Dilemma eines Angehörigen/Suche nach Ausweg

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Strandleben
Beiträge: 1
Registriert: 22. Okt 2020, 12:28

Dilemma eines Angehörigen/Suche nach Ausweg

Beitrag von Strandleben »

Hallo zusammen,

leider befinde ich mich als Angehörige eines an Depressionen erkrankten Mannes in einer schwierigen Situation, jede Art von Rat oder Erfahrung nehme ich dankend an. Eine Kurzversion meiner Lage:
Mein Mann und ich sind seit 20 Jahren zusammen, seit 15 Jahren verheiratet, haben 3 gemeinsame Kinder sowie jeder noch eins aus einer vorherigen Beziehung. Wir haben ein Unternehmen, das aufgrund einer Insolvenz auf meinen Namen läuft. Wir haben immer beide dort gearbeitet, mein Mann aber zu grösseren Anteilen alleine wegen der Kinder. Nun hat er seit 3 Jahren bereits eine leichte "Winterdepression" die sich im Jahre 2018 zu einer schweren Depression entwickelt hat. Es folgte eine Zwangseinweisung in eine psychiatrische Klinik in der er 6 Monate stationär behandelt wurde. Während seines Klinikaufenthaltes hat sich dann herausgestellt das er mich über mehrere Jahre betrogen hat mit einer engen Mitarbeiterin. Im Juli 2019 wurde er entlassen mit der Auflage Medikamente zu nehmen (Antidepressiva und Olanzapin) und therapeutische Unterstützung zu suchen. Er hat dieses kurze Zeit genommen und dann ohne Rücksprache abgesetzt. Aus seiner Depression entwickelte sich dann eine manische Depression mit einer schweren Psychose, ebenfalls wurde eine bipolare Störung diagnostiziert. Es folgte eine erneute Zwangseinweisung im November 2019 für geplant 6 Wochen. Hier hat er sich mit Hilfe eines Anwaltes herausgeklagt. Ich habe mich aufgrund der ganzen Vorfälle räumlich getrennt, fühlte mich aber nach wie vor verpflichtet Ihm zu helfen. Seit Juni 2020 wohnt er wieder bei uns im Haus da er seine Unterkunft wegen Eigenbedarf verlassen musste. Seine Medikamente nimmt er nun regelmässig, ansonsten keine Therapie. Das Zusammenleben für uns als Familie ist eigentlich nicht länger tragbar, die Kinder und ich fühlen uns unwohl, eine Versöhnung als Paar sehe ich nicht. Die Medikamente scheinen ihn auch mehr ruhig zu stellen obwohl er seit 5 Wochen etwas weniger nimmt (nach Rücksprache Psychiater). Ich finde einfach keinen Ausweg aus dieser verfahrenen Situation. Zudem die andere Frau beruflich nach wie vor Bestandteil seines Lebens ist. Dies ist wirklich ein oberflächlicher Kurzbericht da enorm viel seitdem passiert ist. Danke für Eure Mithilfe
Empathie58
Beiträge: 273
Registriert: 23. Okt 2017, 21:48

Re: Dilemma eines Angehörigen/Suche nach Ausweg

Beitrag von Empathie58 »

Hallo Strandleben,

herzlich willkommen im Forum!

Was Du schilderst, ist heftig. Du scheinst sehr stark zu sein, sonst hättest Du das alles nicht so lange aushalten können: Die Krankheit Deines Mannes, die Verantwortung für und die Arbeit in der Firma, die Kinder. Und dass Dein Mann sich "zum Dank" eine Geliebte zugelegt hat, die nach wie vor in seiner Umgebung arbeitet, verletzt Dich tief, oder?

Einen Rat kann und möchte ich Dir nicht geben, das empfände ich als anmaßend.

Vielleicht tröstet es Dich ein wenig, dass ich mit meiner ersten Frau Ähnliches erlebt habe. Sie erkrankte ebenfalls an einer Depression und wandte sich während eines mehrmonatigen stationären Klinikaufenthalts einem Mitpatienten zu. Danach trennte sie sich unter von mir als sehr belastend und verletzend empfundenen Umständen von mir - nach immerhin 17 Jahren Ehe.

Ich denke, dass man persönliche Erlebnisse nicht miteinander vergleichen sollte im Sinne von "Wem geht (oder ging) es schlechter?". Jeder Mensch empfindet - zu Recht - seine eigene Lage als belastend, unabhängig davon, wie es anderen geht. Dennoch kann es manchmal hilfreich sein zu wissen, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist.

Ich wünsche Dir weiterhin viel Kraft und sende Dir liebe, mitfühlende Grüße,
Empathie58
Caro77
Beiträge: 47
Registriert: 2. Okt 2019, 14:22

Re: Dilemma eines Angehörigen/Suche nach Ausweg

Beitrag von Caro77 »

Hallo Ihr,

mir fällt hier immer auf, dass wir dazu neigen, das zu raten, was wir aber selbst nie tun würden.
Nach der Lektüre von Strandlebens Bericht schreie ich "Den fiesen Möpp verlassen!" und "Selfcare betreiben!".

Ich gestehe vor einiger Zeit in völliger Verzweiflung die Telefonseelsorge kontaktiert zu haben, beim ersten Lockdown. Die Leute am Telefon waren echt toll und haben mich wieder aufgebaut und so kämpfe ich weiter als Angehörige, die sie häufig wie Aschenputtel vorkommt.
Vielleicht probierst Du Dein Glück dort auch mal. Die haben echt was drauf und antworten Dir in time und ein echtes Gespräch ist möglich. Natürlich können sie Dir die Last auch nicht abnehmen oder für Dich entscheiden.
Bei "uns" war die Bipolarität auch mal allerdings fälschlich diagnostiziert, die Initiative und Hotline für Angehörige ist auch toll.https://dgbs.de/kontakt" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false; Ruf da auf alle Fälle an!
Irgendwann habe ich beschlossen, so viel Hilfe ins Boot zu holen wie möglich. Die Leute von der Bipolarenhilfe laufen über vor Anfragen von Frauen als Angehörigen. Da sitzen z.T. ausgebildete Betroffene, die die sagen, warum der Angehörige so handelt und was Du machen kannst.

Die Nummer sind viel frequentiert, stell Dich auf Warten ein und mach beim Warten was Anderes!

Liebe Grüße und überall dieselbe Sch...

Mary
Jaqui
Beiträge: 8
Registriert: 14. Nov 2020, 06:07

Re: Dilemma eines Angehörigen/Suche nach Ausweg

Beitrag von Jaqui »

Hi,

ich kann sehr gut verstehen, dass dir mittlerweile die Kraft fehlt, dein Leben so weiter zu führen.
Als Mutter und Angehörige eines depressiven Ehemannes rate ich dir, dich, deiner Kinder zu Liebe, in den Fokus zu stellen. Du musst dich fragen: hätte dein gesunder Mann von früher gewollt, dass seine Familie so leidet? Wenn du nicht bald die Reißleine ziehst, kommst du selbst unter die Räder und deine Kinder stehen noch schlechter da, unabhängig davon, dass ihnen die Situation jetzt schon viel abverlangt. Du hast die Verantwortung für dich und deine Kinder!

Ich wünsche dir viel Kraft.
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