Woran erkenne ich eine Depression?

wunderplunder
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Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

Hallo zusammen,
ich bin neu hier und mir gar nicht so sicher, ob ich hier richtig bin…

Mein Lebensgefährte trennte sich nach sechs Jahren Beziehung völlig unerwartet von mir. Trotz dessen, dass während dieser Zeit nicht immer alles perfekt lief, riss mir diese Trennung mit voller Wucht den Boden unter den Füßen weg – schließlich planten wir wenige Wochen zuvor noch, ein Haus zu kaufen, was lediglich aus dem Grund nicht zustande kam, dass mir die Lage nicht gefiel. Ich wog mich in Sicherheit und plötzlich war alles anders.

Durch die Trennung verlor ich nicht nur meine Liebe und meine Hauptbezugsperson der letzten sechs Jahre, sondern auch noch mein Zuhause, da ich leider nur einen Untermietvertrag hatte, welchen er mir direkt kündigte und mich so zum raschen Auszug zwang. Zwar konnte ich bei meiner Schwester unterkommen, wo ich auch heute noch wohne, aber vergleichbar mit meiner vorherigen Wohnsituation ist diese selbstverständlich leider nicht. Man ist eben nur zu Gast und nicht zuhause.

Bereits wenige Tage nach der Trennung suchte ich meinen Hausarzt auf. Ich aß nicht mehr, konnte nicht mehr schlafen, litt unter ständiger Unruhe, wachte nachts durch plötzliche Panikattacken auf und verlor jegliche Lust an all dem, was mir zuvor Spaß machte. Durch meine Appetitlosigkeit und schlimme Durchfälle verlor ich innerhalb von vier Tagen 7kg bei einem Körpergewicht von zuvor 52kg. Beim Hausarzt wurden mir Schlafmittel sowie Antidepressiva verschrieben und eine Überweisung für einen Psychotherapeuten ausgestellt. Über die zentrale Vermittlungsstelle bekam ich innerhalb weniger Tage einen Termin. Während dieses Termins schilderte ich der Dame, auf ihre Nachfrage hin, meine Situation und meine Gefühle. Ab und zu stellte sie mir Fragen, die meiste Zeit unseres Gespräches ließ sie mich allerdings frei erzählen. Nach einiger Zeit deutete sie mir an, dass unsere Gesprächszeit zu Ende sei und fragte mich zum Abschluss, ob meine Probleme derart schwerwiegend für mich seien, dass ich Selbsttötungsgedanken hätte. Als ich dies verneinte, erklärte sie mir, dass ich ihrer Auffassung nach nicht krank sei, sondern lediglich eine schwere Phase durchmache, die wir „im Laufe unseres Lebens wohl alle einmal durchmachen.“ Eine Therapie wäre „für Leute wie mich“ weder notwendig noch vorgesehen und ich solle mich mit Sport und anderen Freizeitaktivitäten ablenken.

Auch heute, gute drei Monate nach der Trennung, hat sich mein Leben wenig verändert. Zwar esse ich wieder, aber die tiefe Traurigkeit vom Anfang hat sich gehalten. Sie äußert sich durch teils stundenlange Heulanfälle sowie das Gefühl der absoluten Hoffnungslosigkeit. Ich weiß einfach nicht mehr, wie ich noch weiter machen soll. Dinge, die ich vor der Trennung gerne machte, haben jeglichen Reiz für mich verloren. Am liebsten würde ich mich den ganzen Tag im Bett verkriechen. Ich gehe zwar zur Arbeit, bin dort allerdings zu nichts zu gebrauchen und mache unentwegt Fehler, da ich mich nicht konzentrieren kann. Auch, wenn ich mich mit Freunden treffe, ist nichts mehr, wie es einmal war. Zwar merke ich, dass es mir gut tut, rauszukommen, aber es ist einfach nicht mehr das Gleiche wie vor der Trennung. Es macht einfach keinen Spaß mehr und ich bin froh, wenn ich wieder alleine bin.

Alle sagen, es geht vorbei. Aber was, wenn es das nicht tut? Was ist, wenn ich mein Leben lang Gefühle für diesen Mann haben werde? Die letzten drei Monate waren ein einziger Kampf und ich habe das Gefühl, dass ich diesen Zustand nicht noch länger aushalten kann. Stattdessen, dass es besser wird, werden die Löcher, in die ich falle, immer tiefer. Noch immer drehen sich meine Gedanken fast ausschließlich um ihn und darum, was er wohl gerade tut, denkt und fühlt. Ich habe gehört, es geht ihm gut und man würde ihm die Trennung nicht anmerken – und das tut so unendlich weh.

Ich habe Angst vor mir selbst. Erst letztens ist mir jemand im Zuge eines riskanten Überholmanövers beinahe ins Auto gefahren. Mittlerweile frage ich mich immer häufiger, warum ich nicht einfach drauf gehalten habe, um den ganzen Mist zu beenden. Ich frage mich häufig, wie es wäre, nicht mehr da zu sein…

Die Therapeutin sagte, ich sei nicht krank bzw. behandlungsbedürftig. Aber mittlerweile habe ich immer öfter das Gefühl, der Situation nicht mehr Herr zu werden. Sind diese Gefühle tatsächlich normal? Woran erkenne ich eine Depression? Der Selbsttest auf der Seite der Deutschen Depressionshilfe gab an, dass ich dringend einen Arzt aufsuchen soll. Aber genau das habe ich ja getan und es war nicht richtig.

Was soll ich nur machen?
buggybeast
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von buggybeast »

Liebe wunderplunder
Erstmal willkommen hier im Forum, auch wenn ich selber auch erst seit ein paar Tagen hier bin.
Dein Nickname ist schonmal wunderschön und auch sehr humorvoll.

Alles was du beschreibst, sind Anzeichen für eine Depression. Das heißt nicht zwingend, dass es so sein muss. Aber du schriebst ja, dass deine Symptome nun schon 3 Monate andauern. Normalerweise sagt man schon nach zwei Wochen, dass man Hilfe in Anspruch nehmen soll, was in diesem selbsttest bestimmt auch irgendwo bemerkt wurde. Lange warten macht die Sache meistens nicht besser. Aber das hast du ja eigentlich auch nicht getan.

Das Verhalten der Therapeutin finde ich völlig daneben. Gerade ein Therapeut sollte so emphatisch und sensibel sein, auch Feinheiten zu erkennen. Es tut mir wirklich leid für dich, dass du sowas erleben musstest.

Das Verhalten deines Hausarztes war nett und sicher gut gemeint, ich persönlich finde es aber etwas störend, dass er dir gleich antidepressiva verschrieben hat. Womöglich noch ohne dosierungsangabe. Sinnvoller wäre der Weg zu einem Neurologen. Vielleicht kannst du das ja noch angehen. Nimmst du denn die AD noch oder hast sie genommen?

Und ich würde dir wirklich empfehlen, nochmal einen neuen Start in Richtung Therapie zu machen. Es sind nicht alle so, die meisten würden sowas niemals sagen. Und ein AD benötigst du vielleicht auch nicht, wenn die Therapie gut ist.

Versuche es nochmal, du hast etwas sehr trauriges erlebt.

Wenn du die Kraft hast, kann ich dir auch empfehlen, auf YouTube einfach mal nach Depression Doku zu suchen und einen oder einige der Berichte von seriösen TV-Sendern anzuschauen. Da gibt es eine Menge Auswahl.

Schön , dass du den Weg in dieses Forum geschafft hast.

Liebe Grüße
DieNeue
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von DieNeue »

Hallo wunderplunder,

ganz egal, ob du jetzt eine Depression hast oder "nur" eine schlimme Phase durchmachst, ich denke, jemanden zum Reden zu haben ist immer gut in solchen Fällen.
Du könntest auch mal nach dem Sozialpsychiatrischen Dienst bei euch in der Nähe googeln. Den gibt es z.B. bei Diakonie, Caritas o.ä. und der bietet kostenlose Beratung an für Leute mit psychischen Problemen oder in Krisen. Mein Vater war da mal eine Zeit lang regelmäßig und es hat ihm sehr geholfen.

Du brauchst auf jeden Fall nicht zu "warten", bis du Suizidgedanken hast, um ein Anrecht auf eine Therapie zu haben! Und du kannst auch nochmal zu einem anderen Therapeuten gehen und dir eine zweite Meinung einholen.

Liebe Grüße und alles Gute dir!
DieNeue
Sul
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Sul »

Hallo wunderplunder,
für mich klingt dein Erleben nach dieser unerwarteten Trennung nach einer starken aber für mich nachvollziehbaren Trauerreaktion. Es tut unglaublich weh eine enge Bezugsperson zu verlieren. Und dann noch die Wohnung etc.
Aber warum solltest du dir keine begleitende Hilfe suchen? Du kannst zu einer anderen Psychotherapeutin gehen und eine Zweitmeinung einholen. Oder die Tipps von DieNeue umsetzen.
Und sei gut zu dir! Gib dir Zeit und mach dir keinen zusätzlichen Druck, dass du möglichst schnell wieder funktionieren musst. Trauer braucht ihre Zeit. Aber sie geht vorbei!
Viele Grüße, Sul
Reiseonkel87
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Registriert: 30. Dez 2015, 22:03

Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Reiseonkel87 »

Liebe wunderplunder,

es tut mir sehr leid für Dich. Diese Phase ist ätzend zum kotzen. In deinen Zeilen hab ich mich in kleinen Teilen wiedererkannt. Es war 2011, 1a Beziehung, Verlobung, fester Job und plötzlich war alles aus. Habe dieser Person auch gefühlt 2 Jahre hinterher getrauert. Man suchte nach Antworten, vorallem auf die Frage "WARUM". Die Hintergründe lasse ich jetzt mal außenvor, aber ich hab auch nichts mehr gegessen, kannte nur noch meine Wohnung und das Büro wo ich damals gearbeitet habe. Gesundheitlich ging es dann auch bei mir bergab. Wenn Du dich fragst, ob Du eine Depression oder "nur" eine schwere Phase durchmachst, kannst nur Du dir selbst mit Hilfe eines Arztes beantworten. Aber der eine Satz von Dir, das Du hättest Draufhalten sollen... Hole Dir bitte Hilfe! Es ist zwar auch Liebeskummer, dieser vergeht. Aber Dir wurde dein Zuhause genommen, das Leben hat sich in kürzester Zeit total verändert. Das bleibt nicht einfach spurlos an einen vorbei.

Ich hoffe Du machst kein Blödsinn. Bleib stark!
LG von der Küste
=============
Reiseonkel
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

Guten Morgen und lieben Dank für eure Antworten und die lieben Worte :)

Die verschriebenen Antidepressiva nehme ich lediglich dann, wenn ich mir gar nicht mehr zu helfen weiß. Die Tabletten machen mich unendlich müde, sodass ich nach der Einnahme meistens einfach einschlafe. Für den Alltag und schlechte Phasen auf der Arbeit sind sie für mich daher nichts. Ich würde mich z.B. nicht trauen, nach der Einnahme Auto zu fahren. Diese Nebenwirkungen finden im Beipackzettel aber auch Erwähnung, scheinen also in gewisser Weise "unbedenklich" zu sein.

Ich habe den Anspruch an mich selbst, die Situation vernünftig zu verarbeiten und mich nicht mittels Tabletten "auf Wölkchen zu betten". Allerdings merke ich eben, dass dieser Anspruch immer mehr in den Hintergrund rutscht und ich einfach nur noch froh bin, wenn ich nicht wieder in einem dieser Löcher gefangen bin, sondern einen Ausweg daraus finde - und dass es für eben langsam nebensächlich wird, dass ich mir diesen Ausweg über Tabletten schaffe, obwohl dies früher niemals eine Option für mich gewesen wäre. Und genau dies beunruhigt mich in meinen "klaren" Momenten.

Ich habe mich gestern noch einmal bzgl. der von euch genannten Alternativen schlau gemacht und bin dabei auf die Diakonie in meiner Stadt aufmerksam geworden. Während eines Telefonats mit der Dame haben wir uns auf einen kurzfristigen Termin am morgigen Nachmittag verständigt. Ich bin gespannt. Weiterhin wurde ich auch darüber aufgeklärt, dass die Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen würden und ich diese selber zu tragen hätte. Pro Sitzung handelt es sich dabei wohl um 2% des monatlichen Nettoeinkommens. Ich bin durchaus gewillt, diesen Betrag zu zahlen, frage mich nun aber, wo der Unterschied zu einer Behandlung beim "richtigen" Psychotherapeuten ist. Könnt ihr mir was dazu sagen?
buggybeast
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von buggybeast »

Liebe wunderplunder
Verstehe ich dich richtig, dass du ein AD nur mal dann nimmst, wenn es dir gerade sehr schlecht geht?
Ich hoffe ehrlich gesagt, dass ich es missverstanden habe. Das kann und wird nie funktionieren. Und auch wenn ich kein Arzt bin würde ich dir raten, dass so nicht zu machen.
Bist du denn von einem arzt über die Einnahme aufgeklärt worden? Oder hat z.b. Dein Hausarzt einfach mal ein Rezept ausgestellt. So ist es mir kürzlich passiert.
Du musst nach einem mit dem Arzt besprochenen Plan Wochen und ggf. Länger langsam anfangen. Am Anfang hast du dann vielleicht Nebenwirkungen, vielleicht aber auch nicht. Ich kämpfe gerade selber mit mir, weil mir nach einer Tablette übel war und ich dann einfach aufgehört habe und mich bis jetzt nicht mehr getraut habe.
Aber anders wird es über diese Medikamente nie funktionieren.
Und du wirst auch nicht plötzlich auf Wolke 7 sein. Das sind ja zum Glück keine Drogen. Ich hatte dir glaub ich oben empfohlen, mal auf YouTube ein paar dokus zu schauen. In denen wird das gut erklärt. Oder wenn du gerne liest und Lust hast, dann kann ich das Buch „Schattendasein- das unverstandene Leiden Depression“ empfehlen.
Und über das AD solltest du dann mit einem Arzt z.b. Neurologe oder einem Therapeuten reden.

Wenn ich dich total falsch verstanden, hatte, dann entschuldige ...

Lieben Gruß
anna54
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Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von anna54 »

Hallo liebe wunderplunder
willkommen im Forum.
Das Verhalten der Therapeutin ist falsch und grenzwertig.
Es ist egal welchen Namen diese Krise hat,ob es eine Diagnose gibt,es ist eine schwere Krise und du hast Anspruch auf Hilfe.
Dass Beratung bei der Diakonie kostenpflichtig ist,kenne ich nicht,Caritas berät kostenlos.
Es gibt auch Eheberatung der Kirchen,die ist gut,man muss nicht verheiratet sein.
Schau dich in Ruhe um,eine weiteren Anlauf bei einem Psychologen würde ich immer machen,auch ein Arzt für Psychiatrie suchen,Termine dauern.
Abklären lassen,wie es mit Medikamenten gehen soll,nur bei Bedarf kann man kein Antidepressivum nehmen.
Ich würde es nicht so machen,Medikamente sind auch schwierig wieder abzusetzen.
Wege zur richtigen Hilfe sind immer schwierig,daher gut,dass du dich hier informierst und dir Rückendeckung holst und einfach auch Beistand!!!
Man kann auch am gebrochenem Herzen sterben,da gibt es wissenschaftliche Studien.
Die Therapeutin vergessen und jemanden anderes suchen.
Die Probleme nicht kleiner machen,nimm es ernst,nimm dich ernst!
Schreibe hier und suche dir das aus,was an Hinweisen passend sein könnte,aber vor allem,lass dich hier trösten!
anna54
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

buggybeast hat geschrieben:Liebe wunderplunder
Verstehe ich dich richtig, dass du ein AD nur mal dann nimmst, wenn es dir gerade sehr schlecht geht?
Ich hoffe ehrlich gesagt, dass ich es missverstanden habe. Das kann und wird nie funktionieren. Und auch wenn ich kein Arzt bin würde ich dir raten, dass so nicht zu machen.
Bist du denn von einem arzt über die Einnahme aufgeklärt worden?
Hallo buggybeast,
doch, das verstehst du richtig. Als mir das Rezept beim Arzt ausgestellt wurde, wurde mir gesagt, dass ich die Tabletten bei Bedarf nehmen soll. Und sie wurden mir gegenüber als Antidepressiva bezeichnet. Ich habe sie leider gerade nicht hier, sodass ich nicht genau sagen kann, um welches Medikament es sich handelt. Ich werde nachher mal nachschauen. Wer weiß, was die mir da gegeben haben.. :shock:

Liebe Grüße
wunderplunder
Zuletzt geändert von wunderplunder am 15. Sep 2020, 15:03, insgesamt 1-mal geändert.
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

anna54 hat geschrieben: Schau dich in Ruhe um,eine weiteren Anlauf bei einem Psychologen würde ich immer machen,auch ein Arzt für Psychiatrie suchen,Termine dauern.
Abklären lassen,wie es mit Medikamenten gehen soll,nur bei Bedarf kann man kein Antidepressivum nehmen.
Ich würde es nicht so machen,Medikamente sind auch schwierig wieder abzusetzen.
...
Die Therapeutin vergessen und jemanden anderes suchen.
Hallo anna54,

vielen Dank für deine Antwort. Hast du Erfahrung mit den Beratungen der "alternativen" Stellen wie der Caritas oder der Diakonie? Macht es Sinn, direkt nach einem anderen, "richtigen" Psychotherapeuten zu suchen oder kann man auch dort eine Art Therapie machen?

Liebe Grüße
wunderplunder
buggybeast
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von buggybeast »

Ja schau doch mal nach und schreib es ruhig hier rein. Es wird bestimmt jemand hier sein, der was dazu sagen kann. Ich habe z.b. Citalopram.
Ein Sommertag
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Ein Sommertag »

Ja, schau erst mal in Ruhe nach. Es kann doch auch durchaus sein, dass er Dir ein beruhigendes Antidepressivum gegeben hat, das bei Bedarf genommen werden kann. Soweit ich weiß, ist das z. B. bei Mirtazapin möglich.

Ist es denn wichtig, wie die korrekte Bezeichnung ist?
Dir geht es kacke, das muss doch reichen.
Zwar kann man eine Depression nach 2 Wochen diagnostizieren, aber genau das wird doch oft angeprangert. Das Trauerjahr gibt es quasi nicht mehr.
Und wem würde es schon 2 Wochen nach einer Trennung wieder gut gehen? Wohl den wenigsten....
Noch dazu gibt es normative und unnormative Krisen. Normativ = zu erwarten, wie z. B. Pubertät, Wechseljahre, Tod der Eltern.
Unnormativ sind Lebensereignisse, mit denen man nicht gerechnet hat. Diese sind viel schwerer zu verkraften. Wenn ich Du wäre, würde ich wohl aus allen Wolken fallen....
Es wird wohl dauern, bis alles verarbeitet ist. Ich würde allerdings auch therapeutisch daran arbeiten und das Ganze nicht mit Medikamenten deckeln...

Bei den Wohlfahrtsorganisationen wie Diakonie/Caritas sitzen oft Sozialpädagogin oder Sozialarbeiter mit Therapieausbildung, seltener Diplom-Psychologen. Die Beratung ist qualitativ hochwertig, aber auf ein paar Termine begrenzt. Eine Psychotherapie kann auf längere Zeit ausgelegt sein. Dass solche Beratungen Geld kosten, ist mir neu. Hier werden sie kostenlos angeboten.
Ein Sommertag
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Ein Sommertag »

Zur Überbrückung sind solche Beratungen bei den Wohlfahrtsorganisationen sehr gut. Dort bekommt man nämlich relativ schnell einen Termin, während man auf eine Psychotherapie u. U. ein paar Monate warten muss
buggybeast
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von buggybeast »

wunderplunder hat geschrieben:
Hallo buggybeast,
doch, das verstehst du richtig. Als mir das Rezept beim Arzt ausgestellt wurde, wurde mir gesagt, dass ich die Tabletten bei Bedarf nehmen soll. Und sie wurden mir gegenüber als Antidepressiva bezeichnet. Ich habe sie leider gerade nicht hier, sodass ich nicht genau sagen kann, um welches Medikament es sich handelt. Ich werde nachher mal nachschauen. Wer weiß, was die mir da gegeben haben.. :shock:

Liebe Grüße
wunderplunder
Hallo
Ich würde dir wirklich empfehlen, das noch mal durch einen Arzt richtig diagnostizieren zu lassen. Dir geht es seit 3 Monaten nicht gut, wie du schreibst. Das ist schon eine lange Zeit. Ein AD ist ja nicht zwingend, aber ein Spezialist kann dir da bestimmt weiterhelfen. Ich weiß nicht, ob ein Neurologe der beste Spezialist wäre, aber er ist auf jeden Fall eine gute Wahl.
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

So, ich bin nun zuhause und das was ich bekommen habe nennt sich „Promethazin-neuraxpharm - 25mg“.
Dosierung wurde mit „max. 4x tgl. eine Tablette“ angegeben.

Kann damit jemand etwas anfangen?


Liebe Grüße
wunderplunder
Ein Sommertag
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Ein Sommertag »

Das ist kein Antidepressivum, sondern ein Neuroleptikum.
Das muss man nicht regelmäßig nehmen, sondern man kann es nach Bedarf konsumieren.
Es wirkt beruhigend. Mir wurde es mal vor einer OP angeboten, ich habe es aber abgelehnt, da ich aufgrund der möglichen Nebenwirkungen kein Neuroleptikum nehmen würde.
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

Danke für deine Antwort, Ein Sommertag.

Heute ist wieder einer dieser besonders schlimmen Tage.
Ich bin seit der Trennung sehr intensiv auf der Suche nach einer Wohnung für mich, um die Übergangslösung bei meiner Schwester möglichst schnell hinter mir lassen und einen Neuanfang starten zu können. Dazu kommt, dass mein Ex nur ein paar Straßen weiter wohnt, ich ihm daher zwangsläufig immer mal wieder mit dem Auto begegne und ich regelmäßig an unserer ehemals gemeinsamen Wohnung vorbei muss. Leider ist der Wohnungsmarkt hier in unserer Nähe aber sehr bescheiden. Es wird zwar immer wieder etwas über die gängigen Portale angeboten, in 90% handelt es sich dabei aber entweder um völlig runtergekommene Löcher, Wohnungen mitten in der Stadt oder Vermieter mit utopischen Preisvorstellungen. Ihr glaubt gar nicht, was ich in den letzten Wochen schon alles erlebt und gesehen habe...
Vor ein paar Wochen fand ich eine Wohnung, die nahezu perfekt war. Gepflegt, bezahlbar, mit genug Abstand zu meinem Ex und trotzdem nicht zu weit von Freunden und Familie entfernt. Ich machte mir große Hoffnungen, bekam dann zwei Wochen nach der Besichtigung aber eine Absage, die mich in meiner Situation leider ziemlich traf und wieder ein ganzes Stück nach hinten warf. Schließlich war der ersehnte und schon beinahe greifbare Neuanfang plötzlich wieder so fern.
Nach vielen "Nieten" wurde letzten Freitag eine Anzeige für eine Wohnung geschaltet, welche mich sofort begeisterte. Zwar war sie ein gutes Stück kleiner, als ich eigentlich wollte, dies störte mich aber nicht, schließlich war sie ruhig gelegen und sogar mit einer Einbauküche versehen. Voller Hoffnung schrieb ich daher den Anbieter an - um gestern Abend wieder eine Absage zu bekommen. Lt. des Anbieters hatte kurzfristig ein Bekannter der derzeitigen Mieter sein Interesse bekundet und den Zuschlag erhalten - verständlich, aber für mich halt wieder eine furchtbare Enttäuschung. Im Grunde war es mir beinahe schon vorher klar, da Dinge und Ereignisse, auf die ich mich freue, momentan ohnehin nicht eintreffen und/oder in endlosen Enttäuschungen gipfeln und damit dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit noch weiter verstärken.

Ich weiß einfach nicht mehr weiter :'(

Liebe Grüße
wunderplunder
Florian1992
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Florian1992 »

Hallöchen wunderplunder ( geiler Name)
Ich kann deine Situation ziemlich gut nachvollziehen bei mir war es ähnlich und habe fast 6 Monate gebraucht eine ansatzweise akzeptable Wohnung zu finden. Der Wohnungsmarkt ist reiner Katastrophe und die Mieter nutzen das auch noch scharmlos aus. Auch wenn es jedes Mal enttäuschend ist und auch schwer fällt ist das trotzdem sehr bewundernswert von dir das du die Kraft aufbringst. Mehr als dir viel Glück und Kraft zu wünschen kann ich leider nicht machen. Hattes du inzwischen eine Termin bei der Diakonie bekommen?

Was auch ganz wichtig ist das du dich ablenkst mit einen Hobby oder so.
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

Hallo Florian1992,

erst einmal lieben Dank für deine Wünsche und Worte. Irgendwie ist es beruhigend, dass es zwecks der Wohnungssuche nicht nur mir so geht. Ich hatte zwischenzeitlich schon oft das Gefühl, eventuell zu hohe Ansprüche zu haben... Dabei erwarte ich meines Erachtens eigentlich gar nicht so viel - aber vielleicht doch zu viel..? Ich weiß es nicht. Alles was ich möchte, ist, mich wohl zu fühlen.

Dass Vermieter die aktuelle Situation leider ohne schlechtes Gewissen auszunutzen scheinen, ist mir auch schon aufgefallen. Bisher war echt einiges dabei: Kaputte und aufgequollene Fußböden, Schimmel, völlig zerstörten Einbauküchen mit defekten Elektrogeräten (welche natürlich für horrende Beträge übernommen werden sollen), undichte Fenster, Regenrinnen IN der Wohnung (fragt bitte nicht warum - ich habe keine Ahnung), ...
Unglaublich, dass manche Leute keine Grenzen zu haben scheinen. Ich würde mich schämen, so etwas anzubieten. Aber offenbar scheint dies mittlerweile Gang und Gäbe zu sein.

Meinen Diakonietermin habe ich heute Nachmittag um 17.00 Uhr. Ich bin gespannt, wie es ablaufen wird, mache mir viele Gedanken aber versuche, es einfach auf mich zukommen zu lassen.

Mich mit Hobbys etc. abzulenken klappt leider nicht mehr. Ich würde gerne, aber ich schaffe es einfach nicht, mich aufzuraffen und wenn doch, dann erinnert mich einfach alles an meinen Ex, sodass meine Gedanken mir spätestens nach kurzer Zeit wieder die Laune verderben und ich einfach wieder zurück ins Bett möchte. Sogar, wenn ich im Fitnessstudio bin, zieht mich die Tatsache, dass er mir zwischendurch immer mal einen Kusssmiley schickte um mir zu zeigen, dass er an mich denkt, und er dies nun nicht mehr tut, derart runter, dass ich einfach nur heulen könnte. Genau so ist es, wenn ich mit Freunden aus bin. Bereits wenn ich losfahre wird mir bewusst, dass abends niemand auf mich warten wird - und das vermiest mir einfach alles :(

Liebe Grüße
wunderplunder
Florian1992
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Florian1992 »

Hm.. ob du zu hohe Ansprüche eventuell hast ist schwer zu sagen. Man will ja auch das wieder haben was man Mal hatte und auch das kann ich sehr gut nachvollziehen, damit muss ich auch öfters noch mit mir kämpfen.
Man könnte natürlich einmal die Augen zu halten und die nächst beste Wohnung nehmen für die Zwischenzeit bis man was "gutes" findet. Allerdings glaub ist das nicht für jeden etwas. Ich hatte auch paar Horrorgeschichten bei Wohnungsbesichtigungen.

Ironie das ich auch vor "kurzen" mit mein Partner mich getrennt habe und hin und wieder die gleichen Probleme habe wie du. Leider gibt's da auch kein Tipp den ich dir geben kann :(

Hast du Mal mit jemandem im Freundeskreis/Eltern darüber gesprochen bzw. Einmal alle Sorgen/Gedanken aus dir rausgebracht? Öfters wird das danach besser bzw. Einfacher, es staut sich viel auf an Gedanken und Gefühle die auch wenn man sie nicht direkt wahrnimmt in einen schlummern. Natürlich hilft es auch hier im Forum darüber zu schreiben aber direkter Kontakt ist meistens besser (wenn man sowas kann).

Auch wenn es doof klingt du bist auf'n richtigen Weg, nicht aufgeben und notfalls auch nur ein Schritt für Schritt nach den anderen machen und selbst wenn du denkst das es nicht bringt wird es sogar besser als es davor war :)
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

Ich habe schon sehr oft mit Freunden und Familie darüber gesprochen. Leider ist es so, dass mich niemand so richtig zu verstehen scheint. Man hört immer nur "Das wird schon wieder, lenk dich einfach ab." Und wenn man dann entgegnet, dass man sich nicht ablenken kann und langsam an einem Punkt ist, aus dem man aufgrund dieser ständigen Traurigkeit irgendwie gar nichts mehr kann, kommt meistens gar nichts mehr. Höchstens wiederholen sie sich und es kommt wieder das obligatorische "Das wird schon." So richtig ernst zu nehmen scheint es niemand.

Als ich mit meiner Mutter alleine war, kam es auch schon vor, dass ich anfing zu weinen und sie ohne irgendeine Regung stumpf weiter fern sah. Und sie hat es definitiv mitbekommen. Da hat man dann auch keine Lust mehr zu reden. Denn auch wenn sie mir vorab tausend Mal sagte, dass sie immer für mich da wäre: Reden können wir alle viel. Aber solch ein Verhalten sagt dann eben doch etwas ganz anderes.
Florian1992
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Registriert: 21. Dez 2019, 18:36
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Florian1992 »

Das was du beschreibst erlebt wahrscheinlich fast jeder der größere Probleme hat. An der Stelle musste ich auch lernen das sehr wenige Menschen in dieser Situation richtig reagieren können weil sie selber ( auch wenn nicht immer) einfach überfordert sind. Es kommt auch öfters vor das man selber garnicht weiß was man dann erwartet und egal was die Gegenseite macht es als "Falsch" empfunden wird.

Wenn du willst kannst du es mir Mal erzählen vielleicht hilft es ja.
wunderplunder
Beiträge: 24
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

Florian1992 hat geschrieben:Das was du beschreibst erlebt wahrscheinlich fast jeder der größere Probleme hat. An der Stelle musste ich auch lernen das sehr wenige Menschen in dieser Situation richtig reagieren können weil sie selber ( auch wenn nicht immer) einfach überfordert sind. Es kommt auch öfters vor das man selber garnicht weiß was man dann erwartet und egal was die Gegenseite macht es als "Falsch" empfunden wird.
Damit magst du vielleicht recht haben.. Aber dann einfach so zu tun, als wäre nichts? Es hätte doch gereicht, mich wenigstens in den Arm zu nehmen. Aber diese Ignoranz hat mich furchtbar verletzt.
Florian1992 hat geschrieben:Wenn du willst kannst du es mir Mal erzählen vielleicht hilft es ja.
Wenn du magst, kannst du mir gerne eine PN schreiben.

Liebe Grüße
wunderplunder
wunderplunder
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Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von wunderplunder »

Hallo zusammen,

nach längerem möchte ich mich auch mal wieder zu Wort melden. Seit meinem letzten Post hatte ich nun drei Termine bei der Diakonie. Allerdings weiß ich nicht, ob dies tatsächlich das Richtige für mich ist. Ich war noch nie in therapeutischer Behandlung und vielleicht bin ich auch zu ungeduldig oder mit einer falschen Erwartungshaltung an die Sache herangegangen - allerdings habe ich das Gefühl, dass mir diese Gespräche keinen Mehrwert bringen. In allen drei Gesprächen saßen wir bisher nur da und redeten bzw. ich redete. Ich sprach immer wieder darüber, wie sich meine Situation für mich darstellt und was ich denke, wie es so weit kommen konnte. Wirkliches Input oder Feedback der Diakonie-Mitarbeiterin erhalte ich jedoch nicht. Ich habe nicht das Gefühl, mit diesen Gesprächen etwas aufzuarbeiten oder zu verarbeiten. Stattdessen bewegen diese Gespräche überhaupt nichts in mir - weder im positiven, noch im negativen Sinne.

Nachdem ich vorletzte Woche ein Tief hatte, wie ich es zuvor noch nicht erlebt hatte, suchte ich erneut meinen Hausarzt auf. Dieser überwies mich daraufhin an einen Psychologen, welcher mir nach einem kurzen Gespräch Antidepressiva verschrieb - und damit war es das dann auch. Keine Tipps, keine Therapie. Darauf, dass ich im zuvor ausgehändigten Fragebogen angab, dass mein Lebenswille und meine Hoffnung auf eine bessere Zukunft häufig bereits gegen Null gehen, mir zuvor lieb gewordene Hobbys keinen Spaß mehr machen, ich kaum noch aus dem Bett komme, auf der Arbeit keine Leistung mehr bringe, ich häufiges Herzrasen habe und ich mich in meinem Alltag mittlerweile stark eingeschränkt fühle, da ich ohne Angst z.B. nicht mehr alleine einkaufen gehen kann oder ich große Umwege fahren muss, um nicht am Haus meines Ex vorbei zu kommen um den damit verbundenen Schweißausbrüchen und Heulanfällen entgegen zu wirken, wurde nicht weiter eingegangen.

Ich fühle mich so einsam und im Stich gelassen, habe kaum noch jemanden, mit dem ich reden kann. Und die Menschen, die weiterhin versuchen, irgendwie mit meiner Traurigkeit klar zu kommen und mir Mut zuzureden, kommen langsam auch an ihre Grenzen - sowohl was gute Ratschläge, aber auch ihre eigene Psyche betrifft. Und weil ich niemanden mit in diesen furchtbaren Sumpf ziehen möchte, versuche ich zu schweigen.

Was kann ich noch tun?

Ich habe von vielen Leuten gehört, dass sie mit einer Psychotherapie gute Ergebnisse erzielt haben und ich würde es so gerne versuchen. Aber offenbar reicht mein Zustand noch nicht aus, um endlich richtige Hilfe zu bekommen. Was muss noch passieren? Welche Möglichkeiten habe ich?
Salvatore
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Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Woran erkenne ich eine Depression?

Beitrag von Salvatore »

Hallo Wunderplunder,

auf JEDEN FALL reicht dein Leidensdruck aus, um sich deswegen Hilfe zu suchen und sie auch zu bekommen. Die Möglichkeiten sind zahlreich, leider sind sie alle mit erheblichem Aufwand verbunden und erfordern immense Mengen an Geduld.

Du hast bereits Gespräche mit der Diakonie. Als Sofortmaßnahme könntest du in den Gesprächen aussprechen, was du dir wünschst und was dir in diesen Kontakten fehlt und dann ganz direkt um Input oder Feedback bitten. Dein Gegenüber kann nicht wissen, was du brauchst, wenn du es nicht äußerst. Nun kann es sein, dass die Diakonie dir aus irgendwelchen Gründen gar nicht geben kann, was du brauchst - z.B. weil sie nur Beratung machen und keine Therapie. Aber wichtig wäre, dass man dann darüber spricht und gemeinsam Lösungen entwickelt. Du musst jetzt auch noch nicht selber alle Antworten im Detail kennen, aber wenn dich etwas stört oder du etwas vermisst, dann ist das immer ein guter Hinweisgeber und sollte angesprochen werden.

Als zweites: ich weiß, dass die Fachbegriffe sehr zahlreich, verwirrend und missverständlich sind. "Pychologen" haben Psychologie studiert und ansonsten erstmal nix, d.h. sie dürfen weder Psychotherapie durchführen und schon gar nicht Rezepte ausstellen. Wohin dich dein Hausarzt also überwiesen hat, war wahrscheinlich ein Psychiater - also ein Facharzt. Leider bist du an jemanden geraten, der sich keine Zeit für dich genommen und dich nicht gut beraten hat. So arbeiten nicht alle und du darfst dir gerne ein anderes Exemplar suchen. Aber auch dann werden die Gespräche mit großer Wahrscheinlichkeit eher sachlicher Natur sein. (Die Bezeichnung auf dem Praxisschild "Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie" beinhaltet leider nicht, dass einen auch Psychotherapie erwartet; dies ist selten der Fall.)
Bitte niemals darauf verlassen, dass die Fragebögen gelesen werden. Was dich belastet, musst du leider aussprechen, auch wenn's schwer fällt. Schweigen ist immer die allerschlechteste Wahl!
Ich habe unten gelesen, dass du Promethazin bekommen hast. Wie schon von anderen geschrieben, ist dies ein Neuroleptikum, welches häufig als angstlösendes Notfallmedikament verschrieben wird. Die Dosierung 4x25mg/Tag ist als Einstiegsdosis sehr hoch und es verwundert daher nicht, dass es dich müde macht. Es gibt dieses Medikament auch als Tropfen und manchen reichen bereits fünf Milligramm, um tief und fest zu schlafen. Du solltest auf keinen Fall Auto fahren, wenn es dich müde macht. Es gibt Patienten, die sehr empfindlich auf Medikamente reagieren und solche, die kaum was merken. Es wäre wichtig, dass du dem Arzt Rückmeldung gibst, andernfalls kann er dir nicht helfen. So kann dann auch die Dosis auf dich angepasst werden oder es ist einfach nicht das richtige Medikament. Die Palette ist groß und die Wirkung lässt sich nicht immer genau vorhersagen. Vielleicht musst du rumprobieren. Und wie auch schon gesagt wurde: es ist kein Antidepressivum.

Als drittes: kümmere dich um eine Psychotherapie. Hierfür benötigst du KEINE Überweisung. Du kannst Therapeuten in deinem Umkreis googeln und dann einfach anrufen. Du wirst dann einen Anrufbeantworter erreichen, wo du die Sprechzeiten erfährst. Schreibs dir auf, es ist häufig nur eine halbe Stunde pro Woche zu einer festgelegten Zeit. Leider sind die Wartelisten lang oder z.T. sogar bereits geschlossen, d.h. es sind vermutlich viele Telefonate nötig. Du kannst aber auch deine Krankenkasse um Unterstützung bitten oder bei der Terminservicestelle nachfragen, wo es noch freie Termine gibt. Normalerweise sollte das innerhalb von vier Wochen mit einem Beratungsgespräch klappen - aber, nun ja, es ist Corona.

Als viertes kommt natürlich noch ein Klinikaufenthalt in Frage. Während einer suizidalen Krise kannst du ohne Umwege in die nächstgelegene Psychiatrie fahren, egal an welchem Wochentag und egal zu welcher Uhrzeit.
Ansonsten geht eine Aufnahme mithilfe einer Einweisung z.B. durch den Hausarzt oder eben durch den Psychiater.
Psychiatrie ist heutzutage nicht mehr nur Verwahrung und Ruhigstellen durch Medikamente. Du kannst dich schlaumachen, ob die Klinik deines Kreises nur eine Akutstation hat, oder auch Fachstationen. In letzteren gibt es meistens ein sehr umfangreiches Therapieprogramm. Ungefähre Wartezeiten kann man dir am Telefon nennen - normalerweise geht es relativ schnell, aber nun ja - es ist Corona.
Es gibt daneben auch noch psychosomatische Kliniken. Hier sind die Wartezeiten länger, die Aufnahme erfolgt ebenfalls über eine Einweisung. Auch hier gibt es ein umfangreiches Therapieprogramm. Oder halt im Rahmen einer Reha, welche üblicherweise beim Rentenversicherer beantragt (und im ersten Anlauf abgelehnt) wird.
Als Kompromiss gibt es auch noch psychiatrische oder psychotherapeutische Tageskliniken. Hierbei verbringst du die Nächte und Wochenenden zu Hause und bist tagsüber für unterschiedliche Therapien in der Klinik. (Muss daher wohnortnah sein.)

Als fünftes gibt es Online-Programe wie z.B. iFightDepression. War im Sommer für jeden frei zugänglich und kann ansonsten vom Hausarzt verschrieben werden. Verschiedene Notfallnummern findest du oben rechts im roten Kasten, z.B. die Telefonseelsorge. Bei einigen ist auch Email-Beratung möglich. Daneben findest du hier im Forum die Möglichkeit, dich auszutauschen und dir von anderen Betroffenen Tipps zu holen. Deine Stadtbücherei hat sicherlich einige Selbsthilfebücher.

Als sechstes wäre da noch der Sozialpsychiatrische Dienst deiner Stadt. Vielleicht ist das bei euch die Diakonie, dann bist du da ja schon. Aber vielleicht macht das auch jemand anderes, das kannst du googeln. Sozialarbeiter können dir bei der Wohnungssuche und dem behördlichen Kram helfen - es ist auf jeden Fall so, dass ungünstige Lebensumstände zuerst geklärt werden sollten, denn wenn du unter der Wohnsituation leidest, dann bringt alle Psychotherapie nichts, solange du immer noch in ungünstiger Wohnsituation lebst.

Alles Gute für dich,
Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
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