Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

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Edith_Ruth
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Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Hallo zusammen!

Ich habe mich hier angemeldet, weil ich unter einer diagnostizierten (leichten bis mittelschweren) Depression leide (nebst Handlungszwängen), dies seit dem Tod meiner Mutter Anfang 2017. Ich fand diese Diagnose damals etwas übertrieben, da ich von einer normalen Trauerzeit ausging, aber mein damaliger Therapeut hat mich doch sehr gut eingeschätzt, denn ich leide immer noch darunter. Ich vermisse meine Mutter so sehr. Sie war meine einzige Vertraute. Sonst bin ich eher die Ansprechperson für andere in meiner Familie, aber sie war auch für mich da. Es war gegenseitig. Das fehlt mir einfach.

Meine 7-jährige Psychotherapie fand ein "natürliches" Ende durch die Karriere meines Therapeuten und dem damit verbundenem Ortswechsel. Wir waren beide der Ansicht, dass ich jetzt allein weitergehen könne, ich habe genug gelernt.

Ja, eigentlich schon. Ich hatte in meiner Psychotherapie sehr viel gelernt und auch umgesetzt, enorm viel Fachliteratur gelesen und Manuals durchgearbeitet. Ich schrieb jahrelang ein Therapie-Tagebuch, das ich immer noch führe. Es entwickelte sich immer mehr so, dass ich weniger therapeutische Zuwendung brauchte, sondern es für mich selbst klären konnte.

Wäre meine Mutter nicht gestorben, hätte es gereicht. Aber dieser Einschnitt war einfach zu groß auf Dauer, da ich nun komplett auf mich geworfen bin und meine verbleibenden Bezugspersonen ganz auf mir bauen. Es gibt da einfach kein Ohr für mich, weil sie mich brauchen und genug eigene Probleme haben. Ich bin nun die Elterngeneration als über 50-Jährige. Meine Eltern sind tot, meine liebe Tante starb auch gerade kürzlich. Die Generation meiner Eltern ist in beiden Familienzweigen komplett gestorben. Meine Tante war die letzte von 5 Geschwistern. Ich hätte sie gern noch einmal gesehen, aber es war zu spät.

Eine gute Freundin meiner Mutter wurde mir auch eine liebe Freundin, das war für eine gewisse Zeit sehr tröstlich, mich mit ihr auszutauschen, bis ich auf einmal merkte, dass sie eher der Typ Mensch ist, der sich komplett zurückzieht und alles für sich ausmacht. Es geht ihr selbst nicht gut, meine Mutter war ihr eine Hilfe. Es war eher so, dass sie meine Mutter brauchte und nicht umgekehrt, auch nicht gegenseitig. Irgendwie hab ich das in meiner Trauer viel zu spät realisiert, dass auch bei ihr die Ressourcen fehlen für ein gegenseitiges Geben. Es hat mich verletzt, weil ich mehr erwartete. Ich öffnete mich und hoffte, dass ich in dieser Freundschaft eine ähnliche Vertrautheit finde wie bei meiner Mutter. Dabei waren die Anzeichen am Anfang genug klar, ich hätte nie so viel erwarten dürfen. Es war mein Fehler.

Eigentlich möchte ich nicht so auf die Zuwendung eines anderen Menschen angewiesen sein. Ich möchte auch innerlich allein klarkommen, hege ich doch einen starken Glauben an Gott. Als Kind reichte mir das, in der Zeit, als meine Mutter extrem viel arbeitete und kaum Zeit fand für uns Kinder. Die schönen Gespräche mit ihr kamen viel später. Sie hatte mich auf einmal verwöhnt mit ihrer Liebe und Zuwendung. Ich konnte alles mit ihr besprechen. Sie war reif und weise. Sie brauchte oft nur wenige Sätze, um mich zutiefst in meinem Herzen zu berühren und mir etwas aufzuzeigen.

Ein Mann interessierte sich vor kurzem für mich und wollte mehr (eigentlich immer noch, aber ich brach den Kontakt ab), ich mochte ihn, aber mehr nicht. Ich bin ein Mensch der Sprache, er eher nicht. Er würde meine intellektuellen Themen gar nicht erst begreifen. Er hat ganz andere Interessensgebiete und auch bei ihm habe ich das Gefühl, dass er mich symbiotisch vereinnahmt, so wie meine Schwester es schon genug tut. Ich will das einfach nicht noch zusätzlich. Er hat so gar keine eigenen Ressourcen, sondern wäre auch jemand, der alles Mögliche von mir erwartet.

Ich bin überfordert von diesen anspruchsvollen Gefühlen mir gegenüber. Es schwächt mich noch zusätzlich zu meiner Schmerzkrankheit und der Depression. Wenn schon, dann möchte ich eine Vertrauensbasis zu jemandem, der eigenständig ist und wo das Geben und Nehmen wirklich ausgewogen, gegenseitig und gesund ist. Sonst bleibe ich lieber allein, hab schon genug Familie, die auf mir baut.

Ich möchte vor allem funktionieren. Theoretisch weiß ich, wie es geht. Ich habe es mir therapeutisch erarbeitet. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich meinem Therapeuten erklärte, dass ich an einem Selbstmotivationstext schreibe, der mir helfen soll zu funktionieren, trotz Schmerzkrankheit und geschwächtem Antrieb und oft fehlendem Zugang zu meiner Motivationsgrundlage. Das war mein angestrebtes Ziel für meine Zukunft. Ich musst zuerst da reinwachsen. Das wusste ich. Es fehlte mir damals nicht an Worten, sondern an Erkenntnis für diesen Text.

Entsprechend lange arbeitete ich an meinem Selbstcoaching-Text. Die letzte Ergänzung war letzten Monat. Seither habe ich das Gefühl, einen inneren Überblick zu haben. Ich konnte davon auch das Meiste umsetzen. Es funktionierte immer besser und ich kam sogar zeitweise in einen Flow, bis auf einmal wieder alles wegbrach, weil ich mich gestört fühlte durch etwas.

Ich lasse mich leicht ablenken und durcheinanderbringen. Deshalb vereinfachte ich mein Leben, um es mit den Einschränkungen meiner Schmerzkrankheit und den Handlungszwängen, die ich möglichst stark runterkurble, noch ausreichend zu bewältigen. Der Anspruch meiner Familie ist zu groß, das sabotiert mich immer wieder. Aber ich will funktionieren, auch für sie, denn auch ihnen fehlen Ressourcen, vor allem psychisch. Ich liebe meine Familie. Ich möchte mein Bestes geben, aber mein Bestes ist nicht gut genug. Das ärgert mich am meisten. Ich hasse es, eingeschränkt zu sein, gerade wenn ich meine Familie dadurch immer wieder enttäusche. Ich muss irgendwie damit klarkommen, vor allem psychisch.

Es erfüllt mich einerseits mit Genugtuung, mein therapeutisches Ziel erreicht zu haben, meinen Selbstcoaching-Text so gut hingekriegt zu haben, meine persönliche Selbstanleitung, mich dadurch auch viel besser steuern zu können als vorher. Das ja, es ist besser, ich bin nicht ausgeliefert, befinde mich nicht mehr in einer Lageorientiertheit. Ich stehe drüber, wackelig zwar, aber liege nicht mehr am Boden. Ich bin auf einem guten Weg.

Und das will ich jemandem sagen, der mir wirklich zuhört. Euch!
Ich glaube an mich, irgendwie werde ich es hinkriegen. Ich werde ohne Angst funktionieren. Es ist ein tägliches Aufraffen, das ja. Ich muss wissen wozu. Ich hätte so viele schöne Ziele. Das müsste mich eigentlich ziehen. Doch fehlt mir oft der Zugang zu meiner Motivationsgrundlage. Das dämpft meinen Antrieb. Deshalb muss ich es auch so künstlich und bewusst in mir erzeugen und mich sehr bewusst und geplant steuern, damit ich funktioniere. Deshalb schrieb ich alles auf für mich mit dem Bewusstsein, dass andere einfach so einen Motivationsschub haben und sie dadurch automatisch gepusht werden.

Auf der anderen Seite sehe ich auch bei meinen Familienmitgliedern viel Antriebslosigkeit und psychische Beeinträchtigung. Deshalb brauchen sie meine Hilfe. Ich bin der Coach, der ihnen hilft. Aber der Coach braucht selbst Hilfe. Ich kann von meiner Selbstherapie einiges weitergeben, bin aber selbst noch nicht ganz auf dem Gipfel. Dafür bin ich zu ablenkbar, werde schnell geschwächt und runtergezogen. Ich muss lernen, bei mir zu bleiben, bei mir und dem, was ich erledigen will und muss.

Das wäre also mein Einstieg hier. Danke fürs Zuhören! Ich hoffe, ihr könnt für euch daraus etwas rausziehen für euch selbst, damit es ein gegenseitiges Geben und Nehmen ist. :hello:
eure Edith-Ruth
Bauchtänzer
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Bauchtänzer »

Hi Edith-Ruth,

ich habe deinen Text gelesen, aber nicht ganz verstanden ;-) :

Wer sind denn die Familienmitglieder, die du coachen musst? Haben sie dich darum gebeten? Bist du verheiratet, hast du Kinder, Geschwister, Nichten, Neffen?

Und zu deinem letzten Satz: was könnte ich herausziehen aus deinen Zeilen?

Es gibt ein paar Gemeinsamkeiten, ja: eine langjährige Therapie, unsere Altergruppe, das Therapietagebuch, die enorme Menge an Fachliteratur, die wir gelesen haben, unsere Furcht vor Abhängigkeit.

Was wir nicht gemein haben: ich habe keinen Wunsch (fühle mich völlig unfähig), andere Menschen zu coachen. Ich halte sie eher dadurch auf Distanz und halte an meinem Bedürfnis an 'Unabhängigkeit' fest, dass ich sie kritisiere (überwiegend in Gedanken).
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Hallo Bauchtänzer
Danke für Deine Überlegungen. Du hast es gut auf den Punkt gebracht mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Das reicht eigentlich schon als Info. Ich möchte mich nicht in Nebenthemen verlieren, die eigentlich nicht wichtig sind. Es ist alles, Kinder, Neffen, Nichten, Geschwister. Es spielt doch eigentlich keine Rolle, was genau, entscheidend ist meine Beziehung zu ihnen, wie eng sie ist oder nicht. Ich bin nicht verheiratet und derzeit auch in keiner Beziehung.

Es hat sich nun mal so entwickelt über die Jahre, dass meine Familie mich braucht (es kommt nicht von mir aus) und ich sie nicht im Stich lassen will, weil Kinder die Leidtragenden sind. Ich liebe diese Kinder, nur das zählt. Es geht mir nur darum zu funktionieren.

Klar grenze ich mich auch ab, um mich zu erholen. Das mache ich notgedrungen täglich, eben weil zu wenig Verständnis für mich aufgebracht wird. Es geht nicht anders. Aber es geht nicht darum, mich komplett von meiner Familie abzuwenden. Das ist nicht möglich ohne Kollateralschaden für die Kinder. Das möchte ich nicht. Es ist meine bewusste Entscheidung und Mütter werden mich da sicher verstehen.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Nachdem ich mich hier im Forum inspirieren ließ, konnte ich meinen Selbstcoaching-Text nochmal um ein paar entscheidende Aspekte erweitern, um mich noch besser auszurichten und zu fokussieren. Ich weiß, wo das Problem liegt, aber Theorie & Praxis ist nicht dasselbe, die Umsetzung braucht einfach länger. Es muss zuerst in Fleisch & Blut übergehen. Doch funktioniert es, nur noch nicht so stabil, vor allem nicht dann, wenn ich ständig abgelenkt und aus der Ruhe gebracht werde. Das zieht mich dann runter und mein ganzes aufbauendes Selbstmanagement fällt in sich zusammen. Ich muss einen klaren Kopf behalten.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Heute will ich es hinkriegen, eine wichtige Arbeit, die ich nicht mehr aufschieben darf, auch wenn ich mich überfordert fühle, wie mir meine Depression einredet. Schon jetzt spüre ich, wie ich mich wieder drücken will, mich gar nicht erst damit befassen will. Fluchtimpuls. Noch kann ich es vor mir rechtfertigen, solange es noch so früh ist, aber je später es wird, desto mehr fühle ich den Druck, der auf mir lastet. Dabei habe ich mich selbst doch sehr stark eingekreist, damit ich nicht wieder entkommen kann. Ich habe mich analytisch kartografiert und mein ganzes Funktionieren durch eine selbstcoachende Anleitung auf Stellung gebracht, um solche Aufgaben jederzeit bewältigen zu können. Es hat schon mal funktioniert, sogar mehrmals. Aber trotzdem schafft es mein ängstliches Ich immer wieder, sich wie eine kleine Mücke in den hintersten Winkel meines kartografierten Ichs zu verkriechen, angstvoll, überfordert, dem allem nicht gewachsen, so flüstert es mir die Depression zu. Ich träumte davon, die Depression liegt wie ein Schatten auf mir, ein Illusionist, der mich lahmlegt und schwächt. Ich bete die ganze Zeit, er möge weggehen. Doch er haftet hartnäckig an mir. Ich will ihn abschütteln, ihn zumindest wegsperren aus meinem Leben.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Bald wird meine Schwester mich zuchatten, verteilt über den ganzen Tag. Sie stört mich immer wieder bei der Arbeit, weil sie ihre Borderline-Gefühle nicht allein regulieren kann. Deshalb wollte ich zuerst nachts meine Arbeit machen, aber ich war einfach zu müde, so wie ich auch jetzt sehr müde bin. Ich muss es trotzdem hinkriegen. Weiter verschieben geht nicht. "Selbstwirksam" und "sachoffen" will ich sein bei der Arbeit, mich wirklich konzentrieren und es konkret angehen. Mein Körper reagiert psychosomatisch darauf mit einer unnatürlichen Müdigkeit und Erschöpftheit trotz ausreichend Schlaf in der Nacht. Ich werd mir einen sehr starken Kaffee machen. Das müsste mich etwas aufpeppen.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Tatsächlich meldete sich meine Schwester, während ich meinen Kaffee zubereitete. Es entwickelte sich bald ein heftiger Konflikt. Um endlich meine Ruhe für die Arbeit zu bekommen, sagte ich ihr, dass ich aus Kostenersparnisgründen meine IPhone-SIM für meinen Surfstick verwende und in dieser Zeit nicht erreichbar sei. Was ich dabei spare, komme ihr zugute, denn sie hat auch eine SIM über mich. So muss sie weniger Anteil zahlen, derzeit wichtig, da sie im Moment knapp bei Kasse ist. Höchst verärgert gab sie zerknirscht nach. Damit wäre es nun möglich, ungestört an die Arbeit zu gehen.
Marlene57
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Marlene57 »

Na dann mal los Edith Ruth,
leider erledigt sich deine Arbeit nicht wenn du hier im Forum schreibst (lach, nicht böse gemeint)
Ich kenne das leider auch zu gut, hab unangenehme Aufgaben auch immer gerne vor mir her geschoben.
Auch du Sch..., da fällt mir doch glatt was ein.
LG Marlene
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Danke Marlene!
Das Schreiben hilft mir, mich zu fokussieren, sonst mach ich alles Andere, z. B. Haushalt, nur nicht das Schriftliche. Ich muss mich bewusst schriftlich aufbauen und es tut gut, wenn ich mich etwas begleitet fühle. Aber nicht borderlinemäßig verfolgt durch meine Schwester! Ich muss sozusagen einen sicheren inneren Arbeitsraum haben, damit ich ruhig werde und nicht mehr im Fluchtmodus vor meiner Schwester und allem, was mich bedrängt, stecke. Aber ich spüre bereits eine Erleichterung, weil meine Schwester mich zumindest für ein paar Stunden in Ruhe lassen muss. Diese Zeit will ich nutzen. Du hoffentlich auch bei dem, was Du da vergessen hast! :D
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Puh, hab bis jetzt durchgearbeitet, bin noch nicht fertig, aber zufrieden mit dem vergangenen Tag. Morgen bzw. eigentlich heute muss ich aber ziemlich früh losstarten, denn meine Schwester kommt vorbei, offenbar schon morgens, erklärte mir mein Neffe. Ich war ja nicht erreichbar, also wandte sie sich an ihn. Tja. Ich muss noch aufräumen und saugen, sonst meckert sie bestimmt.

Ich konnte auch sonst einiges für mich klären, hab nun mehr Durchblick und fühle mich allem gewachsener. Ich hoffe jetzt nur, dass der kommende Tag mit meiner Schwester gut über die Bühne geht. Sie macht immer so ein Theater mit allem. Auf der anderen Seite nimmt sie mir den Weg zu ihr ab, wenn sie das Vereinbarte bringt, einen Tag früher als abgemacht. Dann hab ich den Tag danach mehr Zeit und sie wird wohl auch nicht ewig bei mir bleiben. Meistens muss sie gleich wieder nach Hause zu ihrem Mann, der sie erwartet. Jetzt aber schnell ins Bett!
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Ich muss heute nun trotzdem noch zu meiner Schwester, sie hat mir nicht alles gebracht, was vereinbart ist. Der Tag gestern verlief gut und ohne Konflikt. Verwunderlich. Ich feilte noch etwas an meinem Selbstcoaching-Text, habe ihn an einigen Stellen geglättet, was darauf hinweist, dass wahrscheinlich nichts mehr dazukommt und der Text sitzt. Ich spüre auch, wie es mir wirklich hilft und diesmal länger und stabiler. Das ändert zwar nichts am Stress, aber ich fühle mich dem gewachsener und kann es ohne negative Bewertung angehen.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Heute kommt die Bewährungsprobe für meinen Selbstcoaching-Text. Es wäre wichtig, auf morgen ein ganz wichtiges amtliches Formular fertigzukriegen, noch rechtzeitig vor Postschalter-Schluss. Wenn ich es nicht schaffe, werde ich mich nicht gut fühlen, aber ich bin gerade so müde und das Formular ist nicht leicht auszufüllen. Dieser Antrag ist wichtig und muss unbedingt behördlich überzeugen. Das macht es so überfordernd für mich, auch wenn ich in solchen Dingen an sich recht gut bin. Aber ich muss hellwach sein, darf mich nicht geschwächt fühlen, muss präsent sein. Dann noch der zeitliche Druck. Das Ding hätte schon vorher fertig werden müssen. Aber Selbstvorwürfe schwächen mich jetzt nur.

Ich baue nun auf meinen Selbstcoaching-Text, der mich hoffentlich da durchträgt. Es ist eine schriftliche Selbstanleitung, damit ich klaren Kopf bewahre. Ich wüsste nicht, was noch ergänzt werden müsste. Es fühlt sich stimmig und komplett an. Gefühlsmäßig fühle ich mich eigentlich schon bereit, ich muss es. Bereiter als vorher, selbstsicherer als vorher. Aber ich weiß nicht, ob das Zeitfenster zu kurz ist nach dem Arbeitsmarathon, den ich gerade hinter mir habe. Ich bin einfach immer noch sehr müde. Aber ich werde es versuchen, denn wenn nicht, würde ich mich mies fühlen und vor allem wieder Angst haben, dass mir wieder etwas dazwischenkommt, wie schon so oft. Ich will es endlich hinter mich bringen!
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Ich hab nun die Postschalter-Schlusszeiten von Samstag an unterschiedlichen Orten kontrolliert. Wenn ich es nicht rechtzeitig auf 11 Uhr schaffe, könnte ich noch in die Großstadt fahren, wo erst um 18 Uhr geschlossen ist. Dort muss ich sowieso auch noch hin, Samstag oder Sonntag. Ich könnte es verbinden.

Zum Glück kann mich meine Schwester nicht stören heute. Da ich gestern bei ihr war, wird sie heute wohl kaum unangemeldet bei mir auftauchen. Telefon und Chat fällt auch aus, um Geld zu sparen. Sie ist damit einverstanden. So günstig wie jetzt war es noch nie, um das Formular zu erledigen. Müde bin ich ja an sich oft. Im Moment ist es nicht so heiß, ich könnte die Nacht durcharbeiten und dann morgens zur Post. Kaffee hab ich auch gekauft, um mich hochzupushen.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Hab gerade den Kaffee schwarz und in doppelter Portion getrunken (2 gehäufte Esslöffel), wirkt hoffentlich bald. Meine Schwester hat sich doch noch schnell gemeldet, aber ab jetzt wird sie mich in Ruhe lassen bzw. ich bin nicht erreichbar, auch morgen den ganzen Tag bis abends nicht. Das habe ich ihr klar durchgegeben und sie will sich daran halten. Dass ich durcharbeiten will, findet sie nicht gut. Mein Neffe schläft bereits, er will fit sein für seinen Wochenendausflug mit seinen Kumpels. Ich hoffe jetzt nur, dass ich wirklich Kraft habe, es wäre schön, wenn ich durchmachen könnte, aber letztlich wird mein Körper sich melden und ich weiß einfach nicht, ob ich es kann. Viel mehr Kaffee wäre nicht mehr vertretbar. Es wäre gut, wenn ich mich noch zusätzlich motivieren könnte, nicht nur negativ, indem ich sonst enttäuscht wäre, sondern positiv. Plan B wäre, dass ich ganz früh aufstehe, um ca. 3 Uhr, aber dann müsste ich auf jeden Fall in die Großstadt mit Postschalterschluss 18 Uhr.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Da ich gestern nicht einmal mehr fähig war, die Küche aufzuräumen (obwohl es nicht viel Arbeit gemacht hätte), sah ich es als warnenden Hinweis, mir mehr Zeit fürs Formular zu geben, denn der Antrag muss gut formuliert sein. Da darf mir kein Fehler passieren. Es hängt viel davon ab. Also schlief ich diese Nacht und möchte diese wichtige Aufgabe nun ausgeruht und sorgfältig angehen.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Obwohl ich die Fensterläden diesmal rechtzeitig schloss, ist es gerade jetzt doch recht schwül im Zimmer. Bin müde, aber werde nicht aufgeben. Ich bin auf einem guten Weg und fühle mich nicht schlecht. Noch habe ich Zeit. Werd nun einen starken Kaffee aufsetzen. Ich mache immer wieder Pausen und ruh mich zwischendurch aus. So kann ich immer wieder neu Kraft schöpfen. Ich erhoffe mir vom Tag noch einiges. Vor allem darf ich nicht erreichbar sein für meine Schwester. Sie versucht es trotzdem immer wieder, entgegen der Abmachung. Ich weiß, dass sie mich derzeit nur runterzieht. Das wäre nicht gut, um meine Arbeit zu erledigen.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Bin immer noch dran, befinde mich aber auf einem guten Weg. Im Moment trinke ich gerade sehr starken Kaffee, denn die Müdigkeit ist mein größtes Hindernis. Die Hitze ist noch nicht sehr stark, aber ich werd wohl bald alles zumachen müssen. So ohne natürliches Licht finde ich es nicht so toll, aber nur so bleibt mein Arbeitszimmer kühl. Meine Schwester rief mich an und diesmal nahm ich ab, ich kann sie nicht ewig warten lassen, sonst belastet es sie und auch mich. Das würde mich wiederum innerlich ermüden und meinen Arbeitserfolg gefährden. Ich möchte möglichst unbelastet arbeiten und auch möglichst positiv denken, um Kraft zu haben.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Ich konnte meinem Neffen ein feines Mittagessen vorsetzen, das hat ihn aufgestellt. Er ging dafür für mich einkaufen. Ich leide fast mehr, wenn er durch die Hitze so kaputt ist. Da er noch so jung ist, finde ich das viel schlimmer irgendwie. In meinem Alter nimmt man Einschränkungen eher so hin. Aber es entlastet mich schon sehr, wenn er für mich einkauft, denn auch kurze Einkaufswege bereiten mir starke Schmerzen. Ich merke, dass diese Entlastung mir bereits Erholungswert bringt. So kann ich die nächste Tour, die ich selbst machen muss, viel besser bewältigen, weil sich mein Körper zwischenzeitlich länger erholen konnte. Dieser Effekt ist schon erstaunlich und zeigt, dass es nicht unbedingt stimmt, dass weniger Bewegung eher Verschlimmerung bringt. Nicht bei mir, gerade jetzt nicht, wo ich schon genug anderen Stress habe.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Ich wohne in einer Parterre-Wohnung, 3 Zimmer inklusive meines Arbeitszimmers mit viel Sonne, weshalb diese abgedunkelt werden, um die Hitze auszusperren. Küche und Bad liegen auf der Schattenseite und sind gut durchlüftet und hell. Es ist also erträglich im Moment, auch wenn ich das natürliche Sonnenlicht vermisse (wie wohl auch meine Zimmerpflanze). Im Moment kann ich bei geschlossenen Fensterläden das Fenster offen halten, da ich Sauerstoff benötige. Der Baumlärm von nebenan nervt mich allerdings.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Ich merke, dass ich wieder nervös werde, ich komme einfach zu wenig schnell voran. Der Ärger über mich selbst pusht mich zwar jetzt etwas, was nicht schlecht ist, aber es fühlt sich nicht gerade motivierend an.
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Ich dachte, es hilft mir, hier zu schreiben, aber ich fühle mich hier ehrlich gesagt auch isoliert. Ich muss einen anderen Weg finden.

Hiermit schließe ich diesen Thread. Ciao und alles Liebe für alle, die das lesen.
:hello:
ENDE
Bauchtänzer
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Bauchtänzer »

Das ging aber fix mit dem Rückzug, Edith_Ruth.
Edith_Ruth hat geschrieben:... aber ich fühle mich hier ehrlich gesagt auch isoliert.
Ich auch, und auch nicht nur hier ;-) . Woran mag´s bei dir liegen, dieses "sich isoliert fühlen"? Bei mir, weiss ich seit Jahren nunmehr, ist es eine andere, der Depression zugrundeliegende, Störung. Überaus schwer zu bearbeiten, insbesondere in meinem (unserem) Alter.

Ciao :hello:
Edith_Ruth
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Re: Ich hätte früher nie gedacht, dass ich depressiv werde

Beitrag von Edith_Ruth »

Bauchtänzer hat geschrieben:Das ging aber fix mit dem Rückzug, Edith_Ruth.
Edith_Ruth hat geschrieben:... aber ich fühle mich hier ehrlich gesagt auch isoliert.
Ich auch, und auch nicht nur hier ;-) . Woran mag´s bei dir liegen, dieses "sich isoliert fühlen"? Bei mir, weiss ich seit Jahren nunmehr, ist es eine andere, der Depression zugrundeliegende, Störung. Überaus schwer zu bearbeiten, insbesondere in meinem (unserem) Alter.

Ciao :hello:
Hallo Bauchtänzer,
ich habe eine zwanghaft akzentuierte Persönlichkeit mit Kontrollzwängen und Perfektionismus. Gefühle versuche ich zu filtern. Das gelingt mir in Krisenzeiten nicht, aber ich will das alles gar nicht fühlen. Von daher triggert es mich, wenn hier im Forum so viel gefühlt wird, auch wenn es mich berührt. Doch will ich gar nicht so viel fühlen. Das zieht mich sonst runter. Genauso kontraproduktiv sind für mich z. B. Angstforen, Zwangsforen, Gruppen für Zwanghafte, gut zum Reinschauen und Vergleichen, aber auf Dauer schwächt es mich, auch wenn ich mich allein fühle - aber das will ich gar nicht fühlen. Das ist das Problem. Depressionen sind überall gegenwärtig. Ich möchte nicht darin schwimmen. Meine Gefühle sind mir schon zu viel.

Ich teste nun andere Wege. Coaching-Videos tun mir gut.
Ich weiß nicht, ob ich nochmal reinschaue.
Tschüss! :hello:
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