Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufmerks

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-Hobbes-
Beiträge: 59
Registriert: 31. Aug 2017, 08:08

Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufmerks

Beitrag von -Hobbes- »

/Aufmerksamkeit / Geduld?

Ich habe nun schon seit Jahren Depression und die Symptome Antriebslosigkeit, Energielosigkeit, Müdigkeit, Schlafstörung, Dysthemie, Affektabflachung sind ähnlich stark ausgeprägt von Tag zu Tag. Auf einem hohen, aber gerade noch aushaltbaren Niveau.

Was sich aber von Tag zu Tag stark ändert, sind Interesse und Aufmerksamkeit. An manchen Tagen ist davon wirklich NULL Vorhanden, es hat wenig Zweck zu versuchen etwas produktives oder auch nur unterhaltendes zu machen. Keine Ablenkung hilft.

Ich finde nach wenigen Minuten alles zu "blöd", sinnlos, anstrengend, langweilig und bin sofort abgelenkt. Dann versuche ich die näcshte Aktivität aber es ist wieder das Gleiche.

Dann hilft nur Zeit rumkriegen mit ziellos Computer surfen und Musik hören. Immerhin schaffe ich es, aufzustehen, anziehen, Duschen oder kleine Körperwäsche, Zähneputzen, mehrere Mahlzeiten. Besser als nichts , aber dennoch ist es ein verlorener Tag, weil ich dann 14 Stunden oder mehr quasi "nichts" mache.

Nachts gehe ich ins Bett mit der Hoffnung, dass es am nächsten Tag besser ist. Manchmal ist es das auch, oder es dauert mehrere Tage bis eine Woche.
Keinerlei Änderung der Situation nur geschlafen, merkwürdig dass das so ein Riesenunterschied sein kann - aber man sagt ja auch "morgen sieht die Welt schon ganz anders aus" oder "schlaf noch einmal drüber".

Woher kommt das und wie verhindere ich, dass dieser Zustand immer häufiger und schliesslich zur Regel wird?
An der Stimmung oder besonderen Ereignissen liegt es nicht, bei mir ist alles sehr eintönig geworden, besonders seit Corona. Jeder Tag ist gleich, nur die extreme Aufmerksamkeitsstörung mit Unfähigkeit sich für eine Sache zu interessieren und bis zum Ende durchzuziehen, ist unterschiedlich.

Manchmal kommt diese Phase sogar direkt nach einer positiven Aktion - Ich habe mein Schlafzimmer geputzt , oder Besorgungen gemacht - super dann kann ich ja jetzt in Ruhe (z.B) meinen Lieblingsfilm gucken! Pustekuchen, alles doof :-(

Noch ein Zimmer putzen, ne klappt auch nicht, bin zu müde , abgelenkt und angestrengt. So geht das mit jedem Versuch einer Aktivität weiter, bis nichts mehr bleibt ausser warten bis ich müde bin und schlafen kann und hoffen auf einen besseren Tag.

Schlafen mag ich total, hatte seit vielen Jahren keine Alpträume, sondern habe spannende und interessante oder verrückte Träume. Ich fühle mich dann so leicht, keine Depressionsschwere.
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufm

Beitrag von ben1 »

Hallo Hobbes


was Du schreibst ist depressionstypisch (aber diesen Allgemeinplatz hätte ich mir wahrscheinlich auch sparen können).

Ich darf Dir ein kleines Gedankenexperiment vorschlagen - vielleicht ist das ja interessant.

Wir (also Du und ich und alle anderen Menschen auch) bestehen aus vielen vielen kleinen Teilpersönlichkeiten. Da sind Antreiber und Kritiker dabei, Sandler und Mahner, ängstliche Kinder, usw. usf, Und wir switchen nun (ohne, das wir uns das groß aussuchen können) im Laufe eines Tages, einer Stunde, weniger Minuten - von einem zum anderen und plötzlich sieht die Welt wieder ganz anders aus. Das Problem bei diesen Teilpersönlichkeiten ist auch, das die völlig unterschiedliche Objektive haben, um auf die Welt zu blicken.

In guten Zeiten, wenn wir etwas machen, was uns voll und ganz erfüllt (bei mir ist das zb ab und an die Musik) verengt sich unser Fokus völlig auf die Tätigkeit - wir blicken buchstäblich nicht nach link und rechts. In schlechten Zeiten wird unser Fokus häufig auf das gelegt, was eben nicht so toll ist an uns oder in der Welt. Mein "Melancholie-Ben" zB zeigt mir immer wieder mit brutaler Offenheit, wie vergänglich alles ist und das auch mein Leben jederzeit komplett kippen kann. Das ist schmerzhaft und nicht besonders schön - und dennoch bringt auch dieser Anteil eine Tiefe in mein Leben, die ich nicht missen möchte.

Problematisch ist die Sache deshalb, weil wir uns (der wir ja praktisch nur der Bürgermeister in unserem Ich-Dorf sind) immer gerade mit dem Anteil verwechseln, der gerade am Zug ist. Und eine Möglichkeit mit dem ganzen umzugehen wäre, sich in einem ersten Schritt mal (möglichst gelassen) alle Anteile anzusehen, wenn sie wieder mal auftauchen, sie neugierig (wie ein Forscher) zu betrachten und ihre Ziele, Ängste und Motivationen kennenzulernen. In einem zweiten Schritt kann ich dann immer mal wieder Bürgerversammlungen einberufen und aktiv schauen, welche Anteile denn derzeit nicht oder zu wenig gehört werden. Dann müssen die sich nämlich nicht mehr mit brachialer Gewalt Zugang verschaffen und uns lahmlegen, um gehört zu werden, sondern dann werden die in ein tiefes, buntes Leben integriert.

Der Preis für eine solche Arbeit ist der Abschied vom "Wunsch-Ben", also von der Person, die ich glaube sein zu sollen oder zu müssen - der Ertrag ist ein echtes Leben mit allen Höhen und Tiefen, mit allen Erlebensmöglichkeiten, mit Freude und Trauer.

Ist da was für Dich dabei

Fragt sich

Ben
Monchen12345
Beiträge: 1873
Registriert: 18. Nov 2018, 23:21

Re: Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufm

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Hobbes,

Ich würde erstmal sagen, dass ist wie bei Gesunden auch. Man ist nicht jeden Tag gleich gut/schlecht drauf. Sondern es gibt halt gute und schlechte Tage.
Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass es safür unbewusste Auslöser gibt.

Vielleicht führst du mal über 2-4 Wochen Tagebuch/Tagesprotokolle. Was hast du wann gemacht, wie ging es dir dabei und wie bewertest du das. Vielleicht kommst du so noch persönlichen Auslösern auf die Schliche.
Bei mir ist es lange so gewesen, dass ich richtig schlecht zurecht war, wenn der Vortag für mich sehr anstrengend war.

LG, Monchen
ßßßß

Re: Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufm

Beitrag von ßßßß »

@-hobbes-

nur manche Tage?
Du hast's gut.

Ich würde zu bei Monchen'stagebuch Wetter und Ernährung hinzunehmen, aber die Bewertung und auch erstmal die Gefühle weglassen.
Die letzten Beiden bedingen Übung um es nicht schlimmer zu machen.


@ben1

ähm nein.
Ich habe nur eine Persönlichkeit. Das ist schon anstrengend genug.
Und auch nein. Wenn es um den Fokus geht.

Ich weiß es gibt Psychologieschulen die so was propagieren. Wenn es Einzelnen hilft ok für die.
Ich habe sowas immer als ausgesprochen schädlich erlebt. Man kann so was Leuten auch einreden.
Bauchtänzer
Beiträge: 418
Registriert: 13. Jul 2019, 20:38

Re: Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufm

Beitrag von Bauchtänzer »

Hallo Ben,

keine Ahnung, ob für hobbes etwas dabei war - mich hat´s angesprochen - danke für deine Gedanken!

Für mich sind es keine einzelnen kleinen Persönlichkeiten, sondern tiefsitzende Gedanken und Gefühle, die mein Ich jeweils vollkommen zu beherrschen scheinen.

Ich versuch, mich mit Hilfe von kurzen Meditationen darin zu üben, mich zu distanzieren. Manchmal hab ich den Eindruck, dass es mir tatsächlich gelingt, meine Gedanken/Gefühle mit Abstand anzuschauen, mich also nicht unmittelbar damit zu identifizieren. Gelingt mir das etwas, ist es entlastend.

Leider praktiziere ich nicht diszipliniert genug. Das Melancholie-Ich herrscht seit langem.

hobbes, wie du finde ich meine Träume auch total spannend - ich wache auf, erinnerne mich gut an meine Träume und hab den Eindruck, die ganze Nacht nur geträumt zu haben, ein Film nach dem anderen, inhaltlich höchst verschieden, nicht vorhersehbar. Leider auch quälende Alpträume dabei.

Habt schöne, friedliche Feiertage!

Bauchtänzer
"Freedom's just another word for nothin′ left to lose" - J.J.
Peter1
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Re: Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufm

Beitrag von Peter1 »

Hallo Hobbes
Mir hat bei den gleichen Problemen mein Hund geholfen. Durch ihn bekommt mein Tag eine gewisse Struktur. Ich gehe mit Chilly immer zu den gleichen Zeiten spazieren. Das hat zwei Vorteile. Erstens habe ich Bewegung, an der frischen Luft, und zweitens richte ich meine Mahlzeiten danach aus. Nebenbei habe ich mir einen Wochenplan gemacht, mit den auszuführenden Arbeiten. Davon habe ich, auch ohne große Lust, jeden Tag 3 oder 4 Punkte abgearbeitet. Natürlich waren auch Pausen dabei, zum Kaffee trinken und Musik hören. Nach drei Monaten brauchte ich keinen Plan mehr.
Frohe Weihnachten peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
-Hobbes-
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Registriert: 31. Aug 2017, 08:08

Re: Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufm

Beitrag von -Hobbes- »

Frohe Weihnachten und danke für eure Antworten.

Ja ich kann mich glücklich schätzen, dass nicht jeder Tag so ist. Die anderen Probleme wie Energielosigkeit kann ich noch aushalten, indem ich meinen Tagesablauf daran auslege und ganz kleine Brötchen backe, im Vergleich zu gesunden. Aber jeden Tag null Interesse an nichts, jeden Tag null Lebensfreude - wüsste nicht wie ich das aushalten soll.

Das mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten ist bei mir glaub ich nicht so.

Tagesprotokoll werde ich mal versuchen, vielleicht lässt sich doch ein Auslöser finden.
Ansonsten ist es vielleicht tatsächlich eine übliche Tageschwankung. Als gesunder Mensch merkt man das vielleicht nicht so, denn von gut auf mittelprächtig ist ja kein Beinbruch. Bei mir zumindest war es nur selten auf "schlecht" und dann immer mit Auslöser.

Doch bei Depression dann von stark unterdurchschnittlich bis schlecht auf sehr schlecht ist schwerer zu verkraften
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Warum sind meine Tage so verschieden bez. Interesse/Aufm

Beitrag von ben1 »

Hallo Hobbes und ßßßßßß

sorry (ich bin vielleicht etwas euphorisch, weil das bei mir doch gut funktioniert) - war nur ein Gedanke. Wenn Du (ßßßßß) mir noch erklären möchtest, was an der Methode (oder dem Bild) destruktiv ist, wäre ich Dir sehr dankbar (!!!) Ich will wirklich niemand was einreden - nochmals sorry, wenn das so angekommen ist! Ich erlebe mich (und zwar nur mich - ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit) als Person, die von den unterschiedlichsten Motiven mal da, mal dort hingezogen wird und da gibt das Modell (mir) gute Struktur

@bauchtänzer

Du sprichst meiner Meinung nach was wichtiges an, nämlich Distanz! Wenn ich mich immer genau mit dem identifiziere, was gerade da ist (und zwar unreflektiert, automatisiert) - dann (und ich bleib mal bei meiner These, das wir uns häufig mit dem Ich verwechseln, das wir gerade erleben) bleibe ich immer Objekt im Leben (der, mit dem etwas geschieht) und werden nie Subjekt. Gefühle übermannen uns, Gedankenkreisel rauben uns Energie - und häufig hilft es schon, die zu benennen ("ach, der Sorgenben ist wieder da"), um uns eine kleine Distanz zum Problem zu schaffen (und das kann sehr, sehr entlastend sein). Das bedeutet nicht, das Problem zu leugnen oder zu bagatellisieren, es bedeutet häufig nur, ein wenig Luft zu bekommen und ein wenig Handlungsspielraum ("mal hören, was er diesmal zu sagen hat"). Wenn ich so lese, was ich schreibe, klingt das völlig banal - dennoch finde ich es sehr entlastend. Aber wie gesagt - "Prüfe alles, das gute behalte" wie unser Freund Buddha schon vor Jahren riet.

Beste Grüße

Ben
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