Genesungshelfer

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any
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Genesungshelfer

Beitrag von any »

Hallo liebe Leute!

Ich bin neu hier im Forum! Frohe Weihnachten allen Lesern!

Ich möchte wissen, wer schon mal Kontakt zu einem Genesungshelfer in der Psychiatrie hatte , oder wer selbst einer/ eine ist. Wer nicht weiß, was eine Genesungshelfer ist: Psychiatrieerfahrene können sich in einer 1-jährigen Ausbildung als Genesungshelfer ausbilden lassen. Sie können dann eingesetzt werden, um psychisch Kranken mit ihren eigenen Erfahrungen zu helfen.

Ich bin seit einigen Jahren wieder stabil.
Ich hatte schon 2 schizophrene Psychosen und jahrelange Depressionen nach den Geburten meiner 2 Söhne.
Ich habe nicht so gute Erfahrungen in der Psychiatrie gemacht. Voll gepumpt mit Medikamenten ,- ruhig gestellt. Dabei hätte ich dringend Redebedarf gehabt.
Nach 3 Monaten nach Hause und nun sieh zu, wie du mit deinen Problemen zurecht kommst.
Wenn ich mir vorstelle, dass Jemand auf mich zu gekommen wäre, der meine Erkrankung auch schon durchgemacht hat und mich versteht, so wäre es um vieles leichter gewesen.

Ich schleiche zur Zeit Abilify 10mg aus und nehme noch abends 100mg Seroquel Prolong. Ich kam immer gut mit diesen Medikamenten zurecht.

Also, wer Erfahrungen mit Genesungshelfern hat, kann sich ja mal melden!

Schöne Feiertage noch!
jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Genesungshelfer

Beitrag von jolanda »

Hallo,

ich arbeite ale Genesungsbegleiterin in einer Klinik

Was genau sind deine Fragen?

Für mich hat sich die Ausbildung auf jeden Fall gelohnt und das sagen die meisten, die sie gemacht haben. Übrigens ist die Bezeichnung, die sich gerade durchsetzt Genesungsbegleiter/in nicht Genesungshelfer.
Mir hat die Ausbildung viel gebracht für meine persönliche Entwicklung, für ide Auseinandersetzung mit der Krisenerfahrung, aber auch was meinen Horizont und mein Verständnis für psychische KRankeheiten allgemein angeht... und mir hat sie sogar einen Job beschert.

für alle, die es interessiert: http://www.ex-in.de" onclick="window.open(this.href);return false;

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
any
Beiträge: 6
Registriert: 23. Dez 2017, 16:00

Re: Genesungshelfer

Beitrag von any »

Hallo Jolanda,

schön dass du dich gemeldet hast.
Ja, ich spiele mit dem Gedanken, eine Ausbildung zur Genesungsbegleiterin zu machen!
In meinem alten Beruf als Zahnarzthelferin möchte ich nicht mehr arbeiten.
Wie kommt denn Deine Arbeit und Begleitung bei den Patienten an? Herrscht mehr die Dankbarkeit oder die Ablehnung vor?
Wie geht es Dir nach einem Arbeitstag? Kommen dann jedesmal alte Erinnerungen an die eigene Erkrankung hoch ? Wie ist denn das Ansehen in der Belegschaft ( Ärzte und Personal), gibt es da Schwierigkeiten?

Und wie ist denn eigentlich der Verdienst?
gvman
Beiträge: 287
Registriert: 20. Okt 2015, 10:35

Re: Genesungshelfer

Beitrag von gvman »

Hallo..
Ich habe noch nie vom Genesungshelfer gehört und finde diese Weiterbildung sehr interessant. Ich bin derzeit noch lange nicht belastbarer genug, aber falls mal der “Durchbruch“ eintreten sollte, wäre das definitiv u.a. etwas für mich. Aber, interpretiere ich das richtig, dass man Psychotiker gewesen “sein muss“? Dies trifft bei mir nicht direkt zu, auch habe “nur“ Erfahrungen mit psychosomatischen Kliniken, obwohl ich schwer beeinträchtigt bin ..LG
any
Beiträge: 6
Registriert: 23. Dez 2017, 16:00

Re: Genesungshelfer

Beitrag von any »

Hallo gvman!

Bis vor 2 Wochen habe ich von einem Genesungsbegleiter auch noch nichts gehört.
Ich lese z.Zeit das Buch "Irren ist menschlich". Ein Lehrbuch der Psychiatrie u. Psychotherapie von K.Dörner aus dem Psychiatrie Verlag. Dort wird der Beruf des Genesungsbegleiters beschrieben.

Ich glaube nicht, dass man für die Ausbildung mal psychotisch gewesen sein muss, obwohl es vielleicht von Vorteil ist, dann solche Patienten zu betreuen, wenn man dasselbe durchgemacht hat.
Aber man kann sich ja auch viel Wissen anlesen, und dann die Symptomatik der einzelnen Erkrankungen kennenlernen.

Wichtig ist sicherlich, dass man schon längere Zeit selbst psychisch stabil ist, um sich nicht mit
"runterziehen" zu lassen und belastbar zu sein.
Und den Patienten zuhören wollen und können ist sicher Grundvorraussetzung.
Ich finde diesen Berufszweig auch toll für die Leute, die aufgrund ihrer Psychiatrievergangenheit keinen Job mehr finden.
Jolanda hat übrigens eine Internetadresse auf dieser Seite angegeben, wo du dich auch noch mal informieren kannst.
Neue Perspektiven für die Zukunft bringen , finde ich, auf jeden Fall einen Heilungs-
schub. So kommt man selbst endlich aus dem Patientenstatus raus und wird Helfende!
Wünsche dir für das neue Jahr alles Gute und starke Nerven!

LG any
jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Genesungshelfer

Beitrag von jolanda »

Hallo,

Man muss "nur" Erfahrung mit psychischen Krisen und deren Bewältigung haben. Egal wie die Diagnose lautet, ob Psychose, Depression oder oder....

Und natürlich sollte man in der Lage sein, die eigenen Erfahrungen zu reflektieren und mitzuteilen. Der Rest kommt in der Weiterbildung.

Übrigens findet ihr auf der Seite, die ich angegeben habe auch die Ausbildungsstandorte in Deutschland und da gibt es sicherlich vor Ort auch Leute, bei denen ihr Euch erkundigen könnt, oder es gibt Infoveranstaltungen etc.

Die Weiterbidlung zur Genesungsbegleitung gibt es seit ca 12 Jahren. In den verschiedenen Regionen in Deutschland ist das Thema unterschiedlich stark vertreten. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Jobchancen. Es gibt immer noch viele Instiutionen, die von EX-IN noch nichts gehört haben, leider.
Vom Verdienst her wird man meist im Bereich Pflegehelfer eingestuft (also ziemlich niedrig, weniger als eine einjährige Ausbildung) mit einzelnen positiven Ausnahmen. Viele Arbeitgeber bieten aber auch nur 450€ Jobs an. Was natürlich attraktiv ist, wenn man berentet ist, aber nicht, wenn man davon leben möchte.

Im Prinzip ist der Einsatz von Genesungsbegleitern überall da denkbar, wo Menschen mit psychischen Problemen behandlet/betreut/beraten werden. Auch im Gesundheitsmanagement von Firmen. Denn es geht ja darum, die Betroffenenperspektive einzubringen.

Meine Erfahrung ist, dass ich den Menschen auf einer anderen Ebene begegnen kann, als professionelle Helfer. Ich sehe meinen Job als Bereicherung/Ergänzung. Bitte entschuldigt, dass ich hier nicht detailliert von meiner Tätigkeit berichte, da das meine Anonymität gefährden könnte.
Bisher sind mir noch keine Patienten begegnet, die ablehnend waren - natürlich erreiche ich nicht alle gleichermaßen und manche nehmen meine Unterstützung auch nicht in Anspruch, aber das finde ich völlig ok.

Wenn ihr Genaueres wissen möchtet, dann gerne per PN.

Liebe Grüße, jolanda


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momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Genesungshelfer

Beitrag von momadome »

Hallo,

ich habe einen längeren Text geschrieben, der nun irgendwo im WWW verschwunden ist. Pech :roll:

Aber ich kann mich dem, was Jolanda geschrieben hat nur voll und ganz abschließen. Ich bin seit über 2 Jahren als Genesungsbegleiterin tätig und finde es gut, dass es dieses Bindeglied zwischen Erkrankten und Patienten nun gibt.

LG
jojoma
gvman
Beiträge: 287
Registriert: 20. Okt 2015, 10:35

Re: Genesungshelfer

Beitrag von gvman »

Vielen Dank schon einmal für die Infos....
Ich habe im Internet ein wenig “gestöbert“ und werde mich wohl auch telefonisch informieren...
Momentan ist es, wie gesagt, noch zu früh für eine Weiterbildung. Trotzdem ein erneuter Ansporn für mich, weiter an der Genesung zu “arbeiten“.
LG
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: Genesungshelfer

Beitrag von aikido_1987 »

Ich finde die Idee hinter dem Genesungshelfer auch gut, aber ich finde die Ausbildungskosten stehen in keinem Verhältnis. Ich kann die Kosten dafür nicht aufbringen und finde das ich bereits so viele Qualifikationen für den „Beruf“ mitbringe, dass eine vollständige Ausbildung in meinen Augen nicht erforderlich ist.
Und dann habe ich diese Ausbildung und finde keinen Job in Deutschland oder einen von dem ich nicht Leben kann. Das geht nicht. Vielleicht verdienen nur die Ausbildungseinrichtungen gut daran.

Ich habe eine Bekannte, die als Genesungshelferin in der Psychiatrie meiner Stadt tätig ist und ich weiß nicht, ob sie dafür Geld bekommt, aber die „Sprechstunde“ ist 1x die Woche und es kommt maximal ein einziger Patient. Und das auch nur nachdem sie vorher nochmal über die Stationen gegangen ist. Ich habe nicht das Gefühl, das sie Anerkennung für Ihre Arbeit von den Schwestern und Ärzten dort bekommt, weil z.b. das Pflegepersonal überhaupt nicht versucht die Patienten zu ermutigen, die Genesungshelferin in Anspruch zu nehmen.
ßßßß

Re: Genesungshelfer

Beitrag von ßßßß »

ich hols mal hoch

weil es einen aktuellen podcast dazu vom br gibt

https://www.br.de/mediathek/podcast/rad ... ft/1794280" onclick="window.open(this.href);return false;"

wird zwar auch ein haufen mist erzählt, aber grundsätzlich ganz gut.
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Genesungshelfer

Beitrag von anna54 »

Hallo zusammen
danke,ich hab leider so viele Jahre gehofft,dass sich vor Ort auch nur ein Schritt ändert.
Viele Jahre hab ich selbst im Trialog einer großen Klinik gearbeitet.
Es gab genau zwei Genesungsbegleiter,einer hatte so wenige Stunden,dass es fast "unerhöhrt" war,die andere leitete eine Gruppe,einmal im Monat zwei Stunden.
Jetzt durch Corona null.
Es würde sich ändern,wenn wir Psychiatrie wirklich ändern wollten,weg von den Medikamenten,hin zu den Helfern in Lebenskrisen.
Aber Medikamente und das System der Verordner sind immer noch stärker.
anna54
joto202
Beiträge: 44
Registriert: 9. Jul 2020, 16:59

Re: Genesungshelfer

Beitrag von joto202 »

Wie kommt man als Patient an einen Genesungshelfer?
Henrike
Beiträge: 346
Registriert: 11. Jul 2020, 19:13

Re: Genesungshelfer

Beitrag von Henrike »

Eine sehr interessante Frage. Es geht mir derzeit schlecht, aber ich soll mich um alles selbst kümmern, das überfordert mich. Psychiater nehmen keine neuen Patienten an, dann noch unendlich viele Therapeuten anfragen, dafür müsste man gesund und am besten Manager sein. Mir wächst das derzeit eher über den Kopf. Es wird undurchschaubar.
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Genesungshelfer

Beitrag von momadome »

Hallo,
Die meisten Genesungsbegleiter arbeiten festangestellt in Krankenhäusern, Rehaeinrichtungen oder anderen psychosozialen Leistungsträgern. D.h man kann nicht einfach so zur "Sprechstunde" eines Genesungsbegleiters gehen, sondern muss als Patient oder Klient einer solchen Einrichtung an einen solchen Kontakt kommen.

Wenige Genesungsbegleiter haben sich selbstständig gemacht und können privat oder über das persönliche Budget engagiert werden
https://www.ex-in-genesungsbegleiter.de/" onclick="window.open(this.href);return false;
https://ex-in.de/" onclick="window.open(this.href);return false;

Ich arbeite in einer Akutpsychiatrie.

Alles Gute und viel Erfolg,
Jojoma
belladonna_
Beiträge: 352
Registriert: 29. Okt 2020, 13:49

Re: Genesungshelfer

Beitrag von belladonna_ »

Ich hab die Weiterbildung auch gemacht, bzw. muss noch Stunden nachholen und den Bericht schreiben. Für mich ist das allerdings nur eine Zusatzqualifikation, ich schreibe gerade meine Masterarbeit in einem sozialen Studiengang.

Bei uns gibt es auch häufig nur 450 Euro Jobs (gut für die, die ihre Rente aufstocken wollen), aber ich will ja mal mindestens in Teilzeit arbeiten. Leider ist auch mein eines Praktikum als Genesungsbegleiterin nicht gut gelaufen, die "Profis" haben teils sehr auf mich herab geschaut (und wie gesagt, ich hab ein abgeschlossenes Studium auch noch). Das fand ich schon sehr enttäuschend und schade.
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