ein Miteinander erleben zu können,ist mir das Risiko wert.

Liebe DieNeue,liebe Salvatore,ich schließe mich an,Eure Beiträge sind für mich sehr wertvoll.
regen mich an,mich selbst zu hinterfragen und zu neuen Sichweisen zu gelangen.Danke Euch,
würde nicht gern auf Beiträge von Euch verzichten,solange ich hier lese ,lese ich Euch meist.

Ich grüße Alle hier,malu
Leben ist mehr
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von momadome »

Hallo malu,

ich werde mich sofort impfen lassen, wenn es für mich möglich ist.

Ich denke, die Gefahr im Strassenverkehr eine schwerwiegende, dauerhafte Verletzung zu erleiden ist mehrfach höher, als einen dauerhaften Impfschaden zu erleiden.

Zum Thema Impfzurückhaltung bei medizinischem Personal.....aus der persönlichen Umgebung heraus ist mir klar geworden, dass Menschen, die viel Wissen über medizinische Fakten habe, auch viel Wissen über mögliche Nebenwirkungen haben.....zuviel manchmal, denn sie sehen bei sich selbst gerne sofort den Worst Case einer Diagnose und nicht erstmal das naheliegende. Das habe ich selbst so im Familienumfeld erlebt und musste schon öfter darüber grinsen.

Zum Busfahrer.....wenn ich einen einigermassen guten Tag habe gehe ich in solchen Fällen gerne mal in eine konfrontative Diskussion. Einfach um das diskutieren zu üben....ohne schwerwiegende Folgen. Sozusagen Schaukämpfe bei denen nichts passieren kann, aber ich lerne mit meiner Nervosität umzugehen, Argumente zu suchen, trotz meiner Wortfindungsprobleme einen Diskurs zu führen.
Ändern werde ich an solchen verqueren Ansichten nichts, wer an Verschwörungen glaubt ist rationalen Argumenten und Fakten nicht zugänglich.

Liebe Grüsse, jojoma
Sunshine5678
Beiträge: 986
Registriert: 19. Nov 2019, 20:06

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Sunshine5678 »

Mein Mann war heute einkaufen und dort wird spekuliert dass nächste Woche auch die Lebensmittelgeschäft schließen und nur noch auf Bestellung abgeholt werden kann. Auch ist der Impfstoff Placebo usw.
Ich halte dies als Verschwörungstheorien, aber mein Mann ist nun verunsichert. Es gab an der Wursttheke kam frische Wurst und Fleisch und auf seine Nachfrage kam dass ab Montag alles zubist. Dies wurde wohl von Rewe so angeordnet.
Das wäre echt der Hammer!!!!
:hello:
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Coronavirus-Krise

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo ihr Bayern,

lasst euch nicht gleich verrückt machen von dem Gerede.
Vielleicht ist in diesem Rewe ab nächster Woche einfach auch nur die Wursttheke geschlossen, und im Landkreis eine sehr hohe Inzidenz, oder die Menschen hinter der Theke daheim beim Homeschooling der Kinder.

Auch wenn man etwas im Radio hört, wie in anderen Ländern sehr stark das öffentliche Leben eingeschränkt ist, sehe ich hier noch keine Anzeichen dafür, dass das demnächst auch so kommt. Obwohl bestimmt noch weitere Einschränkungen denkbar sind.

Was die FFP2-Masken angeht, scheint es so zu sein, dass vor Ort in den Apotheken noch welche zu haben sind, zwar etwas teurer wie anderswo, aber man hat schnell welche.
Einige Landkreise und Kommunen veröffentlichen auf ihren Homepages oder Social-Media-Kanälen schon Infos, wo zumindest Empfänger von Leistungen SGB II und XII und nach Asylbewerberleistungsgesetz kostenlose Masken bekommen oder das Stück für 1€. Das läuft über Kommunen, teilnehmende Apotheken und auch Tafeln. Manche Kommunen sollen für alle Einwohner einige Masken im Rathaus abgeben.

Ich selber habe mir 5 Masken in der Apotheke geholt, der Rest ergibt sich dann.

Gruß an alle.
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